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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 18.02.2004
Aktenzeichen: 9 Sa 101/03
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
Eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist auch dann gemäß § 1 Abs. 2 KSchG aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt, wenn zwar die vom gekündigten Arbeitnehmer durchgeführten Arbeitsaufgaben nach wie vor vorhanden sind, diese Aufgaben aber auf andere Arbeitnehmer verteilt wurden und damit der Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers entfallen ist.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 Sa 101/03

Verkündet am: 18. Februar 2004

In dem Rechtsstreit

hat die neunte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 4. Februar 2004 durch. den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Dunkl sowie die ehrenamtlichen Richter Johann Weigl und Ludwig Leberfinger für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 03.12.2002 - 37 Ca 6564/02 - abgeändert:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf € 16.093,71 festgesetzt.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und um einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung.

Die Klägerin war gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 12.3.2001 seit 1.4.2001 als Sekretärin/Assistentin des Geschäftsführers gegen ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt € 3.561,-- bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte betreibt ein Anzeigenblatt und beschäftigt in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer.

Mit Schreiben vom 9.4.2002 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin aus betriebsbedingten Gründen zum 15.5.2002 gekündigt.

Gegen diese Kündigung hat die Klägerin am 19.4.2002 Klage zum Arbeitsgericht München erhoben; ferner verlangte sie mit ihrer Klage Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen über den 15.5.2002 hinaus sowie Zahlung von Fahrtkosten, Oberstunden und Urlaubsabgeltung.

Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 3.12.2002 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 9.4.2002 nicht aufgelöst wurde und hat die Beklagte zur Weiterbeschäftigung der Klägerin verurteilt; die Zahlungsklage wurde vom Arbeitsgericht abgewiesen.

Bezüglich des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug, der von ihnen gestellten Anträge und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes wird auf den Inhalt des Endurteiles des Arbeitsgerichtes München vom 3.12.2002 (Bl. 101 - 116 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil, das ihr am 17.1.2003 zugestellt wurde, am 13.2.2003 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Sie trägt vor, die Kündigung vom 9.4.2002 sei aus dringenden betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt. Seit 1997/98 erziele die Beklagte erhebliche Verluste. Die Beklagte sei mit der bestehenden Personalstruktur nicht mehr in der Lage gewesen, ein positives Betriebsergebnis zu erwirtschaften. Deshalb habe sich der Geschäftsführer der Beklagten entschlossen, ein Programm zur erheblichen Kostenreduzierung aufzulegen und unter anderem Personal abzubauen. Am 20.3.2002 habe sich der Geschäftsführer Peter entschieden auch den Arbeitsplatz "Sekretärin/Assistentin des Geschäftsführers", den die Klägerin innehatte, aufzulösen. Die Aufgaben, die von der Klägerin bisher wahrgenommen wurden, seien zum Teil von anderen Mitarbeitern zusätzlich zu deren ursprünglichen Aufgabenbereich mit übernommen worden, zum Teil aber auch ersatzlos entfallen. So habe der Geschäftsführer selbst die Bereiche Organisation und Koordination des Sekretariats, Erledigung der Korrespondenz der Geschäftsleitung, Terminierung und Organisation von Besprechungen und Konferenzen sowie Erledigung allgemeiner Verwaltungstätigkeiten übernommen. Andere Bereiche wie Telefondienst, Sichtung des Aktenbestandes sowie Aufbau des Sekretariats, Korrespondenz, Protokollierung von Konferenzen und Besprechungen, Facility-Management und Erledigung allgemeiner Verwaltungstätigkeiten seien von anderen Mitarbeitern übernommen worden. Durch diese Unternehmerentscheidung und die Aufteilung der verbleibenden Arbeiten sei das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung der Klägerin entfallen.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 13.2.2003 (Bl. 147-170 d. A.), vom 17.6.2003 (Bl. 263 - 273 d. A.), vom 30.7.2003 (Bl. 311 - 314 d. A.) und vom 22.10.2003 (Bl. 346 - 354 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichtes München vom 3.12.2002, Geschäftszeichen 37 Ca 6564/02, wird geändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Hilfsweise: Das Arbeitsverhältnis wird zum 15.5.2002 gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst, die € 3.000,- nicht überschreiten sollte.

Die Klägerin beantragt dagegen,

die Berufung zurückzuweisen

und trägt vor, betriebliche Gründe, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstünden, bestünden nicht. Der Wegfall der Planstelle der Klägerin werde bestritten. Das behauptete "Einsparungsmodell" gebe es gar nicht. Es werde bestritten, dass der Geschäftsführer wie andere Arbeitnehmer den Aufgabenbereich der Klägerin übernommen hätte. Der Geschäftsführer und die übrigen Mitarbeiter seien bereits vor Ausspruch der Kündigung gegenüber der Klägerin zu 100 % ausgelastet gewesen. Im Übrigen sei die behauptete Unternehmerentscheidung offensichtlich unsachlich, unvernünftig und willkürlich.

