Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 22.08.2006
Aktenzeichen: 8 Sa 569/06
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB, MTV, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 77 Abs. 3
BetrVG § 102
BGB § 242
BGB § 613a
BGB § 613a Abs. 1 S. 1
MTV § 17 Ziff. 2 Abs. 1 lit. b)
MTV § 28 Ziff. 3 b
ArbGG § 78
ZPO § 138 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am: 22. August 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Achte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Kagerer sowie die ehrenamtlichen Richter Rambach und Schmid für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 17. März 2006 - Gz.: 39 Ca 3891/05 - geändert wie folgt:

Die Klage wird auch im Übrigen abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Gegen dieses Urteil wird die Revision zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Berufung nur noch darüber, ob die Beklagte das Gleitzeitkonto des Klägers dahingehend zu korrigieren hat, dass die im August 2003 abgezogenen 200 Stunden darauf wieder gutzuschreiben sind; im Kern geht es dabei darum, ob die entsprechende Regelung eines "Standortsicherungsvertrages", der zwischen seiner früheren Arbeitgeberin, der Fa. D. M. G. GmbH (= Rechtsvorgängerin der Beklagten), deren Betriebsrat, dem Konzernbetriebsrat des G. Konzerns und der IG Metall abgeschlossen worden ist, für das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten gilt.

Er ist spätestens seit 15. Dezember 1968 (nach eigenem Sachvortrag allerdings bereits seit 1. März 1960) bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger beschäftigt, am 1. März 1977 in das Angestelltenverhältnis übernommen worden und zuletzt als Prüftechniker bei der Beklagten eingesetzt.

Er ist gewerkschaftlich nicht organisiert, wohl aber sind die Beklagte bzw. seine frühere Arbeitgeberin, die Fa. D. M. G. GmbH, Mitglied im Arbeitgeberverband der Bayerischen Metallindustrie.

Der Vertrag zur "Übernahme in das Angestelltenverhältnis" zwischen dem Kläger und der Fa. D. AG, einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, vom 8./14. März 1977 (künftig: "Übernahmevertrag") enthält u. a. folgende Formulierung (vgl. Bl. 42 d. A.):

" 4. Sonstiges

...

b) Alle übrigen Ansprüche und Pflichten richten sich nach dem Tarifvertrag für Angestellte der bayerischen Metallindustrie und unserer Arbeitsordnung in der jeweils gültigen Fassung."

In der Zeit seines Arbeitsverhältnisses mit der Fa. D. M. G. GmbH hat diese mit ihrem Betriebsrat, dem Konzernbetriebsrat des G. Konzerns, dem dieses Unternehmen zugehörte, und der IG Metall einen "Standortsicherungsvertrag zur Sicherung des Standortes der D. M. G. GmbH in G. und zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung einer größtmöglichen Anzahl von Arbeitnehmern" vom 3. September 2003 (künftig: "Standortsicherungsvertrag") abgeschlossen (vgl. Bl. 11 - 14 d. A.). In der darin enthaltenen "Präambel" heißt es u. a. (vgl. Bl. 11 d. A.):

" Der Standortsicherungsvertrag ist ein weiterer Baustein für den Fortbestand des Standortes, der inhaltlich getragen ist von elementaren Einschnitten für die beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der D. M. G. GmbH ... Die Parteien sind sich darüber einig, dass im Falle des Nichterreichens der angestrebten wirtschaftlichen Erfolge weitere Maßnahmen unabwendbar sind." Weiter ist dieser "Standortsicherungsvertrag" in "1. Abänderung des Tarifvertrages", "2. Abänderung von Betriebsvereinbarungen", "3. Kündigung von Arbeitnehmern", "4. Standortsicherung/Gegenleistung" und "5. Laufzeit" gegliedert. Unter dem Gliederungspunkt "1. Abänderung des Tarifvertrages" sind die jeweils betroffenen Tarifverträge ausdrücklich genannt. Weiter findet sich darin folgende Formulierung:

" Soweit Arbeitnehmer nicht tarifgebunden sind, wendet die D. M. G. GmbH die Tarifverträge üblicherweise auf alle Arbeitnehmer an. Die Einschränkungen geltend damit auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer."

Der Gliederungspunkt "2. Abänderung von Betriebsvereinbarungen" hat folgenden Wortlaut:

" In Abänderung der Betriebsvereinbarung Nr. G/3 über die Arbeitszeit wird festgelegt, dass jeder Arbeitnehmer auf 200 geleistete Arbeitsstunden aus dem bestehenden Gleitzeitkonto bzw. aus dem Langzeitkonto verzichtet. Arbeitnehmer, die kein Guthaben auf den Zeitkonten in Höhe von 200 Std. haben, werden bis zum 31.12.2004 die Stundenzahl aufholen." Im Gliederungspunkt "3. Kündigung von Arbeitnehmern" ist unter lit. a) "Personalabbau" bestimmt, dass "... so schnell wie möglich die Anzahl der Mitarbeiter am Standort G. auf 297 ... reduziert wird".

