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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 11.11.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 298/08
Rechtsgebiete: GewO, BGB


Vorschriften:

GewO § 109
BGB § 241 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

8 Sa 298/08

Verkündet am: 11.11.2008

In dem Rechtsstreit

erlässt die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Biebl und die ehrenamtlichen Richter Högele und Weikl im Namen des Volkes folgendes Urteil:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 17.01.2008 - Az. 26 Ca 5288/07 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Widerklage der Beklagten wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte die ursprünglichen zwei Fassungen des der Klägerin erteilten Zeugnisses, beide datiert auf den 28.12.2006, herauszugeben.

3. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufungsinstanz.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine Berichtigung des der Klägerin von der Beklagten erteilten Arbeitszeugnisses sowie darüber, ob die Klägerin zur Herausgabe der schon erteilten Arbeitszeugnisse an die Beklagte verpflichtet ist.

Die am 0.0.1961 geborene Klägerin war bei der Beklagten in deren Kreisaltenheim G. seit 01.10.1992 zunächst als Verwaltungsangestellte teilzeit- und seit dem 01.05.2000 als Heimleiterin vollzeitbeschäftigt gegen eine Vergütung in Höhe von zuletzt € 3.611,72 brutto monatlich. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28.12.2006 außerordentlich fristlos, hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30.06.2007. Die auf das Verhalten der Klägerin gestützte außerordentliche fristlose Kündigung war rechtswirksam (LAG München Urteil vom 22.11.2007 - 4 Sa 636/07 -).

Mit Schriftsatz vom 25.03.2007 erhob die Klägerin eine Klage auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses (Arbeitsgericht München Az. 36 Ca 4455/07). Die Beklagte übersandte ihr - mit der Einreichung der Klage zeitlich überschneidend - am 28.03.2007 ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Mit Anwaltsschreiben vom 31.03.2007 begehrte die Klägerin eine Berichtigung des Zeugnisses.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 09.04.2007, beim Arbeitsgericht München eingegangen am 16.04.2007, der Beklagten zugestellt am 25.04.2007 die vorliegende Klage auf Zeugnisberichtigung erhoben und folgende Anträge angekündigt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, das der Klägerin mit Datum vom 28.12.2006 ausgestellte qualifizierte mit dem nachfolgend aufgeführten Wortlaut zu berichtigen und das berichtigte qualifizierte Abschlusszeugnis - wiederum datiert mit 28.12.2006 - an die Klägerin herauszugeben:

1. Satz 1 des 5. Absatzes von oben mit dem Wortlaut: "Den vielseitigen und zunehmen komplexer werdenden Anforderungen an die Tätigkeit einer Heimleiterin vermag sie jederzeit voll umfänglich zu entsprechen." ist durch folgenden Wortlaut zu ersetzen: "Den vielseitigen zunehmend komplexer werdenden Anforderungen an die Tätigkeit einer Heimleiterin entspricht sie jederzeit in vollem Umfang."

2. Satz 2 des 5. Absatzes von oben mit dem Wortlaut: "Das Ansehen des Kreisaltersheimes G. wurde wesentlich von ihrer Persönlichkeit geprägt." ist durch folgenden Wortlaut zu ersetzen: "Das gute Ansehen, welches das Kreisaltenheim G. genießt, ist wesentlich von ihrer Persönlichkeit geprägt."

3. Im 6. Absatz von oben ist das Wort: "vollen" durch folgendes Wort zu ersetzen: "vollsten".

4. Satz 1 des 7. Absatzes von oben mit dem Wortlaut: "Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseres Hauses war stets korrekt." ist durch folgenden Wortlaut zu ersetzen: "Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern war zu jedem Zeitpunkt einwandfrei. Frau W. genoss bei Vorgesetzten sowie bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stets hohes Ansehen."

II. Für den Fall, dass die Beklagte der Verpflichtung aus dem Klageantrag Ziffer I. nicht innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Urteils nachkommen sollte, wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Entschädigung für die Nichtleistung einen Betrag in Höhe von € 8.400,-- zu zahlen.