Die Beklagte habe vielmehr nach der Kündigung der Klägerin zahlreiche neue Mitarbeiter eingestellt. Diese hätten Arbeitsplätze übernommen, auf denen auch die Klägerin hätte beschäftigt werden können. So zum Beispiel Frau ..., Frau ... und Herr .... Auch die Voraussetzungen für den Auflösungsantrag seien nicht gegeben.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Klägerin im Berutungsverfahren wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 7.4.2003 (Bl. 205 - 229 d. A.), vom 24.7.2003 (Bl. 301 d. A.) und vom 2.10.2003 (Bl. 332 - 335 d. A.) verwiesen.

Es wurde Zeugenbeweis erhoben durch Einvernahme der Frau ..., der Frau ..., des Herrn ..., der Frau ..., des Herrn ... und des Herrn .... Bezüglich des Inhaltes der Beweisbeschlüsse und der Aussagen wird auf die Niederschriften vom 9.7.2003 (Bl. 275 - 286 d. A.), vom 17.9.2003 (Bl. 321 - 327 d. A.) und vom 4.2.2004 (Bl. 372 - 379 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 3.12.2002 ist zulässig und auch begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch die ordentliche Kündigung vom 9.4.2002 zum 15.5.2002 beendet; damit ist auch der geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch über den 15.5.2002 hinaus nicht gegeben.

1. Die Kündigung vom 9.4.2002 zum 15.5.2002 ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt.

a) Voraussetzung für die soziale Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung ist das Vorliegen betrieblicher Erfordernisse, die so dringend sind, dass sie eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig und unvermeidbar machen (vgl. BAG AP Nr. 6 und 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Die betrieblichen Erfordernisse für eine Kündigung können sich auch aus innerbetrieblichen Umständen ergeben, also zum Beispiel aus einer Rationalisierungsmaßnahme bzw. einer Organisationsänderung. Sie beruhen auf einer Unternehmerentscheidung. Der Arbeitgeber ist in seiner Unternehmerentscheidung frei; dies bedeutet, dass organisatorische, technische oder wirtschaftliche Unternehmerentscheidungen, die sich konkret nachteilig auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirken, von den Gerichten grundsätzlich nicht darauf überprüft werden dürfen, ob sie notwendig oder zweckmäßig sind. Die Unternehmerentscheidung unterliegt vielmehr nur einer gerichtlichen Missbrauchskontrolle dahin, ob sie offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist, was aber der betroffene Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen hat. Was das Gericht nachzuprüfen hat, ist, ob die angeführte Unternehmerentscheidung tatsächlich getroffen wurde, ob sie umgesetzt wurde und wie sie sich auswirkt, das heißt, ob dadurch der Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers bzw. das Bedürfnis für seine Weiterbeschäftigung entfallen ist (BAG AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Ferner ist im Rahmen der Dringlichkeit zu prüfen, ob die Kündigung unter Umständen dadurch hätte vermieden werden können, dass der gekündigte Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz des Unternehmens weiterbeschäftigt wird (BAG AP Nr. 19 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).

b) Es steht durch die Aussage des Zeugen ... zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass der damalige Geschäftsführer der Beklagten, der Zeuge ... wegen der Verluste der Beklagten und nach Aufforderung des Gesellschafters ... sich entschieden hatte, zur Einsparung von Personalkosten Personal abzubauen und sich hierbei auch dazu entschlossen hatte, den Arbeitsplatz, den die Klägerin inne hatte, nämlich "Sekretärin/Assistentin des Geschäftsführers" zu streichen. Diese Entscheidung wurde nach Aussage des Zeuge ... zwei bis drei Wochen vor Ausspruch der Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin getroffen.

Die Klägerin hat zwar bestritten, dass dieser Entschluss vom Geschäftsführer gefasst wurde, hat aber andererseits keine Tatsachen vorgetragen, die gegen einen derartigen Entschluss sprechen. Vielmehr spricht die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin gerade dafür, dass dieser Entschluss auch gefasst wurde. Hierbei verkennt die Klägerin - und dies bestimmt auch die Hartnäckigkeit, mit der sie den vorliegenden Prozess führt -, dass sich die Beklagte nicht entschlossen hat, die von der Klägerin durchgeführten Aufgaben entfallen zu lassen, sondern nur den Arbeitsplatz, auf welchem die Aufgaben bisher zusammengefasst waren, aufzulösen und die verbleibende Arbeit auf andere Arbeitnehmer aufzuteilen, um eben dadurch den Arbeitsplatz der Klägerin einzusparen.

c) Es steht zur Oberzeugung des Gerichtes durch die Aussagen der Zeugen ... und ... auch fest, dass die von der Klägerin bisher wahrgenommenen Arbeitsaufgaben auch so verteilt wurden, dass der Arbeitsplatz der Klägerin und damit das Bedürfnis für ihre Weiterbeschäftigung entfallen ist.