Weiter sind darin die Untergliederungspunkte "Interessenausgleich", "Sozialplan", "§ 102 BetrVG" und "Konzernbetriebsvereinbarungen" enthalten. Im Gliederungspunkt "4. Standortsicherung/Gegenleistung" wird von der "Geschäftsführung die Aufrechterhaltung des Standortes G. bis zum 31.12.2004 garantiert" und im Gliederungspunkt "5. Laufzeit" ist geregelt, dass "diese Vereinbarung bis zum 31.12.2004 gilt und dann ohne Nachwirkungen endet" sowie eine Kündigungsregelung für diese zugunsten der Fa. D. M. G. GmbH.

Dieser "Standortsicherungsvertrag" ist unterschrieben von zwei Geschäftsführern der Fa. D. M. G. GmbH, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrates der G. AG, dem Vorsitzenden des Betriebsrats der Fa. D. M. G. GmbH, dem Vorsitzenden des Konzernbetriebsrats des G. Konzerns und Herrn "S., Vorstandsmitglied der IG Metall F., 1. Bevollmächtigter der IG Metall-Verwaltungsstelle W.". Während der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 19. August 2005 (Seiten 7/8 = Bl. 91/92 d. A.) vorgetragen hat, der "Standortsicherungsvertrag" sei "auch deshalb unwirksam, da die Abänderung des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 24.05.2002 der Beteiligung der Bezirksleitung der IG Metall bedurft hätte" und "der für die IG Metall unterzeichnende Herr S. lediglich erster Bevollmächtigter einer IG Metall-Verwaltungsstelle gewesen sei", sogar "vor Unterzeichnung des Standortsicherungsvertrages auch darauf hingewiesen habe, dass er nicht zur rechtswirksamen und verbindlichen Unterzeichnung des Standortsicherungsvertrages bevollmächtigt sei" und dafür Beweis durch diesen als Zeugen angeboten hat, hat er dies nach einer Erklärung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Streittermin vor dem Arbeitsgericht vom 24. Februar 2006 (Protokoll Seite 2 = Bl. 115 d. A.) jedenfalls nicht mehr ausdrücklich aufrechterhalten und ist insbesondere dem Sachvortrag der Beklagten im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 2. Juni 2006 (Seite 7 = Bl. 145 d. A.) nicht mehr entgegengetreten, in dem sie sich auf die Erklärung einer Klägervertreterin in einem Parallelverfahren vor dem Arbeitsgericht München (Gz.: 15a Ca 6679/04) im dortigen Protokoll einer Streitverhandlung vom 10. März 2005 (Seite 2 = Bl. 152 d. A.) bezogen hat, worin diese auf Frage des Gerichts erklärt hat, "dass Herr S. von der IG Metall B. bevollmächtigt war, über den Abschluss eines Firmentarifvertrages zu verhandeln. Die Klägervertreterin ergänzt, sie sei sich sicher, dass Herr S. den vorliegenden Standortsicherungsvertrag unterschreiben durfte, die Frage sei allein, ob es sich dabei bereits um einen formwirksamen Firmentarifvertrag handelt".

Bereits vorher, nämlich am 1. September 2003, waren die Arbeitnehmer der Fa. D. M. G. GmbH in einer Betriebsvereinbarung über den beabsichtigten Inhalt dieses "Standortsicherungsvertrages" informiert worden. Am 3. September 2003 ist dieser für mehr als sechs Monate am Schwarzen Brett dieses Unternehmens ausgehängt gewesen.

Die Betriebspartner der Fa. D. M. G. GmbH haben am 11. September 2003 eine schriftliche "Durchführungsvereinbarung zum Standortsicherungsvertrag Mehrleistung von 200 Stunden" (künftig: "Durchführungsvereinbarung") abgeschlossen (vgl. Bl. 81 - 84 d. A.), in deren "Präambel" sie u. a. regeln (vgl. Bl. 81 d. A.):

" Als Stichtag für den Abzug von 200 Stunden aus dem Gleitzeitkonto gilt der 31.08.2003. Die bis zu diesem Tag bestehenden Gleitzeitguthaben der Arbeitnehmer werden entsprechend dokumentiert. Danach erfolgt der Abzug des entsprechenden Stundenkontingents ..." Weiter ist unter dem Gliederungspunkt "Vollzeitkräfte/AT-Mitarbeiter" Folgendes geregelt:

