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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 03.05.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 1270/05
Rechtsgebiete: BGB, GSG, BetrVG, KSchG


Vorschriften:

BGB § 288 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 611
BGB § 613a
BGB § 626
BGB § 626 Abs. 1
BGB § 626 Abs. 2
GSG § 14
BetrVG § 102
BetrVG § 103
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 15
KSchG § 15 Abs. 1
KSchG § 15 Abs. 3
Außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 Sa 1270/05

Verkündet am: 3. Mai 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Neunte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Dunkl sowie die ehrenamtlichen Richter C. Oberrainer und N. Riedel für Recht erkannt:

Tenor:

I.

Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichtes Augsburg vom 19.7.2005 - 6a Ca 2399/04 - abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 14.5.2004 nicht zum 31.12.2004 aufgelöst wurde.

2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger als amtlichen Sachverständigen für Kraftfahrzeugwesen in der Niederlassung der T. in A. bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreites weiter zu beschäftigen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 6.787,91 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 30.12.2004 zu bezahlen. Im Übrigen wird der Zahlungsantrag abgewiesen.

4. Der Beklagte hat die Kosten des Rechsstreites zu tragen.

5. Der Streitwert wird auf € 35.587,91 festgesetzt.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, geboren am , verheiratet und Vater von drei Kindern, Diplom-Ingenieur, ist seit 15.5.1975 beim Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger, dem T. beschäftigt. Bis Februar 1984 war er auf dem Gebiet der Bauüberwachung von Kernkraftwerken eingesetzt, seit Februar 1984 als amtlich anerkannter Sachverständiger für den Kraftfahrzeugverkehr. Das Monatsentgelt des Klägers betrug zuletzt circa € 7.200,-.

In Ziff. 12 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 7./14.5.1976 ist unter anderem geregelt:

"Nach Erfüllung der Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 3 Versorgungsstatut, die mit Eintritt in die Dienste des T., also ab dem 15.5.1975 zu laufen beginnt, kann das Dienstverhältnis nur noch vom Arbeitnehmer ordentlich gekündigt werden. Die Kündigung hat schriftlich unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist zum Ende des Kalenderhalbjahres zu erfolgen. Unberührt davon bleibt das Recht beider Vertragsteile zu einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grunde gemäß § 626 BGB."

Im "Versorgungsstatut" über die betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für die Angestellten des T. (Fotokopie Bl. 101/102 d. A.), dem unstreitig auch der Kläger unterfällt, ist unter § 4 Ziff. 2 geregelt: "Aktiven Angestellten kann, sobald sie die Wartezeit erfüllt haben, nur noch aus wichtigem Grund im Sinne des § 626 BGB gekündigt werden. Entfällt eine Beschäftigungsmöglichkeit wegen Wegfalls oder Einschränkung eines Tätigkeitsgebietes des Vereins, so kann der betroffene Angestellte unter sinngemäßer Anwendung der jeweils gültigen beamtenrechtlichen Vorschriften des Staates Bayern in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Es kann ihm jedoch jedes Einkommen aus anderweitiger Erwerbstätigkeit angerechnet werden."

Mit Wirkung zum 1.7.1996 ist der Teilbereich beim Beklagten, in dem der Kläger als Kfz-Sachverständiger eingesetzt war, auf die neu gegründete T. im Wege des Teilbetriebsüberganges übertragen worden. Der Kläger hat mit Schreiben vom 26.7.1996 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf diese GmbH widersprochen.

Mit Schreiben vom 1.8.1996 hat die für den Beklagten in Personalangelegenheiten zwischenzeitlich tätige T. bei der Beklagten nachgefragt, ob für den Kläger beim Beklagten eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit besteht. Der Beklagte seinerseits hat daraufhin mit Schreiben vom 7.8.1996 mitgeteilt, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers bei ihm nicht möglich sei. Daraufhin hat der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger durch Schreiben vom 9.10.1996 aus wichtigem Grund mit einer Auslauffrist zum 30.6.1997 gekündigt.

Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 9.4.1998 33 Ca 16478/96 rechtskräftig festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 9.10.1996 nicht aufgelöst wurde.