So hat der Zeuge ... ausgesagt, dass er einen Teil der Tätigkeiten, die die Klägerin bisher durchgeführt hat, selbst übernommen hat und einen Teil auf andere Arbeitnehmer delegiert hat. So hat er einen Teil der Assistententätigkeiten und die Terminplanungen direkt über sein out look-System übernommen, den Kontakt mit Vermietern, das Controlling und die allgemeinen Verwaltungstätigkeiten hat er dagegen delegiert; die Personalangelegenheiten wurden von der Personalabteilung des übernommen und die tagtäglichen Telefonate seien über die Telefonzentrale gelaufen. Frau ... Mitarbeiterin der Anzeigenabteilung, sei stundenweise im Vorzimmer gewesen, auch teilweise Auszubildende, so Frau ... und gelegentlich auch Frau .... Anstelle der Klägerin sei aber niemand eingestellt worden, es sei vielmehr noch weiteres Personal abgebaut worden.

Dass der ursprüngliche Aufgabenbereich der Klägerin aufgeteilt wurde, ohne dass zusätzlich deswegen neue Arbeitskräfte eingestellt wurden, ergibt sich weiter aus der Aussage der Zeugin ... von der die Klägerin behauptet hatte, sie habe ihren Arbeitsplatz übernommen.

Die Zeugin hat ausgesagt, sie sei im Juni 2001 im Anschluss an ihre Berufsausbildung als Verlagskauffrau mit dem Tätigkeitsbereich Marketing und Verkaufsförderung übernommen worden, sie sei dabei der Anzeigenleitung unterstellt gewesen. Zum Zeitpunkt der Kündigung der Klägerin habe sich für sie nichts verändert; sie sei nach wie vor unten in der Anzeigenleitung mit demselben Tätigkeitsbereich gewesen; denn zu diesem Zeitpunkt sei noch Herr ... da gewesen und dieser habe im selben Raum gesessen wie die Klägerin. Dieser habe nach der Kündigung der Klägerin wohl auch teilweise Sekretariatsaufgaben übernommen. Herr ... sei aber nur in Teilzeit beschäftigt gewesen und wenn er nicht da war, seien Telefonate auf sie umgeleitet worden. Es sei aber durchaus vorgekommen, dass der Geschäftsführer Herr ... selbst Telefonate entgegengenommen habe. Als der Zeitvertrag mit Herr ... ausgelaufen sei, sei sie dann vormittags oben im Sekretariat gewesen, damit ein Ansprechpartner da sei. Sie habe auch in dieser Zeit ihre ursprüngliche Tätigkeit weiter verrichtet; ihre eigentliche Arbeit habe deswegen nicht jemand anderer übernommen. Wenn sie oben im Sekretariat gewesen sei, habe sie auch Marketing gemacht, das habe den Großteil ihrer Arbeitszeit ausgemacht. Es sei nur darum gegangen, dass oben im Sekretariat jemand sitze und ein Ansprechpartner vorhanden sei. Im Bereich Marketing sei deshalb niemand eingestellt worden. Frau ... sei erst zum 1.9.2003 als Marketing- und Anzeigenleiterin eingestellt worden, aber auch nur, weil sie - die Zeugin - zum Ende September 2003 bei der Beklagten ausscheide.

Auch aus der Aussage der Zeugin ... wird deutlich, dass die Aufgaben der Klägerin verteilt wurden, unter anderem auch auf Frau ..., nicht aber, dass die Zeugin den Arbeitsplatz der Klägerin eingenommen hat. Sie hat nur zusätzlich zu ihrem bisherigen Aufgabenbereich im Marketing Aufgaben aus dem ursprünglichen Bereich der Klägerin übernommen.

