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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: 9 TaBV 82/06
Rechtsgebiete: MTV, BetrVG


Vorschriften:

MTV § 1 Ziff. 3 Abs. 2 d
MTV § 3
MTV § 3 Ziff. 1
MTV § 3 Ziff. 1 Abs. 1
MTV § 3 Ziff. 1 Abs. 3
MTV § 6 Ziff. 1
BetrVG § 87 Abs. 1 Ziff. 10
Auslegung einer Gesamtbetriebsvereinbarung über die Vergütung von Reisezeiten bei AT-Angestellten.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES Beschluss

9 TaBV 82/06

Verkündet am: 18. Juli 2007

In dem Beschlussverfahren

hat die Neunte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Anhörung vom 4. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Dunkl sowie die ehrenamtlichen Richter Bernd Rücker und Peter Schönfelder beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 12.05.2006 - 3 BV 2/06 - wird zurückgewiesen. Der Tenor Ziffer 1) wird jedoch neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass sich die in Ziffer 2.2 und 2.3. der Betriebsvereinbarung über die Vergütung von Dienstreisestunden vom 01.08.1985 (32 D 16) angesprochene Gehaltsgrenze für außertarifliche Angestellte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden nach dem auf die 40-Stunden-Woche hochzurechnenden höchsten Tarifgehalt für Angestellte der Bayerischen Metallindustrie (Gehaltsgruppe VII, 4. Gruppenjahr nach der Gehaltstafel der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, Stand 01.06.2006 € 4.302,-) richtet.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Auslegung einer Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV).

Der Beteiligte zu 1) ist der Betriebsrat des Betriebes, den die Beteiligte zu 2) in O:, W.-Straße führt. Im Betrieb ist die Gesamtbetriebsvereinbarung über die Vergütung von Dienstreisestunden (32 D 16) vom 1.8.1985 (Blatt 7 und 8 d.A.) anwendbar.

Gemäß Ziffer 2. der GBV sind darin für den AT-Bereich, d.h. für die außertariflichen Mitarbeiter, folgende Regelungen enthalten:

2. AT-Bereich

2.1 Vergütungsfähig ist die notwendige Reisezeit bei angeordneten Dienstreisen im Inland und Ausland

- soweit sie außerhalb der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit liegt und

- 4 Stunden an Arbeitstagen und 12 Stunden an arbeitsfreien Tagen nicht übersteigt.

2.2 AT-Mitarbeiter, deren monatliches Bruttogehalt das höchste Tarifgehalt für Angestellte der bayerischen Metallindustrie um nicht mehr als 50 % übersteigt (derzeit 6.530,00 DM) wird die vergütungsfähige Reisezeit als Gleitzeitguthaben vergütet.

2.3 AT-Mitarbeiter, deren monatliches Bruttogehalt über der in 2.2 definierten Gehaltsgrenze von derzeit 6.530,00 DM liegt, wird die vergütungsfähige Reisezeit zur Hälfte als Gleitzeitguthaben vergütet.

2.4 Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Arbeitszeitbelastung nicht in der Lage sind, ihr Gleitzeitguthaben aus vergüteten Reisezeiten im Rahmen der GLAZ-Regelung auszugleichen, können dieses Guthaben nach Zustimmung ihres Vorgesetzten auf ihr Freizeitkonto übertragen lassen.

In § 1 Ziff. 3. (II) d des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie ist geregelt, dass nicht als Angestellte im Sinne des Manteltarifvertrages gelten: "Sonstige Angestellte, deren Gehalt auf außertariflicher Grundlage über den Rahmen des höchsten Tarifsatzes der Gruppe VII um 25 v.H. hinausgehend geregelt ist."

Zu dieser Bestimmung gibt eine Anmerkung der Tarifvertragsparteien.

Der Wortlaut dieser Anmerkung war nach der Fassung des MTV, der bei Abschluss des GBV am 19.7.1985 galt:

"Unter dem höchsten Tarifsatz der Gruppe VII ist bei einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden das höchste Tarifgehalt der Gehaltstafel zu verstehen. Bei Vereinbarung von einer 38,5 Stunden abweichenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, wird das höchste Tarifgehalt nach der Formel gemäß § 6 Ziff. 1 zugrunde gelegt."

