Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 26.09.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 310/06
Rechtsgebiete: BetrVG, AktG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 1
BetrVG § 1 Abs. 2
BetrVG § 4
BetrVG § 19
BetrVG §§ 111 ff.
BetrVG § 77
BetrVG § 77 Abs. 1
BetrVG § 77 Abs. 3
BetrVG § 77 Abs. 4
BetrVG § 112 Abs. 1
BetrVG § 112 Abs. 1 S. 3
AktG §§ 15 ff.
BGB § 140
BGB § 179
BGB § 179 Abs. 1
BGB § 427
BGB § 613a
Eine Konzernmuttergesellschaft hat als Arbeitgeberin und in Vertretung für ihre Tochterunternehmen mit ihren Betriebsräten und denen ihrer Tochterunternehmen einen Rahmensozialplan vereinbart. Die Klägerin als Arbeitnehmerin eines Tochterunternehmens klagt aus dem Rahmensozialplan gegen die Muttergesellschaft. Ihre Klage und ihre Berufung blieben erfolglos.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 Sa 310/06

Verkündet am: 26.09.2007

In dem Rechtsstreit

hat die Siebte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Gericke sowie die ehrenamtlichen Richter Josef Kutschenreiter und Christine Kölbl für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 27.01.2006 - 27 Ca 10027/05 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.

Die Klägerin war seit 01.01.2001 bei der N. als Korrespondentin in L. beschäftigt.

Die N. wurde im Dezember 1998 an die P. veräußert und gehörte bis September 2002 zum Konzern der Beklagten.

Im Zuge der Verschmelzung der P. und der S. zur PS. im November 2000, die zu mehreren Umzügen von Betrieben und Betriebsteilen führte, wurde unter dem 07.12.2000 eine "Betriebsvereinbarung zwischen der PS. und deren Tochterunternehmen und den Betriebsräten der PS. und deren Tochterunternehmen anlässlich der Durchführung der Betriebsänderungen" (Bl.53/63 d.A.) abgeschlossen. Diese enthält u. a. folgende Regelungen:

"Sozialplan

der

PS., und deren Tochtergesellschaften, sämtlich vertreten durch den Vorstand der PS.

- nachstehend Unternehmen genannt -

und

den Betriebsräten der PS. und deren Tochtergesellschaften, vertreten durch die Betriebsratsvorsitzenden

- nachstehend Betriebsräte genannt -

Präambel

Die Betriebsparteien erkennen die Gründung der Senderfamilie durch die Verschmelzung der P. mit der S. zur PS. als einen strategisch und wirtschaftlich sinnvollen Schritt zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem komplexen und hochkompetitiven Medienmarkt an. Die PS. will sich noch stärker als bisher als moderner, attraktiver Arbeitgeber am Arbeitsmarkt positionieren.

Vor dem Hintergrund schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen den nachfolgenden Sozialplan, der evt. wirtschaftliche Nachteile betroffener Arbeitnehmer/innen im Rahmen der Restrukturierungen oder durchzuführender Umzüge ausgleicht.

§ 1 Geltungsbereich

1.1 Der Sozialplan gilt für alle Arbeitnehmer/innen des Unternehmens, die während der Laufzeit dieses Sozialplans in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen stehen und deren Arbeitsplatz im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz)

- an einen anderen Standort verlagert wird oder

- deren Arbeitsplatz unmittelbar oder zu einem späteren Zeitpunkt wegfällt.

Das Gleiche gilt für die Arbeitnehmer/innen, die im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG andere wirtschaftliche Nachteile durch die Verschmelzung des Unternehmens erleiden.

1.2 Der Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer/innen der S., die im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG zur D. oder deren Tochtergesellschaften wechseln, wird im § 16 geregelt."

Nach § 2 der Betriebsvereinbarung sollte diese am 07.09.2000 in Kraft treten und bis 31.12.2005 laufen.

§ 6 der Betriebsvereinbarung enthält eine Abfindungsregelung für Arbeitnehmer/innen, die in den §§ 1 und 2 des Sozialplans genannten sachlichen und zeitlichen Geltungsbereich fallen und ihr Arbeitsverhältnis - unter anderem - durch Ausspruch einer betriebsbedingten Beendigungskündigung, einer arbeitgeberseitig veranlassten Eigenkündigung oder eines arbeitgeberseitig veranlassten Aufhebungsvertrags zur Vermeidung einer betriebsbedingten (Änderungs-)Kündigung verlieren.

In § 17.9 der Betriebsvereinbarung ist bestimmt, dass unter dem Begriff "Unternehmen" im Sinne des Sozialplanes der Konzern PS. (PS. samt Tochterunternehmen) zu verstehen ist.

Die Betriebsvereinbarung ist für die Arbeitgeberseite von zwei Vorstandsmitgliedern der Beklagten unterzeichnet. Auf der Betriebsratsseite ist die Betriebsvereinbarung von den Vertretern von fünf Betriebsräten unterzeichnet, so auch vom damaligen Betriebsratsvorsitzenden der N., W..

Die Gesellschaftsanteile der N. wurden gemäß notariellem Kaufvertrag vom 08.09.2003 mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01.06.2003 an die SF.im Rahmen eines sog. Management Buy-out verkauft.

