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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 21.04.2009
Aktenzeichen: 8 Sa 254/08
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

8 Sa 254/08

Verkündet am: 21.04.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 03.04.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Biebl und die ehrenamtlichen Richter Johann und Huber

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 15.12.2004 - Az. 7 Ca 18338/03 - wird im Übrigen zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin 7/8 und die Beklagte 1/8; die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer, von der Beklagten verhaltensbedingt begründeten Kündigungen, die Verpflichtung der Beklagten, verschiedene Abmahnungen zu widerrufen und aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen, die Höhe des Gleitzeitguthabens der Klägerin, der Verpflichtung der Beklagten, eine monatliche Zulage sowie eine Leistungszulage zu zahlen und Zeugnisansprüche, wobei die Klägerin in erster Linie ein im Antrag ausformuliertes Zwischenzeugnis, hilfsweise für den Fall der Wirksamkeit der Kündigung ein im Antrag ebenfalls ausführlich ausformuliertes Beendigungszeugnis verlangt.

Die am 0.0.1961 geborene, verheiratete und einem Kind unterhaltspflichtige Klägerin ist ausgebildete Diplom-Physikerin und war seit dem 01.01.1987 zunächst bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Fa. S. AG, und nach der Ausgliederung des Bereichs Ha. seit dem 01.11.1999 bei der Beklagten beschäftigt als Entwicklungsingenieurin, zuletzt in Teilzeit (18 Wochenstunden) mit einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von 0.- €.

Das Arbeitsgericht hat - bei teilweise noch abweichendem Klageantrag - nach Beweisaufnahme mit Endurteil vom 15.12.2004 die Klage abgewiesen; auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 551/576 d. A.) wird Bezug genommen.

Gegen das ihr am 25.01.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.02.2005 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 25.04.2005 -mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Das Landesarbeitsgericht München hat nach erneuter Beweisaufnahme und Berufungsverhandlungen am 05.10.2005, 07.06.2006, 15.11.2006, 24.01.2007, 25.01.2007 und 02.05.2007 mit Urteil vom 23.05.2007 - 7 Sa 146/05 - die Beklagte verurteilt, an die Klägerin insgesamt 4.593,18 € brutto zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Es hat die - erste - Arbeitgeberkündigung vom 24.09.2003 als sozial gerechtfertigt angesehen, weil sie durch Gründe im Verhalten der Klägerin, nämlich durch ihr vorwerfbare Minderleistung, bedingt gewesen sei, nachdem trotz erteilter Abmahnungen keine Besserung des Leistungsverhaltens zu verzeichnen gewesen wäre. Bis zu ihrem Ausscheiden stünden der Klägerin aber eine Leistungszulage, eine Sonderzulage und die Auszahlung von Gleitzeitguthaben in der ausgeurteilten Höhe zu. Wegen der Begründung des Landesarbeitsgerichts im Einzelnen sowie dem Sachvortrag der Parteien in der Berufungsinstanz wird Bezug genommen auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des - ersten - Berufungsurteils vom 23.05.2007 - 7 Sa 146/05 - (Bl. 997/1046 d. A.).

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 19.02.2008 - 3 AZN 914/07 - das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 23.05.2007 - 7 Sa 146/05 - aufgehoben und den Rechtsstreit - auch hinsichtlich der Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Es hat das damit begründet, die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die von der Beklagten mit Schreiben vom 24.09.2003 ausgesprochene Kündigung sei wirksam, beruhe auf einer entscheidungserheblichen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör der Klägerin. Das Landesarbeitsgericht habe erstinstanzliches Vorbringen der Klägerin ersichtlich nicht erwogen.