Mit Schreiben vom 11.8.1998 (Fotokopie Bl. 93/94 d. A.) teilte die T. S. dem Kläger mit, dass er - infolge des rechtskräftigen Urteils des Arbeitsgerichtes München - ausschließlich für die T. tätig werde, bei der auch die fachlichen und disziplinarischen Arbeitgeberrechte lägen. Betriebsverfassungsrechtlich sei der Kläger der T. zugeordnet, da er dort tatsächlich und dauerhaft tätig werde. Er sei nur dort wahlberechtigt und wählbar. Der Kläger wurde dann zuerst in der Niederlassung K., danach in der Niederlassung A. der T. eingesetzt. Der Kläger hat an der Betriebsratswahl des Betriebes WE 4 bei der T. teilgenommen und wurde zum Ersatzmitglied gewählt. Er hat als Ersatzmitglied an den Betriebsratssitzungen vom 19.12.2003, 12.1.2004, 26.1.2004 und 19.7.2004 teilgenommen.

Der Beklagte hat sich im Jahre 2003 entschlossen, sämtliche bei ihm noch befindlichen Tätigkeiten zum 31.12.2003 einzustellen und deshalb am 22.10.2003 mit dem Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung über Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen (Fotokopie Bl. 27 - 31 d. A.). Betroffen waren nach der Präambel der Betriebsvereinbarung circa 820 Sachverständige (amtlich anerkannte Sachverständige gemäß § 14 Gerätesicherheitsgesetz). In der Anlage 1 dieser Betriebsvereinbarung wurden diejenigen Sachverständigen aufgeführt, die auf die T. S. übergehen, in der Anlage 2 diejenigen, die auf die T. E., in der Anlage 3 diejenigen, die auf die T. P. und in der Anlage 4 diejenigen, die auf die T. M. übergehen. Dabei bestand Einigkeit, dass es sich um Betriebsteilübertragungen gemäß § 613a BGB handelt. In Ziff. I.2c der Betriebsvereinbarung ist ausgeführt: "Der Arbeitgeber erklärt, dass eine Weiterbeschäftigung widersprechender Sachverständiger beim T. nicht möglich ist, weil der T.. keinen Betrieb mehr auf dem Gebiet der überwachungsbedürftigen Anlagen unterhält. Der T. wird ab dem 1.1.2004 keine Arbeitnehmer mehr beschäftigen."

Mit Schreiben vom 17.11.2003 wurden alle Mitarbeiter über den bevorstehenden Betriebsübergang informiert, so auch der Kläger. Das Arbeitsverhältnis des Klägers sollte in die T. S. (seit 1.4.2004 in T.I. umbenannt) übergehen. Der Kläger war aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Besitze einer Anerkennung gemäß § 14 GSG, was aber Voraussetzung für eine Tätigkeit als Sachverständiger in diesem Bereich gewesen wäre.

Der Kläger hat erneut dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 15.12.2003 widersprochen. Mit Schreiben vom 16.3.2004 und zuvor bereits in einigen Gesprächen wurde dem Kläger wegen der Rückgabe seiner Prüferanerkennung nach § 14 GSG und aufgrund des Umstandes, dass er seit Jahren bereits im Bereich der T. eingesetzt war, angeboten, mit seinem Arbeitsverhältnis in die T. überzuwechseln. Der Kläger hat die in diesem Schreiben gesetzte Frist verstreichen lassen und war weiterhin im Status als ausgeliehener Arbeitnehmer für die T. V. der Niederlassung A. tätig. Mit Schreiben vom 14.8.2004 hat der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger erneut außerordentlich unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist zum 31.12.2004 gekündigt. Der Beklagte hat vorher sowohl den Betriebsrat WE 4 bei der T. V. als auch den Betriebsrat bei der T. I. gemäß § 102 BetrVG angehört.

Mit der Klage zum Arbeitsgericht Augsburg vom 2.6.2004 macht der Kläger die Rechtsunwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 14.5.2004 geltend.

Er trägt vor, das Kündigungsschutzgesetz sei anwendbar, da auf die Zahl der Mitarbeiter der T. V. abzustellen sei. Er habe besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1, 3 KSchG, da er aktiviertes Ersatzmitglied des Betriebsrates der T. V. sei und als solches an Betriebssitzungen teilgenommen habe; eine Zustimmung des Betriebsrates zur Kündigung liege nicht vor. Die ordnungsgemäße Beteiligung des zuständigen Betriebsrates werde bestritten. Die Überlassung an die T. V., die bereits seit sieben Jahren andauere, sei willkürlich vom Beklagten aufgehoben worden. Die Kündigung sei auch unzulässig, da nach dem Versorgungsstatut die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand das mildere Mittel sei.