§ 11 des Kaufvertrags lautet:

"§ 11 Freistellung P7S1 Betriebsvereinbarung

Die Käuferin wird P. oder, auf Verlangen der P., die mit P. im Sinne von §§ 15 ff. AktG verbundenen Unternehmen (nachfolgend "P. Gruppe" genannt) von der Inanspruchnahme durch Arbeitnehmer der d. und d./v. aus der P. Betriebsvereinbarung freistellen, sofern und soweit die Ansprüche nicht vor dem Stichtag entstanden sind oder die Betriebsänderungen nach §§ 111 BetrVG nicht vor dem Stichtag stattfanden."

Über das Vermögen der N. wurde am 01.11.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter schloss mit dem Betriebsrat der N. am 01.11.2004 einen Interessenausgleich und Sozialplan ab. Dessen § 2 lautet:

"§ 2 Frühere Vereinbarungen

Es wird vorsorglich vereinbart, dass frühere Vereinbarungen, die dieser Vereinbarung entgegenstehen, außer Kraft treten. Unberührt hiervon bleibt die Betriebsvereinbarung zwischen der PS. und dem Betriebsrat der N.. vom 07.12.2000."

Am 04.11.2.2004 schloss die Klägerin mit dem Insolvenzverwalter einerseits und der PT. andererseits einen sog. dreiseitigen Vertrag (Bl.64/68 d.A.), demzufolge des Arbeitsverhältnis der Klägerin einvernehmlich zum 05.11.2004 aus betriebsbedingten Gründen enden und die Klägerin mit Wirkung vom 06.11.2004 in ein bis 30.04.2005 befristetes Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft eintreten sollte. § 1 Ziffer 1.3 des dreiseitigen Vertrages enthält folgende Bestimmung:

"1.3 Mit dieser Vereinbarung sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem bis zum Ablauf des 05.11.2004 bestehenden Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber und anlässlich dessen Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt. Diese Erledigung gilt ausdrücklich nicht für Lohn- und Gehaltsansprüche bis zum Ablauf des 05.11.2002, ggf. bestehende Ansprüche aus unverfallbaren Versorgungsanwartschaften, sowie die Ansprüche auf ein Arbeitszeugnis und die Arbeitspapiere, sowie Ansprüche des Arbeitgebers wegen ausgereichter Arbeitgeber-Darlehen oder Überlassung firmeneigener Gegenstände."

Laut Pressemeldungen vom 08.11.2004 (Bl.137/141 d.A.) übernahm die A. die N. im Rahmen einer sog. übertragenden Sanierung.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug vorgetragen, sie habe aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 (im Folgenden auch Sozialplan) unmittelbar Anspruch auf Zahlung der Abfindung gegenüber der Beklagten. Aus dem Sozialplan ergebe sich, dass die Beklagte für die Sozialplanansprüche der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beteiligten Firmen unmittelbar habe einstehen wollen. Die Klägerin falle sowohl in den zeitlichen als auch in den sachlichen Geltungsbereich des Sozialplans, weil ihr ungekündigtes Arbeitsverhältnis zu einem Unternehmen i. S. d. Sozialplans bestanden habe und ihr Arbeitsplatz im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG im Sinne von § 1 Ziffer 1.1 des Sozialplans weggefallen sei. Unternehmen im Sinne der Betriebsvereinbarung seien die Beklagte und alle Tochtergesellschaften. Vertragspartner des Sozialplans auf der Arbeitgeberseite sei die Beklagte und nicht die N., da deren Geschäftsführer nie an den Verhandlungen beteiligt gewesen seien, die unterzeichnenden Vertreter der Beklagten keine Vollmacht der N. besessen hätten und ihre Unterschriftsleistung auch nicht genehmigt worden sei. Für die Umsetzung der Betriebsvereinbarung sei auch nie der Geschäftsführer der N. Ansprechpartner gewesen, sondern der Vorstand der Beklagten. Eine Konzernzugehörigkeit des betreffenden Arbeitnehmers sei nicht Anspruchsvoraussetzung für die Abfindung, sondern lediglich, dass der betreffende Arbeitnehmer Angehöriger eines der fünf Unternehmen sei. Die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 wirke somit als Einzelsozialplan der Beklagten unmittelbar für die Klägerin. Sie enthalte einen freiwilligen Rahmenssozialplan für alle Maßnahmen während seiner Laufzeit, durch die Arbeitnehmer den Arbeitsplatz verlören.

Die Klägerin hat ferner die Auffassung vertreten, es habe ein Gemeinschaftsbetrieb gemäß § 1 BetrVG vorgelegen. Die Geschäftsleitung der N. sei in der Ausübung ihrer arbeitgeberseitigen Rechte gegenüber ihren Mitarbeitern von den Weisungen der Beklagten abhängig gewesen. So habe die Beklagte die Geschäftsführung der N. angewiesen, Arbeitsverträge oder Vertragsänderungen mit Mitarbeitern nur zusammen mit den zuständigen Personalverantwortlichen der Beklagten zu unterzeichnen. Wenn es um die Ausarbeitung von Betriebsvereinbarungen gegangen sei, sei Ansprechpartner auf der Arbeitgeberseite der Vorstand bzw. die Personalleitung der Beklagten und nicht die Geschäftsführung der N. gewesen. Die dem Gemeinschaftsbetrieb zugrunde liegende Führungsvereinbarung habe aber nicht beinhaltet, dass die Beklagte befugt gewesen sei, namens und in Vollmacht der N. einen Letztere mit mehreren Millionen DM belastenden Sozialplan abzuschließen, ohne eine diesbezügliche Vollmacht erhalten zu haben. Das ergebe sich aus der Patronatserklärung vom 31.12.2000 der PS., in der die Verbindlichkeiten der N. einschließlich Rückstellungen mit 9.111.515,23 € angegebenen seien. Aus der Stellung der Beklagten als Arbeitgeberin eines Gemeinschaftsbetriebs folge jedenfalls ihre gesamtschuldnerische Haftung für Verbindlichkeiten aus dem Sozialplan.

