Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 04.04.2006
Aktenzeichen: 6 TaBV 8/06
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 83a Abs. 2
ArbGG § 83a Abs. 3
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 3
Auch bei Erledigung eines Beschlussverfahrens zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit kann das Verfahren vom Vorsitzenden eingestellt werden ohne Prüfung, ob der entsprechende Antrag zulässig und begründet gewesen war.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

6 TaBV 8/06

Verkündet am: 4. April 2006

In dem Beschlussverfahren

hat die Sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Anhörung vom 4. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Staudacher sowie die ehrenamtlichen Richter Tolle und Schüller für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 13. Januar 2006 wird zurückgewiesen.

2. Für den Betriebsrat wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob das anhängige Beschlussverfahren vom Erstrichter eingestellt werden durfte.

Die Antragstellerin (Arbeitgeberin/Beteiligte zu 1) bietet Dienstleistungen aus den Bereichen Film- & TV-Studios, Licht & Produktionsregien, Video- & Audio-Postproduktion, Sendeabwicklung & On-Air-Grafik sowie Dekorationsbau & Bühnentechnik an. Antragsgegner ist der bei ihr bestehende Betriebsrat (Beteiligter zu 2).

Zur Durchführung vertraglich übernommener Aufgaben hatte sich die Arbeitgeberin entschlossen, einen Mitarbeiter als Kamera-Assistent für den 10. Dezember 2005 einzustellen und darauf bezogen den Betriebsrat mit Schreiben vom 25. November 2005 (Blatt 9 der Akte) um Zustimmung gebeten. Zu vergleichbaren Anhörungen war es bereits für den Monat Juli 2005 gekommen; der Betriebsrat hatte diesen befristeten Einstellungen jeweils zugestimmt (vgl. Blatt 11, 12, 13 der Akte).

Der mit Schreiben vom 25. November 2005 dem Betriebsrat vorgetragenen befristeten Beschäftigung hatte dieser mit Beschluss vom 30. November 2005 (Blatt 14 der Akte) widersprochen.

Von der Arbeitgeberin war daraufhin mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2005, beim Arbeitsgericht eingegangen am 7. Dezember 2005, das anhängige Beschlussverfahren eingeleitet worden mit dem Antrag:

Die Zustimmung des Antragsgegners zur Einstellung des Arbeitnehmers

- B.

zu ersetzen.

Im Anhörungstermin vor dem angerufenen Arbeitsgericht München am 13. Januar 2006 ist vom anwaltschaftlichen Vertreter der Arbeitgeberin der Rechtsstreit für erledigt erklärt worden. Der anwaltschaftliche Vertreter des Betriebsrats hat dieser Erledigterklärung wi­dersprochen und der Vorsitzende daraufhin den Beschluss verkündet:

Das Verfahren wird eingestellt.

Als Begründung findet man einen Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Februar 1999. Auf die Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts München vom 13. Januar 2006 (Blatt 24/25 der Akte) wird Bezug genommen.

Mit der am 26. Januar 2006 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen und zugleich begründeten Beschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Zurückweisungsantrag weiter. Zur Begründung lässt er darauf hinweisen, dass ihn die Antragstellerin seit letztem Kalenderjahr wiederholt mit Anhörungen zu mitbestimmungspflichtigen Einstellungen im Sinne des § 99 BetrVG überziehe. Dabei gehe es in der Regel lediglich um kurzfristige, sehr oft sogar um bloß eintägige Einstellungen von Arbeitnehmern, zu denen der Antragsgegner wiederholt ebenfalls sehr kurzfristig hinzugezogen worden sei.

Der Betriebsrat habe dem Einsatz von sog. Kameraassistenten widersprochen, weil bei der Antragstellerin 10-Stunden-Schichten gefahren werden, in denen bislang zwei Kameramänner abwechseln konnten und damit für entsprechende Pausen gesorgt war. Dies sei durch den Ersatz eines Kameramannes durch einen Kameraassistenten nicht mehr möglich.

In vorliegendem Fall sei der Schriftsatz mit dem Ersetzungsantrag dem Betriebsrat erst am 22. Dezember 2005, also 12 Tage nach Durchführung der eintägigen Maßnahme am 10. Dezember 2005, zugestellt worden. Das Arbeitsgericht habe daraufhin am 13. Januar 2006 das Verfahren durch Beschluss unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Februar 1999 eingestellt. Dies lässt der Betriebsrat beanstanden, da in der angesprochenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts das erledigende Ereignis tatsächliche Umstände gewesen waren, die nach Rechtshängigkeit eingetreten sind. Im Streitfall sei der Antrag der Arbeitgeberin am 10. Dezember 2005 zwar anhängig, jedoch noch nicht rechtshängig gewesen, mithin habe bei Eintritt der Erledigung noch kein Prozessrechtsverhältnis bestanden. In diesem Fall sei mit dem Bundesgerichtshof davon auszugehen, dass eine Erledigung nicht eintreten könne, das heißt, der Antrag vom 6. Dezember 2005 hätte als unzulässig zurückgewiesen werden müssen. Dieses Ergebnis wird auch als sachgerecht angesehen und so lautet der Beschwerdeantrag:

In Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts München vom 13. Januar 2006 (Az.: 33 BV 419/05) wird der Antrag der Antragstellerin vom 6. Dezember 2005 zurückgewiesen.

Die Arbeitgeberin lässt beantragen:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) und Beschwerdeführers vom 26. Januar 2006 wird zurückgewiesen.

Zur Begründung lässt sie darauf hinweisen, dass das Bundesarbeitsgericht bereits mit Beschluss vom 26. April 1990 (AP Nr. 3 zu § 83 a ArbGG) entschieden habe, im Falle einer einseitigen Erledigterklärung sei vom Gericht ausschließlich zu prüfen, ob ein erledigendes Ereignis eingetreten ist. Ob der ursprüngliche Antrag zulässig und begründet gewesen war, bleibe dabei ohne Bedeutung. Mit Beschluss vom 27. August 1996 (AP Nr. 4 zu § 83 a ArbGG) habe das Bundesarbeitsgericht diese Ansicht bestätigt.

Zur Widerspruchsbegründung des Betriebsrats lässt die Arbeitgeberin auf die §§ 99, 100 BetrVG verweisen, die ein Mitbestimmungsrecht bei Einstellungen vorsehen. Nichts anderes sei auch im Streitfall geschehen. Die Antragstellerin beschäftige an zwei Kameras einen Kameramann und einen Kameraassistenten; der Kameraassistent bediene ebenfalls eine Kamera. Daneben werde auch noch ein sog. IvD (Ingenieur vom Dienst) beschäftigt, der bei Bedarf in der Lage sei, sowohl den Kameramann als auch den Kameraassistenten zu vertreten. Dabei sei selbstverständlich, dass alle Beschäftigten der Antragstellerin Pausenzeiten gemäß den gesetzlichen Bestimmungen erhalten.

Der Betriebsrat (Antragsgegner, Beschwerdeführer) tritt diesen Ausführungen entgegen.

Die Arbeitgeberin hält demgegenüber an ihrem Vorbringen fest.

Zur Ergänzung des Beteiligtenvorbringens im Beschwerdeverfahren wird Bezug genommen auf den Beschwerdeschriftsatz vom 26. Januar 2006 (Blatt 27 bis 30 der Akte), auf die Beschwerdebeantwortung vom 1. März 2006 (Blatt 33 bis 35 der Akte) in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 3. März 2006 (Blatt 40 der Akte), auf den Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats vom 22. März 2006 (Blatt 41 bis 49 der Akte), auf den Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin vom 27. März 2006 (Blatt 53 bis 57 der Akte) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 4. April 2006 (Blatt 50/51 der Akte).

II.

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 87, 89 ArbGG, § 66 ArbGG) muss erfolglos bleiben. Die angefochtene Entscheidung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, das erstinstanzliche Verfahren hat der Vorsitzende zu Recht eingestellt (§ 83 a Abs. 2, 3 ArbGG).

Erledigung dieses Beschlussverfahrens ist - unstreitig - eingetreten durch Zeitablauf, die umstrittene Beschäftigung von Herrn B. war am Abend des 10. Dezember 2005 erbracht. Auch die Berufungskammer folgt der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dahin, dass bei eingetretener Erledigung nicht mehr zu prüfen ist, ob der ursprüngliche Antrag zulässig und begründet war. Und daran ist auch dann festzuhalten, wenn - wie im Streitfall - die Erledigung des Verfahrens eingetreten ist zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit. Die Antragsschrift vom 6. Dezember 2005 war dem Betriebsrat erst am 22. Dezember 2005 förmlich zugestellt worden. Zum 1. Januar 2002 ist eine Änderung in § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO Gesetz geworden, die eine bereits in der Literatur vertretene Ansicht bestätigt, durch weite Ausdehnung des Erledigungsbegriffs auch eine Erledigung der Hauptsache im Zeitabschnitt zwischen Einreichung (Anhängigkeit) und Zustellung (Rechtshängigkeit) des Antragsschriftsatzes genügen zu lassen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Auflage, § 91 a Rn. 41, 42 mit weiteren Nachweisen). Diese Auslegung kann für das Beschlussverfahren übernommen werden und so hat das Erstgericht zutreffend entschieden.

III.

Kosten werden nicht erhoben (§ 12 Abs. 5 ArbGG).

Für den Betriebsrat wird die Rechtsbeschwerde zugelassen (§ 92 Abs. 1, § 72 Abs. 2 Nr.1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

Zurück