Die Klägerin ist im zweiten Berufungsverfahren unter Wiederholung ihres erst- und zweitinstanzlichen Sachvortrags weiterhin der Auffassung, der der - ersten - Kündigung der Beklagten vom 24.09.2003 zugrunde liegende Vorwurf einer Minderleistung sei nicht gerechtfertigt. Außerdem habe das Landesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 23.05.2007 nicht berücksichtigt, dass die Beweisaufnahme vom 24.01.2007 die Fehlerhaftigkeit der Betriebsratsanhörung ergeben hätte. Durch die Aussage des Zeugen K. sei die Behauptung der Klägerin bestätigt worden, dass die von der Werkstudentin (sofern diese überhaupt an der Arbeit beteiligt war) angewandte Methode der Klägerin nicht vorgeschlagen worden sei und sie diese folglich auch nicht habe ablehnen können. Dagegen heiße es in der Betriebsratsanhörung: "Dabei hatte sie (= die Werkstudentin) die vorgeschlagene, jedoch von Frau G. abgelehnte Methode zur Lösungsfindung angewandt."

Die Klägerin beantragt im zweiten Berufungsverfahren nach teilweiser Klageänderung zuletzt:

1. Auf die Berufung vom 09.02.2005 wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 15.12.2004, Az. 7 Ca 18338/03, aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 24.09.2003 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis unter den Parteien nicht beendet hat.

Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 2.:

3. Es wird festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 29.01.2004 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis unter den Parteien nicht beendet hat.

Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 3.:

4. Es wird festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 24.03.2004, der Klägerin zugegangen am 30.03.2004, unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis unter den Parteien nicht beendet hat.

Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 4.:

5. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auf dem Briefpapier der Beklagten ein Zwischenzeugnis mit Datum vom 31. März 2004 mit folgendem Inhalt auszustellen und herauszugeben:

Frau G., geboren am 0.0.1961 in He., ist seit 01. Januar 1987 als Entwicklungsingenieurin bei der S. Aktiengesellschaft im Hauptbereich Z. tätig. Am 01. April 1999 wurde der Bereich Ha. aus der Aktiengesellschaft ausgegliedert und das Unternehmen I. T. Aktiengesellschaft gegründet.

Vom 01. Januar 1987 bis 23. April 1992 war Frau G. als Laboringenieurin in der Bipolar- und BiCMOS-Gesamtprozessentwicklung tätig. Zu ihren Aufgabenschwerpunkten gehörte die Entwicklung des selbstjustierten 1µm-Bipolarprozesses, die Durchführung von Experimenten und Simulationen für die Dotierstoffprofiloptimierung im Isolationsbereich, die Trenchisolation, die selektive Epitaxie und die Topologieentschärfung vor Metallisierung.

Frau G. war vom 24. April 1992 bis 23. April 1995 im Erziehungsurlaub.

Vom 24. April 1995 bis 31. Oktober 1999 war Frau G. in der 0,25µm-CMOS-Technologie-Entwicklung tätig. Sie evaluierte verschiedene Locos- und Trench-Isolationskonzepte anhand von Chargen, Simulationen und Prüffelddatenauswertungen. Im Anschluss daran entwickelte sie verschiedene Sublithographieverfahren für High-Performance-CMOS mit Gatelängen unterhalb 100 nm. Danach arbeitete sie im Bereich Elektronenstrahllithographie an der Optimierung der Lack- und Ätztechnik für die 100-nm-Gate-Strukturierung.

Frau G. wechselte am 01. November 1999 zur I. T. AG und ist dort im Bereich C. des Fertigungsstandortes P. in der Abteilung Q. als Entwicklungsingenieurin tätig. Ihr dortiger Tätigkeitsbereich umfasst die Auswertung und Bewertung von WLR-Zuverlässigkeitsmessungen (WLR = Wafer-Level-Reliability) an produktiven Bipolar-, BiCMOS- und CMOS-Bausteinen und die WLR-Konzepterstellung.