Nach der derzeit geltenden Fassung des Manteltarifvertrages, Stand 1.7.2002, lautet die Anmerkung:

"Unter dem höchsten Tarifsatz der Gruppe VII ist das höchste Tarifgehalt der Gehaltstafel zu verstehen, der die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gemäß § 3 Ziff. 1 Abs. (I) zugrunde liegt. Bei einer abweichenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit wird das höchste Tarifgehalt nach der Formel gemäß § 6 Ziff. 1 zugrunde gelegt."

Im Zeitpunkt des Entstehens der GBV betrug gemäß § 3 Ziff. 1 MTV die wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen 38,5 Stunden. Ferner war in dieser Bestimmung geregelt, dass die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit zwischen 37 und 40 Stunden (Vollzeitbeschäftigte) betragen kann. Nach § 3 Ziff. 1 Abs. (I) des derzeit geltenden Manteltarifvertrages, Stand 1.7.2002, beträgt die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen 35 Stunden. Gemäß Absatz (III) dieser Bestimmung kann für einzelne Arbeitnehmer die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 40 Stunden verlängert werden. Das Arbeitsentgelt wird dann entsprechend angepasst.

Gemäß der Gehaltstafel für die Angestellten der Bayerischen Metallindustrie betrug im Zeitpunkt des Abschlusses der GBV das höchste monatliche Tarifgehalt, Gehaltsgruppe VII, 4. Gruppenjahr, abgestellt auf eine 38,5-Stunden-Woche DM 4.351,00.

Nach der Gehaltstafel, gültig ab 1.6.2006, betrug das höchste monatliche Tarifgehalt, Gehaltsgruppe VII, 4. Gruppenjahr, abgestellt auf eine 35-Stunden-Woche € 4.302,00.

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Auslegung der in Ziffer 2.2 und 2.3 der Betriebsvereinbarung angesprochenen Gehaltsgrenze.

Der Beteiligte zu 1) ist der Auffassung, dass die maßgebliche Gehaltsgrenze, welche bei Entstehen der GBV mit dem Betrag von DM 6.530,00 angegeben wurde, nach den derzeit geltenden tariflichen Regelungen für AT-Mitarbeiter mit einer 40-Stunden-Woche nicht mit der höchsten tariflichen Vergütung gleichgesetzt werden darf, welche für eine 35-Stunden-Woche gilt. Für Mitarbeiter mit einer 40-Stunden-Woche sei das höchste tarifliche Gehalt, das auf eine 35-Stunden-Woche abstellt, auf eine 40-Stunden-Woche hochzurechnen. Dieser Wert müsse um mehr als 50 % hinsichtlich der Vergütung überschritten sein, damit die Regelung der Ziffer 2.3 der GBV eingreife. Das höchste tarifliche Entgelt für Mitarbeiter mit einer 40-Stunden-Woche dürfe nicht aus der Gehaltstafel entnommen werden, welche für eine 35-Stunden-Woche gelte. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebiete, dass Mitarbeiter mit einer 40-Stunden-Woche nur mit Werten verglichen würden, welche sich ebenfalls auf eine 40-Stunden-Woche bezögen. Das zeige auch die Tatsache, dass der Manteltarifvertrag sogenannte AT-Mitarbeiter erst dann als gegeben ansehe, wenn bei einer 40-Stunden-Woche das höchste tarifliche Gehalt für einen tariflichen Beschäftigten mit einer 40-Stunden-Woche um 25 % überstiegen sei.

Der Beteiligte zu 1) beantragte im ersten Rechtszug:

Es wird festgestellt, dass sich die Vergütung der gemäß Ziffer 2.1 der Betriebsvereinbarung vom 01.08.1985 (32 D 16) vergütungsfähigen Reisezeit für außertarifliche (AT) Angestellte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden nach dem auf eine 40 Stundenwoche hochzurechnenden höchstem Tarifgehalt für Angestellte der Bayerischen Metallindustrie (derzeit Gehaltsgruppe VII, 4. Gruppenjahr: € 7.161,00) richtet.

Die Beteiligte zu 2) beantragte dagegen,

die Abweisung des Antrages,

und trug vor, dass die GBV eine Regelung der freiwilligen Mitbestimmung beinhalte, da Reisezeiten nicht zwingendermaßen vergütet werden müssten. Dementsprechend entscheide der Arbeitgeber allein darüber, ob und ggf. mit welchem Volumen er überhaupt hierfür finanzielle Mittel zur Verfügung stelle. Dem gemäß müsse es bei der in der Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1985 vorliegenden Regelung verbleiben, wonach die in der Gehaltstafel vorliegende Grenze als das höchste tarifliche Gehalt anzusehen sei. Soweit dieses um mehr als 50 % überstiegen werde, sei die Regelung der Ziffer 2.3 der GBV anzuwenden. Dies entspreche auch einer Entscheidung des Arbeitgebers dahingehend, dass bereits ab einer derartig hohen Vergütung dem Arbeitnehmer zugemutet werden könne, Reisezeiten nicht vergütet zu erhalten.

Das Arbeitsgericht München hat durch Beschluss vom 12.5.2006 dem Antrag stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Regelung in der GBV sei nicht eindeutig und bedürfe der Auslegung. Nach dem Wortlaut sei lediglich die Rede vom höchsten Tarifgehalt für Angestellte der Bayerischen Metallindustrie, welches zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der GBV mit "derzeit DM 6.530,00" bezeichnet werde. Betrachte man die aktuelle tarifliche Situation, so ergebe sich, dass die höchste tarifliche Vergütung an sich nicht notwendiger Weise diejenige sei, die sich aus den Gehaltstabellen der Tarifverträge ergebe, da diese Bezug nähmen auf eine 35-Stunden-Woche. Da es aber auch bei tariflich beschäftigten Mitarbeitern möglich sei, die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 40 Stunden anzuheben und für diesen Fall auch § 3 des MTV die Anhebung der Vergütung vorsehe, sei an sich das höchste tarifliche Entgelt dasjenige, das sich angepasst bei einer 40-Stunden-Woche hochgerechnet aus der Vergütung ergebe, welche die höchste für eine 35-Stunden-Woche sei. Demgemäß ergebe sich aus dem Wortlaut und den zugrunde liegenden tariflichen Normen, dass die höchste tarifliche Vergütung tatsächlich diejenige sei, die sich hochgerechnet aus einer 40-Stunden-Woche ergebe. Dem könne die Beteiligte zu 2) auch nicht die Tatsache entgegen halten, dass die Betriebsvereinbarung freiwilliger Natur wäre. Im vorliegenden Falle gehe es nicht um die Frage, inwieweit ein bestimmter Sachverhalt mitbestimmungspflichtig sei und inwieweit insoweit etwa der Arbeitgeber einseitig bestimmte Regelungen vorgeben dürfe. Im vorliegenden Fall gehe es um die Auslegung einer existierenden Betriebsvereinbarung. Vielmehr ergebe sich aus dem Wortlaut und auch aus dem Zusammenhängen der Tarifverträge, dass das tatsächlich auf eine 40-Stunde-Woche hochgerechnete tarifliche Entgelt die höchste tarifliche Vergütung im Sinne der Betriebsvereinbarung darstelle. Hierfür spreche auch die Tatsache, dass AT-Mitarbeiter erst dann vorlägen, wenn die höchste tarifliche Vergütung um 25 % überstiegen sei. Dabei ergebe sich aus der Anmerkung zur entsprechenden tariflichen Regelung, dass auch bei einer 40-Stunden-Woche AT-Mitarbeiter die tarifliche Vergütung eines mit 40 Stunden pro Woche beschäftigten Mitarbeiters um 25 % übersteigen müssen. Auch hier sei eine entsprechende Hochrechnung veranlasst.

Bezüglich des Vorbringens der Beteiligten im ersten Rechtszug und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes im Einzelnen wird auf den Inhalt des Beschlusses des Arbeitsgerichtes München vom 12.5.2006 verwiesen.

Die Beteiligte zu 2) hat gegen diesen Beschluss, der ihr am 6.6.2006 zugestellt wurde, am 6.7.2006 Beschwerde eingelegt und diese am Montag, den 7.8.2006 auch begründet.

Sie trägt vor, die Auslegung der GBV sei fehlerhaft. Das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die GBV nur das Grenzgehalt bestimme, ab dem die Vergütungsfähigkeit von Reisezeiten im AT-Bereich in Betracht komme. Ziffer 2. der GBV regele die Vergütungsfähigkeit von Dienstreisen im AT-Bereich. In den AT-Bereich würden nach der einschlägigen Tarifnorm solche Angestellten fallen, deren Gehalt auf außertariflicher Grundlage über dem höchsten Tarifsatz der Gehaltsgruppe VII gemäß Gehaltstabelle hinaus geregelt sei. Der Gehaltstabelle liege dabei die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit zugrunde. An diese Definition des AT-Angestellten knüpfe die GBV ganz offensichtlich an und regele, für wen die GBV überhaupt gelten solle. Die Ziffern 2.2 und 2.3 der GBV würden dagegen das Grenzgehalt bestimmen, ab dem die Vergütungsfähigkeit für Reisezeiten dem Grunde und der Höhe nach in Betracht komme. Dies sei eine Frage der Auslegung der GBV. Dabei ziehe die Regelung das in der Gehaltstabelle ausgewiesene Tarifgehalt der Gruppe VII heran, um das Grenzgehalt zu bestimmen. Immer dann, wenn AT-Mitarbeiter das Grenzgehalt unterschreiten (Ziffer 2.2) oder überschreiten (Ziffer 2.3), würden unter bestimmten Bedingungen Reisezeiten als Arbeitszeiten vergütet. Dem liege augenscheinlich die Überlegung der Betriebsparteien zugrunde, dass, je mehr ein Mitarbeiter verdiene, um so eher eine freiwillige und zusätzliche Vergütung von Reisezeiten entfallen könne. Für den Arbeitgeber bestehe nämlich grundsätzlich keine Verpflichtung, Reisezeiten zu vergüten. Es handele sich bei der Vergütung um einen Gegenstand der freiwilligen Mitbestimmung und deshalb um eine freiwillige Betriebsvereinbarung. Der Arbeitgeber entscheide allein über die Frage, ob er diese Reisezeiten - freiwillig und zusätzlich - vergüten möchte und ggf. welche finanziellen Mittel er für diese Vergütung zur Verfügung stellen wolle. Der Betriebsrat habe dann zwar bei der Verteilung dieser zusätzlichen finanziellen Mittel ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG, nicht jedoch dann, wenn sich der Arbeitgeber entschließe, dafür keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung zu stellen.

Die Beteiligte zu 2) beantragt im Beschwerdeverfahren:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 12.05.2006, Az.: 3 BV 2/06 wird aufgehoben.

2. Die Anträge der Beteiligten zu 1) werden abgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) beantragt dagegen,

die Zurückweisung der Beschwerde.

Bezüglich des Vorbringens der Parteien im Beschwerdeverfahren wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Beteiligten zu 2) vom 7.8.2006 (Blatt 75 bis 77 d.A.) und auf den Schriftsatz des Beteiligten zu 1) vom 29.1.2007 (Blatt 104 bis 110 d.A.) verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes München vom 12.5.2006 ist zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Beteiligten zu 1) zu Recht stattgegeben. Die in Ziffer 2.2 und 2.3 der GBV über die Vergütung von Dienstreisezeiten vom 19.7.1985 angesprochene Gehaltsgrenze richtet sich für außertarifliche Angestellte, die statt der tariflichen Arbeitszeit 40 Stunden in der Woche arbeiten, nach dem auf die 40-Stunden-Woche hochzurechnenden höchsten Tarifgehalt für Angestellte der Bayerischen Metallindustrie (Gehaltsgruppe VII, 4. Gruppenjahr nach der Gehaltstafel der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie).

Das Beschwerdegericht schließt sich den Gründen unter II. des Beschlusses vom 12.5.06 an und nimmt diese in Bezug.

Ergänzend ist noch auszuführen:

1. Der Regelungsinhalt der Ziffern 2.2 und 2.3 der GBV vom 19.7.1985 ist an sich klar und eindeutig: AT-Mitarbeiter, deren monatliches Bruttogehalt das höchste Tarifgehalt für Angestellte der Bayerischen Metallindustrie um nicht mehr als 50 % übersteigt, erhalten die vergütungsfähige Reisezeit voll als Gleitzeitguthaben und AT-Mitarbeiter, deren monatliches Gehalt über der definierten Gehaltsgrenze liegt, erhalten die vergütungsfähige Reisezeit nur zur Hälfte als Gleitzeitguthaben.

Streit besteht nur darüber, was als höchstes Tarifgehalt für Angestellte der Bayerischen Metallindustrie zu verstehen ist. Nur dies bedarf der Auslegung.

2. Betriebsvereinbarungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des BAG wie Tarifverträge auszulegen. Abzustellen ist zunächst auf den Wortlaut. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in der Regelung seinen Niederschlag gefunden hat.

Ferner sind der Gesamtzusammenhang und der Sinn und Zweck der Regelung zu beachten (vgl. BAT, AP Nr. 155 zu § 112 BetrVG 1972).

Der Wortlaut in Ziffer 2.2 der GBV stellt auf das "höchste Tarifgehalt für Angestellte der Bayerischen Metallindustrie" ab. Nach der Gehaltstafel für die Angestellten der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie ist das höchste Tarifgehalt Gehaltsgruppe VII, 4. Gruppenjahr; die in der Gehaltstafel aufgeführten Gehaltsbeträge sind abgestellt auf die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit. Dies ergibt sich einmal aus § 3 Ziff. 1 Abs. (I) und Abs. (III) des Manteltarifvertrages, wonach die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit derzeit 35 Stunden beträgt und bei einer Verlängerung der Arbeitszeit bis zu 40 Stunden pro Woche das Arbeitsentgelt anzupassen ist. Dies ergibt sich aber auch aus der Anmerkung zu § 1 Ziff. 3 Abs. (II) d MTV, wonach dem höchsten Tarifgehalt der Gehaltstafel die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gemäß § 3 Ziff. 1 Abs. (I) zugrunde liegt.

Die Tarifvertragsparteien haben aber den in der Gehaltstafel aufgeführten Betrag für das höchste Tarifgehalt nicht auf diesen Betrag begrenzt; dies ergibt sich eindeutig aus der Anmerkung der Tarifvertragsparteien zu § 1 Ziff. 3 Abs. (II) d des Manteltarifvertrages, denn in dieser Anmerkung ist ausgeführt, dass bei einer Vereinbarung einer - vom MTV - abweichenden individuellen regelmäßigen Arbeitszeit das höchste Tarifgehalt nach der Formel gemäß § 6 Ziff. 1 des MTV zugrunde gelegt wird.

Nach § 6 Ziff. 1 MTV Stand 1.4.1985, betrug die Formel:

Tarifgehalt laut Gehaltstafel x individuelle regelmäßige Arbeitszeit in Stunden 38 1/2 Stunden

Damit betrug bei Abschluss der GBV am 19.7.1985 das höchste tarifliche Gehalt nach Gehaltsgruppe VII, 4. Gruppenjahr bei einer 40-Stunden-Woche DM 4.520,52 (Tarifgehalt laut Gehaltstafel DM 4.351,00 x 40 Stunden : 38, 5 Stunden). Damit ergibt sich aus der Anmerkung zu § 1 Ziff. 3 Abs. (II) d des Manteltarifvertrages, Stand: 1.4.1985, dass bei der von 38,5 Stunden abweichenden höchstens erlaubten 40-Stunden-Woche das höchste Tarifgehalt (Gehaltsgruppe VII, 4. Gruppenjahr) nicht 4.351,00 DM, sondern 4.520,52 DM betrug. Da die GBV vom 19.7.1985 auf das höchste Tarifgehalt für Angestellte der Bayerischen Metallindustrie abstellt, kann mangels abweichender Anhaltspunkte auch nur auf das Gehalt abgestellt werden, das sich nach den tariflichen Regelungen als das Höchstgehalt darstellt: und das ist nicht das höchste in der Gehaltstafel aufgeführte Gehalt für die Gehaltsgruppe VII, 4. Gruppenjahr, sondern gemäß Anmerkung zu § 1 Ziff. 3 (II) d des MTV das bei einer über die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitszeit bis zu einer Grenze von 40 Stunden sich nach § 6 Ziff. 1 des MTV errechnende Gehalt.

Hätten die Betriebsparteien eine Begrenzung beim Tarifgehalt auf den Höchstbetrag in der Gehaltstafel gewollt, so hätten sie dies deutlich zum Ausdruck bringen können und müssen. Aus dem Zusatz "(derzeit 6.530,00 DM)" in Ziffer 2.2 der GBV kommt dies nicht zum Ausdruck. Dieser Betrag stellt zwar auf den damals höchsten Betrag der Gehaltstafel für die Zeit ab 1.4.1985 mit DM 4.351,00 ab (DM 4.351,00 + 50 % = DM 6.526,50); daraus ergibt sich aber nicht, dass dies auch der absolute Betrag sein soll, wenn anstatt der wöchentlichen tariflichen Arbeitszeit von damals 38,5 Stunden eine wöchentliche Arbeitszeit bis zu 40 Stunden erbracht wird. Es ist davon auszugehen, dass die Betriebsparteien bei Regelung der GBV vom tariflichen Normalzustand, also damals von der 38,5-Stunden-Woche ausgegangen sind; dafür spricht der aufgeführte Betrag von DM 6.530,00, der auf den Gehaltsbetrag von DM 4.351,00 abstellt, der wiederum auf der 38,5-Stunden-Woche basiert. Es ist auch nicht ersichtlich, dass es von den Betriebsparteien beabsichtigt war, Mitarbeiter dann in der Vergütung der Reisezeit gemäß Ziffer 2.2 der GBV einzuschränken, wenn zwar das höchste Gehalt der Gehaltstafel um mehr als 50 % überschritten ist, nicht jedoch das dem Mitarbeiter individuell zustehende höchste Tarifgehalt. Es liefe im Ergebnis auf eine Benachteiligung der Arbeitnehmer hinaus, die gerade wegen ihrer, die tarifliche Arbeitszeit überschreitenden persönlichen Arbeitszeit die in Ziffer 2.2 und 2.3 der GBV gegebenen Grenzen überschreiten würden, wenn man auf das höchste Gehalt in der Gehaltstafel abstellt. So hätte beispielsweise ein Arbeitnehmer mit einer 38,5-Stunden-Woche, der am 1.4.1985 mit einem Gehalt von DM 6.526,50 nicht um mehr als 50 % über dem höchsten Gehalt der Gehaltstafel von DM 4.351,00 lag, einen vollen Anspruch auf Vergütung der Reisezeit, wogegen ein Arbeitnehmer mit einer 40-Stunden-Woche und einem deshalb entsprechend höheren Verdienst von DM 6.780,77 (DM 6.526,50 x 40 : 38,5) nur einen Anspruch auf Vergütung der Hälfte der Reisezeit hätte. Für eine derartige unterschiedliche und benachteiligende Behandlung gibt es keine Rechtfertigung. Dies ist im Rahmen einer Auslegung zu berücksichtigen, da den Betriebsparteien nicht unterstellt werden kann, dass sie die Gruppe der Arbeitnehmer, die mit einer Arbeitszeit über die tarifliche Arbeitszeit hinaus schon zeitlich mehr leisten als die anderen Arbeitnehmer, bei der Vergütung von Reisezeiten benachteiligen wollen, mit dem Ergebnis, dass ein AT-Angestellter mit tariflicher Arbeitszeit unter Berücksichtigung von Reisezeiten einen höheren Arbeitsverdienst pro Monat haben könnte, als ein AT-Angestellter mit höherer Arbeitszeit und gleichen Reisezeiten. Dies wäre ein absurdes Auslegungsergebnis.

Das Beschwerdegericht geht damit mit dem Arbeitsgericht davon aus, dass das höchste Tarifgehalt in Ziffer 2.2 und 2.3 der GBV vom 19.7.1985 nicht das höchste Gehalt ist, das in der jeweils geltenden Gehaltstafel für die normale tarifliche Arbeitszeit aufgeführt ist, sondern dasjenige Gehalt, das sich nach der Umrechnung auf der Basis der nach dem Manteltarifvertrag zulässigen individuellen Arbeitszeit ergibt. Das Arbeitsgericht hat somit dem Feststellungsantrag des Beteiligten zu 1) zu Recht stattgegeben. Der Tenor in Ziffer 1. des Beschlusses des Arbeitsgerichtes war jedoch aus Gründen der Verständlichkeit neu zu fassen.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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