" Bei allen Arbeitnehmern verringert sich das Stundenguthaben (positiv oder negativ) um -200 Std. Mitarbeiter, die nach Abzug der 200 Stunden über ein ausgeglichenes bzw. weiterhin positives Stundenguthaben verfügen, sollten durch ihre Vorgesetzten angehalten werden, keine zusätzliche Gleitzeit aufzubauen. Die Anzahl der Stunden, die zum Aufholen eines negativen Zeitguthabens aufgewendet werden, sollte im Monatsdurchschnitt 35 Stunden nicht überschreiten. Zeitraum bis zur Erreichung eines ausgeglichenen Stundenkontos ist der 31.12.2004."

Die erwähnte "Durchführungsvereinbarung" enthält auch noch eine Regelung für die

"Altersteilzeit (Aktive Phase)".

Nachdem sich im März 2004 die Konzernleitung der G. AG entschlossen hatte, die Fa. D. M. G. GmbH in drei Sparten aufzuteilen, darunter den Teilbetrieb H., in dem der Kläger beschäftigt war, wurde dieser Betriebsteil mit Kaufvertrag vom 24. März 2004 mit Wirkung ab 1. Mai 2004 an die jetzige Beklagte verkauft. Die darin beschäftigten Arbeitnehmer wurden mit Schreiben vom 31. März 2004 darüber unterrichtet; dieses Schreiben ist von beiden Kaufvertragsparteien unterschrieben. In diesem Unterrichtungsschreiben wird auf einen Betriebsübergang gem. § 613a BGB Bezug genommen. Darin heißt es u. a. (vgl. Bl. 45/46 d. A.):

"3. ...

a) An Ihrem individuellen Arbeitsvertrag ändert sich nichts, dieser wird lediglich durch die D. M. P. GmbH ab dem vorgenannten Stichtag als neuer Arbeitgeber übernommen. Insbesondere werden die bisher erworbenen Dienstzeiten unverändert anerkannt. Die Höhe Ihres bisherigen Monatsentgelts sowie die bestehende Eingruppierung bleiben bei gleicher wöchentlicher Arbeitszeit im Rahmen des Betriebsübergangs unverändert, unbeschadet einer möglicherweise anderen Zusammensetzung.

...

c) Alle derzeit im Betrieb der D. M. G. GmbH bestehenden Betriebsvereinbarungen bleiben nach der gesetzlichen Regelung des § 613a BGB bestehen, sie werden zunächst Teil der Arbeitsverträge, können aber dann von dem neuen Betriebsrat der D. M. P. GmbH, Betrieb G., geändert werden. Der neue Betriebsrat der D. M. P. GmbH, Betrieb G., kann auch neue Betriebsvereinbarungen verhandeln und abschließen. Die Betriebsidentität wird jedoch durch diese Aufteilung des bestehenden Betriebes in G. aufgelöst.

d) Die D. M. P. GmbH ist ebenso wie die D. M. G. GmbH Mitglied im Arbeitgeberverband der Bayerischen Metallindustrie. Damit ändert sich bei einem Betriebsübergang auf die D. M. P. GmbH für die bestehende Tarifbindung nichts. Die derzeit geltenden Tarifverträge bleiben auch zukünftig anwendbar. 4. Zu den für die Mitarbeiter in Aussicht genommenen Maßnahmen ist darauf hinzuweisen, dass über die Gesamtmaßnahme eine enge Abstimmung mit dem Betriebsrat der D. M. G. GmbH erfolgt. Für den Betriebsübergang auf die D. M. P. GmbH besteht bereits ein Interessenausgleich und Sozialplan, denn diese Maßnahmen bewegen sich im Rahmen des am 03.09.2003 vereinbarten Standortsicherungsvertrages ..." Die Arbeitnehmer wurden darin weiter über ihr Widerspruchsrecht informiert. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte nicht widersprochen.

Bereits am 16. Januar 2003 haben der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Fa. D. M. G. GmbH, eine schriftliche "Vereinbarung über die Altersteilzeit" im Blockmodell beschlossen, wonach die Arbeitsphase am 1. September 2005 beginnen und am 28. Februar 2007 enden sollte, während die Freistellungsphase am 1. März 2007 beginnen und am 31. August 2008 enden sollte (vgl. Bl. 6 - 9 d. A.). Am 28. August 2004 haben der Kläger und die Beklagte eine "Ergänzung zum ATZ-Vertrag" vereinbart, wonach die "Altersteilzeit um 1 Jahr vorverlegt wird" (vgl. Bl. 10 d. A.). Danach beginnt die Arbeitsphase am 1. September 2004 und endet am 31. August 2006, während die Freistellungsphase am 1. September 2006 beginnt und am 31. August 2008 endet.

