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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 21.09.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 1255/06
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 14 Abs. 2
Die Parteien streiten über Kündigungen der Beklagten gegenüber dem Kläger wegen dessen Beteiligung als Filmproduzent an Product- u. Themenplacementaktivitäten, an denen auch der Geschäftsführer der Beklagten beteiligt war. Eine weitere Kündigung erhielt der Kläger, weil er sein Dienstfahrzeug und weitere Gegenstände - jeweils mit Recht zur Privatnutzung - nach Erhalt der Kündigung nicht an die Beklagte herausgab. Schließlich macht die Beklagte geltend, der Kläger sei leitender Angestellter im Sinne von § 14 Abs. 2 KSchG und beantragt, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Ihre Berufung blieb erfolglos.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 Sa 1255/06

Verkündet am: 21.09.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Gericke sowie die ehrenamtlichen Richter Diekemper und Babiak für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 17.08.2006, Az.: 15a Ca 11396/05 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit mehrerer fristloser, hilfsweise ordentlicher Arbeitgeberkündigungen. Die Beklagte und Berufungsklägerin (künftig: Beklagte) hat zudem vorsorglich einen Auflösungsantrag gestellt.

Der Kläger und Berufungsbeklagte (künftig: Kläger)ist seit Februar 1987 bei der Beklagten, einer Filmproduktionsgesellschaft mit in der Regel weit mehr als 10 vollzeitbeschäftigten ArbeitnehmerInnen ohne Einbeziehung der Auszubildenden, als Arbeitnehmer beschäftigt, seit längerer Zeit als verantwortlicher Produzent. Im Oktober 2003 hat er von der Beklagten Gesamtprokura erhalten.

Bei der Beklagten existiert ein sog. "Produzenten-Modell" vom August 1994 (vgl. Bl. 70 ff. d.A.). Hiernach "schafft das Produzenten-Modell eine Projektorganisationsstruktur und stellt den Produzenten in Gesamtverantwortung für eine Produktion". Als Projektmanager trage der Produzent sowohl für die künstlerischen als auch finanziellen Interessen seines Projektes die Verantwortung. Definiert werden auch die Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung und die Funktion des Produktionsleiters sowie der Herstellungsleitung. Das Produzentenmodell enthält auch eine Unterschriftenregelung (vgl. Bl. 75 f. d.A.). Ob bei der Beklagten durchgängig streng nach dem Produzenten-Modell gearbeitet wird, ist zwischen den Parteien streitig; die Beklagte behauptet, der Kläger bestreitet dies.

Die monatliche Vergütung des Klägers hat sich zuletzt aus einem Gesamtbruttogehalt in Höhe von € 10.541,13 und einem steuerpflichtigen Bruttogehalt von € 11.113,97 unter Einbeziehung eines geldwerten Vorteils für die private Nutzung eines Dienst-Pkw in Höhe von monatlich € 572,84 zusammengesetzt, (vgl. = Verdienstabrechnung 06.05, Bl. 42 d.A.). Dienstreisen stehen nicht im Vordergrund der Tätigkeit des Klägers. Ohne ausdrückliche Genehmigung der Beklagten durfte der Kläger auch die ihm von ihr überlassenen Geräte Handy, Blackberry und Laptop privat nutzen, da die Beklagte die entstehenden kosten günstig über eine Flatrate bezahlen konnte.

Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 22.02.2005 (Bl. 39 d.A.) neben einer Bruttovergütung von € 94.900,- p.a. und einer garantierten Sondervergütung von € 34.790,- p.a. eine weitere variable Tantieme in Höhe von rechnerisch € 34.309,57 für das Geschäftsjahr 04/05 ("Gesamtvergütung von € 165.000,-") zugesagt. Diese Tantieme war zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz nicht bezahlt.

Die Sender der A. lassen die Vorabendserie "M." (tägliche Ausstrahlung von Montag bis Freitag) von der Beklagten herstellen. Von Ende 2000 bis Ende 2003 war der Kläger verantwortlicher Produzent dieser Serie.

Auch in der Zeit der Verantwortung des Klägers für den "M." hat in der Serie sog. Product-Placement, insbesondere auch in der Unterform des Themen-Placement stattgefunden. Dabei sind bestimmte Themen (z.B. Versicherungen, bestimmte Ernährungsprodukte etc.), an deren positiver Darstellung bei den Unternehmen ein wirtschaftliches Interesse besteht, die derartige Themen in der Vorabendserie aufscheinen lassen wollen, auf Vermittlung einer sog. Placement-Agentur in die Dramaturgie der jeweiligen Serienfolge eingearbeitet worden, um so eine positive, werbende Wirkung zu erzielen (vgl. Schreiben der Placement-Agentur an den Kläger mit Anlage, Bl. 86 ff. d.A.). Die Auftraggeber der Werbebotschaft haben hierfür an eine Tochtergesellschaft der Beklagten, die Firma S. und M. Honorare bezahlt. Über die Product- und Themen-Placementaktivitäten haben die Tochtergesellschaft der Beklagten und die Placement-Agentur jeweils Verträge abgeschlossen, die die Tochterfirma der Beklagten und die Beklagte nicht zur Einarbeitung der Produkte oder Themen in ihre Produkte verpflichtet haben, im Falle ihrer Einarbeitung jedoch einen Honoraranspruch der Tochterfirma der Beklagten begründet haben.

Das entgeltliche Product- und Themen-Placement ist den Sendern als Unterform der sog. Schleichwerbung nach dem Rundfunkstaatsvertrag verboten. Die Aufnahme solcher Werbung in von der Beklagten hergestellten Filmerzeugnissen ist ihr deshalb im Produktionsvertrag untersagt. Eine entsprechende mit Vertragsstrafen bewehrte Verbotsklausel lautet etwa:

"Die Produktion darf keinerlei Werbung, sei es in direkter oder indirekter Form, keine Firmennamen, Warenzeichen oder sonstige Kennzeichen enthalten, die als positive oder negative Werbung oder Missbrauch solcher Kennzeichen erscheinen könnten. Das Verbot der direkten und indirekten Werbung umfasst insbesondere auch jegliche Form des Product-Placement."

Der Kläger hat gewusst, dass entgegen diesem Verbot gegen Honorar Themen in den "M." eingearbeitet wurden. Zwischen den Parteien ist allerdings streitig, ob der Beitrag des Klägers eher ein wegen der Vorgaben der Geschäftsführung duldender oder ein aktiver war. Der damalige Geschäftsführer der Beklagten, K., hat ebenfalls vom Themen-Placement gewusst und dieses gebilligt. K. ist auch Vertreter der Beklagten als Alleingesellschafterin bei der Firma S. und M. gewesen; die Beklagte hat ihm am 14.07.2005 fristlos gekündigt.

Nach Beendigung der Tätigkeit des Klägers für die Produktion "M." wurde das Product- oder Themenplacement auch unter der Leitung von S. fortgeführt.

Nach Presseveröffentlichungen zum Product- und Themen-Placement, die auch die Beklagte betrafen, hat diese die K. mit einer Sonderuntersuchung beauftragt; die K. hat hierzu einen Bericht verfasst. Die Parteien haben diesen Bericht dem Gericht nicht vorgelegt.

Zur Frage der Beteiligung des Klägers am Product-Placement hat zwischen ihm, seinem anwaltlichen Vertreter und Vertretern der Beklagten am 07.07.2005 ein Gespräch stattgefunden.

Mit Schreiben vom 26.07.2005 hat die Beklagte den Kläger außerordentlich, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist gekündigt.

Mit Schreiben vom 01.08.2005 hat die Beklagte dem Kläger erneut - diesmal fristgerecht - zum 31.12.2006 gekündigt.

Die Beklagte hat längst nicht allen am Product- oder Themenplacement beteiligten ArbeitnehmerInnen gekündigt.