Mit Schreiben vom 27.04.2007 übersandte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein abgeändertes Zeugnis, das einige Wünsche der Klägerin aus dem Schreiben vom 31.03.2007 berücksichtigte sowie dem Antrag I. 1. aus der Klageschrift vom 09.04.2007 entsprach.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse das ihr erteilte Zeugnis ihren Wünschen entsprechend berichtigen, weil die momentane Formulierung ihrem beruflichen Fortkommen schade. Satz 2 des 5. Absatzes sei missverständlich formuliert, im Übrigen habe sie Anspruch auf eine Bescheinigung, dass sie die ihr übertragenen Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenheit der Beklagten erledigt habe. Sie sei nämlich in der Vergangenheit stets hervorragend beurteilt worden. Des Weiteren hat die Klägerin gemeint, die Beklagte habe ihr lediglich ein "korrektes Verhalten" gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern bestätigt und damit aufgrund der Auslassung behauptet, sie sei bei Vorgesetzten und Mitarbeitern nicht beliebt gewesen. Dies werde bestritten.

Im Termin zur Verhandlung vor der Kammer vom 06.12.2007 hat das Arbeitsgericht auf Antrag der Beklagten gegen die säumige Klägerin ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen, gegen das die Klägerin rechtzeitig Einspruch einlegte. Eine Begründung des Einspruchs erfolgte nicht. In dem Termin zur Verhandlung über Einspruch und Hauptsache vom 17.01.2008 übergab die Klägerin einen Klageerweiterungsschriftsatz und stellte folgende Anträge:

A. Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts München vom 06.12.2007 wird aufgehoben.

B. I. Die Beklagte wird verurteilt, das der Klägerin mit Datum vom 28.12.2006 ausgestellte qualifizierte Arbeitszeugnis (Version des Abschlusszeugnisses vorgelegt durch die Beklagte mit Schriftsatz vom 03.05.2007 Anlage B 3) mit dem nachfolgend aufgeführten Wortlaut zu berichtigen und das berichtigte qualifizierte Abschlusszeugnis an die Klägerin herauszugeben:

1. In Satz 2 des 5. Absatzes von oben werden die Worte: "Das Ansehen" durch folgende Worte ersetzt: "Das gute Ansehen".

2. Im 6. Absatz von oben ist das Wort: "vollen" durch folgendes Wort zu ersetzen: "vollsten".

3. Satz 1 des 7. Absatzes von oben mit dem Wortlaut: "Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseres Hauses war stets korrekt." ist durch folgenden Wortlaut zu ersetzen: "Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern war zu jedem Zeitpunkt einwandfrei. Frau W. genoss bei Vorgesetzten sowie bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stets hohes Ansehen."

4. Im 1. Absatz von oben wird die Datumsangabe (Beendigungszeitpunkt): "28.12.2006" durch folgende Datumsangabe ersetzt: "31.12.2006".

5. Die Datumsangabe im Zeugnis unten links nach der Ortsangabe mit dem Wortlaut: "S., 28.12.2006" wird durch folgenden Wortlaut ersetzt: "S., 31.12.2006".

6. Es wird festgestellt, dass das Berichtigungsbegehren entsprechend dem Klageantrag I. 1. aus dem Klageschriftsatz der Klägerin vom 09.04.2007 durch Erfüllung der Beklagten in seiner Hauptsache erledigt ist.

II. Für den Fall, dass die Beklagte der Verpflichtung aus dem Klageantrag Ziffer I. nicht innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Urteils nachkommen sollte, wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Entschädigung für die Nichtleistung einen Betrag in Höhe von € 8.400,-- zu zahlen.

C. Es wird festgestellt, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin keinen Anspruch auf Herausgabe der Originale der Arbeitszeugnisse der ersten Fassung sowie der zweiten Fassung (Anlage B 3 zum Beklagtenschriftsatz vom 03.05.2007) hat.

Die Beklagte hat sich der Erledigterklärung im Antrag B. I. 6. angeschlossen, die Anträge B. I. 4. und B. I. 5. anerkannt und im Übrigen beantragt,

den Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 06.12.2007 zu verwerfen und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die von ihr gewünschten Änderungen im Zeugnis und vorgetragen, das Kreisaltenheim G. habe unter der Leitung der Klägerin gerade keinen guten Ruf gehabt, es sei der Vorwurf der "gefährlichen Pflege" erhoben worden. Die Klägerin könne außerdem nicht mehr als die Bezeichnung "korrekten" Verhaltens verlangen, nachdem es unter ihrer Leitung erhebliche Probleme auch im Miteinander der Mitarbeiter gegeben habe. Im Übrigen fehle zu ihren Berichtigungswünschen jeglicher substanziierter Sachvortrag.