Die Aussage des Zeugen ... ist dagegen nicht geeignet, von einem anderen Sachverhalt auszugehen. Der Zeuge ..., den die Klägerin als Privatdetektiv beauftragt hatte, bei der Beklagten zu recherchieren, hat ausgesagt, er habe am 26.2.2003 um 14.30 Uhr unter der Durchwahl 109 - die Durchwahl für das Vorzimmer des Geschäftsführers - unter einem Vorwand angerufen, und es habe Frau ... abgenommen. Sie habe ihm auf Befragen erklärt, dass sie die Sekretärin des Geschäftsführers Herrn ... sei, sie habe ihm auch weiter erklärt, dass die Klägerin nicht mehr im Hause sei und sie ihre Nachfolgerin sei, dass sie sämtliche Tätigkeiten als Sekretärin übernehme, unter anderem auch die Hausverwaltung. Der Zeuge hat aber auch bekundet, er habe Frau ... nicht gesagt, dass er als Privatdetektiv recherchiere; weiter hat der Zeuge ausgesagt, Frau ... habe ihm auch gesagt, dass sie für Marketing zuständig sei.

Die Aussage des Zeugen ... ist für das Gericht ebenfalls durchaus glaubwürdig. Nur ist aber davon auszugehen, dass für Frau ... da ihr Herr ... den Grund seiner Befragung nicht nannte, kein Anlass bestand, einem ihr nicht bekannten Anrufer die tatsächlichen organisatorischen und rechtlichen Details des Ausscheidens von Frau ... und die Übernahme von ursprünglichen Tätigkeiten der Frau ... zu erläutern. Für einen Anrufer ist es ausreichend, zu erfahren, dass weiterhin eine Zuständigkeit für bestimmte Tätigkeiten vorhanden ist. Im Übrigen ergibt sich aus der Aussage des Zeugen ... auch, dass die Zeugenaussage von Frau ... zutreffend ist: nämlich, dass sie neben Sekretariatsaufgaben auch für Marketing zuständig ist. Für den Ausgang des Verfahrens ist entscheidend, dass das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung der Klägerin entfallen ist, da ihre bisherigen Aufgaben auf andere Arbeitnehmer verteilt wurden, und dass diese die Aufgaben der Klägerin zusätzlich zu ihrem bisherigen Aufgabenbereich übernommen haben, ohne dass deshalb anstelle der Klägerin zusätzlich eine neue Arbeitskraft eingestellt wurde, und dass damit der Arbeitsplatz der Klägerin (als Planstelle, Kostenstelle) eingespart wurde.

Aber auch die Zeugin Frau ..., die bei der Beklagten in der Finanzbuchhaltung beschäftigt ist, hat ausgesagt, dass sie Aufgaben aus dem Sekretariat übernommen hat, nämlich die Abrechnung von Nebenkosten für Firmen, die bei der Beklagten in Untermiete sind; ferner teile sie jetzt auch wieder die Gehaltsabrechnungen, die Essenschecks aus und kümmere sich um Personalsachen, wie wenn jemand auf sie zukomme. Es sei auch nicht zutreffend, dass Frau ... die Stelle der Klägerin eingenommen habe, sie mache weiterhin Marketing. Es sei aber richtig, dass Frau ... oben im 7. Stock im Vorzimmer des Geschäftsführers sitze, sie habe aber ihre ganze Arbeit aus dem Marketing mitgenommen. Ihr, der Zeugin, habe der Geschäftsführer auch Sachen zum Schreiben gegeben, dieser erledige aber auch selbst Korrespondenz. Wenn das Sekretariat nicht besetzt gewesen sei, habe auch sie Telefondienst gemacht. Anstelle der Klägerin sei niemand eingestellt worden. Herr ... sei Mitarbeiter des ..., er stehe der Beklagten einmal pro Woche für einen halben Tag zur Verfügung; er mache die Vertragsunterlagen für die Gehälter; er habe Herrn ... ersetzt.

Auch der Zeuge ... hat bestätigt, dass nach dem Ausscheiden der Klägerin deren Aufgaben verteilt wurden. So habe nach dem Weggang der Klägerin der Geschäftsführer die Terminierung selbst gemacht oder eine von ihm beauftragte Person. Auch die Erstellung der Protokolle der Abteilungsleiterbesprechungen sei verteilt worden. Die Korrespondenz des Geschäftsführers habe dieser hauptsächlich über E-Mail selbst gemacht. Es sei zwar zutreffend, dass Frau ... oben im Büro der ehemaligen Sekretärin des Geschäftsführers sei, sie habe aber ihre Marketing-Aufgaben mitgenommen und an ihrer Stelle sei niemand eingestellt worden.

Auch die Zeugin ..., die bei der Beklagten in der Telefonzentrale und am Empfang tätig ist, hat ausgesagt, dass, wenn das Sekretariat nicht besetzt war, das Telefon auf die Telefonzentrale umgestellt wurde. Sie habe dann die eingehenden Telefonate verteilt. Frau ... sitze jetzt im Vorraum des Geschäftsführers und da sei sie reingesetzt worden, damit nicht Unbefugte zum Geschäftsführer gelangen könnten. Aber Frau ... sei weiterhin für den Marketing-Bereich zuständig.