Mit Schreiben vom 26.07.2006 und vom 17.08.2005 hat die Beklagte den Kläger aufgefordert, ihm überlassene im Firmeneigentum stehende bzw. von ihr geleaste Gegenstände, insbesondere den Dienstwagen, den Laptop, das Firmenhandy sowie einen Blackberry an sie zurückzugeben. Im Schreiben vom 17.08.2005 hat die Beklagte dem Kläger hierfür eine letzte Frist bis 19.08.2005 gesetzt und ihm für den Fall der Nichtrückgabe eine weitere fristlose Kündigung angedroht(Bl. 101 d.A.). Bis auf die Firmenschlüssel hat Kläger der der Beklagten keine Gegenstände zurückgegeben. Der Kläger hat diese Gegenstände stets mit Wissen der Beklagten - hinsichtlich des Dienstwagens mit ihrer ausdrücklichen Genehmigung - auch privat genutzt.

Mit Schreiben vom 02.09.2005 hat die Beklagte eine weitere außerordentliche Kündigung, hilfsweise zum 31.12.2006, ausgesprochen.

Der Kläger hat erstinstanzlich ausgeführt, das systematische Product Placement in der Serie "M." sei - das hätten alle Beteiligten gewusst - mit der Geschäftsleitung der Beklagten abgestimmt gewesen und von dieser mit Wissen und Wollen betrieben worden. Er selbst habe dem Product-Placement von Anfang an negativ gegenübergestanden, sei aber vom damaligen Geschäftsführer K. auf Nachfrage angewiesen worden, das Product-Placement in der bisherigen Form fortzuführen, da es wichtig sei, zusätzliche Gewinne zu machen. Er selbst sei aber in Durchführung und Akquisition zu keinem Zeitpunkt aktiv und gestalterisch eingebunden gewesen.

Bezüglich der ihm überlassenen Gegenstände, insbesondere dem ihm auch zur privaten Nutzung zur Verfügung stehenden Dienstwagen, besitze die Beklagte keinen Herausgabeanspruch, da sie nicht glaubhaft gemacht habe, dass ihr Obsiegen im Kündigungsschutzprozess in hohem Grad wahrscheinlich sei; außerdem mache er hinsichtlich dieser Gegenstände gegenüber der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht geltend, da er noch Ansprüche ihr gegenüber habe, insbesondere auf Zahlung einer Tantieme.

Schließlich sei er auch kein leitender Angestellter i.S.d. § 14 Abs. 2 KSchG, da er nicht zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von ArbeitnehmerInnen befugt gewesen sei. Er habe weder Arbeitsverträge allein unterzeichnen noch Personalentscheidungen im Alleingang treffen können. Der Mitunterschreibende habe stets eine Mitentscheidungskompetenz gehabt.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen vom 26.07.2005 nicht beendet wird.

2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die ordentliche Kündigung vom 01.08.2005 zum 31.12.2006 beendet wird.

3. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche unter Einhaltung der Kündigungsfrist bis zum 31.12.2006 ausgesprochene Kündigung vom 02.09.2005 beendet wird, sondern das Arbeitsverhältnis darüber hinaus unverändert fortbesteht.

4. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch weitere Beendigungstatbestände enden wird, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 26.07.2005, 02.09.2005 und den 31.12.2006 hinaus fortbesteht.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juli 2005 € 1.129,76 brutto und weitere € 33,39 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 01.08.2005 zu bezahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juli 2005 € 34.309,57 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 01.08.2005 zu bezahlen.

7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat August 2005 € 11.113,97 brutto und weitere € 250,42 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 01.09.2005 zu bezahlen.

8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat September 2005 € 11.113,97 brutto und weitere € 250,42 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 01.10.2005 zu bezahlen.

9. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Oktober 2005 € 11.113,97 brutto und weitere € 250,42 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 01.11.2005 zu bezahlen.

10. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat November 2005 € 11.113,97 brutto und weitere € 250,42 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 01.12.2005 zu bezahlen.

11. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Dezember 2005 € 11.113,97 brutto und weitere € 250,42 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 01.01.2006 zu bezahlen.

12. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Januar 2006 € 11.113,97 brutto und weitere € 250,42 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 01.02.2006 zu bezahlen.

13. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Februar 2006 € 11.113,97 brutto und weitere € 250,42 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 01.03.2006 zu bezahlen.

14. Für den Fall des Obsiegens mit einem der Anträge 1. bis 4.: Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als verantwortlicher Produzent weiterzubeschäftigen.

15. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat März 2006 € 11.113,97 brutto und weitere € 250,42 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.04.2006 zu bezahlen.

16. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat April 2006 € 11.113,97 brutto und weitere € 250,42 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2006 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen sowie vorsorglich,

das Arbeitsverhältnis aufzulösen.

Der Kläger hat dazu beantragt,

den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe vom Product-Placement nicht nur gewusst, sondern sei als verantwortlicher Produzent bis ins Detail in die darauf gerichteten Aktivitäten involviert gewesen. Kündigungsrelevant sei auch seine noch in der Besprechung am 07.07.2005 aufrechterhaltene Behauptung, er sei nicht initiativ oder aktiv beteiligt gewesen.

Die Herausgabe der im Eigentum der Firma stehenden oder von ihr geleasten Gegenstände habe der Kläger zu Unrecht verweigert; ein Zurückbehaltungsrecht stehe ihm nicht zu, da "hiermit" (Schriftsatz v. 01.03.2006) gegenüber eventuell noch bestehenden Restzahlungsansprüchen die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen erklärt werde.

Der Kläger sei leitender Angestellter i.S.d. § 14 Abs. 2 KSchG. Dies ergebe sich schon aus dem auch tatsächlich bei ihr gelebten Produzentenmodell. Danach habe die Verantwortung über den Abschluss von Verträgen mit Regisseuren, Schauspielern, Setmitgliedern und Autoren allein beim Kläger gelegen. Die Zweitunterschrift im Rahmen des praktizierten "Vier-Augen-Prinzips" habe lediglich zur Überprüfung der Verträge auf ihre sachliche Richtigkeit gedient; die Zweitunterschrift habe nicht für die Entscheidung über den Vertragsschluss als solchen gestanden.

Mit Endurteil vom 17.08.2006 (Bl.1197/1223 d.A.), auf das im Übrigen hinsichtlich Tatbestand, Entscheidungsgründen und seiner wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen verwiesen wird, gab das Arbeitsgericht den Klageanträgen uneingeschränkt statt. Zur Begründung seiner Entscheidung über die Kündigungen der Beklagten vom 26.07. und 01.08.2005 führt das Arbeitsgericht aus, zwar habe der Kläger durch Einbeziehung von Themen- und Product-Placementwünschen wie von der Placement-Agentur vorgeschlagen und zwischen dieser und der Tochterfirma der Beklagten S. und M. vereinbart zu Produktionsvertragsverstößen der Beklagten gegenüber den auftraggebenden Sendern beigetragen. Jedoch habe er dies subjektiv und objektiv im wirtschaftlichen Interesse der Beklagten getan. Somit habe der Kläger mit seinem Verhalten im Innenverhältnis zur Beklagten keinen Arbeitsvertragsverstoß begangen. Wegen der Förderung und Billigung der Product- und Themen-Placements durch die Beklagte, die damit über Jahre Geld verdient habe, spiele es auch keine Rolle, ob der Kläger aktiv gestaltend oder lediglich duldend an dem System beteiligt gewesen sei. Da eine Kündigung nur wegen einer negativen Zukunftsprognose ausgesprochen werden könne, komme sie bereits deshalb nicht in Frage, weil nichts dafür spreche, dass der Kläger bei Untersagung weiterer derartiger Aktivitäten und/oder bei Ausspruch einer Abmahnung wegen der Einarbeitung von Themen- oder Produktplacementwünschen der Placement-Agentur in die von ihm zu verantwortenden Produkte sein Verhalten nicht umgehend geändert hätte. Auch das Herunterspielen seiner Rolle im Product-Placement-System der Beklagten könne keine eigene Kündigungsrelevanz erlangen. Es gebe keine arbeitsvertragliche Pflicht, sich selbst zu bezichtigen.