Mit Schreiben vom 2. Dezember 2003 (vgl. Bl. 15 d. A.) an die Fa. D. M. G. GmbH hat der Kläger dieser mitgeteilt, er habe festgestellt, dass ihm "200 Stunden von seinem Gleitzeitkonto abgezogen" worden seien. Dem widerspreche er "und mache hiermit seinen Anspruch auf die 200 abgezogenen Stunden geltend". Weiter forderte er sie auf, "(ihm) bis spätestens 31.12.2003 die abgezogenen Stunden wieder seinem Gleitzeitkonto gutzuschreiben. Sollte dieses bis zu diesem Zeitpunkt nicht geschehen sein, werde (er) die erforderlichen rechtlichen Schritte gegen das Unternehmen einleiten."

Er hat vor dem Arbeitsgericht vorgetragen (beschränkt auf den Streitgegenstand der Berufung), die Beklagte sei verpflichtet, sein Gleitzeitkonto dahingehend zu korrigieren, dass die im August 2003 abgezogenen 200 Stunden auf diesem wieder gut geschrieben werden. Es sei treuwidrig, wenn diese sich auf die Regelungen des "Standortsicherungsvertrages" berufe, weil sie sich selbst nicht an wesentliche Abmachungen dieses Vertrages gehalten habe, gleichwohl aber von ihm Vertragstreue einfordere. Entgegen dem vorgenannten "Standortsicherungsvertrag" seien am 31. Dezember 2004 nicht mehr 297 Mitarbeiter am Standort G. beschäftigt; im August seien nur noch 281, im September 2004 276, im Oktober 265 sowie im November und Dezember 2004 schließlich 256 Arbeitnehmer dort eingesetzt gewesen. Der Verzicht auf 200 Stunden Mehrarbeit sowie auf Weihnachts- und Urlaubsgeld für die Jahre 2003 bzw. 2004 im Rahmen dieses "Standortsicherungsvertrages" sei als Gegenleistung dafür zu sehen, dass die Fa. D. M. G. GmbH entsprechend Ziff. 3. lit. a) des "Standortsicherungsvertrages" an ihrem Standort G. bis zum Ablauf dieses Vertrages am 31. Dezember 2004 die Anzahl der Mitarbeiter nur auf 297 reduziere.

Darüber hinaus könne die Beklagte sich auch deshalb nicht auf Ziff. 2 des "Standortsicherungsvertrages" berufen, weil diese konkrete Regelung keinen tarifvertraglichen Charakter habe, sondern, wie sich aus ihrer Auslegung ergebe, lediglich eine "Vereinbarung der Betriebsparteien zur Abänderung einer bereits bestehenden, namentlich benannten Vereinbarung" darstelle und als solche gewollt sei. Bei Unterzeichnung des "Standortsicherungsvertrages" hätten sowohl Herr S. als auch der Betriebsratsvorsitzende der Fa. D. M. G. GmbH darauf hingewiesen, dass eine solche Regelung im Rahmen einer Betriebsvereinbarung unwirksam sei.

Im Übrigen richte sich sein Arbeitsverhältnis nach Ziff. 4. seines "Übernahmevertrages", in dem auf die Tarifverträge der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie verwiesen werde. Des Weiteren könne nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine arbeitsvertragliche Klausel über ihren Wortlaut hinaus nur dann als Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich/betrieblich geltenden Tarifvertrag (sog. große dynamische Verweisungsklausel) ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergebe, woran es hier jedoch fehle; da hier nur eine sog. kleine dynamische Verweisung vorliege, gelte mangels seiner, des Klägers, Tarifbindung der Firmentarifvertrag nicht.

Die Beklagte könne seinem Anspruch auch nicht die Ausschlussfrist des "§ 28 Ziff. 3 b MTV" (die Nummerierung deutet auf den "Tarifvertrag vom 15. März 1966 über Arbeitslöhne, Löhne und Lehrlingsvergütungen für gewerbliche Arbeitnehmer der bayerischen Metallindustrie" - gültig ab 1. April 1966 - hin) entgegenhalten. Ihm sei der Abzug von 200 Stunden von seinem Gleitzeitkonto erstmals aus der Stundenabrechnung für September 2003 ersichtlich gewesen und er habe bereits mit Schreiben vom 2. Dezember 2003 seinen Anspruch geltend gemacht. Außerdem sei sein Anspruch auf Bezahlung bzw. Gutschrift der gearbeiteten 200 Stunden frühestens zum 31. Dezember 2004 fällig geworden, was sich aus Ziff. 2. des "Standortsicherungsvertrages" ergebe, wonach Arbeitgeber, die kein Guthaben auf den Zeitkonten in Höhe von 200 Stunden hätten, diese bis zum 31. Dezember 2004 aufholen müssten. Insoweit werde auch auf die "Durchführungsvereinbarung" verwiesen.