Ihre Tochter sei bei der Beklagten als Auszubildende beschäftigt gewesen und sie sei nun vor einer Woche (vor der Aussage vom 9.7.2003) übernommen worden; sie habe eine Sachbearbeiterstelle, die aber mit dem Aufgabenbereich von Frau ... im Marketing nichts zu tun habe.

Aus den Aussagen der Zeugen ..., und ... ergibt sich übereinstimmend, dass die ursprüngliche Arbeitsaufgabe der Klägerin nach ihrer Kündigung verteilt wurde, dass damit der Arbeitsplatz der Klägerin eingespart wurde und somit ein Bedürfnis für den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses entfallen ist.

Auch wenn es der Klägerin schwer fällt es einzusehen und zu akzeptieren: Durch die organisatorische Entscheidung, ihre Arbeitsaufgaben auf andere Mitarbeiter zu verteilen, sind zwar nicht ihre bisherigen Aufgaben, aber ihr bisheriger Arbeitsplatz entfallen. Die Beklagte ist in ihrer organisatorischen Entscheidung frei; diese Entscheidung ist als bindend hinzunehmen. Die Klägerin hat zwar behauptet, diese Entscheidung sei offensichtlich unsachlich bzw. willkürlich. Hierbei fehlt es jedoch an der schlüssigen Darlegung durch die Klägerin. Ein Unternehmen ist bei Auftragsrückgang und Betriebsverlusten geradezu gezwungen, hierauf durch Unternehmerentscheidungen zu reagieren, und insbesondere zur Reduzierung von Kosten auch Personal abzubauen.

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin war auch eine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz nicht gegeben. Soweit die Klägerin geltend macht, die Beklagte habe neue Mitarbeiter eingestellt auf Arbeitsplätzen, die sie auch übernehmen könnte, so Frau ..., Frau ... und Herrn ... ist dies unzutreffend. So ist nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten eine Frau ... bei der Beklagten unbekannt.

Frau ... wurde nicht bei der Beklagten eingestellt, sondern in einem befristeten Arbeitsverhältnis bei der Firma ... und Herr ... ist Arbeitnehmer des ....

d) Soweit die Klägerin die Verletzung der sozialen Auswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG rügt, so fehlt es bereits an der erforderlichen Darlegung durch die Klägerin, dass sie mit den von ihr benannten Arbeitnehmern Herrn ... (Anzeigenbereich), Frau ... (Prospektverkauf), Frau ... (Anzeigenabteilung), Frau ... (Bereichstellen und Beruf) und Herrn ... (Bereich Anzeigen für Immobilien) vergleichbar ist. Eine Vergleichbarkeit im Sinne des § 1 KSchG ist nämlich nur gegeben, wenn die Arbeitnehmer nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen und somit nach ihrer bisherigen Tätigkeit wechselseitig austauschbar sind (vgl. BAG vom 21.6.1995 RzK I 5d Nr. 50) und wenn die Arbeitnehmer darüber hinaus kraft des Direktionsrechtes des Arbeitgebers einseitig auf einen anderen Arbeitsplatz versetzt werden können (vgl. BAG vom 21.6.1995 a.a.O.).

Es fehlt im vorliegenden Falle aber sowohl die schlüssige Darlegung durch die Klägerin, dass sie die Arbeitsaufgaben der von ihr benannten Arbeitnehmer ausüben könnte (dies wird nur pauschal behauptet) also auch, dass sie ohne Vertragsänderung im Wege des Direktionsrechtes auf jeden der von ihr benannten Arbeitsplätze versetzt werden könnte; hierzu wäre aber ein substantiierter Vortrag erforderlich, dass die einzelnen benannten Stellen mit derjenigen der Klägerin gleichwertig sind und auf derselben Ebene des Vergütungsgefüges der Beklagten eingruppiert sind.

2. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien somit durch die sozial gerechtfertigte betriebsbedingte Kündigung vom 9.4.2002 zum 15.5.2002 beendet wurde, ist auch der geltend gemachte Anspruch auf Weiterbeschäftigung über den 15.5.2002 hinaus nicht gegeben, da dieser Anspruch den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses voraussetzt.

3. Das insoweit klagestattgebende Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 3.12.2002 war somit abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreites zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Revision nicht gegeben. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die Voraussetzungen für eine Zulassung gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht gegeben sind. Die Klägerin wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72a ArbGG) hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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