Hinsichtlich der Kündigung vom 02.09.2005 argumentiert das Arbeitsgericht, es könne dahinstehen, ob im laufenden Kündigungsschutzverfahren ein Herausgabeanspruch der Beklagten bestehe. Jedenfalls besitze der Kläger ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber der Beklagten wegen der fälligen und noch ausstehenden Tantieme in Höhe von 34.309,57 €. Daran ändere auch die Aufrechnung der Beklagten gegen diesen Anspruch mit behaupteten Schadensersatzansprüchen nichts, denn die Aufrechnung habe sie erst mit Schriftsatz vom 01.03.2006 erklärt, also lange nach Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts durch den Kläger und Ausspruch ihrer Kündigung vom 02.09.2005.

Der Auflösungsantrag der Beklagten sei zurückzuweisen gewesen, weil der Kläger kein leitender Angestellter gemäß § 14 Abs.2 KSchG sei und der Auflösungsantrag von der Beklagten nicht hinreichend begründet worden sei. Der Kläger sei kein Geschäftsführer oder Betriebsleiter und auch kein leitender Angestellter im Sinne von § 14 Abs.2 KSchG, weil er nicht zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von ArbeitnehmerInnen befugt gewesen sei. Bereits aus dem von der Beklagten vorgelegten Produzentenmodell ergebe sich, dass der Kläger der weiteren Unterzeichnung von Arbeitsverträgen durch Herstellungsleiter oder Produktionsleiter im Sinne einer Zustimmung bedurft habe. Bei Verträgen mit Autoren, Regisseuren und Protagonisten habe der Kläger sogar die Zustimmung der Geschäftsleitung benötigt. Die Unterschriftenregelung im Produzentenmodell der Beklagten unterscheide klar zwischen dem "Abzeichnen", "Unterschreiben" und dem "Controlling". In Konsequenz zur Feststellung der Unwirksamkeit sämtlicher Kündigungen sei der Kläger von der Beklagten weiterzubeschäftigen. Aus denselben Gründen stünden ihm auch die Zahlungsanträge zu. Insbesondere auch die Tantieme sei zwischen den Parteien nicht streitig.

Gegen dieses ihr am 03.11.2006 zugestellte Endurteil legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 01.12.2006 Berufung ein und begründete sie innerhalb verlängerter Frist mit Schriftsatz vom 25.01.2007.

Zur Begründung ihrer Berufung führt die Beklagte im Hinblick auf ihre fristlose Kündigung vom 26.07.2005 und die fristgerechte Kündigung vom 01.08.2005 aus, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, der Kläger könne nicht gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen, wenn er auf Weisung oder im Interesse der durch ihre Geschäftsführung vertretenen Beklagten gehandelt habe. Der Kläger sei für sie als verantwortlicher Produzent und Leiter einer Produktionsgruppe tätig gewesen, die bei der Beklagten ein "Unternehmen im Unternehmen" sei, und habe in dieser Funktion gegenüber der Beklagten die Pflicht gehabt, verantwortlich zu prüfen, ob bestimmte von der Placement-Agentur gewünschte Themen ohne oder nur unter Verstoß gegen die in den Verträgen mit den Sendern vereinbarten Werbe- und Product-Placement-Verbote in die Vorabendserie oder sonstige Produktionen hätten einbezogen werden können. Dies ergebe sich klar aus dem Produzentenmodell. Danach habe der Kläger als Produzent seine Tätigkeit an den Zielen des Unternehmens auszurichten und mit der Geschäftsführung abzustimmen; er entscheide in Konfliktfällen. Der Kläger habe entgegen seinen Schilderungen aktiv an der Einarbeitung der Themen in seine Produkte mitgearbeitet. Er hätte jederzeit die Möglichkeit gehabt, derartige Ansinnen abzulehnen. Bei den Verträgen zwischen der Placement-Agentur und der S. und M. habe es sich um so genannte unvollständige Verträge gehandelt. Eine rechtliche Verpflichtung zur Einarbeitung der gewünschten und vereinbarten Produkte oder Themen in die Produktionen der Beklagten habe somit zu keinem Zeitpunkt bestanden. Als der Kläger nach Bekannt werden der Product- und Themenplacements auch in Bezug auf die Beklagte seine Beteiligung daran bestritten und nichts zur Aufklärung beigetragen habe, habe sie zügig ermittelt und nach weiterem Bestreiten durch den Kläger die fristlose Kündigung ausgesprochen.

Es treffe zu, dass sie keineswegs allen am Product- oder Themenplacement beteiligten ArbeitnehmerInnen gekündigt habe. Der Kläger habe jedoch durch das "Kleinreden" seiner Beteiligung einen Vertrauensverlust bei der Beklagten herbeigeführt.

Die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung vom 02.09.2005 sei aus den bereits erstinstanzlich vorgetragenen Gründen wirksam. Der Kläger hätte zunächst die Gegenstände an sie zurückgeben und dann gegebenenfalls durch einstweilige Verfügung ihre Herausgabe erstreiten müssen.

Der Kläger sei auch Betriebsleiter oder jedenfalls leitender Angestellter im Sinne von § 14 Abs.2 KSchG, so dass der arbeitgeberseitige Auflösungsantrag ohne Begründung positiv zu entscheiden sei, denn er sei zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmerinnen berechtigt gewesen. Der Kläger habe nach dem Produzentenmodell stets das Letztentscheidungsrecht in den ihm zugeordneten Angelegenheiten besessen. Ihm sei die Gesamtverantwortung für seine Produktion übertragen worden. Die Unterschriftenregelung im Produzentenmodell ändere daran nichts, sie diene allein Kontrollzwecken. Ebenso wenig ändere an der Alleinverantwortung des Klägers eine etwaige Bindung an den jeweiligen Auftraggeber; diese sei jedenfalls im Hinblick auf eine Einschränkung der Entscheidungsfreiheit des Klägers zu bestreiten. Es sei Sache des Klägers darzulegen und zu beweisen, dass er entgegen den Regeln des Produzentenmodells in seiner Entscheidungsfreiheit beschränkt gewesen sei. Der Kläger habe auch eine Vielzahl von Arbeitsverträgen abgeschlossen und befristete Verträge verlängert.

Ergänzend zum Vortrag der Beklagten in der Berufung wird auf deren Schriftsätze vom 25.01.2007 (Bl.1266/1340 d.A.) und 14.09.2007 (Bl.1497/526 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger trägt in seiner Berufungserwiderung vor, die Kündigungen vom 26.07.2005 und 01.08.2005 seien unwirksam, weil der Kläger sich so verhalten habe, wie es die Geschäftsleitung von ihm erwartet habe, so dass eine Vertragsverletzung gegenüber der Beklagten nicht geschehen sei. Deshalb spiele es auch keine Rolle, ob der Kläger sich aktiv am Product-Placement beteiligt habe oder dies nur habe geschehen lassen. Einen Verstoß der Beklagten gegen den Rundfunkstaatsvertrag könne die Einbeziehung von Produkten oder Themen zu Werbezwecken auch nicht bedeuten, weil an diesen Vertrag nur Rundfunkanstalten gebunden seien, nicht die Beklagte. Ein Verbot der Schleichwerbung könne sich also nur aus einem Vertrag zwischen einem Sender als Kunden der Beklagten und der Beklagten ergeben. Die Beklagte habe den Kläger nicht verpflichtet, derartige Verbote zu beachten. Eine Pflicht des Klägers, sich gegen die Geschäftsführung der Beklagten zu stellen, gebe es nicht, eine Pflicht des Arbeitnehmers zur Selbstbezichtigung ebenso wenig. Aus der Unvollkommenheit der Verträge zwischen der K+W und der S. ergebe sich keine Relevanz für die Kündigung des Klägers. Jedenfalls hätte die Beklagte den Kläger zunächst abmahnen müssen. Auch habe die Beklagte bereits derartig lange Zeit Kenntnis von den Product- und Themen-Pacementaktivitäten in ihren Produktionen, dass sie ein Kündigungsrecht gegenüber dem Kläger verwirkt habe. Die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs.2 BGB habe die Beklagte verfehlt. Die Kündigung sei auch gemäß § 102 BetrVG unwirksam. Der Betriebsrat der Beklagten hätte angehört werden müssen, da der Kläger kein leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs.3 BetrVG gewesen sei. Im Übrigen sei die Schleichwerbung bei der Beklagten auch nach deren Kündigung gegenüber dem Kläger weiterbetrieben worden.