Ferner verlangt der Kläger die Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses. Außerdem verlangt er die Zahlung von € 6.787,91 brutto als Weihnachtsgeld 2004 gemäß der Betriebsvereinbarung über die Gewährung einer Weihnachtsgratifikation vom 5.11.1975. Dieser Betrag sei dem Kläger im November 2004 bereits abgerechnet und dann im Dezember 2004 wieder einbehalten worden.

Der Kläger beantragte im ersten Rechtszug:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 14.5.2004 nicht zum 31.12.2004 aufgelöst wird, sondern zu unveränderten Bedingungen auf unbestimmte Zeit fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als amtlichen Sachverständigen für Kraftfahrzeugwesen in der Niederlassung der T. V. in A. bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits weiter zu beschäftigen:

3. Der Beklagte wird verurteilt, deem Kläger einen Betrag in Höhe von € 6.787,91 brutto nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30.12.2004 zu zahlen.

Der Beklagte beantragte dagegen

die kostenpflichtige Klageabweisung

und trug vor, in der Unternehmensgruppe T. S. hätten in den letzten Jahren bereits mehrere Ausgliederungen stattgefunden. Durch ein arbeitsgerichtliches Verfahren habe der Kläger im Nachgang zur Ausgliederung zum 30.6.1996 erreicht, dass er bei dem Beklagten belassen wurde. Aktuell seien die 800 beim Beklagten verbliebenen Mitarbeiter in die T. S. (seit 1.4.2004 T. I.) ausgegliedert worden. Der Kläger habe diesem Betriebsübergang mit Schreiben vom 15.12.2003 widersprochen und sei nun der einzige verbliebene Arbeitnehmer des Beklagten. Seit dem 1.1.2004 unterhalte der Beklagte keinen Betrieb mehr auf dem Gebiet der überwachungsbedürftigen Anlagen; er habe sich dazu entschlossen, die gesamte geschäftliche Tätigkeit zum 31.12.2003 einzustellen. Der Beklagte sei auch rechtlich nicht verpflichtet, die konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung aufrechtzuerhalten. Das Kündigungsschutzgesetz sei aufgrund der Betriebsgröße nicht anwendbar. Da eine außerordentliche Kündigung aufgrund § 4 Ziff. 2 des Versorgungsstatutes ausgeschlossen sei, sei aufgrund der Betriebseinstellung eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist möglich. Es bestehe für den Kläger weder ein besonderer Kündigungsschutz nach § 15 KSchG, noch sei die Zustimmung des Betriebsrates nach § 103 BetrVG notwendig gewesen. Aus dem Versorgungsstatut ergebe sich nicht, dass vor Ausspruch einer Kündigung eine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand hätte erfolgen müssen. Voraussetzung für die Auszahlung der Gratifikation sei ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis.

Das Arbeitsgericht Augsburg hat durch Endurteil vom 19.7.2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die außerordentliche Kündigung vom 14.5.2004 mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2004 sei gerechtfertigt, da der Beklagte keine Möglichkeit mehr habe, den Kläger weiter zu beschäftigen. Es sei dem Kläger zwar selbst klar, dass der Beklagte keine Sachverständigen mehr beschäftige, gleichwohl wende er sich gegen jeglichen Übergang in ein anderes Unternehmen des T., was für die Kammer nicht nachvollziehbar sei, zumal der Kläger keinen vernünftigen Grund hierfür benennen könne. Die fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit stelle einen betriebsbedingten Grund für die Kündigung dar. Es sei dem Beklagten nicht zuzumuten, den Kläger als einzigen Mitarbeiter pro forma weiterzuführen und ihn auf unabsehbare Zeit bis zu seinem Rentenalter an ein anderes Unternehmen zu überlassen. Die Kündigung sei auch nicht nach § 15 KSchG oder § 103 BetrVG unwirksam. Weder bestehe beim Beklagten überhaupt ein Betriebsrat noch sei der Kläger Mitglied des Betriebsrates des Beklagten. Es sei nicht ersichtlich, warum der Beklagte die Zustimmung der Betriebsräte anderer Unternehmen einholen müsste. Der Beklagte habe auch keine rechtliche Verpflichtung, den Kläger als milderes Mittel in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Das Versorgungsstatut enthalte hierzu nur eine Kann-Bestimmung, aus der der Beklagte nicht zu einer solchen Maßnahme gezwungen werden könne. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 31.12.2004 beendet wurde, habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Bezahlung des Weihnachtsgeldes für 2004, da nach der Betriebsvereinbarung über die Gewährung einer Weihnachtsgratifikation Voraussetzung sei, dass der Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Auszahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehe.