Deshalb hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht folgende Anträge gestellt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.297,32 brutto nebst fünf Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. März 2005 zu bezahlen.

Hilfsweise:

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 7.103,32 brutto nebst fünf Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. März 2005 zu bezahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, das Gleitzeitkonto des Klägers dahingehend zu korrigieren, dass die im August 2003 abgezogenen 200 Stunden auf dem Gleitzeitkonto des Klägers wieder gut geschrieben werden.

Die Beklagte hat beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Sie hat ausgeführt (ebenfalls beschränkt auf den Streitgegenstand der Berufung), der Kläger habe keinen Anspruch auf Vergütung von 200 Mehrarbeitsstunden bzw. auf eine entsprechende Korrektur seines Gleitzeitkontos. Dazu sei sie nach Ziff. 2. des "Standortsicherungsvertrages" berechtigt gewesen. Diese Regelung habe nämlich nicht den Charakter einer Betriebsvereinbarung, sondern eines Firmentarifvertrages, der auf sein Arbeitsverhältnis infolge Ziff. 4 lit. b) seines "Übernahmevertrages" zur Anwendung komme.

Im Übrigen stehe seinem Anspruch § 17 Ziff. 2 Abs. I. lit. b) des "Manteltarifvertrages für die Angestellten der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 31. Oktober/ 2. November 1970 in der Fassung vom 24. Mai 2002" (künftig: "MTV Angestellte") entgegen. Die Korrektur seines Gleitzeitkontos sei zum 31. August 2003 erfolgt, die Geltendmachung einer entsprechenden Korrektur jedoch erst in seinem Schreiben vom 2. Dezember 2003 und liege damit außerhalb der tariflich geregelten Dreimonatsfrist nach Fälligkeit.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 17. März 2006, das der Beklagten am 6. April 2006 zugestellt worden ist, im Sachausspruch wie folgt entschieden:

1. Die Beklagte wird verurteilt, das Gleitzeitkonto des Klägers dahingehend zu korrigieren, dass die im August 2003 abgezogenen 200 Stunden auf dem Gleitzeitkonto des Klägers wieder gut geschrieben werden.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. ... (Kostenentscheidung)

4. ... (Streitwert)

Auf die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen und angestellten rechtlichen Erwägungen wird verwiesen.

Dagegen hat die Beklagte mit einem am 5. Mai 2006 am Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und sie mit einem hier am 2. Juni 2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags hebt sie insbesondere hervor,

es bleibe dabei, dass sie zu Recht aufgrund Ziff. 2. des "Standortsicherungsvertrages" vom Gleitzeitkonto des Klägers 200 Arbeitsstunden abgezogen habe. Auch diese Regelung habe den Charakter eines Haustarifvertrages. Kollektive Vereinbarungen seien, unabhängig davon, ob es sich um einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung handle, nach den Grundsätzen der Gesetzesauslegung auszulegen. Dies sei auch den Vertragsschließenden des "Standortsicherungsvertrages" bekannt gewesen. Der Betriebsrat der Fa. D. M. G. GmbH habe sogar, wie sich aus einem Protokollauszug der 70. Betriebsratssitzung vom 14. August 2003 ergebe, festgestellt, dass er nach § 77 Abs. 3 BetrVG nicht befugt sei, über die "Verzichte (einschließlich 200 Gleitzeitstunden) aus dem Tarifvertrag zu verhandeln", dies sei "Aufgabe der Tarifparteien unter evtl. Einbeziehung von Betriebsräten in die Tarifkommission". Die IG Metall aber sei am gesamten Vertragswerk des "Standortsicherungsvertrages" beteiligt gewesen und es sei der Wille der Vertragsparteien gewesen, auch in dessen Ziff. 2. eine Regelung zu treffen, die mit höherrangigem Recht im Einklang stehe und Bestand haben solle. Daraus folge der tarifvertragliche Charakter auch dieser Regelung. Daran ändere insbesondere die "irreführende Überschrift ,Abänderung von Betriebsvereinbarungen' nichts", denn in der Sache gehe es um eine "vorübergehende Erhöhung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich bzw. unentgeltliche Mehrarbeit und damit um einen klassisch tarifvertraglichen Regelungsinhalt". Im Übrigen werde auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verwiesen, wonach unwirksame Betriebsvereinbarungen von Tarifvertragsparteien nachträglich auch rückwirkend genehmigt werden könnten. Es könne jedoch keinen Unterschied machen, ob eine derartige Regelung nachträglich von den Tarifvertragsparteien genehmigt oder ob sie gleichzeitig durch Teilnahme an einer derartigen Vereinbarung sanktioniert werde.