Das Arbeitsgericht hat mit Anerkenntnis- und Endurteil vom 17.01.2008 der Klage im Umfang des Teilanerkenntnisses der Beklagten stattgegeben, das Versäumnisurteil vom 06.12.2007 aufrechterhalten, soweit die Ziffern I. 2. - 4. und II. der Klage abgewiesen wurden und im Übrigen die Klageerweiterung abgewiesen sowie für den Fall, dass die Beklagte der Verpflichtung aus der Verurteilung aufgrund des Anerkenntnisses nicht innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Zustellung des Urteils nachkommen sollte, diese verurteilt, an die Klägerin eine Entschädigung für die Nichtleistung in Höhe von € 500,-- zu zahlen. Seine Klageabweisung hat das Arbeitsgericht unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Darlegungs- und Beweislast im Zeugnisberichtigungsprozess im Wesentlichen damit begründet, die Klägerin habe keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich folgern ließe, ihr würde eine bessere Zeugnisbeurteilung zustehen. Sie habe mit keinem einzigen Wort dargelegt, woraus sich ergebe, dass das Kreisaltenheim G. ein gutes Ansehen genoss und ebenso wenig vorgetragen, warum eine Leistungsbeurteilung mit der Note "sehr gut" angemessen sein soll. Ihre pauschale Behauptung, in der Vergangenheit stets hervorragend beurteilt worden zu sein, habe die Klägerin nicht einmal ansatzweise belegt. Bei der Verhaltensbeurteilung habe sie sich nicht einmal die Mühe gemacht darzulegen, worin der Unterschied in den Formulierungen "zu jedem Zeitpunkt einwandfrei" und "stets korrekt" bestehe. Hinsichtlich des Verlangens der Bescheinigung, sie habe bei Vorgesetzten sowie bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stets hohes Ansehen genossen, sei die Klägerin ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen. Der Antrag auf Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, der Beklagten die Originale des Arbeitszeugnisses in der ersten und zweiten Fassung herauszugeben, sei unbegründet, weil der Beklagten ein Herausgabeanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. BGB zustehe. Stelle sich nämlich heraus, dass ein Zeugnis nicht korrekt sei, habe der Arbeitnehmer Anspruch auf Korrektur des Zeugnisses. Sobald ein korrigiertes Zeugnis erteilt sei, falle der rechtliche Grund für das Behaltendürfen des ursprünglichen, falschen Zeugnisses weg. Der Arbeitnehmer sei verpflichtet, dieses falsche Zeugnis an den Arbeitgeber herauszugeben. Ergänzend wird wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das ihr am 01.03.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01.04.2008 Berufung eingelegt und diese am 02.05.2008 begründet. Die Klägerin wirft in ihrer Begründung dem Arbeitsgericht vor, die Beweislastverteilung im Zeugnisberichtigungsprozess verkannt zu haben und ist der Auffassung, "prinzipiell" trage die Beklagte die Beweislast für die Richtigkeit des Arbeitszeugnisses. Weiter meint sie, die streitigen Formulierungen schadeten ihrem beruflichen Fortkommen. Wenn im Zeugnis einschränkend lediglich vom "Ansehen" und nicht vom "guten Ansehen" des von ihr geleiteten Kreisaltenheims G. die Rede sei, so werde durch diese Wortwahl gleichzeitig ihre Leistung und ihr Charakter herabgewürdigt. Da sie Anspruch auf eine ordentliche Bewertung ihrer Leistung habe, sei ihr zu bescheinigen, dass sie die ihr übertragenen Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenheit der Beklagten erledigt habe. Mit der Verhaltensbeurteilung bescheinige die Beklagte der Klägerin nur ein "korrektes" Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern und behaupte insbesondere durch Auslassung, die Klägerin sei bei Vorgesetzten und Mitarbeitern nicht beliebt gewesen. Das werde bestritten.

Die Klägerin beantragt zuletzt im Berufungsverfahren:

A. I. Das Anerkenntnis- und Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 17.01.2008 wird aufgehoben, soweit in Ziffern 2., 3. und 4. die Klage abgewiesen wurde.

II. Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts München vom 06.12.2007 wird aufgehoben.

B. I. Zusätzlich zur Ausurteilung in dem Anerkenntnis- und Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 17.01.2008, Ziffer I. wird die Beklagte verurteilt, das der Klägerin mit Datum vom 28.12.2006 ausgestellte qualifizierte Arbeitszeugnis (Version des Abschlusszeugnisses, vorgelegt durch die Beklagte mit Schriftsatz vom 03.05.2007, Anlage B 3) mit dem nachfolgend aufgeführten Wortlaut zu berichtigen und das berichtigte qualifizierte Abschlusszeugnis an die Klägerin herauszugeben:

1. In Satz 2 des 5. Absatzes von oben werden die Worte: "Das Ansehen" durch folgende Worte ersetzt: "Das gute Ansehen".

2. Im 6. Absatz von oben ist das Wort: "vollen" durch folgendes Wort zu ersetzen: "vollsten".

3. Satz 1 des 7. Absatzes von oben mit dem Wortlaut: "Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseres Hauses war stets korrekt." ist durch folgenden Wortlaut zu ersetzen: "Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern war zu jedem Zeitpunkt einwandfrei. Frau W. genoss bei Vorgesetzten sowie bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stets hohes Ansehen."