Bezüglich des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug sowie der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes wird auf den Inhalt des Endurteils des Arbeitsgerichtes Augsburg vom 19.7.2005 (Bl. 208 - 213 d. A.) verwiesen.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, das ihm am 9.12.2005 zugestellt wurde, am 20.12.2005 Berufung eingelegt und diese am 9.3.2005 innerhalb der verlängerten Frist auch begründet.

Er trägt im Berufungsverfahren vor, das Arbeitsgericht habe nicht beachtet, dass beim Beklagten bereits seit 1996 keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr bestanden habe, da der Betriebsteil, in dem der Kläger gearbeitet habe, zum 1.7.1996 von einer neu gegründeten Konzerntochter übernommen worden sei. Mit der Aktion zum 1.1.2004, also der Betriebsübernahme durch die T. I., sei das Anstellungsverhältnis weder tatsächlich noch rechtlich tangiert worden. Aufgrund dieses Betriebsüberganges sei die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Klägers nicht entfallen. Der Kläger sei nicht mehr Belegschaftsmitglied in dem noch beim Beklagten verbliebenen Betriebsteil gewesen, der zum 1.1.2004 auf die T. I. übergegangen sei. Der Kläger sei vielmehr seit 1997 nicht mehr in dem Betrieb beim Beklagten organisatorisch eingegliedert gewesen. Nur das Anstellungsverhältnis habe rechtlichen Bestand mit dem Beklagten, während der Kläger im Übrigen seit über sieben Jahren aufgrund der konzerninternen Delegation (Arbeitnehmerüberlassung) in den Betrieb der T. V. organisatorisch integriert sei. Durch die Ausgliederung eines weiteren Betriebteiles im Jahre 2004 habe sich also an der rechtlichen und tatsächlichen Beziehung des Klägers zum Beklagten rein gar nichts geändert. Diese Aktion habe also keinerlei Einfluss auf das Arbeitsverhältnis des Klägers beim Beklagten, weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht. Darauf eine Kündigung zu stützen sei schlichtweg absurd.

Aber selbst wenn in der Ausgliederung des verbliebenen Betriebsteiles beim Beklagten im Jahre 2004 eine Betriebsstilllegung oder ein Betriebsübergang mit Auswirkung auf das Arbeitsverhältnis des Klägers gesehen werden könnte, rechtfertige dies nicht eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund. So gehe auch das BAG grundsätzlich davon aus, dass im Falle des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung auch keine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zulässig sei, da der Arbeitgeber das Wirtschaftsrisiko nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen könne. Nur ganz ausnahmsweise, wenn durch die Betriebsstilllegung und durch das Entfallen der Beschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers ein für den Arbeitgeber unzumutbarer Zustand geschaffen werde, halte das BAG eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund für zulässig. Die Schwelle der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sehe das BAG möglicherweise dann überschritten, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum hinweg sein Gehalt weiter zahlen müsste, obwohl er z.B. wegen Betriebsstilllegung für dessen Arbeitskraft keine Verwendung mehr habe. Gerade dieser Fall sei aber vorliegend nicht gegeben, da der Beklagte aufgrund der Konzernorganisation dem Kläger das Gehalt nicht weiter zahlen müsse, ohne dass dieser dafür eine Arbeitsleistung erbringe. Vielmehr sei der Kläger über sieben Jahre hinweg an die T. V. delegiert worden, von der der Kläger auch bezahlt worden sei. Mit der Aufrechterhaltung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers beim Beklagten sei also keinerlei wirtschaftlicher Nachteil für den Beklagten oder gar sonst ein Schaden verbunden. Von der als Voraussetzung für eine Kündigung aus wichtigem Grund geforderten Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses seitens des Arbeitgebers könne also vorliegend keine Rede sein. Damit habe sich jedoch das Arbeitsgericht mit seinen Entscheidungsgründen mit keinem Wort und keinem Gedanken auseinandergesetzt. Auch mit der Tatsache, dass eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grunde bei Ausschluss der ordentlichen Kündigung im Falle der Betriebsstilllegung oder auch im Falle eines Betriebsüberganges stets nur die ultima ratio sein könne, habe sich das Arbeitsgericht, insbesondere im Hinblick auf die Regelung in § 4 Ziff. 2 des Versorgungsstatutes, nicht auseinandergesetzt.

Das Arbeitsgericht vertrete die Auffassung, die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand sei nur eine "Kann-Bestimmung". Es könne aber dennoch dem Beklagten nicht überlassen werden, von dieser Bestimmung völlig willkürlich Gebrauch zu machen. Vielmehr sei der Beklagte gehalten, aus dem arbeitsvertraglichen Treueverhältnis und seiner daraus resultierenden Fürsorgeverpflichtung die Entscheidung nach § 4 Ziff. 2 des Versorgungsstatutes nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben zu treffen, zudem diese Bestimmung auch zum Schutze und Nutzen der Arbeitnehmer in das Versorgungsstatut aufgenommen worden sei. Wenn also eine Beschäftigungsmöglichkeit vollständig entfallen sein sollte, was aufgrund der Konzernstruktur nicht der Fall sei, so hätte sich der Beklagte dieser Beschäftigungsmöglichkeit durch die von ihm aus irgend welchen Gründen für sinnvoll gehaltenen Umstrukturierungen des Unternehmens ohne jede Not selbst begeben, wofür nunmehr der Kläger büßen müsste, indem er zumindest durch den Wechsel zu einer neu gegründeten Tochtergesellschaft die Sicherheit der Altersversorgung, die ihm nur der Beklagte garantieren könne, aufs Spiel setze. Wenn schon also tatsächlich keine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger aufgrund der unternehmerischen Entscheidung zur Umstrukturierung mehr gegeben wäre, dann könne der Beklagte sich nicht nur dafür entscheiden, den Kläger in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen, sondern dann müsse er dies aus den vertraglichen Treuepflichten heraus auch tun.

Im Übrigen wäre die hier streitgegenständliche Kündigung ebenso wie die Kündigung im Jahre 1996 nach § 626 Abs. 2 BGB verfristet. Bezüglich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 9.3.2006 (Bl. 240 - 255 d. A.) und vom 21.4.2006 (Bl. 268 - 272 d. A.) verwiesen. Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichtes Augsburg vom 19.7.2005 - 6a Ca 2399/04 - wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 14.5.2004 nicht zum 31.12.2004 aufgelöst wird, sondern zu unveränderten Bedingungen auf unbestimmte Zeit fortbesteht.

3. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger als amtlichen Sachverständigen für Kraftfahrzeugwesen in der Niederlassung der T.V. in A. bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreites weiter zu beschäftigen.

4. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen Betrag in Höhe von € 6.787,91 brutto nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30.12.2004 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt dagegen

die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung

und trägt vor, das Arbeitsgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Der Beklagte unterhalte seit 1.1.2004 keinen Betrieb mehr auf dem Gebiet der überwachungsbedürftigen Anlagen. Er habe sich dazu entschlossen, die gesamte geschäftliche Tätigkeit zum 31.12.2003 einzustellen. Während nach den zum 30.6.1996 und zum 31.3.2007 erfolgten Ausgliederungen noch mehrere hundert Mitarbeiter beim Beklagten verblieben, insbesondere die amtlich anerkannten Sachverständigen gemäß § 14 GSG, beschäftige der Beklagte seit der zum 31.12.2003 erfolgten Ausgliederung keine Arbeitnehmer mehr. Das Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung des Klägers sei aufgrund der Einstellung der Geschäftstätigkeit somit dauerhaft ersatzlos entfallen. Zutreffend habe das Arbeitsgericht festgestellt, dass auch der Kläger selbst die fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit beim Beklagten nicht bestreite, da er eine Beschäftigung als Sachverständiger in der Niederlassung der T. V. in A. verlange. Nach der zutreffenden Auffassung des Arbeitsgerichtes stelle die Einstellung des Geschäftsbetriebes einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB dar. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten außerhalb des Unternehmens des Beklagten würden keine Rolle spielen. Das Kündigungsschutzgesetz gehe von einem Unternehmensbezug und nicht von einem Konzernbezug aus. Nach der zutreffenden Auffassung des Arbeitsgerichtes bestehe auch keine Verpflichtung des Beklagten, den Kläger als milderes Mittel in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Zum einen enthalte das Versorgungsstatut nach seinem ausdrücklichen Wortlaut diesbezüglich nur eine Kann-Bestimmung. Zum anderen verpflichte auch der ultima-ratio-Grundsatz den Beklagten nicht dazu, den Kläger in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Ferner sei erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 24.6.2005 ausführlich begründet worden, weshalb die Kündigung nicht nach § 626 Abs. 2 BGB verfristet sei. Bezüglich des weiteren Vorbringens des Beklagten im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt des Schriftsatzes des Beklagten vom 13.4.2006 (Bl. 261-267 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes Augsburg vom 19.7.2005 ist zulässig und auch begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.

1. Die außerordentliche Kündigung vom 14.5.2004 ist bereits mangels eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam. Eine außerordentliche fristlose Kündigung aus betriebsbedingten Gründen ist auch gegenüber einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer in aller Regel nach § 626 Abs. 1 BGB unzulässig. Prüfungsmaßstab ist hier, ob dem Arbeitgeber bei einem vergleichbaren ordentlich kündbaren Arbeitnehmer dessen Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (fiktive Kündigungsfrist) unzumutbar wäre. Dies ist bei betriebsbedingten Kündigungsgründen regelmäßig nicht der Fall. Dem Arbeitgeber ist, wenn aus betrieblichen Gründen die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für alle bzw. einzelne Arbeitnehmer entfällt, zumutbar, wenigstens die Kündigungsfrist einzuhalten.

Eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist kommt allerdings dann in Betracht, wenn ein wichtiger Grund zur Kündigung gerade darin zu sehen ist, dass wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung der Arbeitgeber den Arbeitnehmer notfalls bis zum Erreichen der Pensionsgrenze weiterbeschäftigen müsste und ihm dies unzumutbar ist. Eine solche außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist, die die ausgeschlossene ordentliche Kündigung ersetzt, kommt allerdings nur in extremen Ausnahmefällen in Betracht. Es geht im Wesentlichen darum zu vermeiden, dass der Ausschluss der ordentlichen Kündigung dem Arbeitgeber unmöglich ist oder evident Unzumutbares aufbürdet. Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber ohne außerordentliche Kündigungsmöglichkeit gezwungen wäre, ein sinnloses Arbeitsverhältnis über viele Jahre hinweg allein durch Gehaltszahlungen, denen keine entsprechende Arbeitsleistung gegenübersteht, aufrecht zu halten. Dabei ist ein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen. In erheblich weiterem Umfange als bei einer ordentlichen Kündigung ist es dem Arbeitgeber bei einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist gegenüber einem unkündbaren Arbeitnehmer zumutbar, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Besteht noch irgendeine Möglichkeit, die Fortsetzung eines völlig sinnentleerten Arbeitsverhältnisses etwa durch eine anderweitige Weiterbeschäftigung ggf. nach entsprechender Umschulung zu vermeiden, ist es dem Arbeitgeber regelmäßig zumutbar, diese andere Möglichkeit zu wählen. Erst wenn alle anderen Lösungsversuche gescheitert sind, kann auch ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist vorliegen (ständige Rechtsprechung des BAG vgl. AP Nr. 143, 148 und 121 zu § 626 BGB).

Im vorliegenden Falle steht unstreitig fest, dass der Kläger beim Beklagten selbst nicht mehr beschäftigt werden kann, weil dieser zum 1.1.2004 keine Geschäftstätigkeit mehr unterhält, da zu diesem Zeitpunkt sämtliche Geschäftstätigkeiten auf die im Interessenausgleich in der Betriebsvereinbarung vom 22.10.2003 aufgeführten T. übertragen wurden. Insoweit ist die Auffassung des Arbeitsgerichtes zutreffend. Das Arbeitsgericht hat sich jedoch die nötige Prüfung erspart, ob eine Weiterbeschäftigung des Klägers bei einer Konzerngesellschaft möglich war und ob der Beklagte auch verpflichtet war, für eine derartige Weiterbeschäftigung zu sorgen. Beide Prüfungspunkte sind nach Auffassung des Berufungsgerichtes zu bejahen.

a) Es bestand bei Ausspruch der Kündigung nach wie vor die Möglichkeit, den Kläger über den 14.5.2004 bzw. 31.12.2004 hinaus - wie bereits seit August 1998 - bei der Firma T.V. als Kfz-Sachverständiger weiter einzusetzen und zu beschäftigen. Der Beklagte hat zur Rechtfertigung der streitgegenständlichen Kündigung vom 14.5.2004 selbst nicht vorgetragen, dass etwa die bisherige Tätigkeit des Klägers bei der Firma T. V. weggefallen wäre, sondern die Kündigung vom 14.5.2004 wurde einzig und allein damit begründet, dass aufgrund der Einstellung des Geschäftsbetriebes beim Beklagten keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr bestehe.

b) Der Beklagte war nach Auffassung des Berufungsgerichtes auch verpflichtet, den Kläger wie bisher bei der T. V. als Kfz-Sachverständiger weiter einzusetzen. Es entspricht zwar grundsätzlich der herrschenden Meinung, dass der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz nur unternehmensbezogen, nicht konzernbezogen ist. Eine konzernbezogene Ausweitung des Kündigungsschutzgesetzes wäre methodisch eine unzulässige Rechtsfortbildung contra legem (vgl. hierzu BAG AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Konzern). Eine konzernbezogene Versetzungs- bzw. Beschäftigungspflicht wird aber in besonderen arbeitsvertraglichen Situationen bejaht, so wenn sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat und dieser Umstand im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen ist; aber auch dann, wenn sich eine solche Verpflichtung unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag oder aus einer sonstigen vertraglichen Absprache ergibt, so z.B. wenn sich der Arbeitnehmer mit einer Versetzung innerhalb der Konzerngruppe einverstanden erklärt hat. Bei einer solchen Vertragsgestaltung muss der Arbeitgeber als verpflichtet angesehen werden, zunächst eine Unterbringung des Arbeitnehmers in einem anderen Unternehmens- oder Konzernbetrieb zu versuchen, bevor er dem Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen kündigt (vgl. BAG AP Nr. 22 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung; AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Konzern, AP Nr. 51 zu § 1 KSchG 1969; ebenso KR-Etzel § 1 KSchG Rz. 439; Gaul/Kühnreich BB 2003, 256; Stahlhacke/Preis S. 377 Rz. 1014 ff).

Wird in diesen Fällen schon eine Versetzungs- bzw. Beschäftigungspflicht im Rahmen einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG bejaht, so muss dies erst Recht im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGG gelten, da bei einer außerordentlichen Kündigung an die Erforderlichkeit der Kündigung gesteigerte Anforderungen zu stellen sind. Zwar hat nach der vorliegenden rechtlichen Konstellation der Beklagte als 100%iger Alleinaktionär der Muttergesellschaft T. S. keinen direkten rechtlichen Einfluss auf die Muttergesellschaft und auf die von dieser im Rahmen des Konzerns bescherrschten inländischen Konzernunternehmen, darunter auch die T. V.; jedoch wird sich im Regelfalle weder die Konzernmuttergesellschaft noch eine von dieser beherrschten Konzerngesellschaften dem Wunsch des Alleinaktionärs verschließen, wenn es um die Beschäftigung eines Arbeitnehmers geht. Und in der Tat wurde der Kläger als Arbeitnehmer des Beklagten auch seit 1998 von der T. V. im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt und damit wurde seit 1998 die Notwendigkeit einer betriebsbedingten Kündigung vermieden. Im Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung vom 14.5.2004 waren die Verhältnisse nicht so, dass nun ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung vorlag, der nun die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger unzumutbar gemacht hätte. Der Kläger konnte bereits seit 1.7.1996 beim Beklagten selbst nicht mehr als Kfz-Sachverständiger beschäftigt werden, weil diese Aufgabe zu diesem Zeitpunkt auf die T. V. übergegangen ist. Der Kläger wurde seit August 1998 bei dieser Firma tatsächlich eingesetzt und bei Zugang der Kündigung am 14.5.2004 war auch bei dieser Firma die tatsächliche Möglichkeit der Weiterbeschäftigung des Klägers nicht weggefallen. Die einzige Änderung, die sich beim Beklagten ergeben hat, war, dass sie zum 1.1.2004 ihren aktiven Geschäftsbetrieb gänzlich eingestellt hat und auch diese Bereiche auf Konzernunternehmen übertragen hat, in denen sie bisher noch aktive Tätigkeiten, insbesondere Prüfertätigkeiten ausgeübt hat. In diesen Bereichen war aber der Kläger seit Februar 1984 nicht mehr tätig; sondern seit dieser Zeit war er nur noch als Kfz-Sachverständiger eingesetzt. Die vollständige Einstellung der Betriebstätigkeit zum 1.1.2004 beim Beklagten hat also die Tätigkeit des Klägers nicht betroffen. Die einzige nachteilige Auswirkung, die sich für den Beklagten im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger ergibt, ist, dass der Kläger nun der einzige Arbeitnehmer des Beklagten ist. Die Auswirkungen hieraus sind jedoch für den Beklagten nicht so gravierend, dass ihm die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger bereits im Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung vom 14.5.2004 unzumutbar gewesen wäre. Eine andere Betrachtungsweise ergebe sich nur dann, wenn sich zum damaligen Zeitpunkt die T. V. geweigert hätte, den Kläger weiter als Kfz-Sachverständigen einzusetzen und wenn nun der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger sinnentleert bis zur Erreichung der Altersgrenze des Klägers weiterführen müsste, dem Kläger also weiter die Vergütung bezahlen müsste ohne hierfür im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung die Erstattung von der T. V. erhalten zu können.

Entscheidend für die Rechtfertigung einer Kündigung sind die Verhältnisse im Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung (allgemeine Meinung, vgl. BAG AP Nr. 16 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; KR-Etzel §1 KSchG Rz. 259 m.w.N.). Zu diesem Zeitpunkt war aber weder eine Weigerung der Firma T. V. zur Beschäftigung des Klägers noch zur Kostenerstattung für die Vergütung des Klägers gegeben. Auch wenn das Verhalten des Klägers im Hinblick auf die Verweigerung des formellen Überganges seines Arbeitsverhältnisses auf die Firma T. V. einem übersteigerten und nicht nachvollziehbaren Sicherheitsbedürfnis entspringt und für den Beklagten unliebsam ist und einen gewissen Verwaltungsaufwand bringt, so war ihm im Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung dennoch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger nach den Gesamtumständen nicht unzumutbar. Die außerordentliche Kündigung vom 14.5.2004 ist somit gemäß § 626 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam.

c) Damit kann dahingestellt bleiben, ob diese Kündigung darüber hinaus auch wegen Versäumung der Ausschlussfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB und darüber hinaus auch gemäß § 15 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam ist.

d) Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses als unbeachtlichen Annex-Antrag angesehen, so dass eine formelle Abweisung der Klage in diesem Punkt nicht erforderlich war.

2. Da die Kündigung vom 14.5.2004 gemäß § 626 Abs. 1 BGB vom Berufungsgericht als unwirksam angesehen wurde und auch eine entsprechende Feststellung erfolgt ist, hat der Kläger nach der Rechtsprechung des BAG GS vom 27.2.1985 EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9 einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzprozesses.

3. Der Kläger hat auch den geltend gemachten Anspruch auf die Weihnachtsgratifikation für 2004 mit dem der Höhe nach unstreitigen Betrag von € 6.787,91 brutto nach der Betriebsvereinbarung vom 5.11.1995. Der einzige Streitpunkt der Parteien hierzu war, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Auszahlung der Gratifikation mit den Bezügen für November 2004 noch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stand. Dies ist aber wegen der Unwirksamkeit der Kündigung vom 14.5.2004 zum 31.12.2004 zu bejahen. Bezüglich der Zinsforderung konnten dem Kläger nur 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz zugesprochen werden, da der gesetzliche Zinssatz nach § 288 Abs. 1 BGB auch im Arbeitsrecht gilt, da der Arbeitnehmer im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB Verbraucher ist (vgl. Erfurter Komm. 230 BGB § 611 Rz. 208 m.w.N.).

Gegen dieses Urteil kann der Beklagte das Rechtsmittel der Revision einlegen. Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteiles, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteiles.

Ende der Entscheidung

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