Der Kläger könne sich für seinen Anspruch letztlich auch nicht auf ihr, der Beklagten, treuwidriges Verhalten berufen. Dies gelte insbesondere in Bezug auf die Reduzierung der Arbeitsplätze auf lediglich 297 am Standort G., denn immerhin habe es sich gezeigt, dass dort eine annähernd große Zahl von Arbeitsplätzen gesichert werden konnte; insoweit bezieht sie sich auf das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 30. November 2005 - Gz.: 7 Ca 2166/05.

Es bleibe auch dabei, dass dem Anspruch des Klägers § 17 Ziff. 2. Abs. I. lit. b) "MTV Angestellte" entgegenstehe.

Deshalb stellt sie folgenden Antrag:

Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 17. März 2006 - Gz.: 39 Ca 3891/05 - wird abgeändert, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Er hält das angegriffene Urteil für richtig und wiederholt und vertieft ebenfalls seinen erstinstanzlichen Sachvortrag. Insbesondere führt er unter Verweisung auf Löwisch/Rieble, TVG, 2. Aufl., Grundlagen Rn. 70 aus, dass "dreiseitige Vereinbarungen, an denen neben Arbeitgeber und Gewerkschaft auch noch Personalvertretungen (Betriebsräte, Personalräte, Sprecherausschüsse) beteiligt sind, völlig unverbindlich seien, weil das Gesetz solche dreiseitigen Abreden nicht vorsehe". Wirkten aber beim Tarifabschluss nicht tariffähige Parteien, insbesondere ein Betriebsrat, mit, so vernichte deren inhaltlicher Einfluss den Tarifvertrag als Ganzes (so Löwisch/Rieble, a. a. O., § 1 Rn. 478).

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsprotokolle, die Schriftsätze der Parteien und den sonstigen Akteninhalt beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet, weshalb das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil zu ändern und die Klage in ihrer Gänze abzuweisen ist.

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist statthaft, denn sie richtet sich gegen ein arbeitsgerichtliches Urteil, gegen das nicht nach § 78 ArbGG das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt € 600,-- (§ 64 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b ArbGG).

Sie ist auch in der richtigen Form und rechtzeitig eingelegt und begründet worden (§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 S. 1 und 2 ArbGG).

II.

Die Berufung ist deshalb begründet, weil der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Korrektur seines Gleitzeitkontos dahingehend, dass die im August 2003 abgezogenen 200 Stunden ihm wieder gut geschrieben werden, nicht besteht. Die Beklagte wendet zu Recht Ziff. 2. des "Standortsicherungsvertrages" ein, wonach "in Abänderung der Betriebsvereinbarung Nr. G/3 über die Arbeitszeit festgelegt wird, dass jeder Arbeitnehmer auf 200 geleistete Arbeitsstunden aus dem bestehenden Gleitzeitkonto bzw. aus dem Langzeitkonto verzichtet" und "Arbeitnehmer, die kein Guthaben auf den Zeitkonten in Höhe von 200 Std. haben, bis zum 31.12.2004 diese Stundenzahl aufholen". Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger vor. Aus dem von ihm geschlossenen Altersteilzeitvertrag nebst Ergänzung ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Beklagte verhält sich nicht treuwidrig, wenn sie sich auf Ziff. 2. des "Standortsicherungsvertrages" beruft.

1. Gem. § 613a Abs. 1 S. 1 BGB tritt dann, wenn ein Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber übergeht, dieser in die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnis ein und wenn diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrages oder einer Tarifvereinbarung geregelt sind, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zu seinem Nachteil geändert werden.

Der Betriebsteilübergang von der Fa. D. M. G. GmbH auf die Beklagte hat zum 1. Mai 2004 stattgefunden. Der "Standortsicherungsvertrag" stammt vom 3. September 2003, also aus der Zeit davor. Von entscheidender Bedeutung ist daher, ob dessen Inhalt, insbesondere dessen Ziff. 2., Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers geworden ist. Unstreitig und ohne Zweifel hatte der Kläger bis zum Abschluss dieses "Standortsicherungsvertrages" Anspruch auf die Führung eines Gleitzeitkontos und war ein anderweitiger wirksamer Verzicht auf bereits angefallene oder in der Zukunft anfallende Gleitzeitstunden, auf welcher Rechtsgrundlage auch immer, nicht geregelt.