Frau G. verfügt über umfassende Fachkenntnisse und setzt sie stets gut um. Sie hat eine gute Auffassungsgabe und löst auftretende Probleme schnell und zutreffend. Frau G. identifiziert sich mit ihren Aufgaben und arbeitet stets rationell mit sehr viel Engagement und Eigeninitiative. Sie zeigt eine aktive und kooperative Mitarbeit und ist sehr flexibel. Frau G. arbeitet stets sehr zuverlässig, genau und selbstständig.

Auch bei hoher Arbeitsbelastung erzielt sie gute Arbeitsergebnisse. Sie ist jederzeit bereit, auch zusätzlich anfallende Arbeiten zu übernehmen und zeigt eine hohe Bereitschaft für alle Weiterbildungsmaßnahmen. Sie erfüllt die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit.

Ihr persönliches Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen ist jederzeit vorbildlich.

Dieses Zwischenzeugnis wurde auf Wunsch des Mitarbeiters erstellt.

M., 31. März 2004

I. T. AG O.-H.-Ring, M.

Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 3. und des Unterliegens mit dem Antrag zu 4.:

6. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auf dem Briefpapier der Beklagten ein Zeugnis mit Datum vom 30. September 2004 mit folgendem Inhalt auszustellen und herauszugeben:

Frau G., geboren am 0.0.1961 in He., war seit 01. Januar 1987 als Entwicklungsingenieurin bei der S. Aktiengesellschaft im Hauptbereich Z. tätig. Am 01. April 1999 wurde der Bereich Ha. aus der Aktiengesellschaft ausgegliedert und das Unternehmen I. T. Aktiengesellschaft gegründet.

Vom 01. Januar 1987 bis 23. April 1992 war Frau G. als Laboringenieurin in der Bipolar- und BiCMOS-Gesamtprozessentwicklung tätig. Zu ihren Aufgabenschwerpunkten gehörte die Entwicklung des selbstjustierten 1µm-Bipolarprozesses, die Durchführung von Experimenten und Simulationen für die Dotierstoffprofiloptimierung im Isolationsbereich, die Trenchisolation, die selektive Epitaxie und die Topologieentschärfung vor Metallisierung.

Frau G. war vom 24. April 1992 bis 23. April 1995 im Erziehungsurlaub.

Vom 24. April 1995 bis 31. Oktober 1999 war Frau G. in der 0,25µm-CMOS-Technologie-Entwicklung tätig. Sie evaluierte verschiedene Locos- und Trench-Isolationskonzepte anhand von Chargen, Simulationen und Prüffelddatenauswertungen. Im Anschluss daran entwickelte sie verschiedene Sublithographieverfahren für High-Performance-CMOS mit Gatelängen unterhalb 100 nm. Danach arbeitete sie im Bereich Elektronenstrahllithographie an der Optimierung der Lack- und Ätztechnik für die 100-nm-Gate-Strukturierung.

Frau G. wechselte am 01. November 1999 zur I. T. AG und war dort im Bereich C. des Fertigungsstandortes P. in der Abteilung Q. als Entwicklungsingenieurin tätig. Ihr dortiger Tätigkeitsbereich umfasste die Auswertung und Bewertung von WLR-Zuverlässigkeitsmessungen (WLR = Wafer-Level-Reliability) an produktiven Bipolar-, BiCMOS- und CMOS-Bausteinen und die WLR-Konzepterstellung.

Frau G. verfügt über umfassende Fachkenntnisse und setzte sie stets gut um. Sie hat eine gute Auffassungsgabe und löste auftretende Probleme schnell und zutreffend. Frau G. identifizierte sich mit ihren Aufgaben und arbeitete stets rationell mit sehr viel Engagement und Eigeninitiative. Sie zeigte eine aktive und kooperative Mitarbeit und war sehr flexibel. Frau G. arbeitete stets sehr zuverlässig, genau und selbstständig.

Auch bei hoher Arbeitsbelastung erzielte sie gute Arbeitsergebnisse. Sie war jederzeit bereit, auch zusätzlich anfallende Arbeiten zu übernehmen und zeigte eine hohe Bereitschaft für alle Weiterbildungsmaßnahmen. Sie erfüllte die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit.