Im Übrigen hafte die Beklagte auf Zahlung der Abfindung in entsprechender Anwendung von § 179 Abs. 1 BGB, da sie als vollmachtlose Vertreterin für die N. die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 abgeschlossen habe. § 179 Abs. 1 BGB führe bei einem Sozialplan, der ein typischer Vertrag zugunsten Dritter sei, zu einer Haftung gegenüber den begünstigten Arbeitnehmern.

Die Beklagte hafte aber selbst dann, wenn man nicht von einem wirksamen Sozialplan oder der Anwendbarkeit des § 179 BGB ausgehe, für den Abfindungsanspruch nämlich aufgrund eines Verschuldens bei Vertragsschluss (c. i. c.). Denn die Beklagte habe durch Einberufung der Arbeitsgruppe "O", an der sich Vertreter der Beklagten und die Betriebsräte der Tochterunternehmen beteiligt hätten und deren Zweck es gewesen sei, Maßnahmen zur Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen innerhalb des neuen Konzerns PS. zu beraten und Betriebsvereinbarungen festzulegen, sowie durch Verlautbarungen in der Firmenöffentlichkeit den Eindruck erweckt, sich den Arbeitnehmern der Tochtergesellschaften gegenüber vertraglich verpflichten zu wollen. Sie habe es auch zu verantworten, dass die N. unterfinanziert gewesen sei, da deren Insolvenz durch Verweigerung der Auszahlung einer letzten Darlehensrate durch die Beklagte an die N. entgegen einer Darlehensvereinbarung herbeigeführt worden sei. Somit habe die Beklagte den Rechtsschein erweckt, für das Tochterunternehmen N. zu handeln. Dies ergebe sich auch aus der Freistellungsklausel im Kaufvertrag vom 08.09.2003.

Die Beklagte hat erstinstanzlich vortragen, sie sei aus dem Sozialplan nur gegenüber ihren eigenen Arbeitnehmern verpflichtet. Sie habe die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 nur in Vertretung ihrer Tochterunternehmen abgeschlossen, wobei ihr Vorstandsvorsitzender auch für die N. gehandelt habe. Die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 enthalte rechtlich gesehen fünf einzelne Betriebsvereinbarungen, die in einer Urkunde zusammengefasst seien. Eine Betriebsvereinbarung zwischen der Muttergesellschaft und dem Betriebsrat einer Tochtergesellschaft sei gemäß § 77 BetrVG nicht möglich, weil es insoweit an der Rechtsfähigkeit der Betriebsparteien fehle.

Der persönliche und sachliche Geltungsbereich des Sozialplans sei nicht eröffnet, weil die N. nur bis 07.09.2003 zum PS-Konzern gehört habe, so dass die Klägerin im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis nicht mehr Arbeitnehmerin einer Konzern-Tochtergesellschaft gewesen sei und weil vom Sozialplan lediglich Restrukturierungen im Zusammenhang mit der Integration der Senderfamilie - Standortverlagerungen oder Umzüge - erfasst seien, nicht aber die Stilllegung der N. im Rahmen einer Insolvenz. Schließlich habe die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 durch den Insolvenzsozialplan vom 01.11.2004 ihre Wirkung verloren. Eine Geltung beider Kollektivregelungen nebeneinander sei nicht möglich.

Im Übrigen sei der geltend gemachte Anspruch durch die Verzichtsklausel im dreiseitigen Vertrag vom 03.12.2004 ausgeschlossen. Auch habe die Klägerin aufgrund des Erwerbs des Geschäftsbetriebs der N. durch die S. Beteiligungsgesellschaft A. ihren Arbeitsplatz gemäß § 613a BGB nicht verloren. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten gemäß § 427 BGB scheide aus, weil diese Vorschrift auf Betriebsvereinbarungen nicht anwendbar sei. Dasselbe gelte in Bezug auf § 179 BGB. Die Geltung dieser Bestimmung im Zusammenhang mit einer Kollektivvereinbarung sei systemwidrig und betriebsverfassungswidrig. Auch wäre aus § 179 Abs. 1 BGB nicht die Klägerin, sondern allenfalls der Betriebsrat anspruchsberechtigt.