II. Für den Fall, dass die Beklagte der Verpflichtung aus dem Klageantrag B. I. Ziffern 1., 2. und 3. nicht innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Urteils nachkommen sollte, wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Entschädigung für die Nichtleistung einen Betrag in Höhe von € 8.400,-- zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und widerklagend:

Die Klägerin wird verurteilt, folgende ihr erteilten ursprünglichen Fassungen des Zeugnisses an die Beklagte herauszugeben:

- Zeugnis datiert 28.12.2006, übersandt mit Schreiben vom 28.03.2007 (vgl. Zeugnis gemäß Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 18.04.2007 im Verfahren Az. 36 Ca 4455/07);

- Zeugnis datiert 28.12.2006, übersandt an die Klägerin mit Einschreiben Rückschein vom 16.05.2007/19.05.2007 (vgl. Zeugnis gemäß Anlage B 3 zum Schriftsatz vom 03.05.2007 im Verfahren Az. 26 Ca 5288/07).

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Entscheidung des Arbeitsgerichts und ist in ihrer Widerklage der Auffassung, nachdem sie der Klägerin ein neues Zeugnis entsprechend dem Anerkenntnisurteil erteilt habe, könne sie die Herausgabe der beiden unrichtig gewordenen Versionen der der Klägerin erteilten Zeugnisse verlangen.

Ergänzend wird wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz Bezug genommen auf die Schriftsätze der Klägerin vom 02.05.2008 und 03.06.2008 sowie auf die Schriftsätze der Beklagten vom 29.05.2008 und 07.07.2008.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520, 222 Abs. 2 ZPO) und daher zulässig.

II.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat in seiner sorgfältig begründeten Entscheidung die Klage - soweit sie die Beklagte nicht teilweise anerkannte -zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen, sodass Bezug genommen wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im angefochtenen Endurteil (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Ergänzend wird im Hinblick auf die Angriffe der Berufung auf Folgendes hingewiesen:

1. Nicht das Arbeitsgericht, sondern die Klägerin verkennt die Darlegungs- und Beweislast im Zeugnisberichtigungsprozess.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitgeber als Schuldner des Zeugnisanspruchs nicht stets die Darlegungslast für die seiner Beurteilung zugrunde liegenden Tatsachen. Vielmehr hat nach den allgemeinen Regeln der Verteilung der Darlegungslast jede Partei die ihr günstigen Tatsachen vorzutragen. Der Arbeitnehmer, der die Erteilung eines Zeugnisses verlangt, hat deshalb die Tatsachen vorzutragen, aus denen sich der Zeugnisanspruch ergibt, also die tatsächlichen Voraussetzungen des § 109 GewO. Dem Arbeitgeber obliegt dann als Schuldner, die Tatsachen darzulegen, aus denen sich das Nichtbestehen des Zeugnisanspruchs ergibt. Hierzu gehört auch der Einwand, der Zeugnisanspruch sei i. S. d. § 362 BGB erfüllt. Dieser Last genügt der Arbeitgeber, wenn er darlegt, dass er ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes Zeugnis erteilt hat, dieses also formell ordnungsgemäß ist und den allgemein erforderlichen Inhalt hat, also Angaben zur Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses und zur Führung und Leistung des Arbeitnehmers enthält. Ist der Arbeitnehmer mit dem erteilten Zeugnis nicht einverstanden, kann er vom Arbeitgeber gerichtlich dessen Berichtigung oder Ergänzung verlangen. Mit einer solchen Klage macht er weiterhin die Erfüllung seines Zeugnisanspruchs geltend und keinen gesetzesfremden Berichtigungsanspruch. Denn der Zeugnisanspruch richtet sich auf ein inhaltlich "wahres" Endzeugnis. Auch im "Berichtigungsprozess", mit dem der Arbeitnehmer eine überdurchschnittliche Beurteilung erstrebt, verbleibt es bei der allgemeinen Regel, dass der Arbeitnehmer als derjenige, der einen Anspruch auf eine konkrete Zeugnisformulierung geltend macht, die hierfür erforderlichen Tatsachen vorzutragen hat. Denn § 109 GewO begründet keinen Anspruch auf ein "gutes" oder "sehr gutes" Zeugnis, sondern nur auf ein leistungsgerechtes Zeugnis. Erst wenn der Arbeitnehmer dargelegt hat, leistungsgerecht sei ausschließlich eine überdurchschnittliche Beurteilung, hat der Arbeitgeber die Tatsachen vorzutragen, die dem entgegenstehen sollen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass jede Beurteilung von einer Vielzahl von Faktoren abhängig ist. Sie wird zwangsläufig von den Erfahrungen des Arbeitgebers geprägt, die er mit der Leistung einzelner Arbeitnehmer gewonnen hat. Ein Beurteilungsspielraum ist somit unerlässlich (BAG Urteil vom 14.10.2003 - 9 AZR 12/03 -BAGE 108, 86 = AP BGB § 630 Nr. 28; vgl. zur Darlegungs- und Beweislast im Zeugnisberichtigungsprozess auch ErfK/Müller-Glöge, 9. Aufl., § 109 GewO Rn. 80 ff., m. w. N.).