Ihr persönliches Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war jederzeit vorbildlich.

Frau G. verlässt uns auf eigenen Wunsch. Wir bedauern ihre Entscheidung, danken ihr für die langjährige gute Zusammenarbeit und wünschen ihr für die Zukunft alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

M., 30. September 2004

I. T. AG O.-H.-Ring, M.

Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 2. und des Unterliegens mit dem Antrag zu 3.:

7. Die Beklagte wird verurteilt, ein Zeugnis mit dem Inhalt entsprechend dem Inhalt des Antrags zu 6., jedoch mit dem Ausstellungsdatum 31. Juli 2004 auszustellen und herauszugeben.

Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2.:

8. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auf dem Briefpapier der Beklagten ein Zeugnis mit dem Inhalt entsprechend dem Inhalt des Antrags zu 6., jedoch mit dem Ausstellungsdatum 31. März 2004 auszustellen und herauszugeben.

9. Die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnungen vom

a) 04.11.2002

b) 20.12.2002

c) 15.01.2003

d) 24.06.2003

e) 24.06.2003

zu widerrufen und aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.

10. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 6.933,77 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

11. Es wird festgestellt, dass das Zeitguthaben der Klägerin zum 31.03.2004 einen Saldo von 71,59 aufwies.

Die Beklagte hat gegen die teilweise Klageänderung keine Einwände erhoben und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte weist unter Wiederholung ihres erst- und zweitinstanzlichen Sachvortrags darauf hin, Spekulationen der Klägerin, die Beklagte habe bereits länger an anderer Stelle in der Abteilung an der Aufgabe arbeiten lassen und der Werkstudentin seien erhebliche Vorarbeiten zur Verfügung gestellt worden, seien durch die Aussage der Zeugen E. (Beweisaufnahme vom 10.11.2004) und K. (Beweisaufnahme vom 04.08.2004) widerlegt. Des Weiteren ist sie der Auffassung, die Betriebsratsanhörung sei nicht fehlerhaft, die Aussage des Zeugen K. (Beweisaufnahme vom 24.01.2007) habe ihren Vortrag bestätigt, dass dieser der Klägerin vorschlug, mit Excel zu arbeiten, während sie sich für VisualBasics (VBA) entschied.

Ergänzend wird wegen des Vorbringens der Parteien im zweiten Berufungsverfahren Bezug genommen auf die Schriftsätze der Klägerin vom 28.05.2008, 24.09.2008 und 04.12.2008, auf den Schriftsatz der Beklagten vom 18.11.2008 sowie das Sitzungsprotokoll vom 03.04.2009.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

Das - erste - Berufungsurteil der Siebten Kammer des Landesarbeitsgerichts München vom 23.05.2007 - 7 Sa 146/05 - oblag zwar nach dem Tenor des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 19.02.2008 - 3 AZN 914/07 - insgesamt der Aufhebung. Nachdem die Klägerin aber in ihrer Nichtzulassungsbeschwerde (nur) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung "soweit die Klage abgewiesen wurde" beantragt hatte und das Bundesarbeitsgericht in den Gründen seiner Entscheidung ausgeführte, "Schließlich ist die Entscheidung über den Antrag auf Zahlung von Leistungszulage und monatlicher Zulage aufzuheben, soweit der Antrag abgewiesen wurde", geht die Kammer im Wege der Auslegung davon aus, dass das erste Berufungsurteil, soweit es in seinen Ziffern I. 1. und 2. unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils der Klage stattgegeben hat, nicht aufgehoben und rechtskräftig wurde. Dies betrifft den Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Sonderzulage von monatlich 82.- € brutto für die Zeit von Mai 2003 bis März 2004 mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 902.- € brutto, ihren Anspruch auf eine Leistungszulage in - unstreitiger - Höhe von 240,37 € brutto monatlich für die Zeit von 01.07.2003 bis 31.03.2004 mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 2.163,33 € brutto und die Abgeltung eines Gleitzeitguthabens von 53,59 Stunden mit 1.527,85 € brutto (Seite 44/48 des ersten Berufungsurteils = Bl. 1040/1044 d. A.).

