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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 23.03.2005
Aktenzeichen: 9 Sa 751/04
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 77
BGB §§ 164 ff.
1. Ein Fehler in der Zuständigkeit führt zur Unwirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses.

2. Der Arbeitgeber kann sich bezüglich der Unterschrift eines Betriebsratsvorsitzenden, der gleichzeitig Gesamtbetriebsratsvorsitzender ist, unter eine Betriebsvereinbarung nicht auf die Grundsätze der Darlegungs- oder Anscheinsvollmacht berufen, wenn die Unterschrift auf einem Beschluss des unzuständigen Betriebsratsgremiums beruht und der Arbeitgeber selbst sich an das unzuständige Gremium gewandt hat.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 Sa 751/04

Verkündet am: 23. März 2005

In dem Rechtsstreit

hat die neunte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 2. Märzi 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Dunkl sowie die ehrenamtlichen Richter J. Mödler und J. Dünne für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 13.5.2004 - 30 Ca 23474/02 - abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 2.554,56 (in Worten: zweitausendfünfhundertvierundfünfzig 56/100 Euro) brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 1.1.2001 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 2.554,56 (in Worten: zweitausendfünfhundertvierundfünfzig 56/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 1.1.2002 zu zahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe der Betriebsrente des Klägers.

Der Kläger, geboren am 21.3.1938, war bei der Beklagten in der Zeit vom 3.5.1960 bis 31.12.1998 als Brauer und kaufmännischer Angestellter beschäftigt.

Mit Schreiben vom 3.5.1960 wurde dem Kläger eine "Versorgungszusage" (im folgenden "Pensionszusage 60"genannt) nach einer bei der Beklagen bestehenden Einheitsregelung erteilt samt einer Anlage zur Ermittlung des Mindestanrechnungsbetrages (Fotokopie Bl. 125 - 128 d. A.).

Mit Schreiben vom 30.4.1984 (Fotokopie Bl. 221 d. A.) wandte sich die Beklagte an den Betriebsrat der L. zu Händen des Betriebsratsvorsitzenden Herrn W.an wegen "Anpassung und Änderung der bisherigen Versorgungsregelung".

Zum damaligen Zeitpunkt bestand die Beklagte aus dem Hauptbetrieb in M. und den Depotbetrieben. Es bestand ein Betriebsrat im Hauptbetrieb in M. (im folgenden BR bezeichnet), dessen Vorsitzender damals Herr W. war und es bestanden auch Betriebsräte in Depotbetrieben. Es wurde ein Gesamtbetriebsrat (im folgenden GBR genannt) errichtet, dessen Vorsitzender ebenfalls Herr W. war.

Mit Schreiben vom 16.7.1985 (Fotokopie Bl. 170 d. A.) hat der BR Herrn D., dem Vorstand der Beklagten mitgeteilt, dass der BR zur Zeit die von der Firma angebotene neue Ruhegeldordnung behandelt und die Herren B., H. und W. dafür vom BR benannt wurden. Mit der von der Beklagten gewünschten Anpassung und Änderung der bisherigen Versorgungsregelung befassten sich sowohl der BR des Hauptbetriebes M. als auch der GBR in mehreren Sitzungen.

Der BR hat in der Sitzung vom 26.9.1995 zur Ruhegeldordnung folgenden Beschluss (Fotokopie Bl. 410 d. A.) gefasst:

TOP 1. Ruhegeldordnung

Zusage von der Geschäftsleitung vom 16.9.85 und Vorschlag von RA Ruf wurden im Gremium diskutiert und folgendes beschlossen:

1.) 15 % sollen erst ab 1.10.1990 zum Tragen kommen.

2.) Betriebsvereinbarung treffen.

3.) Entwurf als neues Schreiben an BR.

4.) Besitzstandsregelung soll bis 30.9.1990 gelten.

Neue Ruhegeldordnung wird angenommen, wenn die vier vorgen. Punkte von der Geschäftsleitung angenommen werden.

Mit Schreiben vom 27.9.1985 (Fotokopie Bl. 412 d. A.), Absender "Betriebsrat-Herr W." wurde der Beklagten mitgeteilt, dass der BR der neuen Ruhegeldordnung und Besitzstandsregelung bei Erfüllung von vier konkreten Punkten - die auf den BR-Beschluss vom 26.9.1985 beruhen - die Zustimmung erteilen wird.

Unter dem 30.9.1985 wurde dann "zwischen dem Vorstand und dem Betriebsrat der Firma L." eine Betriebsvereinbarung (im folgenden BV 85 genannt) abgeschlossen über eine Ruhegeldordnung und Besitzstandsregelung (Fotokopie Bl. 14 ff d. A.). In der Unterzeichnerzeile ist aufgeführt: "Betriebsrat der L. und unterzeichnet hat Herr W..

Der GBR hat sich letztmals in der Sitzung vom 25.7.1985 mit der Änderung der Ruhegeldordnung befasst. Im Protokoll der GBR-Sitzung vom 25.71985 (Fotokopie Bl. 256 - 259 d. A.) ist hierzu lediglich enthalten:

"Ein Papier über Ruhegeldordnung liegt vor, das zur gegebenen Zeit vom BR bearbeitet werden muss."

Der Punkt der Ruhegeldordnung war nicht auf der Tagesordnung. Bei der Sitzung vom 25.7.1985 waren laut Teilnehmerliste (Bl. 180 d. A.) von den 13 Mitgliedern des GBR 4 (Herr Z. Depot B., Herr K. Depot E., Herr L. Depot G. und Herr F. Depot T.) nicht anwesend.

Seit 1.1.2000 bezieht der Kläger von der Beklagten eine Betriebsrente in Höhe von € 767,14 monatlich. Der Kläger macht mit der Klage zum Arbeitsgericht München geltend, er habe Anspruch auf betriebliche Altersrente aus der Pensionszusage 60, die sich monatlich auf € 974,02 belaufe und somit Anspruch auf einen monatlichen Differenzbetrag von € 212,88, den der Kläger für die Jahre 2000 und 2001 mit der Klage geltend macht. Die BV 85 sei nicht wirksam zustande gekommen, weil sich der dafür zuständige GBR nie damit befasst habe, zumindest sei die Vereinbarung dort nicht beschlossen worden. Sie sei auch inhaltlich nicht wirksam, weil der Kläger durch sie schlechter gestellt werde. Durch die BV 85 könne die mit ihm individuell vereinbarte Pensionszusage 60 nicht verschlechternd abgeändert werden. Auch wenn man als Maßstab einen kollektiven Günstigkeitsvergleich anlegen würde, würde dies zu einer Unwirksamkeit wegen der enthaltenen Verschlechterungen führen. Außerdem sei das Ruhegeld auch nach der BV 85 falsch berechnet, insbesondere der Besitzstand und der Zuwachsfaktor.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den Betrag von € 2.554,56 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 1.1.2001zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den Betrag von € 2.554,56 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 1.1.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragte dagegen

die kostenpflichtige Klageabweisung

und trug vor, dass die BV 85 in der Sitzung des GBR vom 25.7.1985 im Rahmen des Berichtes des GBR-Vorsitzenden über den Stand der Verhandlungen mit dem Vorstand der Beklagten einstimmig unter der Bedingung angenommen worden sei, dass noch einige offene rein formale Aspekte mit der Unternehmensleitung abgeklärt werden. Die BV 85 sei auch materiell rechtmäßig, was bereits durch das Urteil des Landesarbeitsgerichtes München vom 7.12.2000 bestätigt werde. Es liege keine Individualvereinbarung vor, sondern eine Einheitsregelung. Die Beklagte habe seinerzeit allen Mitarbeitern eine solche Pensionszusage nach genau identischem Muster erteilt. Außerdem halte die Betriebsvereinbarung dem kollektiven Günstigkeitsvergleich stand. Schließlich sei auch die Berechnung richtig vorgenommen worden.

Das Arbeitsgericht München hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Herren W., K., K. und S.; bezüglich des Inhaltes der Aussagen wird auf die Niederschrift vom 22.4.2004 verwiesen.

Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 13.5.2004 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die ursprüngliche Pensionszusage 60 sei durch die BV 85 wirksam abgelöst worden und die Ansprüche daraus seien zutreffend berechnet. Die BV 85 sei formell wirksam zustande gekommen. Der GBR sei nach § 50 Abs. 1 BetrVG für die Betriebsvereinbarung zuständig gewesen, da sie für das gesamte Unternehmen einheitlich gelten sollte. Die Betriebsvereinbarung sei auch als Gesamtbetriebsvereinbarung gewollt gewesen und als solche abgeschlossen worden. Die Betriebsvereinbarung sei vom GBR-Vorsitzenden Herrn W. unterzeichnet worden und die BV 85 sei auch am 25.7.1985 vom GBR beschlossen worden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass der GBR in der Sitzung vom 25.7.1985 dem Abschluss der BV 85 einstimmig zugestimmt habe. Die BV 85 sei auch materiell rechtmäßíg. Die Pensionszusage 60 stelle keine Individualvereinbarung zwischen den Parteien dar; es liege eine einheitliche Zusage vor, deren ausdrückliche Annahme nach § 151 S. 1 BGB entbehrlich gewesen sei. Die Zusage sei somit nach der Rechtsprechung des BAG für eine im Ergebnis individuell verschlechternde Betriebsvereinbarung offen, sofern die Betriebsvereinbarung für die Belegschaft oder für Teile der Belegschaft insgesamt gesehen nicht ungünstiger sei als die bisherige betriebliche Einheitsregelung. Diesem kollektiven Günstigkeitsvergleich halte die BV 85 stand. Die Kammer folge insofern der Argumentation des LAG München im Urteil vom 7.12.2000 - 3 Sa 7/99, in welchem in einem Parallelfall entschieden wurde, dass die BV 85 die ursprünglich erteilte Pensionszusage wirksam abgeändert und umstrukturiert habe, da sie dem kollektiven Günstigkeitsvergleich standhalte.

Auch die Berechnung des Betriebsrentenanspruches des Klägers sei von der Beklagten zutreffend vorgenommen worden.

Bezüglich des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug und der Ausführungen des Arbeitsgerichtes im Einzelnen wird auf den Inhalt des Endurteiles des Arbeitsgerichtes München vom 13.5.2004 (Bl. 321 - 343 d. A.) verwiesen.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, das ihm am 3.6.2004 zugestellt wurde, am 5.7.2004 Berufung eingelegt und diese am 14.9.2004 innerhalb der verlängerten Frist auch begründet.

Er trägt vor, die BV 85 komme nicht zur Anwendung, da sie nicht rechtswirksam zustande gekommen sei. Für die Betriebsvereinbarung sei der GBR zuständig gewesen. Die BV 85 sei aber nur mit dem BR des Hauptbetriebes München vereinbart worden. Die Betriebsparteien seinen damals offensichtlich fehlerhaft davon ausgegangen, dass eine Betriebsvereinbarung zwischen dem BR und der Beklagten ausreiche. Der BR und nicht der GBR sei mit der BV 85 befasst gewesen und habe mit der Beklagten verhandelt. Dies ergebe sich eindeutig aus den Sitzungsprotokollen des BR. Und unter dem 30.9.1985 sei dann die BV 85 zwischen der Beklagten und dem BR abgeschlossen worden. Ein Beschluss des GBR sei dagegen zur BV 85 nie gefasst worden, auch nicht in der Sitzung vom 25.7.1985. Ungeachtet dessen hätte auch kein Beschluss gefasst werden dürfen, da der Punkt bei der Ladung der GBR-Mitglieder nicht mitgeteilt worden sei. Ausweislich der Teilnehmerliste hätten vier GBR-Mitglieder an der Sitzung nicht teilgenommen. Da nicht alle GBR-Mitglieder erschienen seien, hätte die Ruhegeldordnung auch nicht nachträglich auf die Tagesordnung gesetzt und hierzu auch kein Beschluss gefasst werden dürfen.

Auch der äußere Anschein der BV 85 spreche gegen einen Beschluss des GBR. Auch die Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass tatsächlich ein Beschluss des GBR zur BV 85 gefasst worden sei. Die BV 85 sei vom BR des Hauptbetriebes M. und mithin vom falschen Gremium abgeschlossen worden und könne somit keine Rechtswirksamkeit entfalten.

Die BV 85 sei aber auch materiell rechtswidrig; sie halte entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes einem kollektiven Günstigkeitsvergleich nicht stand. Auch die Entscheidung des LAG München vom 7.12.2000 - 3 Sa 7/99 sei insoweit unzutreffend. Sowohl das LAG als auch das Arbeitsgericht hätten verkannt, dass für den Günstigkeitsvergleich bei der Bestimmung der Dotierung der alten und der neuen Regelung noch Kostenfaktoren einbezogen werden können, die zum Stichtag mit ausreichender Sicherheit bestimmbar sind. Der Anrechnungsvorbehalt, von dem die Beklagte nie Gebrauch gemacht habe, könne bei der Bestimmung der Dotierung zum Stichtag 1.10.1985 nicht einbezogen werden. Bei richtiger Rechtsanwendung hätte das Arbeitsgericht daher zwingend zu dem Ergebnis kommen müssen, dass das Günstigkeitsprinzip verletzt sei. Die Beklagte räume selbst ein, dass es gerade Ziel der BV 85 war, die Gesamtbelastung der Beklagten aus der betrieblichen Altersversorgung zu senken. So habe die bayerische Revisions- und Treuhandgesellschaft im November 1991 unstreitig eine durchschnittlich jährliche Ersparnis von circa DM 215.000,-- seit 27.9.1985 festgestellt.

Auch die von der Beklagten nach der BV 85 vorgenommene Berechnung der Rente des Klägers sei unzutreffend. So nehme die Beklagte bei anderen Betriebsrentnern jeweils nur einen einmaligen Abschlag vor. Beim Kläger hingegen nehme die Beklagte von dem ermittelten Betrag in Höhe von DM 1.827,28 einen zweimaligen Abschlag vor, so dass im Ergebnis nur ein Betrag in Höhe von DM 1.488,86 verbleibe.

Bezüglich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 13.9.2004 (Bl. 383 - 398 d. A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 22.4.2004 Az.: 30 Ca 2347/02 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den Betrag von € 2.554,56 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 1.1.2001 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den Betrag von € 2.554,56 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 1.1.2002 zu zahlen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.

Die Beklagte beantragt dagegen,

die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung

und trägt vor, die BV 85 sei rechtswirksam zustande gekommen. Herr W. habe die BV 85 als Vorsitzender des GBR unterschrieben. In der tagtäglichen Diktion hätten sich damals gewisse Unschärfen eingeschlichen, so dass nicht immer sauber zwischen den Begriffen Vorsitzender des BR und Vorsitzender des GBR unterschieden worden sei. Wie die Beklagte bereits in der ersten Instanz vorgetragen habe, hätten sowohl der BR als auch der GBR in jeweils eigenständigen Beschlussfassungen der Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung zugestimmt. Dies mag wegen der Tragweite der Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung geschehen sein. Am 25.7.1985 sei vom GBR auch ein formell wirksamer Beschluss gefasst worden. Dies habe die Beweisaufnahme vom 22.4.2004 ergeben. Das Arbeitsgericht habe die vier Zeugenaussagen nach allen Regeln der Kunst bewertet; die Beweiswürdigung sei rechtsfehlerfrei. Der Zeuge B. sei nicht zu vernehmen gewesen, da er zum Beweisthema gemäß dem Beschluss vom 22.4.2004 offensichtlich nichts aussagen konnte. Thema des Beschlusses sei die Sitzung des GBR vom 25.7.1985 gewesen; an dieser Sitzung habe Herr B. nicht teilgenommen, da er zum damaligen Zeitpunkt nicht Mitglied des GBR gewesen sei. Es sei zwar zutreffend, dass die Einladung zu der streitgegenständlichen GBR-Sitzung den Tagesordnungspunkt "Ruhegeld" nicht enthielt, und dass an der Sitzung nicht sämtliche GBR-Mitglieder teilgenommen haben, da vier hiervon ausweislich der Teilnehmerliste entschuldigt bzw. unentschuldigt waren. Zutreffend sei auch, dass das BAG die Auffassung vertrete, unter dem Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" könne der BR nur dann wirksam Beschlüsse fassen, wenn er vollzählig versammelt sei und kein BR-Mitglied der Beschlussfassung widerspreche. Doch sei nach im Vordringen befindlicher Auffassung diese Ansicht des BAG korrekturbedürftig. Die Ansicht des BAG werde der betrieblichen Wirklichkeit und ihren Bedürfnissen nicht gerecht. Ein rechtlich ausgewogener und damit zutreffender Lösungsweg liege vielmehr darin, dass der BR in einem solchen Falle mit der Mehrheit aller BR-Mitglieder eine Ergänzung der Tagesordnung beschließen könne. Denn wenn der BR mehrheitlich in der Sache selbst entscheiden könne, müsse er auch in der Lage sein, zu entscheiden, sich auf der aktuellen Sitzung mit einer Angelegenheit zu befassen, welche nicht auf der Tagesordnung stand. Ein jedes BR-Mitglied könne sich bei ordnungsgemäßer Einladung darauf einstellen, dass der BR aufgrund seiner Entscheidungskompetenz auch eine abweichende Tagesordnung beschließe oder eine fehlende ersetze. Diese Vorgehensweise entspreche allgemeinen Geschäftsordnungsgrundsätzen und der normalen Praxis in Entscheidungsgremien. Im vorliegenden Falle sei diese absolute Mehrheit in der GBR-Sitzung vom 25.7.1985 gegeben gewesen, indem von insgesamt 13 GBR-Mitgliedern 9 anwesend waren und diese ohne Ausnahme der Ergänzung der Tagesordnung konkludent durch die Beschlussfassung über die Neuordnung der Altersversorgung zugestimmt hätten. Wie nämlich die Aussage des Herrn W. am 22.4.2004 ergeben habe, sei keine Gegenstimme erhoben und der Beschluss somit einstimmig gefasst worden.

Aber selbst für den Fall der Unwirksamkeit des GBR-Beschlusses vom 25.7.1985 läge eine wirksame Beschlussfassung des GBR nach den Grundsätzen der Duldungs- bzw. Anscheinsvollmacht vor. Nach herrschender Meinung könne sich ein Schutz des guten Glaubens des Arbeitgebers an die Wirksamkeit der Vertretungsmacht des GBR-Vorsitzenden auch aus allgemeinen Grundsätzen des Vertrauensschutzes ergeben, insbesondere aus dem Vorliegen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht. Im vorliegenden Falle hätte Herr W. als Vorsitzender des GBR - wenn man von einer mangelnden Beschlussfassung durch den GBR ausginge - durch die Unterzeichnung der BV 85 und durch entsprechende Information der Mitarbeiter über die Vereinbarung seine Vertretungsmacht als Vorsitzender des GBR überschritten. Dies wäre jedoch durch stillschweigende Duldung des GBR geheilt. So habe Herr W. in zahlreichen Betriebsversammlungen die gesamte Belegschaft der Beklagten ab November 1985 über die Neuordnung der betrieblichen Altersversorgung informiert. Die Information sei dabei stets so ausgestaltet gewesen, dass er über die Inhalte der Neuordnung in Grundzügen informiert habe sowie darüber, dass eine für die Mitarbeiter günstigere Regelung letztendlich nicht mit der Unternehmensleitung abgeschlossen werden konnte, und das beide Betriebsverfassungsorgane, also der BR und der GBR, der Neuordnung zugestimmt hätten. Diese Information habe Herr W. auf Betriebsversammlungen in sämtlichen Depots gegeben. Mithin sei dem GBR der Vertrauenstatbestand zuzurechnen, da er das Auftreten des Vorsitzenden des GBR kannte und der Arbeitgeber auf den hier durchgesetzten Rechtsschein vertrauen durfte. Rechtsfolge sei, dass auch bei einem formfehlerhaften Beschluss des GBR dieser dem GBR zugerechnet werde, als ob er ordnungsgemäß gehandelt habe. Bei einem Mitbestimmungstatbestand wie im vorliegenden Falle wirke dies als Zustimmung des GBR und zwar auch im Verhältnis des Arbeitgebers zu den einzelnen Arbeitnehmern. Die Mitglieder des GBR hätten diese Überschreitung der Vertretungsmacht durch Herrn W. aber aufgrund der Information durch Herrn W. in den Betriebsversammlungen gekannt und hätten diese nicht verhindert. In diesem Zusammenhang genüge die Kenntnis einer beschlussfähigen Mehrheit des GBR um nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht zu einem wirksamen Beschluss des GBRs zu gelangen. Wenn man sogar davon ausgehen würde, dass kein Beschluss des GBR gefasst wurde, dann hätte Herr W. bei der Unterzeichnung der BV in Überschreitung seiner Vertretungsmacht gehandelt. Insoweit wären aber dann die Grundsätze der Duldungsvollmacht anzuwenden. Höchst hilfsweise werde an dieser Stelle für den Fall, dass das Gericht die erstinstanzliche Beweisaufnahme nicht dahingehend bewerten sollte, dass ein Beschluss über die Neuordnung durch den GBR gefasst wurde und zusätzlich eine Information der Mitarbeiter nicht bewiesen würde, folgendes vorgetragen: In diesem Falle wäre zwar kein Rechtsschein dahingehend gesetzt worden, dass Herr W. auf Basis eines wirksamen Beschlusses des GBR gehandelt habe. Doch wäre dem GBR sein Verhalten dennoch nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes wegen widersprüchlichen Verhaltens zuzurechnen, da es heute gegen Treu und Glauben verstoße, wenn der GBR sich nach fast 20 Jahren auf einen Mangel in der wirksamen Willensbildung berufen würde. Hierzu sei nicht erforderlich, dass der GBR einen Beschluss gefasst oder einen entsprechenden Eindruck erweckt habe. Ausreichend sei vielmehr, dass er bestimmten Maßnahmen des Arbeitgebers formlos zugestimmt oder diese widerspruchslos hingenommen habe. Im vorliegenden Falle habe der GBR die laufende Anwendung der Neuordnung für die Versorgungsanwartschaften bzw. - ansprüche der Mitarbeiter durch Berechnung der Ruhegelder nach Maßgabe der Neuregelung über nunmehr fast 20 Jahre hinweg gekannt und widerspruchslos gebilligt, obwohl ihm bekannt war bzw. hätte bekannt sein müssen, dass er gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG das für eine unternehmensweite Neuordnung der betrieblichen Altersversorgung zuständige betriebsverfassungsrechtliche Organ ist, er aber die Vereinbarung mit der Unternehmensseite nicht getroffen habe. Rechtsfolge auch in diesem Falle sei, dass die Zustimmung des GBR ersetzt werde und dies auch im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer Wirkung entfalte.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 15.11.2004 (Bl. 423 - 441 d. A.) verwiesen.

Es wurde Zeugenbeweis erhoben durch Einvernahme des Herrn W. und des Herrn B.. Bezüglich des Inhaltes der Aussagen wird auf die Niederschrift vom 2.3.2005 (Bl. 486 - 494 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 13.5.2004 ist zulässig und auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte für die Zeit vom 1.1.2000 bis 31.12.2001 Anspruch auf eine monatliche Altersrente in Höhe von € 974,02 abzüglich erhaltener € 761,14 = € 212,88 monatlich.

I.

Anspruchsgrundlage für die Forderung des Klägers ist die ihm mit Schreiben vom 3.5.1960 erteilte Versorgungszusage. Diese Versorgungszusage wurde nicht rechtswirksam durch die BV 85 abgelöst, da diese von der Beklagten nicht mit dem zuständigen GBR abgeschlossen wurde, sondern lediglich mit dem unzuständigen BR des Hauptbetriebes M..

1. Zuständig für den Abschluss der BV 85 war gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG der bei der Beklagten bestehende GBR. Hierüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit und diese Auffassung entspricht auch der Rechtsprechung des BAG (vgl. AP Nr. 3 zu § 50 BetrVG 1972 und AP Nr. 14 zu § 80 BetrVG 1972 und AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Ablösung), wonach die Zuständigkeit des GBR bei unternehmenseinheitlicher Altersversorgung nach § 87 Abs. 1 Nr. 8/10 BetrVG grundsätzlich gegeben ist wegen der Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers und wegen finanziell und steuerlich bedingter einheitlicher Ausgestaltung (ebenso GK-Kreutz § 50 BetrVG Rz. 41; LAG Düsseldorf LAGE § 50 BetrVG 1972 Nr. 4).

2. Die BV 85 kam zur Überzeugung des Berufungsgerichtes nur zwischen der Beklagten und dem BR des Hauptbetriebes M. und nicht zwischen der Beklagten und dem GBR zustande.

Nach den formalen Gegebenheiten, insbesondere dem eindeutigen Wortlaut der BV 85 wurde diese zwischen dem Vorstand der Beklagten und dem BR der Firma L. abgeschlossen, und nicht zwischen dem Vorstand der Beklagten und dem GBR. Hierbei ist zu beachten, dass auch die Beklagte als Partner zum Abschluss der BV 85 den BR des Hauptbetriebes M. angesehen hat und nicht den GBR, da das Schreiben der Beklagten vom 30.5.1984, mit welchem die Anpassung und Änderung der bisherigen Versorgungsregelung gefordert wurde, an den BR gerichtet war. Gleichwohl hat Herr W., der damals Vorsitzender sowohl des BR des Hauptbetriebes M. als auch des GBR war, bei seiner Vernehmung im Termin vom 2.3.2005 ausgesagt, er habe seine Unterschrift unter die BV 85 in seinen beiden Funktionen abgeben wollen, als Vorsitzender des GBR und als Vorsitzender des BR. Wenn man diese Aussage des Herrn W. - zugunsten der Beklagten - als zutreffend unterstellt, so ist dennoch davon auszugehen, dass Herr W. die Unterschrift in seiner Funktion als Vorsitzender des GBR als Vertreter ohne Vertretungsmacht geleistet hat.

a) Das Berufungsgericht ist anhand der vorliegenden Unterlagen und aufgrund der Aussagen der Zeugen W., B., K., K. und S. davon überzeugt, dass der GBR keinen Beschluss gefasst hat, der BV 85 vom 30.9.1985 zuzustimmen. Die Sitzung des GBR, in welcher nach Vortrag der Beklagten dieser dem Abschluss der BV 85 zugestimmt hat, soll am 25.7.1985 stattgefunden haben. Im Sitzungsprotokoll vom 25.7.1985 (Fotokopie Bl. 256 - 259 d. A.) ist zum Thema Ruhegeldordnung nur enthalten: "ein Papier über Ruhegeldordnung liegt vor, das zur gegebenen Zeit vom BR bearbeitet werden muss". Bereits dieser Satz spricht von seinem Wortlaut und seinem Sinn her gegen eine Zustimmung zu einer konkreten Ruhegeldordnung. Der Satz besagt nur, dass ein Papier über die Ruhegeldordnung vorliegt, also Aufzeichnungen bzw. ein Vorschlag; der Satz besagt aber weiter, dass noch kein unterschriftsreifer Entwurf vorliegt, was sich eindeutig aus der Aussage ergibt, dass das Papier vom BR noch bearbeitet werden muss. Weiter spricht gegen einen Beschluss des GBR auf Zustimmung zur BV 85, dass der BR (und nicht der GBR) die Bearbeitung vornehmen muss. Dass der damalige Protokollführer hier nicht einfach BR mit GBR verwechselt hat, ergibt sich daraus, dass an anderen Stellen im Protokoll vom 25.7.1985 durchaus vom GBR die Rede ist, so in der Überschrift, in Ziff. 2 der Tagesordnung, in TOP 3 und im letzten Satz, in welchem aufgeführt ist, dass die nächste GBR-Sitzung am 14.11.1985 stattfindet.

Auch aus der Aussage der Zeugen ist nicht zu entnehmen, dass in dieser Sitzung vom 25.7.1985 tatsächlich der BV 85 vom GBR zugestimmt wurde.

So hat der Zeuge K., damals Mitglied des GBR, bei seiner Vernehmung am 22.4.2004 vor dem Arbeitsgericht ausgesagt, dass seiner Erinnerung nach im GBR 1984/85 zwei- oder dreimal über das Thema - gemeint war die Änderung der Ruhegeldordnung - gesprochen wurde. Am Schluss sei der Sachstand so gewesen, dass einzelne Fragen noch geklärt werden mussten und dass man als Vertreter der einzelnen Depots damit aber nicht mehr befasst werden sollte. An einen förmlichen Beschluss etwa dergestalt, dass Herr W. mit der Schlussbehandlung beauftragt wurde, könne er sich nicht erinnern. Im GBR sei sicher nicht formell über die Ruhegeldordnung abgestimmt worden. Seiner Erinnerung nach sei der Stand der Dinge im GBR nie soweit gewesen, dass von einem Abschluss dieser Thematik die Rede sein konnte.

Der Zeuge S., damals ebenfalls Mitglied des GBR, hat am 22.4.2004 ausgesagt, er könne sich daran erinnern, dass das Thema im GBR angesprochen wurde. Man sei im Ergebnis so verblieben, dass der Vorsitzende, Herr W. und sein Stellvertreter Herr H. die Sache mit der Geschäftsleitung weiter besprechen sowie mit den Rechtsberatern abklären sollten. Eine formelle Abstimmung habe nicht stattgefunden. Aus seiner Sicht sei das eher eine Informationsveranstaltung gewesen mit dem Ergebnis, der Vorsitzende und stellvertretende Vorsitzende würden dies weiter klären.

Aus diesen beiden Aussagen ergibt sich klar und deutlich, dass diese beiden GBR-Mitglieder am 25.7.1985 keinen Beschluss über die BV 85 gefasst haben und auch Herr W. nicht zum Abschluss der BV 85 beauftragt wurde; diese beiden Zeugen gingen allenfalls davon aus, dass weitere Verhandlungen durch Herrn W. stattfinden.

Aus der Aussage des Zeugen K., damals ebenfalls GBR-Mitglied ergibt sich nichts Gegenteiliges. Er hat ausgesagt, dass Herr W. in der GBR-Sitzung vom 25.7.1985 über den Stand des Verfahrens informiert hat; über Details der Vereinbarung sei nicht berichtet worden. Sie seien inhaltlich informiert worden, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Arbeitnehmergruppen anders geregelt werden sollten; an den konkreten Wortlaut könne er sich nicht erinnern, es sei keine detaillierte Information über die einzelnen Punkte erfolgt, weil Herr W. das Vertrauen des GBR genoss und weil die Einzelheiten zu komplex gewesen seien. Der Vorsitzende habe am Schluss der Diskussion die Frage gestellt, ob jemand was dagegen habe, eine Gegenstimme habe sich auf diese Frage nicht erhoben. Diese Art der Beschlussfassung sei kein Einzelfall gewesen.

Selbst wenn der Zeuge K. diesen Vorgang als eine Art stillschweigende oder konkludente Beschlussfassung des GBR angesehen hat, so könnte der Vorgang nur dann als Abstimmung des GBR gewertet werden, wenn alle anwesenden GBR-Mitglieder dies ebenfalls als Beschlussfassung aufgefasst hätten, also bewusst abstimmen wollten. Dies war aber zumindest bei den GBR-Mitgliedern S. und K., wie sich aus deren Aussagen ergibt, nicht der Fall.

Ferner ist aus der Aussage des Zeugen K. nicht zu entnehmen, welcher konkrete Beschluss nun denn gefasst wurde; gegen was konkret und niemand "etwas dagegen hat".

Auch aus der Aussage des Zeugen W. lässt sich eine Beschlussfassung des GBR zum Abschluss der BV 85 nicht entnehmen. So hat er am 22.4.2004 ausgesagt, er habe am 25.7.1985 den GBR unter dem Tagesordnungspunkt "Bericht des GBR-Vorsitzenden" über den Stand der Verhandlungen sowie den Inhalt der Regelung informiert; anschließend sei diskutiert worden. An Details der Beschlussfassung könne er sich nicht erinnern, jedenfalls sei am Schluss keine Gegenstimme erhoben worden. Er habe dem GBR gesagt, die Verhandlungen seien ausgereizt, ob wir die Sache annehmen können; dagegen sei keine Gegenstimme erhoben worden.

Im Termin vom 2.3.2005 hat Herr W. dann ausgesagt, er habe über die Ruhegeldordnung eine Abstimmung, so wie sie von der Betriebsverfassung vorgesehen ist, nicht durchgeführt. Er habe den GBR über die Neuregelung informiert und habe mit ihm die offenen Punkte erörtert und gesagt: Wenn dies von der Geschäftsleitung erledigt werde Kollegen, dann meine ich, sollten wir die Ruhegeldordnung annehmen. Dies habe die einhellige Zustimmung der anwesenden GBR-Mitglieder am 25.7.1985 gefunden. Eine weitere Sitzung des GBR vor dem 30.9.1985 habe zu diesem Thema Ruhegeldordnung nicht stattgefunden.

Auch aus dieser Aussage ergibt sich kein Beschluss, der eine Vollmacht zum Abschluss der BV 85 beinhaltet, wie sie am 30.9.1985 tatsächlich abgeschlossen wurde. Wie bereits ausgeführt, scheitert zum einen die Annahme einer konkreten Beschlussfassung bereits daran, dass zumindest nicht alle GBR-Mitglieder von einer Beschlussfassung ausgingen, also weder ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein noch einen entsprechenden Erklärungswillen hatten. Zum anderen scheitert die Annahme einer Zustimmung des GBR zur BV 85 in der Sitzung vom 25.7.1985 auch daran, dass die BV 85, so wie sie am 30.9.1985 abgeschlossen wurde, am 25.7.1985 noch gar nicht vorhanden war, sondern bis dahin noch verändert wurde. Denn die BV 85 kam am 30.9.1985 unter Berücksichtigung der Änderungspunkte zustande, die der BR erst in der Sitzung vom 7.9.1985 und 26.9.1985 durch Beschluss aufgestellt hat und die in die BV 85 vom 30.9.1985 noch eingearbeitet wurden. Der GBR kann also auch rein zeitlich nicht bereits am 25.7.1985 der BV 85 zugestimmt haben, wie sie am 30.9.1985 abgeschlossen wurde.

b) Wenn man aber annähme, dass der GBR tatsächlich am 25.7.1985 entweder der BV 85 zugestimmt hat oder dem GBR-Vorsitzenden W. einen Auftrag erteilt hat, die von der Beklagten vorgelegte und ausgehandelte Betriebsvereinbarung zu unterschreiben, so wäre dieser Beschluss dennoch rechtsunwirksam. Es steht durch die Teilnehmerliste an der GBR-Sitzung vom 25.7.1985 (Fotokopie Bl. 180 d. A.) fest - und dies scheint das Arbeitsgericht übersehen zu haben - , dass von den 13 Mitgliedern des GBR zur Sitzung vier Mitglieder nicht erschienen sind; dies ist zwischen den Parteien auch unstreitig. Ferner ergibt sich aus der Niederschrift der GBR-Sitzung vom 25.7.1985, dass der Punkt "Ruhegeldordnung" nicht auf der Tagesordnung war; dies ist ebenfalls unstreitig. Nach Aussage des Zeugen W. wurde die Ruhegeldordnung unter dem Tagesordnungspunkt "2. Bericht des GBR-Vorsitzenden" behandelt. Das BAG und die herrschende Meinung halten zwar eine Ergänzung der Tagesordnung noch in der Sitzung für möglich, wenn alle Mitglieder des Gremiums dem zustimmen. Hierfür genügt aber nicht lediglich die Zustimmung aller anwesenden Mitglieder, vielmehr müssen alle Mitglieder des Gremiums zustimmen (vgl. BAG AP Nr. 2 und 4 zu § 29 BetrVG 1972; LAG Saarbrücken AP Nr. 2 zu § 29 BetrVG 1972; LAG Schleswig-Holstein NZA 1990, 288; Richardi Rz. 39 f; anderer Ansicht Fitting u.a. § 29 BetrVG Rz. 48; DKK-Wedde § 29 BetrVG Rz. 20 a). Das Berufungsgericht schließt sich der herrschenden Meinung an. Da auf der Sitzung vom 25.7.1985 vier GBR-Mitglieder fehlten, konnte über den nicht auf der Tagesordnung stehenden Punkt der Ruhegeldordnung kein wirksamer Beschluss gefasst werden.

c) Da auch der GBR-Vorsitzende den GBR nur im Rahmen der vom GBR wirksam gefassten Beschlüsse vertreten kann (§§ 26 Abs. 2 S. 1, 51 Abs. 1 S. 1 BetrVG), konnte Herr W. die BV 85 am 30.9.1985 nicht für den GBR rechtswirksam unterzeichnen.

Die Folge ist, dass zwischen der Beklagten und dem GBR keine wirksame Vereinbarung über die BV 85 zustande gekommen ist.

Auch wenn Herr W. die BV 85 aufgrund eines entsprechenden Beschlusses des BR in der Sitzung vom 26.9.1985 abgeschlossen hat, so ist die BV 85 dennoch insgesamt unwirksam und gilt auch nicht für die Arbeitnehmer des Hauptbetriebes M., denn ein Zuständigkeitsfehler führt zur Unwirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses und damit auch zur Unwirksamkeit der auf diesem Beschluss beruhenden Unterschrift unter die Betriebsvereinbarung (vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 73 BetrVG 1972; Grosjean, NZA-RR 2005, 113).

3. Die Beklagte kann sich auch nicht auf die Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht berufen.

Die §§ 170 ff BGB gehen davon aus, dass dem Geschäftsgegner die Nachprüfung der Bevollmächtigung nicht zumutbar ist, wenn das Verhalten des Vertretenen auf das Bestehen einer Vollmacht schließen lässt. Dieser Rechtsgedanke bildet die Grundlage für die Anerkennung einer Duldungs- und Anscheinsvollmacht (Palandt § 173 BGB Rz. 9). Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin versteht und auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (vgl. BGH LM § 167 BGB Nr. 4, 13; Palandt a.a.O.). Beim Geschäftsgegner muss also ein Vertrauenstatbestand vorhanden sein; der Umfang der Vollmacht richtet sich nach dem geschaffenen Vertrauenstatbestand.

Anscheinsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der andere Teil annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln des Vertreters (BGH NJW 1981, 1728; 1998, 1854; Palandt a.a.O. Rz. 14). Bei der Anscheinsvollmacht handelt es sich um die Zurechnung eines schuldhaft verursachten Rechtsscheins (Palandt a.a.O. Rz. 14). Auch bei der Anscheinsvollmacht muss der Vertragspartner gutgläubig bzw. schutzwürdig sein, also wenn er auf das Vorliegen der Vollmacht vertraute und den Mangel nicht kannte (Palandt a.a.O. Rz. 18 m.w.N.).

Ein Schutz des guten Glaubens des Arbeitgebers an die Wirksamkeit der Vertretungsmacht kann sich nur aus allgemeinen Grundsätzen des Vertrauensschutzes ergeben (vgl. GK-Wiese/Raab § 26 BetrVG Rz. 44 m.w.N.).

Die Beklagte konnte aber nach den gegebenen Umständen schon gar nicht darauf vertrauen, dass Herr W. für den GBR gehandelt hat und damit konnte sie auch nicht davon ausgehen, dass Herr W. vom GBR zum Abschluss der BV 85 bevollmächtigt wurde. Nach den gegebenen Umständen ist nämlich davon auszugehen, dass die Beklagte sich zur damaligen Zeit überhaupt gar nicht klar war, dass Partner für die BV 85 nicht der BR sondern der GBR gewesen wäre. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass sich die Beklagte mit Schreiben vom 30.5.1984 an den BR der Löwenbräu AG gewandt hat, um eine "Anpassung und Änderung der bisherigen Versorgungsregelung" zu erreichen. Ein derartiges Schreiben an den GBR existiert überhaupt nicht. Weiter hat die Beklagte das Schreiben vom 27.9.1985 (Fotokopie Bl. 412 d. A.), in welchem die vier Punkte aufgeführt wurden als Bedingung zur Zustimmung, nicht vom GBR erhalten, sondern vom BR. Die Beklagte wusste also, mit wem sie verhandelte und wer hier die Bedingungen stellte, der BR, und nicht der GBR. Sie kann also nicht darauf vertraut haben, dass ihr Verhandlungspartner dennoch der GBR ist.

Hinzu kommt, dass auch im Text der BV 85 nicht der GBR, sondern der BR aufgeführt wurde und der Text stammt nach Aussage des Zeugen W. nicht vom BR, sondern von der Beklagten. Es ist zwar zutreffend, dass die Ruhegeldordnung BV 85 für alle Mitarbeiter der Beklagten gelten sollte, dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass sich die Beklagte dennoch zum Abschluss der BV 85 an den BR gewandt hat und nicht an den GBR. Es ist auch davon auszugehen, dass sich auch der adressierte BR aufgrund des Vorgehens der Beklagten als zuständig gefühlt hat. Dies ergibt sich eindeutig aus den vorgelegten Protokollen über BR-Sitzungen, insbesondere aus dem Protokoll vom 10.9.1985 (Fotokopie Bl. 408), vom 17.9.1985 (Fotokopie Bl. 409) und vom 26.9.1985 (Fotokopie Bl. 410), aber auch aus der Aussage des Zeugen B. . Der Zeuge B. hat im Termin vom 2.3.2005 ausgesagt, er sei damals Mitglied des BR gewesen, der BR habe sich damals mit der Neuordnung der Ruhegeldvereinbarung 85 befasst. Man habe nicht darüber gesprochen, ob der BR überhaupt dafür zuständig sei. Er habe sich auf die anderen BR-Mitglieder verlassen und auf die Firma; diese sei nämlich auf den BR zugekommen und zwar mündlich und schriftlich und sie habe die ganze Zeit darüber mit dem BR verhandelt. Es habe nie jemand gesagt, dass der GBR zuständig sei, auch nicht Herr W. . Für ihn sei klar gewesen, dass diese BV am 30.9.1985 nur vom BR abgeschlossen wurde und nicht vom GBR; er habe damals nur gewusst, dass der GBR informiert werde; es sei seiner Meinung nach auch nie ein Beschluss vom GBR zur Ruhegeldordnung gefasst worden.

Anhand dieser Gesamtumstände konnte die Beklagte gar nicht annehmen und auch nicht darauf vertrauen, dass sie die BV 85 mit dem GBR abgeschlossen hat. Gibt es Fragen oder Zweifel über die Zuständigkeit von BR oder GBR, so obliegt es dem Arbeitgeber, der eine Betriebsvereinbarung abschließen will, für die Klärung der Zuständigkeit Sorge zu tragen; anderen falls trägt er das Risiko, dass die getroffene Betriebsvereinbarung wegen fehlender Zuständigkeit des von ihm adressierten Betriebsratsgremiums unwirksam ist (vgl. auch Fitting u.a. § 50 BetrVG Rz. 14; vgl. auch BAG AP Nr. 16 zu § 50 BetrVG 1972).

Obwohl sich hier erkennbar die Abgrenzungsfrage der Zuständigkeit von BR zu GBR stellte, hat die Beklagte diese Frage nicht geklärt und sich nur an den BR gewandt. Sie kann nun, da ihr die Unzuständigkeit des BR bewusst ist, sich auf keinen Vertrauenstatbestand hinsichtlich des Unterzeichnens der BV durch Herrn W. im Auftrag und in Vollmacht des GBR berufen.

4. Die Beklagte genießt entgegen ihrer Auffassung hinsichtlich der Annahme des Abschlusses der BV 85 durch den GBR auch keinen Vertrauensschutz. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass das Ordnungsprinzip des Vertrauensschutzes ein von der Privatautonomie unabhängiges Zurechnungsprinzip unserer Rechtsordnung darstellt (Blomeyer DB 1969, 101 m.z.w.N. Fußnote 67). Wer ein Verhalten an den Tag legt, aus dem der Geschäftspartner auf einen bestimmten Geschäftswillen vertraut, hat für das von ihm geschaffene Vertrauen einzustehen. Dabei sind Umfang und Grenzen einer derartigen Zurechnung durchaus umstritten.

Grundlage der Übertragung des Vertrauensprinzipes in die Betriebsverfassung kann das im Betrieb bestehende allgemeine Vertrauensverhältnis bzw. -bedürfnis sein (Blomeyer a.a.O.). Voraussetzung ist aber das Vorliegen eines Vertrauenstatbestandes, die Schutzwürdigkeit des Vertragspartners (hier der Arbeitgeber) und das Vorliegen des Zurechnungsmaßstabes (Blomeyer a.o.a.O.).

Es fehlt aber im vorliegenden Falle an allen drei Voraussetzungen. So konnte das Verhalten des GBR der Beklagten nicht den Schluss erlauben, der GBR habe der BV 85 zugestimmt. Wie ausgeführt, hat zwar Herr W. die BV 85 unterschrieben, dabei ist aber nie zum Ausdruck gekommen, dass er als Vorsitzender des GBR unterschrieben hat. Vielmehr ist aus der äußeren Form der BV 85 ersichtlich, dass er als Vorsitzender des BR des Hauptbetriebes M. unterschrieben hat. Für die Beklagte war auch nicht erkennbar, dass ein Beschluss des GBR zum Abschluss der BV 85 vorlag; auch hiervon konnte sie nicht ausgehen, da sie durch die Adressierung ihres Schreibens in dieser Angelegenheit an den BR selbst zum Ausdruck gebracht hat, dass sie von der Zuständigkeit des BR und nicht des GBR ausgeht.

Ein Vertrauenstatbestand ist auch nicht bei der Vorstellung der BV 85 auf den Betriebsversammlungen entstanden. Die Beklagte hat zwar vorgetragen, dass Herr W. in den Betriebsversammlungen im Hauptbetrieb und in den Depots über die BV 85 informiert hat, und dass er hierbei diese Neuordnung als Vereinbarung zwischen GBR und Unternehmensleitung publik gemacht hat.

Der Zeuge W. hat aber im Termin vom 2.3.2005 ausgesagt, dass er auf Betriebsversammlungen im Hauptbetrieb und in den Depots - wobei er nicht wusste, ob in allen Depots - über die BV 85 die Mitarbeiter informiert hat, wusste aber nicht mehr, ob er dabei gesagt hat, wer diese BV 85 mit dem Arbeitgeber abgeschlossen hat. Damit ist die Beklagte auch insoweit beweisfällig für die Behauptung geblieben, dass Herr W. die Information gegeben hat, dass der GBR die BV 85 abgeschlossen hat. Also fehlt auch die Schutzbedürftigkeit der Beklagten; die Beklagte hat durch ihr Verhalten, in dem sie mit der Absicht zur Neuordnung der Ruhegeldordnung an den BR herangetreten ist und mit diesem verhandelt hat, selbst die Ursache dafür gesetzt, dass die BV 85 vom BR des Hauptbetriebes beschlossen und abgeschlossen wurde. Die Beklagte selbst hat die Weichen falsch gestellt und sie muss sich auch zurechnen lassen, dass sich das unzuständige BR-Gremium mit der Angelegenheit befasst und mit ihr die BV 85 unzuständigerweise abgeschlossen hat.

5. Aber selbst wenn man das Vorliegen eines Vertrauenstatbestandes zugunsten der Beklagten unterstellen würde, so würde dies nicht zwangsläufig bedeuten, dass nun zwischen dem GBR und der Beklagten die BV 85 zustande gekommen ist und gemäß § 77 Abs. 4 unmittelbare und zwingende Wirkung auch für die Betriebsangehörigen und damit auch für den Kläger hätte. Die Vertrauenshaftung führt nämlich nicht grundsätzlich zum Abschluss des Vertrages bzw. der Betriebsvereinbarung (vgl. Blomeyer a.a.O.). Sie hat nur zur Folge, dass die Partei, die den Vertrauenstatbestand in zurechenbarer Weise gesetzt hat, sich vom Vertragspartner so behandeln lassen muss, als wäre der Vertrag zustande gekommen. Dabei ist aber äußerst fraglich, ob das Verhalten des Betriebsrates für den Arbeitgeber irgend welche Rechte und Pflichten begründet, oder lediglich die durch das Gesetz beschränkte Regelungsfreiheit des Arbeitgebers wiederherstellt (so Blomeyer a.a.O.; ebenso GK-Wiese/Raab § 26 BetrVG Rz. 51). Eine Betriebsvereinbarung hat nach § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbare und zwingende Wirkung für den Betrieb und damit auch für die am Abschluss der Betriebsvereinbarung nicht beteiligten Arbeitnehmer. Die Betriebsvereinbarung geht also in ihrer Wirkung über einen normalen Vertrag zwischen zwei Vertragsparteien hinaus, dessen Wirkung nur auf die Vertragsparteien beschränkt ist. Hat ein Vertrag unmittelbar und zwingend Auswirkung auf Dritte, so besteht auch bei diesen ein Vertrauensschutz darauf, dass sie nur rechtswirksam zustande gekommenen Vereinbarungen unterliegen, insbesondere wenn wie hier eine ablösende Betriebsvereinbarung zumindest für einige der Arbeitnehmer zum Teil erhebliche Verschlechterungen bringt. Somit kann in keiner nur erdenklichen Fallvariante davon ausgegangen werden, dass die BV 85 Geltung erlangt hat.

II.

Der Kläger hat somit Anspruch auf eine betriebliche Altersrente aus seiner Pensionszusage 60. Damit stellt sich nicht mehr die Problematik, ob die Höhe der Rente aus der BV 85 richtig errechnet ist.

Der Kläger hat seinen Anspruch aus der Pensionszusage 60 auf monatlich € 974,02 beziffert und diesen Betrag im Schriftsatz vom 30.4.2003 schlüssig begründet. Die Beklagte hat diesen Betrag aus der Pensionszusage 1960 nicht der Höhe nach bestritten. Somit war der Klage für die Monate Januar 2000 bis Dezember 2001 mit einem Differenzbetrag von € 212,88 monatlich (€ 974,02 abzüglich erhaltender € 761,14) = jährlich € 2.554,56 stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Gegen dieses Urteil kann die Beklagte Revision zum Bundesarbeitsgericht einlegen.

Für den Kläger ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Ende der Entscheidung

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