Mit Endurteil vom 27.01.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung von € 95.109,78 nebst Zinsen an die Klägerin abgewiesen. Es hat seine Entscheidung zusammengefasst damit begründet, die Beklagte sei nicht passivlegitimiert. Aus der Betriebsvereinbarung ergebe sich, dass die Beklagte nur ihren eigenen Arbeitnehmern, nicht jedoch den Arbeitnehmern der Tochterunternehmen gegenüber verpflichtet werden sollte. Nach § 77 BetrVG sei die Rechtsetzung durch Betriebsvereinbarung nur auf den Arbeitgeber beschränkt, dem der jeweilige Betriebsrat als Betriebspartner gegenüberstehe. Bei Abschluss der Betriebsvereinbarung habe die Beklagte zugleich in Vertretung ihrer Tochterunternehmen gehandelt. § 17.9 der Betriebsvereinbarung regle nur, welche Arbeitgeberinnen durch die Betriebsvereinbarung verpflichtet würden. Diese Bestimmung treffe dagegen keine Aussage darüber, wer Schuldner der versprochenen Sozialplanleistungen ist. Außerdem falle die Klägerin nicht in den Geltungsbereich nach § 1 des Sozialplans, da sie bei ihrem Ausscheiden nicht mehr zum Konzern gehört habe. Ein Anspruch auf § 179 Abs. 1 BGB scheide jedenfalls deshalb aus, weil diese Bestimmung allenfalls einen Anspruch der anderen Vertragspartei, hier also des Betriebsrats, nicht dagegen der Arbeitnehmer begründen könne.

Gegen dieses dem Klägerinvertreter am 09.02.2006 zugestellte Endurteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die am 09.03.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Die Berufungsbegründungsfrist war bis 10.05.2006 verlängert worden. Die Berufungsbegründung ging auch am 10.05.2006 beim Landesarbeitsgericht ein.

Zur Begründung ihrer Berufung und in Ergänzung zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen rügt die Klägerin, das Urteil des Arbeitsgerichts basiere auf einer unzureichend ermittelten Tatsachengrundlage sowie einer falschen rechtlichen Bewertung der zugrunde gelegten Tatsachen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Beklagte passivlegitimiert. Das Arbeitsgericht habe weder den Sinn und Zweck noch den Inhalt des Sozialplans hinreichend gewürdigt. Außerdem habe es den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin einschließlich der umfassenden Beweisangebote nicht zur Kenntnis genommen. Bei Abschluss der Betriebsvereinbarung habe die Beklagte im eigenen Namen gehandelt und keine Vertretungsmacht gehabt. Der Sozialplanabschluss sei auch nicht nachträglich genehmigt worden (Beweis: Zeuge S., vgl. Bl.147 d.A.). Der Hinweis des Arbeitsgerichts auf § 77 BetrVG greife zu kurz und berücksichtige nicht die Besonderheiten des entscheidungserheblichen Sachverhalts.

Die Beklagte und die N. hätten einen Gemeinschaftsbetrieb i. S. d. § 1 Abs. 2 BetrVG gebildet. Die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen seien von dem einheitlichen Leitungsapparat der Beklagten ausgeübt worden. Die dem Gemeinschaftsbetrieb zugrunde liegende Führungsvereinbarung habe aber nicht die Befugnis der Beklagten zum Inhalt gehabt, für die N. einen diese mit mehreren Millionen DM/€ belasteten Sozialplan abzuschließen. Dies wäre schon deshalb nicht möglich gewesen, da die N. Verluste geschrieben habe und zur Erfüllung des streitgegenständlichen Anspruchs nicht in der Lage gewesen sei. Aus den Besonderheiten des Einzelfalles ergebe sich, dass die Beklagte als Teil des Gemeinschaftsbetriebes gegenüber der Klägerin zur Zahlung der Abfindung aus dem Sozialplan verpflichtet sei. Der Abschluss von Betriebsvereinbarungen zwischen der Beklagten und den Betriebsräten der Tochtergesellschaften sei ständige Praxis gewesen (vgl.Bl.237/242 d.A.). Es sei nie außer Zweifel gestanden, dass sich die Beklagte durch den Sozialplan gegenüber den Arbeitnehmern der Tochtergesellschaften verpflichten wollte (Beweis: Zeuge E.).

Aber selbst wenn man eine fehlende Befugnis der Beklagten und des Betriebsrats der N. zum Abschluss des Sozialplans annehmen würde, bestehe der geltend gemachte Anspruch. Die Beklagte hafte gemäß § 179 BGB bzw. aus Rechtsschein gemäß c. i. c. Der Sozialplan sei der klassische Fall eines Vertrages zugunsten Dritter.

Schließlich falle die Klägerin in den Geltungsbereich des § 1 Sozialplans. Es handle sich um einen Rahmensozialplan, der umfassende Regelungen treffe. Die Anwendbarkeit ergebe sich auch aus § 17.9.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts München vom 27. Januar 2006, Az. 27 Ca 10027/05, die Beklagte und Berufungsbeklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 95.109,78 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. In der Präambel des Sozialplans komme klar zum Ausdruck, dass die Tochtergesellschaften selbst Vertragspartner seien. Inhaltlich erfasse der Sozialplan nur Umzüge und Standortverlagerungen, die im sachlichen Zusammenhang mit der Fusion stünden. Die Stilllegung der N. erfülle diese Voraussetzungen nicht. Im Zeitpunkt der Stilllegung der N. habe die Klägerin außerdem nicht mehr zum Konzern der Beklagten gehört.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 10.05.2006 und 15.06.2006 sowie der Beklagten vom 12.06.2006 Bezug genommen, außerdem auf die Sitzungsniederschrift vom 26.09.2007.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist statthaft und wurde form- und fristgerechtgerecht eingelegt (§§ 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1 ArbGG).