Soweit die Klägerin im zweiten Berufungsverfahren ihre Anträge teilweise änderte, war dies nach § 533 ZPO zulässig.

II.

Die Berufung der Klägerin ist - soweit ihr die Siebte Kammer des Landesarbeitsgerichts München in seinem Urteil vom 23.05.2007 (- 7 Sa 146/05 -) nicht in den Zahlungsanträgen teilweise stattgab - unbegründet. Denn die Kündigung der Beklagten vom 24.09.2003 ist rechtswirksam und hat deshalb das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31.03.2004 aufgelöst. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf das von ihr formulierte Zeugnis, ebenso wenig kann sie den Widerruf der Abmahnungen vom 04.11.2002, 20.12.2002, 15.01.2003 und 24.06.2003 und deren Entfernung aus der Personalakte verlangen. Ein weitergehender Zahlungsanspruch steht ihr nicht zu.

1. Die Kündigung der Beklagten vom 24.09.2003 ist rechtswirksam.

a) Sie ist wegen Minderleistungen sozial gerechtfertigt, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG (zur ordentlichen Kündigung wegen Minderleistungen vgl. BAG 11.12.2003 -2 AZR 667/02 - BAGE 109, 87 = NZA 2004, 784; v. Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, 14. Aufl., § 1 Rn. 423 ff. und 652 ff. - jeweils m. w. N.). Denn die Klägerin hat trotz der einschlägigen und berechtigten Abmahnungen vom 15.01.2003 (mangelhafte Arbeitsleistung im Zusammenhang mit einer Patentrecherche, Bl. 717/718 d.A) und vom 24.06.2003 (Arbeitsverhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der Erfüllung der ihr am 05.05.2003 übertragenen Arbeiten der Bewertung und Ergebnisdarstellung der Los Ein- und Ausgänge, Bl. 725/726 d.A.) sowie im Zusammenhang mit der Untersuchung der Einzelscheiben-Verwürfe, Bl. 721/722 d.A.) bei der ihr am 21.07.2003 übertragenen Arbeit der Analysierung der Hold-Lose bis zu ihrem Urlaub ab 11.08.2003 keine praktisch brauchbaren Ergebnisse erzielt. Insgesamt war sie nicht bereit, ihre Aufgaben zügig anzugehen, verschloss sich der vorgeschlagenen Benutzung von Excel und bestand auf dem Programm Visual Basic, das zwar auch tauglich war, in das sie sich aber erst einarbeiten musste, war nur bedingt zu selbständiger Tätigkeit in der Lage und erbrachte nicht diejenige Arbeitsleistung, welche die Beklagte von einer Ingenieurin erwarten konnte und durfte. Insoweit schließt sich die erkennende Kammer den Feststellungen und Ausführungen der Siebten Kammer in ihrem Urteil vom 23.05.2007, zu B. II. 1. der Gründe (= Seite 26/44 des Urteils = Bl. 1022/1040 d. A.) vollinhaltlich an.