2. Ihrer Darlegungs- und Beweislast ist die Klägerin auch in der Berufungsinstanz nicht nachgekommen.

a) Ebenso wenig wie erstinstanzlich hat die Klägerin in der Berufungsinstanz Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergäbe, dass und bei wem das von ihr geleitete Kreisaltenheim G. gutes Ansehen genossen haben soll. Dasselbe gilt für das Verlangen einer Bewertung ihrer Leistungen mit dem Prädikat "stets zur vollsten Zufriedenheit". Insoweit hat die Klägerin nicht einmal ansatzweise Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, jede andere als die von ihr begehrte Spitzenbeurteilung wäre nicht leistungsgerecht. Wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang in der Berufungsbegründung ausführt, sie habe Anspruch auf eine "ordentliche Bewertung ihrer Leistung", verkennt sie offensichtlich, dass ihr mit der von der Beklagten gewählten Formulierung "Die ihr übertragenen Aufgaben erledigte Frau W. stets zu unserer vollen Zufriedenheit." gute Leistungen bescheinigt werden (vgl. dazu ErfK/Müller-Glöge, aaO. Rn. 41, m.w.N.).

b) Bei den begehrten Änderungen in der Verhaltensbeurteilung erschließt sich der Berufungskammer ebenso wie schon dem Arbeitsgericht nicht der Unterschied zwischen der von der Beklagten gewählten Formulierung "stets korrekt" und der von der Klägerin gewünschten Formulierung "zu jedem Zeitpunkt einwandfrei". Im Übrigen war ihr Verhalten gerade nicht zu jedem Zeitpunkt einwandfrei, denn die auf das "Erschleichen" ungerechtfertigter Entgeltzahlung gestützte außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 28.12.2006 war rechtswirksam (LAG München Urteil vom 22.11.2007 - 4 Sa 636/07 -). Ob eine Aussage zu ihrem Ansehen bei Vorgesetzten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern überhaupt notwendiger Zeugnisinhalt ist (vgl. allg. zum Beurteilungsspielraum des Arbeitgebers bei der Zeugnisformulierung BAG Urteil vom 12.08.2008 - 9 AZR 632/07 -, DB 2008, 2546 Rn. 16 ff.), kann dahingestellt bleiben. Denn wiederum fehlt jeglicher Sachvortrag der Klägerin dazu, bei welchen Vorgesetzten und welchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sie "hohes Ansehen" genossen haben soll und aus welchen Tatsachen sie diese Einschätzung folgert.

III.

Die in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage der Beklagten ist zulässig und begründet.

1. Die Widerklage ist auch ohne Einwilligung der Klägerin statthaft, weil sachdienlich, § 533 Nr. 1 ZPO. Nachdem die Klägerin mit ihrem erstinstanzlichen Feststellungsantrag, die Beklagte habe keinen Anspruch auf Herausgabe der Arbeitszeugnisse der ersten und zweiten Fassung, den Streit über die Herausgabe der früheren Fassungen des Zeugnisses selbst in den Prozess einführte, ist die Widerklage geeignet, den diesbezüglichen Streit der Parteien endgültig zu klären.