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin der geltend gemachte Abfindungsanspruch nicht zusteht. Das Arbeitsgericht hat im Wesentlichen zutreffend begründet, warum es für den geltend gemachten Anspruch keine Anspruchsgrundlage gibt. Zwischenzeitlich haben mehrere Kammern des Landesarbeitsgerichts München in Parallelverfahren klageabweisende Endurteile des Arbeitsgerichts bestätigt und sich ausführlich mit der Argumentation der Klägerseite auseinandergesetzt (z. B. Urteile vom 22.06.2006 - 4 Sa 158 und 161/06, 29.6.2006 - 3 Sa 14 und 59/06, 25.07.2006 - 8 Sa 1303/05, 13.09.2006 - 9 Sa 3/06, 20.09.2006 - 9 Sa 424/06, 26.01.2007 - 11 Sa 367/06 sowie 08.02.2007 - 2 Sa 408/06, ). Die erkennende Kammer hält die Argumentation der anderen Kammern zu allen aufgeworfenen Fragen für zutreffend. Zur Vermeidung unnötiger Formulierungs- und Schreibarbeit werden zur Begründung der vorliegenden Entscheidung deshalb auch weitgehend Passagen aus den genannten Urteilen verwendet.

1. Der Anspruch ergibt sich nicht aus dem Sozialplan vom 07.12.2000 als kollektiver Rechtsgrundlage, da die Klägerin in keinem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stand.

1.1. Zu Recht hat das Erstgericht ausgeführt, Kollektivvereinbarungen nach dem Betriebsverfassungsgesetz, insbesondere Betriebsvereinbarungen im Sinne von § 77 Abs. 1 BetrVG, könnten mit Wirkung für und gegen die Arbeitnehmer eines Betriebes nur zwischen dem für diesen Betrieb gebildeten Betriebsrat und dem Inhaber dieses Betriebs als Arbeitgeber geschlossen werden. Denn nur in diesen Grenzen besteht die kollektivrechtliche Regelungs- und Rechtsetzungsmacht der Betriebsparteien. Der Betriebsrat kann nur für die Organisationseinheit, für die er gewählt ist, und für deren Arbeitnehmer Betriebsvereinbarungen und Regelungsabreden treffen; der Arbeitgeber tritt dem Betriebsrat in seiner Eigenschaft als Inhaber und betriebsverfassungsrechtlicher Entscheidungsträger für diesen Betrieb gegenüber. Deshalb hatte die Beklagte gemäß §§ 77 Abs. 1, 112 Abs. 1 BetrVG lediglich die Kompetenz, mit ihrem eigenen Betriebsrat Kollektivvereinbarungen und somit auch die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 zu schließen.

1.2. Allenfalls denkbar wäre es, dass durch Betriebsvereinbarung, geschlossen zwischen der N. und deren Betriebsrat, den Arbeitnehmern dieser Gesellschaft unmittelbar Sozialplanansprüche verschafft werden sollten aufgrund eines "Sozialplans zu Lasten eines Dritten", verbunden mit einer Art Einstands-, Garantie- oder Haftungsübernahmeerklärung der Beklagten.

1.3. Wie allerdings bereits die Kammer 3 des LAG München ausgeführt hat, fehlen dafür aufgrund der geschilderten klaren Struktur der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 jegliche Anhaltspunkte. Die Klägerin konnte auch im Berufungsverfahren nicht schlüssig darlegen, dass die Beklagte und der Betriebsrat der N. oder die anderen Betriebsratsgremien Sozialplanansprüche gegenüber den jeweiligen Arbeitgebern für nicht ausreichend gesichert gehalten hätten und deshalb die Konzernmuttergesellschaft eine Verpflichtung auch gegenüber den Arbeitnehmern der Tochtergesellschaften hätte übernehmen wollen; für einen derartigen Willen der Beklagten findet sich auch kein einziger Hinweis im Text des Sozialplans. Der Hinweis der Klägerin auf die Regelungen im Sozialplan für Mitarbeiter der S., für die kein Betriebsrat beim Abschluss des Sozialplans beteiligt war, ist unbehelflich. § 16 des Sozialplans sagt nicht zu der Frage aus, ob die darin behandelten Ansprüche gegenüber der Beklagten bestehen würden. Aber selbst wenn dies so ist - und es spricht Vieles dafür -, handelt es sich um eine Sonderregelung, die darauf zielt, auch denjenigen Arbeitnehmern des Konzerns Leistungen zu gewähren, die - sonst zu ihrem Nachteil - keinen Betriebsrat gewählt haben. Für die vorliegende Entscheidung kann offen bleiben, ob und wie in einer Betriebsvereinbarung Ansprüche für Arbeitnehmer solcher Unternehmen begründet werden können, die gar nicht am Abschluss des Sozialplans beteiligt waren und bei denen es keinen Betriebsrat gab. Maßgeblich ist, dass dies aus den oben genannten Gründen jedenfalls nicht in kollektivrechtlicher Form nach §§ 77 Abs. 1, 112 Abs. 1 BetrVG möglich ist. Auch gibt diese Ausnahmeregelung für die Beantwortung der Frage nichts her, ob die Beklagte sich unmittelbar auch gegenüber den Arbeitnehmern verpflichten wollte, die bei Unterzeichnung des Sozialplans durch einen - nämlich den von ihnen für ihr Unternehmen gewählten - Betriebsrat vertreten waren, der nicht Betriebsrat der Beklagten war.