An dieser Bewertung der Minderleistung der Klägerin ändert sich nach Auffassung der Kammer auch bei der - vom BAG in seinem Beschluss vom 19.02.2008 (- 3 AZN 914/07 -) vermissten - Erwägung der von der Klägerin erstinstanzlich in ihrem Schriftsatz vom 29.11.2004 geäußerte Vermutung, der Werkstudentin Ga. seien Vorarbeiten zur Verfügung gestellt worden und diese sei gar nicht maßgeblich am "Auswertungs-Tool" beteiligt gewesen (Schriftsatz der Klägerin vom 29.11.2004, Seite 20/21 = Bl. 530/531 d. A.), nichts. Denn die Beurteilung der Leistung der Klägerin als ausgebildeter DiplomPhysikerin und mit einer nicht unerheblichen Berufserfahrung als Entwicklungsingenieurin, hängt nicht davon ab, welche Zeit eine Werkstudentin ohne Berufserfahrung für die der Klägerin gestellte Aufgabe - mit oder ohne Vorarbeiten - gebraucht hätte. Für die am 21.07.2003 übertragene Aufgabe, die Hold-Lose auf die unterschiedlichen Technologien aufzuteilen und die Holdzeit pro Technologie zu erfassen, lieferte die Klägerin bis zu ihrem Urlaubsantritt am 11.08.2003 keine brauchbaren Ergebnisse, obwohl nach Aussage des Zeugen K. (Protokoll vom 24.01.2007, Seite 4 = Bl. 939 d. A.) die Zeit zur Aufgabenerfüllung bis zu diesem Zeitpunkt sehr großzügig bemessen war. Für die Einschätzung der Leistung der Klägerin als Minderleistung wäre es nur ein die festgestellte Minderleistung bekräftigendes Indiz, wenn eine Werkstudentin die der Klägerin gestellte Aufgabe innerhalb gut einer Woche hätte erledigen können, ohne dass ihr Vorarbeiten zur Verfügung gestellt oder Hilfestellung gewährt worden wäre. Umgekehrt lässt sich dagegen nach Auffassung der Kammer mangels einer Vergleichbarkeit der Klägerin mit einer Werkstudentin aus der Zeit, die eine solche für die der Klägerin gestellte Aufgabe ohne Vorarbeiten und/oder Hilfestellung durch die Beklagte gebraucht hätte, kein Schluss dahingehend ziehen, ob und innerhalb welcher Zeit eine Entwicklungsingenieurin mit der Ausbildung und der nicht unerheblicher Berufserfahrung der Klägerin in der Lage sein muss, die gestellte Aufgabe mit brauchbaren Ergebnissen zu lösen.

b) Die Kündigung der Beklagten vom 24.09.2003 scheitert nicht an § 102 Abs. 1 BetrVG. Denn die Beklagte hat den Betriebsrat dazu ordnungsgemäß angehört. Insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen der Siebten Kammer in ihrem Urteil vom 23.05.2007 zu B. II. 1. c) der Gründe (Seite 42/44 des Urteils = Bl. 1038/1040 d. A.). Soweit die Klägerin im zweiten Berufungsverfahren in ihrem Schriftsatz vom 24.09.2008 moniert, in der Betriebsratsanhörung (Bl. 221/224 d. A.) heiße es, "Dabei hat sie (= eine Werkstudentin) die vorgeschlagene, jedoch von Frau G. abgelehnte Methode zur Lösungsfindung angewandt." ist das unter Berücksichtigung der subjektiven Determiniertheit der Unterrichtung des Betriebsrats nicht fehlerhaft. Denn der Zeuge K. sagte bei seiner Zeugenvernehmung am 24.01.2007 (auch) aus: "Wir hatten uns zunächst auf den Monat April beschränkt, nur diese Daten sollten von der Klägerin ausgewertet werden. Ich hatte der Klägerin vorgeschlagen, mit Excel zu arbeiten. Da ich selber mit Excel arbeite und mich mit diesem System auskenne, hätte ich sie auch besser mit fachlichem Rat begleiten können. Sie hat sich jedoch für Visual-Basic (VBA) entschieden." (Bl. 937/938 d. A.)

2. Die zuletzt nur noch als Hilfsanträge für den Fall des Obsiegens mit der Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 24.09.2003 gestellten Feststellungsanträge hinsichtlich der Kündigungen vom 29.01.2004 und 24.03.2004 sind nicht zur Entscheidung angefallen (Anträge zu 3. und 4.). Dasselbe gilt für die Hilfsanträge auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses (Antrag zu 5.) und auf Erteilung eines Zeugnisses mit Datum vom 30.09.2004 (Antrag zu 6.) sowie Datum vom 31.07.2004 (Antrag zu 7.).