1.1 In seinem "Übernahmevertrag" ist unter Ziff. 4. lit. b) vereinbart, dass sich "alle übrigen Rechte und Pflichten nach dem Tarifvertrag für Angestellte der bayerischen Metallindustrie und unserer Arbeitsordnung in der jeweils gültigen Fassung richten". Darin ist zwar nicht ausdrücklich der "MTV Angestellte" genannt, der sich seinem Wortlaut nach auf die Angestellten der bayerischen "Metall- und Elektroindustrie" bezieht, doch einen derartigen "Tarifvertrag für Angestellte" gab es damals nicht; allenfalls existierte der "Tarifvertrag vom 15. März 1966 über Arbeitszeit, Löhne und Lehrlingsvergütungen für gewerbliche Arbeitnehmer der bayerischen Metallindustrie". Nach dem "Übernahmevertrag" aber sollte gerade dieser aus dem tariflichen Bereich der gewerblichen Arbeitnehmer herausgenommen und demjenigen der Angestellten zugeordnet werden. Deshalb ist die damalige Formulierung wohl eher als ein redaktionelles Versehen zu werden. Mit dieser Klausel wollten die Arbeitsvertragsparteien daher den "MTV Angestellte" vereinbaren, und zwar ausdrücklich "in der jeweils gültigen Fassung". Dabei handelt es sich um eine sog. dynamische Bezugnahmeklausel, die ihrem Wortlaut nach und auch sinngemäß dahingehend auszulegen ist, dass die damit für den Betrieb fachlich geltenden Tarifverträge erfasst sein sollten. Deshalb vermag der Kläger die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 30. August 2000 (4 AZR 581/99 - AP Nr. 12 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag) nicht zu seinen Gunsten heranzuziehen. Im Übrigen lag der damaligen Entscheidung ein Branchenwechsel auf Arbeitgeberseite zugrunde, was hier nicht der Fall ist. Damit aber richten sich alle übrigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nach dem "MTV Angestellte" in seiner jeweils gültigen Fassung, und zwar auf individualrechtlicher Ebene.

1.2 In diese Rechte ist durch Ziff. 2. des "Standortsicherungsvertrages" zulasten des Klägers eingegriffen worden.

1.2.1 Obgleich die Berufungskammer dazu neigt, dass die vorgenannte Regelung tarifvertraglichen Charakter hat, kommt es darauf nicht entscheidend an. Deshalb kann auch dahinstehen, ob es sich dabei um einen sog. Firmentarifvertrag handelt und in welchem Verhältnis ein derartiger Firmentarifvertrag zum entsprechenden Manteltarifvertrag steht; nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z. B. die Entscheidungen vom 24. Januar 2001 - 4 AZR 655/99 -AP Nr. 173 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie und vom 4. April 2001 - 4 AZR 237/00 - AP Nr. 26 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz) verdrängt ein Firmentarifvertrag einen entsprechenden Flächentarifvertrag selbst dann, wenn er Regelungen zulasten von Arbeitnehmern enthält. Das Bundesarbeitsgericht hat darüber hinaus in seiner Entscheidung vom 23. März 2005 (4 AZR 203/04 - AP Nr. 29 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz) erkannt, dass ein kraft vertraglicher Vereinbarung in einem Arbeitsverhältnis geltender Firmentarifvertrag nach den Regeln der Tarifkonkurrenz als speziellere Regelung einen für das Arbeitsverhältnis kraft Allgemeinverbindlichkeit geltenden, den vertraglich in Bezug genommenen, von derselben Gewerkschaft abgeschlossenen Verbandstarifvertrag verdrängt, wobei das Günstigkeitsprinzip bei dieser Fallgestaltung nicht anwendbar ist.