Die Kündigung der Beklagten vom 02.09.2005 sei ebenfalls unwirksam, da der Kläger zur Herausgabe der Gegenstände nicht verpflichtet gewesen sei und ihm ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden habe.

Den Auflösungsantrag der Beklagten habe das Arbeitsgericht zu Recht zurückgewiesen. Ein Auflösungsgrund bestehe nicht. Ohne Begründung sei der Auflösungsantrag der Beklagten nicht möglich. Der Kläger sei weder Betriebsleiter noch leitender Angestellter im Sinne von § 14 Abs.2 KSchG. Die Beklagte habe auch in der Berufung ihrer darauf gerichteten Darlegungs- und Beweislast nicht genügt. Bei der Beklagten würden sämtliche Personalentscheidungen im Konsensprinzip getroffen. Der Kläger habe niemals ein Alleinentscheidungsrecht besessen und hätte sich daher bei Personalentscheidungen nicht gegen den Mitunterzeichner durchsetzen können. Konfliktfälle habe es allerdings nie gegeben.

Ergänzend zur Berufungserwiderung des Klägers wird auf seinen Schriftsatz vom 05.04.2007 (Bl.1411/1479 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Klageanträgen, soweit sie mit der Berufung noch angegriffen werden, zu Recht und mit ganz überwiegend zutreffender Begründung stattgegeben.

Zur Vermeidung unnötiger Schreibarbeiten und Wiederholungen greift das Gericht deshalb zum Teil auf die Begründung des Endurteils vom 17.08.2006 zurück.

1. Kündigungen vom 26.07.2005 und 01.08.2005

Zu den Kündigungen der Beklagten vom 26.07.2005 und 01.08.2005 hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt:

Zusammengefasst werfe die Beklagte dem Kläger insbesondere vor, er habe in grobem Maße ihre Interessen dadurch verletzt, dass er entgegen eines gegenüber Dritten bestehenden vertraglichen Verbotes in der Produktion "M." Themen-Placement zu verantworten habe; seine Behauptung, er sei nicht initiativ oder aktiv beteiligt gewesen, habe er noch in der Besprechung vom 07.07.2005 aufrecht erhalten.

Ein Grund für eine Kündigung sei nicht schon automatisch dadurch gegeben, dass die Beklagte durch ein Verhalten des Arbeitnehmers im Verhältnis zu Dritten gegen vertragliche oder sonstige Pflichten verstoße. Ein Kündigungsgrund ergebe sich nur aus der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Die arbeitsvertraglichen Pflichten ergäben sich aber nicht aus dem Außenverhältnis zwischen der Beklagten als Produktionsgesellschaft und den auftraggebenden Sendern, sondern aus dem Arbeitsvertrag, einschließlich der im Arbeitsverhältnis bestehenden Nebenpflichten sowie aus der Konkretisierung der Vertragspflichten im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers.

Eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten im Verhältnis zum Arbeitgeber scheide dann aus, wenn das Handeln des Arbeitnehmers dem Willen des Arbeitgebers entspreche oder zumindest seine Billigung finde. Ein bewusster Vertragsverstoß der Beklagten gegenüber Dritten führe nicht dazu, dass die Beklagte später hierfür den ausführenden Arbeitnehmer durch Kündigung abstrafen könne.

Dass Themen-Placement mit Wissen und Wollen der Beklagten und nicht aufgrund der Initiative einzelner Mitarbeiter ohne das Wissen der Beklagten betrieben worden sei, ergebe sich aus Folgendem: Der Willen einer juristischen Person, auch im Rahmen der Konkretisierung der arbeitsvertraglichen Pflichten der bei ihr angestellten Arbeitnehmer, werde durch die hierfür zuständigen Organe gebildet. Zuständig sei bei der Beklagten als GmbH in erster Linie die Geschäftsführung (§ 35 GmbHG). Es sei zwischenzeitlich zwischen den Parteien wohl nicht mehr strittig, dass das Themen-Placement mit Kenntnis und gleichzeitiger Billigung des früheren Geschäftsführers der Beklagten K. stattgefunden habe. Einzelheiten würden in dem Untersuchungsbericht der KPMG nachzulesen sein, den die Beklagte dem Gericht aber nicht zur Kenntnis gebracht habe. Nur exemplarisch für diesen aus Sicht der Kammer klaren Sachverhalt sei aber anzuführen, dass für das Themen-Placement die Beklagte (nicht der Kläger!) oder ein mit ihr gesellschaftsrechtlich verbundenes Unternehmen (ihre Tochtergesellschaft, die S. und M.) über Jahre Geld vereinnahmt habe.

Wenn die Beklagte, vertreten durch die Geschäftsführung, ihre Interessen dergestalt definiere, dass Themen-Placement bei der Herstellung von Filmen stattfinde, obwohl man dabei im Außenverhältnis gegen Verträge verstoße, und dass man damit Geld verdiene, spiele es keine Rolle, ob der Kläger dieses "Geschäft" aktiv gefördert oder sich dem System nur gefügt habe. Er habe sich jedenfalls im Innenverhältnis gegenüber der Beklagten - und darauf komme es bei der Beurteilung einer arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung an - nicht vertragswidrig verhalten. Bei der Bestimmung der arbeitsvertraglichen Pflichten gebe es nämlich kein abstraktes, vom Willen der Geschäftsführung abgelöstes Arbeitgeberinteresse, insbesondere keine arbeitsvertragliche Pflicht des Arbeitnehmers, sich gegen die Geschäftsführung zu stellen, etwa weil man das Geschäftsgebaren im Außenverhältnis für vertragsbrüchig halte.

Hinzukomme ein Weiteres. Das Kündigungsrecht zur Beendigung eines vertraglichen Dauerschuldverhältnisses diene nicht der Sanktion eines Fehlverhaltens in der Vergangenheit im Sinne einer Bestrafung, sondern sei das Recht einer Partei, sich aus einer auch mit Blick auf die Zukunft gestörten Vertragsbeziehung zu lösen. Bei dieser zukunftsbezogenen Betrachtungsweise sei entscheidend, dass aufgrund eines vertragswidrigen Verhaltens die nicht vertragsgetreue Gesinnung des Arbeitnehmers festgestellt werden könne und deshalb auch in der Prognose zu erwarten sei, dass sich der Arbeitnehmer nicht vertragsgetreu verhalten werde.

Dies könne jedoch dem Kläger nicht unterstellt werden. Es gebe kein Indiz dafür, dass der Kläger weiterhin Themen-Placement in den von ihm verantworteten Filmen relativiert und geduldet hätte, wenn ihm die Geschäftsführung untersagt hätte, dies in Zukunft zu unterlassen: Nicht der Kläger, sondern die Beklagte habe, verantwortet durch die frühere Geschäftsführung, durch Themen-Placement unmittelbar oder mittelbar Einnahmen erzielt.

Kündigungsgrund könne in diesem Zusammenhang auch nicht "seine (gemeint ist der Kläger) auch noch in der Besprechung am 07.07.2005 aufrechterhaltene Behauptung, er sei hierbei nicht initiativ oder aktiv beteiligt gewesen" (vgl. Beklagtenschriftsatz v. 01.03.2006, dort Seite 4, Bl. 425 d.A.) sein.

Die Beklagte wolle dabei möglicherweise einen Kündigungsgrund aus den Einlassungen des Klägers anlässlich ihrer Aufklärungsbemühungen ableiten. Gedanklicher Ansatz sei die Frage, ob sich ein zur Kündigung berechtigender Vorstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten daraus ergeben könne, dass der Kläger der Beklagten im Rahmen der Aufklärung der Vorgänge nicht die Wahrheit gesagt habe.

Dies sei vorliegend eindeutig zu verneinen. Auch die Beklagte trage nicht vor, der Kläger habe seine Kenntnis vom Themen-Placement rundweg geleugnet. Durch seine Kenntnis in Verbindung mit seiner Verantwortung als Produzent liege die grundsätzliche Verantwortlichkeit des Klägers ohnehin auf der Hand, unabhängig davon, ob er in die Einzelheiten der Umsetzung eingebunden gewesen sei oder nicht. Der Streit zwischen den Parteien gehe eher um Nuancen, nämlich, in welchem Umfang der Kläger die Platzierung von Themen aktiv und bereitwillig unterstützt oder - nach Darstellung des Klägers - nur widerwillig geduldet habe.

Selbst im Falle, dass der Kläger seinen eigenen Beitrag im Rahmen der Gespräche eher "klein geredet" haben sollte, ergebe sich aus diesen naturgemäß subjektiven Darstellungen kein eigenständiger Kündigungsgrund. Dabei sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass das Gespräch am 07.07.2005, auf das die Beklagte insbesondere abstelle, stattgefunden habe, nachdem die Beklagte mit Presseerklärung des Aufsichtsrats und der Gesellschafterversammlung vom 01.07.2005 kundgetan habe, dass sie sich mit sofortiger Wirkung u.a. vom Kläger als Chefproduzenten trennen wolle, da dieser zusammen mit anderen "über Jahre hinweg an Placement-Aktivitäten maßgeblich mitgewirkt" habe (vgl. Bl. 283 d.A.).

Der Kläger sei in seinen Stellungnahmen als Beschuldigter zusammen mit seinem rechtlichen Beistand somit auch in Wahrnehmung eigener Interessen tätig geworden. Im Übrigen gebe es keine arbeitsvertragliche Pflicht, sich selbst zu bezichtigen.

Die gegen diese Argumentation des Arbeitsgerichts gerichteten Angriffe der Berufung überzeugen nicht. In der gesamten umfangreichen Prozessakte findet sich kein substantiierter Tatsachenvortrag der Beklagten, der Kläger habe zusammen mit dem Geschäftsführer der Beklagten K. kollusiv gegen die Interessen der zu keinem Zeitpunkt über diese Vorgänge informierten Beklagten handelnd Product- und Themenplacement in seinen Produktionen veranlasst.

Im Gegenteil: Die Beklagte kann nicht leugnen, dass diese Aktivitäten bei ihr - jedenfalls mit Wissen ihres ebenfalls von der Beklagten wegen seiner Product- oder Themenplacementaktivitäten fristlos gekündigten Geschäftsführers K. - über Jahre stattgefunden haben, dass es Verträge zwischen einer Placement-Agentur und der Tochtergesellschaft der Beklagten gegeben hat, bei deren Verwirklichung - also der Implementierung von Produkt- oder Themen-Placements in Produktionen der Beklagten - hier in vom Kläger geleiteten Produktionen Gelder an die Tochterfirma der Beklagten geflossen sind, die letztlich der Muttergesellschaft, also der Beklagten, wirtschaftlichen Nutzen gebracht haben. Die Beklagte hatte als Muttergesellschaft - vertreten durch ihren Geschäftsführer K. - Einblick in die Bilanzen der Tochter und als Alleingesellschafterin die Möglichkeit, jederzeit derartige Aktivitäten zu unterbinden, natürlich auch, in jedem Einzelfall eine Prüfung anzustellen, ob die Vertragsangebote der Placement-Agentur im Einklang mit den vertraglichen Werbeverboten der Kunden gegenüber der Beklagten standen.

Statt Letzteres zu tun, hat sie offenbar den zusätzlichen Ertrag aus den Product- und Themenplacementaktivitäten geschätzt. Die Hinweise der Beklagten, es habe sich bei den Verträgen zwischen der Placement-Agentur und der Tochtergesellschaft der Beklagten um sog. unvollständige Verträge gehandelt, die den Kläger als für seine Produktionen Gesamtverantwortlichen nicht hätten verpflichten können, die gewünschten Themen in seine Produktionen einzuarbeiten, der Kläger habe stets eigenverantwortlich zu prüfen gehabt, ob es sich um erlaubte oder gemäß den Verträgen mit den Sendern als Kunden verbotene Aktivitäten handele und verbotene zurückzuweisen gehabt, erscheint gekünstelt. Die zwischen der Tochtergesellschaft der Beklagten und der Placement-Agentur geschlossenen Verträge sind an den Kläger herangetragen worden. Der Kläger konnte darauf vertrauen, dass er bei Einarbeitung der Produkte oder Themen in seine Produktionen in Übereinstimmung mit der Beklagten handelte, da diese ebenso wie die antragende Tochtergesellschaft durch den Geschäftsführer der Beklagten vertreten war. Hätte die Beklagte dem Kläger nochmals einen eigenständigen Prüfungsauftrag erteilen wollen, ob die angetragenen Produkte oder Themen in seine Produkte einzuarbeiten mit den Kundenverträgen übereinstimmten, wäre sie aufgrund ihrer arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen, ihn dazu ausdrücklich anzuweisen und ihm die dazu geeigneten Mittel zur Verfügung u stellen. Denn wenn schon der Geschäftsführer der Beklagten nicht in der Lage gewesen sein soll zu erkennen, ob einzelne Vertragsgegenstände zwischen der Placement-Agentur und der Tochtergesellschaft der Beklagten, bei der K. als Vertreter der Beklagten unstreitig und von der Beklagten auch mit ihrer Berufung nicht bestritten als Alleingesellschafterin des Tochterunternehmens maßgeblichen Einfluss ausüben konnte, vertragskonform waren oder gegen das Werbeverbot verstießen, wie sollte der Kläger, der kein Jurist ist, dies erkennen? So aber konnte der Kläger mangels gesonderter Prüfungsanweisung darauf vertrauen, dass er stets im Interesse der Beklagten handelte. Aus diesem Grund steht auch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass eine einfache Mitteilung der Beklagten an den Kläger, er dürfe - auch von der Tochtergesellschaft der Beklagten - an ihn herangetragene Produkt- oder Themenplacementwünsche künftig nicht mehr berücksichtigen, genügt hätte, den Kläger zur Beendigung seiner Mitwirkung an solchen Aktivitäten und zur Ablehnung weiterer derartiger Ansinnen zu bewegen. Auch eine Ermahnung oder Abmahnung des Klägers hätte sicherlich ihren Zweck nicht verfehlt. Die Ausführungen der beklagten zur Stellung des Klägers im unternehmen sind abmahnungsrechtlich ohne Belang. Wenn ein Arbeitnehmer gleich welcher hierarchischen Stellung im Unternehmen aufgrund des Verhaltens der Geschäftsleitung nicht erkennen kann, jedenfalls aber nicht erkennen muss, dass seine Tätigkeit im Zusammenhang mit Themen- oder Produktplacement vom Arbeitgeber so grundlegend missbilligt wird, dass er mit einer forstlosen Kündigung rechnen muss, ist eine Warnung durch den Arbeitgeber aus dessen Fürsorgepflicht heraus erforderlich, um dem Arbeitnehmer die Änderung der Geschäftspolitik hinsichtlich Themen- oder Productplacement zur Kenntnis zu bringen und ihm Gelegenheit zur Änderung seines Verhaltens zu geben; eine sofortige fristlose Kündigung erweist sich als übermäßige Reaktion des Arbeitgebers.

Auch dem Vorwurf des Kleinredens seiner Beteiligung an den Placementaktivitäten gegenüber dem Kläger hat das Arbeitsgericht zutreffend entgegengehalten, dass niemand dazu verpflichtet ist, sich selbst zu bezichtigen. Der Kläger dürfte bemerkt haben, dass die Beklagte plante, ihm die Produkt- und Themenplacements in seinen Produktionen nunmehr zum Vorwurf zu machen. Im Übrigen ergibt sich aus dem gesamten unstreitigen Vortrag der Parteien, dass die Beklagte über ihren Geschäftsführer K. - auch als ihren Vertreter bei der Tochtergesellschaft - als für die Beklagte Kündigungsberechtigtem im Sinne von § 626 Abs.2 BGB über die Vorgänge informiert war. Die Information von K. muss sie sich zurechnen lassen. Wegen der fehlenden Eignung der Placementbeteiligung des Klägers als Grund für eine fristlose oder fristgerechte Kündigung mangels Vorliegens eines Vertragsverstoßes kommt es auf die weiteren vom Kläger aufgeworfenen Fragen, etwa der Erforderlichkeit einer Betriebsratsanhörung, da der Kläger kein leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs.3 BetrVG sei, nicht an.

2. Kündigung vom 02.09.2005

Zur Kündigung vom 02.09.2005 führt das Arbeitsgericht ebenfalls weitgehend zutreffend aus:

Schließlich lasse sich die Kündigung vom 02.09.2005 nicht damit begründen, dass der Kläger trotz Aufforderung durch die Beklagte (vgl. Bl. 435 d.A.) seinen Dienstwagen und andere Gegenstände wie Laptop und Blackberry nicht zurückgegeben habe.

Dabei könne dahinstehen - was zwischen den Parteien streitig sei -, ob im laufenden Kündigungsschutzprozess ein Herausgabeanspruch der Beklagten bestehe oder ob das Besitzrecht des Klägers fortwirke. Jedenfalls habe dem Kläger gegenüber der Beklagten im Zeitpunkt der Kündigung ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB zugestanden, denn er habe bei Geltendmachung des Herausgabeanspruchs durch die Beklagte einen fälligen und bis heute unstreitigen Tantiemeanspruch in Höhe von € 34.309,57.

Dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 01.03.2006 "hiermit" Aufrechnung mit nicht näher konkretisierten Schadensersatzforderungen erklärt (vgl. Bl. 428 d.A.; - mit Schriftsatz v. 08.11.2005 habe sie sich die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen noch vorbehalten, vgl. Bl. 64 d.A.)habe, sei ohne Bedeutung für das Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 02.09.2005.

Hierzu Folgendes: Ausgehend von der vom BAG geforderten Prüfung der Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung in drei Schritten, nämlich:

- An-Sich-Eignung des Verhaltens als wichtiger Grund

- Würdigung aller Umstände des Einzelfalles

- Interessenabwägung

(vgl. für alle etwa KR-Kündigungsrecht, 8. Auflage Neuwied 2007, § 626 BGB (Fischermeier) Rn. 81 - 109 m.zahlr.w.N.) erweist sich die Kündigung vom 02.09.2005 als fristlose wie als hilfsweise fristgerechte Kündigung als unwirksam. Grundsätzlich ist zwar die Verweigerung der Herausgabe von Arbeitsmitteln nach fristloser Kündigung oder Ablauf der Kündigungsfrist auch im Falle eines Rechtsstreits über die Kündigung als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung geeignet. Der Arbeitgeber kann etwa dringend auf die Geräte angewiesen sein, um sie an einen Nachfolger des gekündigten Arbeitnehmers zu übergeben, der für die Arbeitsaufnahme diese Gegenstände benötigt. Außerdem besteht an Arbeitsmitteln kein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers, weil er nicht deren Besitzer, § 854 BGB, sondern nur Besitzdiener an ihnen ist, § 855 BGB.

Die Würdigung aller Umstände des Einzelfalles ergibt jedoch ein anderes Bild. In der mündlichen Verhandlung über die Berufung hat sich als zwischen den Parteien unstreitig ergeben, dass der Kläger seinen Dienstwagen mit Privatnutzungsgenehmigung überwiegend als weiteren Gehaltsbestandteil nutzen durfte. Dienstreisen standen nicht in der Weise im Vordergrund seiner Tätigkeit, wie dies etwa bei Außendienstmitarbeitern der Fall ist. Die Herausgabe des Fahrzeugs nach Ausspruch der fristlosen Kündigung war also für die Beklagte nicht etwa deshalb wichtig, weil sie es einem anderen Arbeitnehmer als Arbeitsmittel zur Nutzung übergeben musste. Der Arbeitnehmer ist überdies bei einem Dienstwagen mit Privatnutzungsberechtigung dessen Besitzer, so dass die Ausführungen des Arbeitsgerichts zum Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB zutreffen.

Gleiches gilt für die übrigen Gegenstände, die der Kläger nicht an die Beklagte herausgegeben hat. Denn in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beklagte nicht bestritten, dass der Kläger die übrigen Gegenstände wie Handy, Blackberry und Laptop auch privat nutzen durfte. Die Beklagte führte dazu aus, da sie eine Flatrate - also eine Pauschalgebühr - hinsichtlich der Nutzungsgebühren mit der Telefongesellschaft vereinbart habe, fielen die Kosten der Privatnutzung nicht ins Gewicht. Allerdings habe der Kläger keine private Software auf seinen Laptop aufspielen dürfen.

Trotz erfolgter und erfolgloser Abmahnung kann die Zurückhaltung der Gegenstände keine fristlose oder fristgerechte Kündigung der Beklagten rechtfertigen. Durch die im Fall des Dienstwagens ausdrückliche und hinsichtlich der anderen Gegenstände stillschweigende Privatnutzungsgenehmigung hat der Kläger den Besitz an den Gegenständen erlangt. Hätte die Beklagte sie ihm allein als Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt, wäre er nur Besitzdiener gewesen und hätte die Gegenstände jederzeit an die Beklagte auf deren Aufforderung hin herausgeben müssen.

Dem Kläger stand im Zeitraum des Herausgabeverlangens der Beklagten bis zum Ausspruch der Kündigung vom 02.09.2005 ein Zurückbehaltungsrecht an den Gegenständen zu, weil die Beklagte bis dahin unstreitig die längst fällige Tantieme nicht an ihn ausbezahlt hatte. Ihre Aufrechnungserklärung gegen den Tantiemenanspruch mit behaupteten Schadensersatzansprüchen hat sie erst nach Ausspruch der Kündigung dem Kläger gegenüber abgegeben. Der Wert der zurückbehaltenen Gegenstände liegt auch nicht erheblich über dem seines Tantiemenanspruchs.

Auch konnte der Kläger aufgrund anwaltlicher Beratung darauf vertrauen, nur dann zur Herausgabe der Gegenstände verpflichtet zu sein, wenn die Beklagte glaubhaft hätte machen können, dass sie eine überwiegende Chance hätte, im Kündigungsrechtsstreit über die Kündigungen vom 26.07.2005 und 01.08.2005 zu obsiegen. Denn diese Rechtsansicht wird gegenwärtig in einer anhaltend streitig geführten Diskussion in Rechtsprechung und Schrifttum durchaus vertreten. So meint etwa Preis im Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 7. Auflage München 2007, 230 § 611 Rn. 659, klage der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung, richte sich die Pflicht zur Herausgabe des Dienstwagens nach den vom BAG aufgestellten Regeln zum Weiterbeschäftigungsanspruch, vgl. BAG 27.02.1985 AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht. Daher sei der Dienstwagen zunächst zurückzugeben, weil nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung in der Regel das Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung das des Arbeitnehmers an seiner Weiterbeschäftigung überwiege. Das LAG Hamm 30.10.1973 - 8 Ta 76/73= DB 1973, 2306 sieht auch nach einer fristlosen Kündigung das Besitzrecht des Arbeitnehmers und damit sein Recht zur Verweigerung einer Herausgabe der Sachen an den Eigentümer aus § 986 Abs.1 BGB fortbestehend, sofern nicht der Arbeitgeber neben der Dringlichkeit der sofortigen Herausgabe etwa des Fahrzeugs glaubhaft machen könne, dass ein Grund zur außerordentlichen Kündigung bestehe. Becker-Schaffner sieht diese Ansicht unter Zitierung des LAG Düsseldorf vom 04.07.1975 - 11 Sa 689/75= DB 1975, 1849, das die Wegnahme des Dienstwagens mit Privatnutzungsberechtigung durch den Arbeitgeber nach Entlassung des Arbeitnehmers und anhängigem Streit über die Wirksamkeit der Kündigung als verbotene Eigenmacht wertet, sogar als herrschende an (vgl. DB 1993, 2080 unter 3.).

Aber selbst wenn die übrigen, dem Kläger neben dem Dienstwagen überlassenen Gegenstände lediglich Arbeitsmittel wären, könnte ihre Zurückhaltung nicht die fristlose oder fristgerechte Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte rechtfertigen. Zwar ist die Nichtherausgabe von im Eigentum des Arbeitgebers stehenden oder von ihm geleasten Gegenständen wie oben bereits ausgeführt grundsätzlich als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber geeignet, wenn dem Arbeitnehmer kein Besitzrecht und kein Zurückbehaltungsrecht daran zustehen. Jedoch führen eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und eine Abwägung der Interessen der Parteien gegeneinander zu dem Ergebnis, dass die Verweigerung der Herausgabe der Gegenstände keine derart schwere Beeinträchtigung es Arbeitsverhältnisses der Parteien zur Folge hatte, dass das Interesse der Beklagten an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger - gleich ob fristlos oder fristgerecht - das des Klägers an seiner Erhaltung und Fortsetzung überwiegen könnte. Wesentlich ist hierfür, dass der Kläger die Gegenstände nicht unter Leugnung, sondern vielmehr unter Anerkennung des Eigentums der Beklagten behalten hat, so dass keine Unterschlagung im strafrechtlichen Sinne gemäß § 246 StGB vorliegt, vgl. dazu Tröndle/Fischer, StGB, 52. Auflage München 2004, § 246 Rn.9, sondern bestenfalls im Falle, dass man die Gegenstände als Arbeitsmittel begreift, ein Fall einer zivilrechtlichen Störung, nämlich der sog. verbotenen Eigenmacht, § 858 BGB. Die Beklagte hätte jederzeit angesichts der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers die Möglichkeit gehabt, die Leasingraten für das Fahrzeug und Nutzungsgebühren für die übrigen Gegenstände ihm gegenüber geltend zu machen und auch von ihm zu erhalten und anderenfalls ihrerseits Klage auf Herausgabe der Gegenstände gegen den Kläger - ökonomischerweise im anhängigen Kündigungsschutzrechtsstreit als Widerklage - gegen ihn zu erheben; eine Kündigung wegen dieser Meinungsverschiedenheit ist nach Auffassung der Kammer übermäßig.

3. Auflösungsantrag der Beklagten gemäß §§ 9 Abs.1 S.2, 14 Abs.2 KSchG

Zum Auflösungsantrag der Beklagten führt das Arbeitsgericht zutreffend aus:

Der Antrag der Beklagten, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, sei abzuweisen, denn er bedürfe nur dann keiner Begründung i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG, wenn es sich um das Arbeitsverhältnis mit einem Geschäftsführer, Betriebsleiter oder ähnlichen leitenden Angestellten handele, soweit dieser zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sei, § 14 Abs. 2 KSchG.

Der Kläger falle nicht unter die in § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG genannte Personengruppe. In Betracht komme ohnehin nur der "ähnliche leitende Angestellte", denn der Kläger sei offensichtlich weder Geschäftsführer noch Betriebsleiter. Nach Auffassung der Kammer sei er aber auch kein ähnlicher leitender Angestellter im Sinne der Vorschrift.

Ein einem Geschäftsführer oder Betriebsleiter "ähnlicher leitender Angestellter, der zur selbständigen Einstellung oder Entlassung befugt ist", liege nur dann vor, wenn der Angestellte über die Einstellung oder Entlassung einer bedeutenden Anzahl von Arbeitnehmern des Betriebes gerade im Außenverhältnis entscheiden könne (BAG v. 18.11.1999, NZA 2000, S. 427). Die Wahrnehmung dieser Personalkompetenzen müsse dabei einen wesentlichen Teil der ausgeübten Tätigkeit des Angestellten ausmachen (BAG v. 10.10.2002, DB 2003, S. 506). Von einer "Selbständigkeit" bei Einstellung oder Entlassung von Mitarbeitern könne dann nicht gesprochen werden, wenn die Entscheidung über die personelle Maßnahme von der Zustimmung einer anderen Person abhängig sei (BAG v. 27.09.2001, NZA 2002 S. 1277). Letzteres sei allerdings abzugrenzen davon, dass der Angestellte lediglich interne Richtlinien oder Beratungspflichten beachten müsse oder dass eine zweite Unterschrift lediglich Kontrollzwecken diene (BAG v. 27.09.2001, a.a.O.).

Der Kläger habe als Produzent bei der Beklagten zwar eine herausgehobene und verantwortliche Position bekleidet - was nicht zuletzt durch die ihm verliehene Prokura zum Ausdruck gekommen sei - er sei aber weder bei Einstellung noch bei Entlassung einer bedeutenden Anzahl von Arbeitnehmern des Betriebes "selbständig" i.S.d. § 14 Abs. 2 KSchG gewesen.

Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Arbeitsverträge mit Dritten seien diese in keinem Fall vom Kläger allein, sondern jeweils von einer zweiten Person - in der Masse der Fälle vom Produktionsleiter, z.T. auch vom Herstellungsleiter - ebenfalls unterschrieben. Diese Zweitunterschriften dienten auch nicht lediglich Kontrollzwecken, sondern seien Ausdruck einer Mitverantwortung des Mitunterzeichners. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Mitzeichner als Herstellungs- oder Produktionsleiter selbst eine Führungsposition innehätten. Für die Herstellungsleitung sei im "Produzentenmodell" zudem klargestellt, dass diese die Funktion einer Stabsstelle habe, die direkt der Geschäftsführung unterstehe. Aber auch, dass der Produktionsleiter nach dem "Produzentenmodell" "für die Zeit der Projektvorbereitung und -durchführung direkt vom Produzenten geführt" werde, stehe dessen eigener Verantwortlichkeit und Mitentscheidungsbefugnis bei Einstellung und Entlassung nicht entgegen.

Dass das "Produzentenmodell" in der Person des Produzenten für das Projekt "Herstellung eines Filmes" einen Gesamtverantwortlichen installiere, sei nicht mit einer absoluten Alleinentscheidungsbefugnis in allen Teilbereichen zu verwechseln. So bringe die "Unterschriftenregelung im Produzenten-Modell" (Bl. 75 d.A.) eindeutig die Mitverantwortlichen zum Ausdruck. Die Alleinunterzeichnung eines Arbeitsvertrages durch den Produzenten sei danach gar nicht vorgesehen. Bei Verträgen mit Autoren, Regisseuren und Protagonisten sei die Mitunterzeichnung durch die Geschäftsführung, bei Verträgen mit Haupt- und Nebendarstellern, Teammitgliedern usw. die Mitunterzeichnung durch den Produktionsleiter vorgesehen. Dabei unterscheide die Unterschriftenregelung klar und deutlich zwischen "abzeichnen", "unterschreiben" und "controlling", wobei für die von der Beklagten bemühte technisch korrekte Abwicklung das Abzeichnen ausreichen würde. Auch das Produzentenmodell habe sich aber für das Unterschreiben entschieden, und zwar unabhängig davon, ob die Geschäftsführung oder der Produktionsleiter unterschreiben solle (die mitzeichnende Geschäftsführung solle wohl kaum nur die sachliche Richtigkeit bestätigen).

Auch aus der Befragung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung habe sich für die Kammer ergeben, dass Herstellungs- und Produktionsleiter unabhängig von ihrer Zuweisung zu einer einzelnen Produktion (Projekt) organisatorisch und disziplinarisch der Geschäftsleitung zugewiesen seien und im Rahmen der Produktion auch gegenüber dem Produzenten eine eigenständige Verantwortung insbesondere auf der Ebene der wirtschaftlichen und technischen Durchführbarkeit wahrnähmen. Dafür spricht etwa, dass z.B. der Produktionsleiter R. anstelle der in der Unterschriftenregelung vorgesehenen Geschäftsführung auch Verträge mit Autoren und Regisseuren unterzeichnet habe (vgl. Bl. 298 ff. d.A.).

Soweit die Beklagte schließlich drei Verträge mit persönlichen Mitarbeitern des Klägers vorlege (Bl. 1058 ff. d.A.), die vom Leiter der Personalabteilung mitgezeichnet seien, brauche dessen Mitentscheidungsbefugnis nicht weiter geklärt zu werden, denn hierbei handele es sich jedenfalls nicht um eine selbständige Einstellung einer bedeutenden Anzahl von Arbeitnehmern (vgl. BAG v. 18.11.1999, a.a.O.).

Diesen Ausführungen ist zuzustimmen. Der Kläger ist unstreitig nicht Geschäftsführer der Beklagten. Er ist aber auch kein Betriebsleiter im Sinne von 3 14 Abs.2 KSchG. Der Begriff des Betriebs ist im KSchG wie im BetrVG zu verstehen (vgl. für alle KR-Kündigungsrecht a.a.O (Griebeling) § 1 Rn. 133 ff. m.w.N.). Es gibt bei der Beklagten nur einen einheitlichen Betrieb mit einem Betriebsrat und nicht etwa für jede Produktion wie etwa die "Produktion B." einen gesonderten Betriebsrat. Die Ausführungen der Beklagten, jede Produktion sei ein "Unternehmen im Unternehmen" beinhalten für die Frage, ob der Kläger Betriebsleiter ist, somit keinen Erkenntniswert, solange die Produktionen Teile des Betriebs der Beklagten sind.

Zur streitigen Frage, ob der Kläger leitender Angestellter im Sinne von § 14 Abs.2 KSchG ist, ist den Ausführungen des Arbeitsgerichts hinzuzufügen, dass das Produzentenmodell von August 1994, das die Beklagte nach ihren Ausführungen "lebt" und an dessen Aussagen und Regelungen als für das Arbeitsverhältnis der Parteien geltend sie sich deshalb festhalten lassen muss, zwar dem Produzenten die Gesamtverantwortung für eine Produktion in künstlerischer und finanzieller Hinsicht überträgt (Bl.1325 d.A.), jedoch dem Herstellungsleiter die Verantwortlichkeit für das Controlling der Einzelproduktionen und alle produktionsübergreifenden Belange wie etwa das strategische Personalmanagement überträgt. Der Produzent entscheidet im Konfliktfall mit der Herstellungsleitung oder dem Produktionsleiter (Bl.1329 d.A.). Detaillierte Beschreibungen dieser Zusammenarbeit liegen danach in der Unterschriftenregelung (Bl.1329 und1326/1327 d.A.).

Unter d) Schlüsselpositionen heißt es weiter: Der Produzent entscheidet in enger Abstimmung mit dem Auftraggeber über die Protagonisten, den Autor und den Regisseur, dies jeweils mit Zweitunterschrift durch die Geschäftsleitung. Er entscheidet über die anderen künstlerischen Schlüsselpositionen. Um eine möglichst kontinuierliche Auslastung der B. Kapazitäten zu erzielen und um das Gagengefüge der B. zu erhalten, geschieht dies in Abstimmung mit der Herstellungsleitung. Autoren-, Regie- und Hauptdarstellerverträge verhandelt der Produzent, für die anderen Verträge gilt die "Unterschriftenregelung".

Konfliktfälle hat es während der Zeit der Beschäftigung des Klägers bei der Beklagten hinsichtlich der Einstellung von Personal unterhalb von Autoren, Regisseuren und Protagonisten offenbar nicht gegeben, so dass eine Beweisaufnahme hinsichtlich der streitigen Frage, ob der Kläger im Konfliktfall selbständig unter Übergehung der Herstellungs- oder Produktionsleitung mit Wirkung für und gegen die Beklagte hätte handeln dürfen und können, nicht stattfinden konnte. Das Gericht kommt allerdings deswegen zu demselben Ergebnis wie das Arbeitsgericht, weil der Kläger keine Einzelprokura besaß, sondern lediglich Handlungsvollmacht und eine Gesamtprokura, und bei Entscheidungen über die Einstellung und Entlassung von Personal aus den genannten Gründen aufgrund der einschränkenden Regelungen des Produzentenmodells zur Abstimmung mit der Herstellungsleitung verpflichtet war, das heißt, einen Konsens erzielen musste. Im Innenverhältnis zur Beklagten war er nach dem Produzentenmodell eben gerade nicht zur selbständigen Entscheidung über Einstellung oder Entlassung von ArbeitnehmerInnen berechtigt. Diese Auffassung des Gerichts, dass nämlich die im Produzentenmodell geregelte und ausdrücklich mit wirtschaftlichen Interessen der Beklagten begründete Abstimmungspflicht eine selbständige Entscheidung des Produzenten ausschließen soll, wird in der Unterschriftenregelung eindrucksvoll bestätigt. Das Produzentenmodell unterscheidet ausdrücklich und bewusst zwischen dem schlichten Abzeichnen, dem Controlling und der Unterschrift im Sinne einer hierarchischen Regelung. Die Beklagte kann nicht ernstlich behaupten wollen, dass diese Unterscheidung nichts bedeuten soll. Die Unterschrift der Geschäftsleitung, Herstellungs- oder Produktionsleitung, die in allen besonders wichtigen Personalentscheidungen zwingend vorgeschrieben ist, kann bereits wegen dieser von der Beklagten selbst normierten Unterscheidung nicht ein schlichtes Zurkenntnisnehmen sein, sondern deutet ebenso wie die vorgeschriebene Abstimmungspflicht auf eine Konsenspflicht hin. Kommt es nicht zu einer Abstimmung, könnte der Kläger mangels Einzelprokura auch bei Vorliegen einer Handlungsvollmacht im Innenverhältnis zur Beklagten nicht und auch im Außenverhältnis nicht verbindlich für die Beklagte entscheiden.

4. Auflösungsantrag der Beklagten gemäß § 9 Abs.1 S.2 KSchG

Das Arbeitsgericht führt hierzu aus: Die Voraussetzungen für eine Auflösung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG, also dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit den Parteien nicht zu erwarten ist, seien nicht gegeben. Entsprechende Gründe würden von der Beklagten auch nicht weiter vorgetragen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nicht das Verhalten des Klägers in der Vergangenheit zu würdigen, sondern auf die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit in der Zukunft abzustellen sei. Wiederum sei darauf hinzuweisen, dass durch nichts indiziert sei, dass sich der Kläger an ein von der Geschäftsführung der Beklagten ausgesprochenes Verbot der Platzierung von Schleichwerbung nicht halten würde.

In der Tat hat die Beklagte zur Begründung ihres Auflösungsantrags lediglich vorgetragen, ihr Vertrauen in die Fähigkeit des Kläger, künftig seiner Verantwortung als Produzent gerecht zu werden sei dauerhaft zerstört, da er sich im Rechtsstreit als "kleines Rädchen" dargestellt habe. Diese Begründung trägt keinen Auflösungsantrag des Arbeitgebers. Die Beklagte hat außer ihrer Behauptung keine Tatsachen dazu vortragen können, dass sich bei der Arbeitspflichterfüllung des Klägers in der Vergangenheit bis zur fristlosen Kündigung oder nach Beginn seiner Weiterbeschäftigung eine bei ihm etwa vorliegende subjektive Fehleinschätzung seiner Bedeutung als verantwortlicher Produzent negativ auf seine Arbeit für die Beklagte ausgewirkt hat.

Auch das behauptete legitime Interesse der Beklagten, sich von den Verantwortungsträgern zu trennen, die in die unzulässigen Placements einbezogen gewesen seien, trägt keinen Auflösungsantrag. Das Interesse der Beklagten reicht nicht aus, weil es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass der Kläger ihrer Weisung, künftig Product- und Themen-Placements in seinen Produktionen zu unterlassen nicht Folge leisten würde. Außerdem hat die Beklagte unstreitig nicht alle in unzulässige Place-ments involvierten ArbeitnehmerInnen entlassen. Dieser Umstand kann zwar nicht als Argument für die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 26.07 und 01.08.2005 herangezogen werden. Es gibt entgegen der Auffassung des Klägervertreters keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht in der Weise, dass der Arbeitgeber allen bei einer Vertragsverletzung ertappten ArbeitnehmerInnen kündigen müsse oder keiner/m von ihnen kündigen dürfe. Jedoch zeigt das Verhalten der Beklagten gerade, dass sie dieses behauptete legitime Interesse selbst nicht konsequent verfolgt, indem sie anderen ArbeitnehmerInnen, die in die Product- und Themenplacementaktivitäten verwickelt waren, keine Kündigungen ausgesprochen hat, ohne dass sie diese unterschiedliche Verhaltensweise besonders begründet hat.

Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten der Berufung zu tragen, §§ 64 Abs.6 ArbGG, 97 Abs.1 ZPO.

Da dieser Entscheidung über die Klärung der Streitigkeiten zwischen den Parteien keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 72 Abs.2 ArbGG nicht vorliegen, war die Revision nicht zuzulassen.

Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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