3. Der Antrag der Klägerin, ihr ein Zeugnis mit dem von ihr ausformulierten Inhalt zu erteilen (Antrag zu 8.), ist unbegründet. Hat der Arbeitgeber - wie hier - dem Arbeitnehmer ein Zeugnis erteilt und ist der Arbeitnehmer mit dem erteilten Zeugnis nicht einverstanden, kann er vom Arbeitgeber in Weiterverfolgung seines Erfüllungsanspruchs gerichtlich dessen Berichtigung oder Ergänzung verlangen (vgl. dazu BAG 14.10.2003 -9 AZR 12/03 - AP BGB § 630 Nr. 28 Rn. 40), hat aber keinen Anspruch auf bestimmte Zeugnisformulierungen oder ein von ihm vollständig neu formuliertes Zeugnis. Denn im Rahmen des Grundsatzes der Zeugniswahrheit und des Gebotes der Zeugnisklarheit (§ 109 Abs. 2 GewO) ist der Arbeitgeber in der Formulierung des Zeugnisses frei, solange es nichts Falsches enthält (BAG 12.08.2008 - 9 AZR 632/07 - DB 2008, 2547 Rn. 17 ff.). Die Klägerin hätte deshalb, worauf sie bereits im ersten Berufungsverfahren hingewiesen wurde, gegen das erteilte Zeugnis konkrete Beanstandungen erheben und konkrete Angriffe gegen bestimmte Zeugnisformulierungen der Beklagten vorbringen müssen. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Ausführungen der Siebten Kammer des Landesarbeitsgerichts München in ihrem Urteil vom 23.05.2007 zu B. II. 7. der Gründe (Seite 49/50 des Urteils = Bl. 1045/1046 d. A.).

4. Die Klage auf Widerruf der Abmahnungen vom 04.11.2002, 20.12.2002, 15.01.2003 und 24.06.2003 sowie deren Entfernung aus der Personalakte der Klägerin (Antrag zu 9.) ist - unabhängig davon, ob diese Abmahnungen berechtigt waren oder nicht - schon deshalb unbegründet, weil nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Arbeitnehmer regelmäßig mangels Rechtsbeeinträchtigung keinen Anspruch mehr auf die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte hat (BAG 14.09.1994 - 5 AZR 632/93 - AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 13). Objektive Anhaltspunkte dafür, dass die streitgegenständlichen Abmahnungen der Klägerin auch noch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten schaden könnten, hat sie nicht vorgetragen.

5. Über die im - ersten - Berufungsurteil der Siebten Kammer des Landesarbeitsgerichts München vom 23.05.2007 zugesprochenen Beträge hinausgehende Ansprüche auf Zahlung von Zulagen bestehen aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2004 nicht. Der Antrag zu 10. ist deshalb unbegründet.

6. Das Gleitzeitguthaben der Klägerin zum 31.03.2004 betrug 53,59 Stunden. Wegen der Begründung hierzu wird Bezug genommen auf die Ausführungen der Siebten Kammer des Landesarbeitsgerichts München in ihrem Urteil vom 23.05.2007 zu B. II. 6. der Gründe (Seite 46/48 des Urteils = Bl. 1042/1044 d. A.). Dieses Gleitzeitguthaben wurde in der genannten Entscheidung ausgehend von dem Bruttomonatsgehalt der Klägerin von 0.- € mit einem Betrag in Höhe von 1.527,85 € brutto abgegolten. Ein darüber hinausgehender Anspruch steht der Klägerin nicht zu, sodass sich ihr Antrag zu 11. als unbegründet erweist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Mangels Zulassungsgrundes (§ 72 Abs. 2 ArbGG) war die Revision nicht zuzulassen. Gegen dieses Urteil ist deshalb ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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