Der Widerklageantrag kann nach dem gesamten Widerklagevorbringen unschwer dahingehend ausgelegt werden, dass die Klägerin verurteilt werden soll, an die Beklagte die ursprünglichen zwei Fassungen des der Klägerin erteilten Zeugnisses, die beide auf den 28.12.2006 datiert sind, herauszugeben. In dieser Auslegung ist der Widerklageantrag auch hinreichend bestimmt i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

2. Die Widerklage ist begründet. Denn die Beklagte hat nach der - unstreitig erfolgten - Neuerteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses aufgrund der Ziffer 1. des Anerkenntnis- und Endurteils des Arbeitsgerichts vom 17.01.2008 Anspruch auf Rückgabe der "ungültig" gewordenen Versionen der beiden bis dahin der Klägerin erteilten Zeugnisse.

a) Soweit die Klägerin bislang die Herausgabe der früheren Zeugnisversionen verweigert hat mit der Begründung, sie sei Eigentümerin des Papiers geworden, auf dem die Arbeitszeugnisse geschrieben sind, ist das abwegig und mit der Funktion eines Zeugnisses nicht vereinbar. Das Zeugnis ist eine Wissenserklärung des Arbeitgebers (ErfK/ Müller-Glöge, aaO., Rn. 56, m. w. N.), die dem Arbeitnehmer für seine berufliche Entwicklung und sein berufliches Fortkommen dienen soll. Es ist regelmäßig Bewerbungsunterlage und damit gleichzeitig Entscheidungsgrundlage für die Personalauswahl künftiger Arbeitgeber; zugleich gibt es dem Arbeitnehmer Aufschluss darüber, wie der Arbeitgeber seine Leistungen beurteilt (BAG 12.08.2008, aaO., Rn. 16 m. w. N.). Ist ein bereits erteiltes Zeugnis - aus welchen Gründen auch immer - zu berichtigen, so vollzieht sich dies nicht im Sinne einer Korrektur des Originals, sondern als Erstellung eines gänzlich neuen Zeugnisses (BAG Urteil vom 21.06.2005 - 9 AZR 352/04 - AP BGB § 630 Nr. 31). Die Zeugnisberichtigung ist Erfüllung des Zeugnisanspruchs, weil das zunächst erteilte Zeugnis den Anspruch wegen seiner Mängel noch nicht erfüllt. Ist der Berichtigungsanspruch gegeben, muss der Arbeitnehmer Zug um Zug gegen Erteilung des neuen berichtigten Zeugnisses das alte unrichtige Zeugnis an den Arbeitgeber zurückgeben (LAG Hamm Urteil vom 11.07.1996 - 4 Sa 1285/95 -, dokumentiert in juris; ErfK/Müller-Glöge, aaO., Rn. 67).

b) Erteilt der Arbeitgeber auf Wunsch des Arbeitnehmers oder aufgrund einer arbeitsgerichtlichen Verurteilung ein neues Zeugnis, ohne auf eine Zug-um-Zug-Rückgabe des alten Zeugnisses zu bestehen, hat er gleichwohl Anspruch auf Herausgabe der unrichtig gewordenen früheren Version(en) des Zeugnisses. Das ergibt sich aus § 241 Abs. 2 BGB als nachvertragliche (nachwirkende) Nebenpflicht (vgl. dazu allg. ErfK/Preis, aaO., § 611 BGB Rn. 749 ff.), weil zum einen der Arbeitgeber mit der Erteilung eines neuen Zeugnisses sein abgeändertes Zeugnis konkludent für hinfällig erklärt und ein berechtigtes Interesse daran hat, diese "ungültig" gewordene Wissenserklärung zurückzuholen, während zum anderen kein berechtigtes Interesse eines Arbeitnehmers ersichtlich wäre, im Besitz verschiedener Zeugnisvarianten zu sein. Denn § 109 GewO gibt Anspruch auf ein, aber nicht auf mehrere Zeugnisse. Im Übrigen verhält sich die Klägerin treuwidrig nach § 242 BGB (vgl. zu § 242 BGB als Rechtsgrundlage für Nebenpflichten des Arbeitnehmers allg. ErfK/Preis, aaO., § 611 Rn. 707 ff.), wenn sie von der Beklagten eine "Verbesserung" des ihr erteilten Zeugnisses verlangt, sich dann aber weigert, die "schlechtere" Version an die Beklagte zurückzugeben.

IV.

Die Kosten ihrer erfolglosen Berufung trägt die Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO, die Kosten der Widerklage nach § 91 Abs. 1 ZPO.

V.

Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben, für die Zulassung der Revision lag ein Revisionsgrund (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vor. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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