1.4. Es kann weiter dahinstehen, ob der Vorstand der Beklagten bei Abschluss der Betriebsvereinbarung im Namen der N. handelte und von dieser bevollmächtigt war. Wenn dies - wie von der Klägerin angenommen - nicht der Fall war, wurden keine Verpflichtungen gegenüber der N. begründet. Damit steht jedoch noch nicht fest, dass die Beklagte verpflichtet ist. Es spricht viel dafür, dass der Sozialplan unwirksam wäre, soweit er die N. betrifft, wenn man kein wirksames Vertreterhandeln durch die Beklagte annimmt.

1.5. Soweit die Klägerin mit einem Arbeitgeberbegriff im doppelten Sinne argumentiert, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, inwieweit dies für die Entscheidung von Bedeutung sein soll. Die Beklagte war beim Abschluss der Betriebsvereinbarung als Organ der Betriebsverfassung tätig, konnte aber aus den genannten Gründen keine eigene kollektivrechtliche Verpflichtung gegenüber Arbeitnehmern anderer Unternehmen begründen. Hätte sich die Beklagte als Arbeitgeberin gegenüber den Arbeitnehmern ihrer Tochterunternehmen zu Leistungen verpflichten wollen, hätte sie mit ihnen kontrahieren müssen oder eine Gesamtzusage erklären müssen. Für einen derartigen Willen gibt der Text des Sozialplans jedoch nichts her.

2. Auch eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten gemäß § 427 BGB als Mitinhaberin eines gemeinschaftlichen Betriebes scheidet aus.

2.1. Es kann schon nach dem Vortrag der Klägerin nicht von einem Gemeinschaftsbetrieb ausgegangen werden. Zum einen ist unklar, auf welche organisatorischen Einheiten bzw. Betriebe oder Betriebsteile sich dieser gemeinschaftliche Betrieb erstreckt haben soll und welche Unternehmen auf Arbeitgeberseite Träger dieses gemeinschaftlichen Betriebes gewesen sein könnten. Zum anderen ist aufgrund des Vortrages der Klägerin nicht erkennbar, dass sich zumindest die Beklagte und die N. zur gemeinsamen Führung eines Betriebes in der Weise rechtlich verbunden haben, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt werden sollte (vgl. hierzu BAG vom 11.2.2004, 7 ABR 27/03). Allein eine Personalunion im Bereich der Personalverwaltung (Bl.226/227 d.A.) mit dem Ziel einer Vereinheitlichung der Arbeitsverhältnisse vermag eine derartige Behauptung jedenfalls nicht zu stützen. Von einer Zusammenfassung von materiellen und immateriellen Betriebsmitteln in einem Betrieb zur Verfolgung eines einheitlichen arbeitstechnischen Zweckes und der Steuerung der menschlichen Arbeitskraft durch einen einheitlichen Leistungsapparat im operativen Bereich, wie es das BAG (vgl. BAG vom 11.02.2004 - 7 ABR 27/03 = NZA 2004, 618 ff.) als Voraussetzung für einen Gemeinschaftsbetrieb formuliert, kann bereits nach dem Vortrag der Klägerin nicht die Rede sein.

2.2. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass die Geschäftsleitung der N. in der Ausübung ihrer arbeitgeberseitigen Rechte gegenüber ihren Mitarbeitern von den Weisungen der Beklagten abhängig war, lässt dieser allgemeine Vortrag nur erkennen, dass die Beklagte von ihrem konzernrechtlichen Weisungsrecht tatsächlich Gebrauch gemacht hat. Eine solche Zusammenarbeit zweier Konzernunternehmen reicht jedoch nicht für die Annahme aus, dass die wesentlichen materiellen und immateriellen Betriebsmittel gemeinsam genutzt und die Arbeitsabläufe in beiden Unternehmen personell, technisch und organisatorisch miteinander verknüpft sind (vgl. BAG vom 18.1.1990, 2 AZR 355/89). Gegen das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs spricht im Übrigen der eigene Vortrag der Klägerin, wonach die Beklagte nicht ohne besondere Vollmacht von Seiten der N. den Sozialplan mit Wirkung für diese habe unterzeichnen dürfen.

2.3. Im Übrigen konnten die Betriebsräte, die die Betriebsvereinbarung geschlossen haben, selbst dann nur die Unternehmen verpflichten, bei denen sie jeweils eingerichtet waren, wenn tatsächlich ein Gemeinschaftsbetrieb vorgelegen hätte. Bei der N. war ein Betriebsrat gewählt worden. Dagegen gab es keinen Betriebsrat für einen Gemeinschaftsbetrieb. Wird eine Betriebsratswahl - wie hier - nicht angefochten, so bleibt er nicht nur mit allen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen im Amt (BAG vom 27.6.1995 - 1 ABR 62/94 - NZA 96, 164), sondern er ist auch nur für die Einheit zuständig, für die er gewählt wurde. Würde der Betriebsrat wegen Verkennung des Betriebsbegriffs in der Ausübung seines Amtes beschränkt, so widerspräche dies der in § 19 BetrVG enthaltenen Wertung, nach der ein Rechtsverstoß, der die Wahlanfechtung begründet, unbeachtlich wird, wenn eine Anfechtung unterbleibt. Dies wäre mit den Erfordernissen der Rechtssicherheit, denen § 19 BetrVG dient, nicht zu vereinbaren (BAG a.a.O.). Hier kommt hinzu, dass auch bei der Beklagten ein Betriebsrat gewählt war. Würde man annehmen, für die Regelungsbefugnis des Betriebsrats sei die Durchführung der Wahl unerheblich, so würde dies zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Es könnten dann mehrere Betriebsräte eine Regelungszuständigkeit beanspruchen und der Arbeitgeber wäre im Unklaren darüber, mit welchem Betriebsrat er eine Betriebsvereinbarung abschließen soll.

2.4. An dieser rechtlichen Betrachtung ändern auch die von der Klägerin mit ihrer Berufung nochmals in Bezug genommenen Anlagen K 15 und K 16 (Bl.237/242 d.A.) sowie die Entscheidungen des BAG vom 18.09.1996 - 3 Ta BV 108/96 AP Nr.10 zu § 1 BetrVG 1972 und vom 27.06.1995 - 1 ABR 62/94 AP Nr.7 zu § 4 BetrVG 1972 nichts. Die Anlagen zeigen lediglich, dass die Beklagte und ihre Tochterunternehmen wiederholt in der Weise Vereinbarungen geschlossen haben, wie dies auch bei dem Sozialplan geschehen ist. An der rechtlichen Bewertung können mehrere gleichlaufende Vereinbarungen nichts ändern. Die Entscheidungen des BAG zeigen deutlich nochmals, dass die obigen Ausführungen des LAG mit der Rechtsprechung des BAG übereinstimmen. Denn in der ersten zitierten Entscheidung führt das BAG aus, dass eine lediglich anfechtbare Betriebsratswahl für zwei Betriebe unter Verkennung des Betriebsbegriffs nach Ablauf der Anfechtungsfrist dazu führt, dass der gewählte Betriebsrat für Wahlperiode für die Organisation zuständig ist, für die er gewählt worden ist, hier also die zwei an sich eigenständigen Betriebe. Die zweite Entscheidung trifft exakt dieselbe Aussage: Wird ein Betriebsrat anfechtbar aber nicht nichtig fehlerhaft nur für einen Teil eines Betriebs gewählt, ist er für die Dauer der Amtszeit für diesen Betriebsteil gegenüber dem Arbeitgeber zuständig. Daraus kann man aber doch gerade nicht entnehmen, dass ein für die N. gewählte Betriebsrat bei vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs zwischen der Beklagten und der N. für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen auch mit der Beklagten zuständig ist.

3. Die Beklagte ist gegenüber der Klägerin auch nicht zur Zahlung einer Abfindung in entsprechender Anwendung des § 179 Abs. 1 BGB verpflichtet.

3.1. Eine derartige Haftung ergibt sich auch dann nicht, wenn man den Vortrag der Klägerin als zutreffend unterstellt, die Beklagte habe keine Vertretungsmacht zum Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 mit Wirkung für und gegen die N. gehabt. Die Rechtswirkungen einer Betriebsvereinbarung sind in § 77 BetrVG abschließend geregelt. Dies schließt eine unmittelbare Haftung eines dritten Unternehmens als vollmachtloser Vertreter auf Erfüllung oder Schadensersatz in Bezug auf eine - gerade nicht zustande gekommene - Betriebsvereinbarung aus.

Gegen eine Anwendung des § 179 BGB auf Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber spricht außerdem der normative Charakter von Betriebsvereinbarungen. Der Sozialplan begründet Ansprüche der Arbeitnehmer nicht deshalb, weil er ein Vertrag zu Gunsten Dritter wäre, sondern aufgrund der gesetzlichen Regelung in §§ 77 Abs. 4, 112 Abs.1 S.3 BetrVG.

4. Dies gilt entsprechend für die von der Klägerin hilfsweise angenommene Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss (c. i. c.) und aus Rechtsscheinsgrundsätzen.

4.1. Im Übrigen ist ein Verschulden der Beklagten gegenüber dem Betriebsrat der N. oder deren Arbeitnehmern gegenüber im Zuge der Verhandlungen und bei Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 nicht erkennbar. Weder die alleinige Verhandlungsführung durch die Beklagte auf Arbeitgeberseite in Bezug auf die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 noch die Installation der Arbeitsgruppe "O." und deren Besetzung auf Arbeitgeberseite ausschließlich mit Vertretern der Beklagten oder etwaige Verlautbarungen von Vertretern der Beklagten in Betriebsversammlungen von Tochtergesellschaften zwingen zu der Annahme, dass die Beklagte den Eindruck erweckt hätte, sie selbst - und nicht die jeweilige Tochtergesellschaft - solle alleinige Schuldnerin der Sozialplanleistungen sein. Dass die Beklagte über die möglichen und zulässigen betriebsverfassungsrechtlichen Gestaltungsformen hinaus den Eindruck zu erwecken versuchte, die Arbeitnehmer auch der Tochtergesellschaften könnten sich allein an sie selbst als Muttergesellschaft wenden, um ihre Sozialansprüche durchzusetzen, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte mag auf der Arbeitgeberseite für alle beteiligten Unternehmen den Inhalt der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 in allen Einzelheiten bestimmt haben. Dies ist in einem straff geführten Konzern nichts Ungewöhnliches. Daraus lassen sich jedoch keine Rückschlüsse im Sinne der Übernahme einer entsprechenden unmittelbaren Zahlungs- oder Einstandspflicht ziehen, zumal dann, wenn eine solche im Widerspruch zu den betriebsverfassungsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten steht.

4.2. Das Gleiche gilt in Bezug auf die von der Klägerin angenommene Rechtsscheinshaftung, soweit sie kollektivrechtlich begründet sein soll. Die Klägerin trägt nicht vor, aus welchen konkreten Umständen oder Erklärungen sich eine unmittelbare Verpflichtung oder Haftung der Beklagten ergeben soll. Deswegen war der von der Klägerin benannte Zeuge E. (Bl.232 d.A.) nicht zu vernehmen. Soweit die Klägerin konkrete Tatsachen vorträgt, können diese auch dahingehend verstanden werden, dass die Beklagte durchgehend deutlich gemacht hat, sie werde dafür sorgen, dass die in der abzuschließenden und sodann abgeschlossenen Betriebsvereinbarung geregelten Sozialplanansprüche bedient werden können. Nichts anderes ergibt sich aus der Patronatserklärung vom 31.12.2000. Diese kann auch bedeuten, dass die Beklagte ihre Tochterunternehmen ggf. so finanziell ausstatten werde, dass die Sozialplanabfindungen bezahlt werden können. Nicht gesagt ist damit, dass die Beklagte selbst den Arbeitnehmern auf Zahlung dieser Ansprüche haften wolle.

5. Auch auf individualrechtlicher Grundlage ergibt sich der geltend gemachte Abfindungsanspruch nicht.

5.1. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte über die Begründung von Ansprüchen ihrer Arbeitnehmer auf kollektivrechtlicher Grundlage hinaus jedem einzelnen Arbeitnehmer der Tochtergesellschaften einzelvertragliche Ansprüche gegen sie geben wollte. Für einen solchen einzelvertraglichen Verpflichtungswillen fehlen konkrete Anhaltspunkte.

Auch § 11 des Unternehmenskaufvertrages mit der S. lässt keine Rückschlüsse auf einen Verpflichtungswillen der Beklagten zu. Diese Freistellungsklausel sagt nicht, dass Sozialplanansprüche bestehen, sondern dient vorsorglich der Absicherung der Käuferin. Hätten die Kaufvertragsparteien das Bestehen von Abfindungsansprüchen angenommen oder solche Ansprüche begründen wollen, so hätten sie nicht lediglich eine Freistellung von Käuferin von Verpflichtungen vereinbart, sondern Ansprüche der Arbeitnehmer geregelt.

5.2. Ein unmittelbarer individualvertraglicher Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus einer eventuellen Umdeutung der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 in eine Gesamtzusage gegenüber den Arbeitnehmern der N. und der sonstigen Tochtergesellschaften. Nach der Rechtsprechung des BAG ist es zwar grundsätzlich nicht ausgeschlossen, eine nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksame Betriebsvereinbarung entsprechend § 140 BGB in eine vertragliche Einheitsregelung (Gesamtzusage oder gebündelte Vertragsangebote) umzudeuten, wenn besondere Umstände des Einzelfalles die Annahme rechtfertigen, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall zur Gewährung der dort vorgesehenen Leistung verpflichten wollen (vgl. BAG AP Nr. 18 zu § 77 BetrVG 1972 Tarifvorbehalt). Eine solche Gesamtzusage könnte aber wiederum nur zu Ansprüchen der Arbeitnehmer gegen ihren Arbeitgeber führen, also im vorliegenden Falle zu einem Anspruch der Klägerin gegen die Firma N. und nicht zu einem Anspruch gegenüber der Beklagten (so auch LAG München, Urteil vom 22.6.2006 - 4 Sa 158/06).

6. Schließlich teilt die Kammer die Auffassung der 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts, dass das Ausscheiden der Klägerin nicht von § 1 Ziffer 1.1 des Sozialplans erfasst ist.

6.1. Nach dem Inhalt der Betriebsvereinbarung soll die Arbeitgeberseite nur zur Zahlung von Abfindungen verpflichtet sein, wenn ein Arbeitnehmer aus den Diensten eines Unternehmens ausscheidet, das im Zeitpunkt des Ausscheidens (noch) zum P. Konzern gehört.

Das ist im Falle der N. seit 08.09.2003 nicht mehr der Fall. Dafür, dass die Betriebsvereinbarung allen Arbeitnehmern zu Ansprüchen verhelfen sollte, die einem Unternehmen zugehören, das im Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 konzernzugehörig war, es aber im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglicherweise nicht mehr sein würde, fehlt jeder Anhaltspunkt.

Vielmehr spricht die Präambel der Betriebsvereinbarung die Verschmelzung der P. mit der S. an und regelt, dass der Sozialplan eventuelle wirtschaftliche Nachteile betroffener Arbeitnehmer/innen im Rahmen der Restrukturierungen oder durchzuführender Umzüge ausgleicht. Für ein anderes Auslegungsergebnis spricht auch nicht § 1.1 des Sozialplans. Wenn dort geregelt ist, dass der Sozialplan für alle Arbeitnehmer/innen des Unternehmens gilt, die während der Laufzeit des Sozialplans in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen stehen, so bedeutet dies auch, dass zum Zeitpunkt der betriebsändernden Maßnahme, die den Abfindungsanspruch auslösen soll, noch eine Arbeitsverhältnis mit einem Konzernunternehmen bestehen muss. Dies ergibt sich auch aus dem Zweck der Betriebsvereinbarung. Mit dem Ausscheiden der N. aus dem Konzern ist der Grund für die Gewährung von Leistungen aus der Betriebsvereinbarung entfallen.

III.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Gegen dieses Urteil kann die Klägerin Revision zum Bundesarbeitsgericht einlegen.

Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteiles, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteiles.

Ende der Entscheidung

Zurück