Selbst dann, wenn Ziff. 2. des "Standortsicherungsvertrages" nur den Rechtscharakter einer Betriebsvereinbarung hätte und dann allerdings durchaus unter Umständen gegen einen Tarifvertrag, hier möglicherweise den "MTV Angestellte", verstieße und deshalb gem. § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam wäre, würde diese Unwirksamkeit wieder geheilt. Von entscheidender Bedeutung ist nämlich, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, dass nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29. Januar 2002 (1 AZR 267/01 - NZA 2002, 927) auch wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG zunächst unwirksame Betriebsvereinbarungen durch Tarifvertragsparteien nachträglich sanktioniert werden können. Nichts anderes kann gelten, wenn die entsprechenden Tarifvertragsparteien von vorneherein an Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung beteiligt sind, die gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßen. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn es sich dabei ersichtlich, was hier der Fall ist, um etwaige Verstöße gegen § 77 Abs. 3 BetrVG handelt. Es ist nämlich kaum anzunehmen, dass sie quasi sehenden Auges derartige Rechtsverstöße hinnehmen wollten. Hier kommt vor allem zum Tragen, was beim "Standortsicherungsvertrag" das eigentliche Ziel war, nämlich den Standort G. der Fa. D. M. G. GmbH zu sichern, wozu als Beitrag gerade auch der von den Arbeitnehmern verlangte Verzicht auf 200 Arbeitsstunden erfasst war. Hier hat für die IG Metall, die für den "MTV Angestellte" einschlägige Gewerkschaft, den "Standortsicherungsvertrag" einschließlich dessen Ziff. 2. unterschrieben. Die Einwendungen gegen eine entsprechende Bevollmächtigte deren Vertreters, Herrn S., hat der Kläger, nachdem sie substantiiert bestritten wurden, nicht aufrechterhalten, weshalb sie gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen sind. Damit aber liegt jedenfalls eine Sanktion der etwa als Betriebsvereinbarung wegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksamen Regelung der Ziff. 2. des "Standortsicherungsvertrages" vor.

1.2.2 Dem kann der Kläger nicht die Kommentierung in Löwisch/Rieble (a. a. O.) entgegenhalten, dass dreiseitige Vereinbarungen, an denen neben Arbeitgeber und Gewerkschaft auch noch z. B. Betriebsräte beteiligt sind, völlig unverbindlich seien, weil das Gesetz derartige dreiseitige Abreden nicht vorsehe. Zum einen hat er es insoweit unterlassen, auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 7. November 2000 (1 AZR 175/00 - AP Nr. 14 zu § 77 BetrVG 1972 Tarifvorbehalt) hinzuweisen, die in diesem Kommentar durchaus zitiert wurde, wenn auch kritisch. Das Bundesarbeitsgericht hat nämlich in derartigen Fällen, z. B. bei einem "Konsolidierungsvertrag", bei dem der Betriebsrat, die Arbeitgeberin und die zuständige Gewerkschaft die Verkürzung von Ansprüchen vorsahen, in dessen fachlichem und räumlichem Geltungsbereich sich der Betrieb befindet, erkannt, dass es sich im Zweifel um einen Tarifvertrag handelt, weil gerade eine entsprechende Betriebsvereinbarung mit diesem Inhalt nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam wäre. Dieses - letzte - Ziel aber hatten die den "Standortsicherungsvertrag" abschließenden Tarifvertragsparteien, nämlich die Arbeitgeberin und die IG Metall, erkennbar im Sinn. Anders wäre nämlich wohl das "Gesamtpaket" dieses "Standortsicherungsvertrages", also auch einschließlich eines Verzichts der Arbeitnehmer auf 200 geleistete oder zu leistende Überstunden, wohl nicht zustande gekommen. Damit aber ist die Regelung der Ziff. 2. des "Standortsicherungsvertrages" individualrechtlicher Bestandteil des Arbeitsvertrages des Klägers geworden.

2. Die Beklagte handelt auch nicht treuwidrig gem. § 242 BGB, wenn sie sich auf Ziff. 2. des "Standortsicherungsvertrages" beruft, obgleich darin eine Reduzierung der Arbeitnehmerzahl der Fa. D. M. G. GmbH bis zum 31. Dezember 2004 auf insgesamt nur 297 geregelt ist, die Zahl jedoch zu diesem Zeitpunkt lediglich 256 betrug. Zum einen ist nicht zu verkennen, dass der "Standortsicherungsvertrag" selbst bereits in seiner "Präambel" davon spricht, dass für den Fall des "Nichterreichens der angestrebten wirtschaftlichen Erfolge weitere Maßnahmen unabwendbar sind", seine Parteien sich also mit den bisherigen Maßnahmen gar nicht begnügen würden. Zum anderen ist die Unterschreitung der vorgesehenen reduzierten Zahl um etwa 40 bei einer vorgegebenen Zahl von 297 nicht so extrem, dass damit das eigentliche Ziel des "Standortsicherungsvertrages" verfehlt ist. Für ein treuwidriges Verhalten liegen daher keine überzeugenden Anhaltspunkte vor.

3. Besonderheiten infolge der Altersteilzeitvereinbarung des Klägers mit der Fa. D. M. G. GmbH liegen ebenfalls nicht vor.

4. Unter diesen Umständen kommt es gar nicht mehr darauf an, ob der Anspruch des Klägers gem. § 17 Ziff. 2 Abs. I. lit. b) "MTV Angestellte" bereits verfallen ist.

Nach alledem aber ist die Berufung der Beklagten begründet, das angegriffene Urteil entsprechend zu ändern und die Klage auch im Übrigen abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück