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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 06.09.2006
Aktenzeichen: 9 TaBV 84/05
Rechtsgebiete: BetrVG, TV Mitbestimmung TTC bei der Deutschen Telekom AG


Vorschriften:

BetrVG § 78a
TV Mitbestimmung TTC bei der Deutschen Telekom AG § 3 Abs. 4
1. Die Vorschriften der §§ 78, 78a BetrVG gelten über § 3 Abs. 5 S. 2 BetrVG, wenn eine Auszubildendenvertretung gemäß § 3 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG durch Tarifvertrag abweichend vom BetrVG eingeführt wurde. Die Rechtsstellung der Auszubildendenvertreter unterliegt in diesem Falle nicht der Disposition der Tarifvertragsparteien.

2. Die Frage, ob eine Weiterbeschäftigung möglich ist, ist im Rahmen des § 78a BetrVG nicht betriebsbezogen, sondern unternehmensbezogen zu betrachten.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES Beschluss

9 TaBV 84/05

Verkündet am: 6. September 2006

In dem Verfahren

hat die Neunte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Dunkl sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Wenzler und Hofmann für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes Regensburg vom 18.8.2005 - 4 BV 18/05 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob zwischen der Antragstellerin (Beteiligten zu 1) und dem Beteiligten zu 2 ein Arbeitsverhältnis nach § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG begründet worden ist, und ob dieses gegebenenfalls durch das Gericht antragsgemäß aufzulösen ist.

Der Beteiligte zu 2 stand von Anfang 2002 an bei der Beteiligten zu 1 in einem Ausbildungsverhältnis zum Kaufmann für Bürokommunikation. Die Ausbildung wird bei der Beteiligten zu 1 konzerneinheitlich durch den Betrieb T: durchgeführt. Aus diesem Grund werden seit 1.3.2002 alle Auszubildenden, somit also auch der Beteiligte zu 2, in den Betrieb T. versetzt. Dieser Betrieb verfügt neben seinem Hauptsitz in Bonn auch über 39 Berufsbildungsstellen (BBi) im Bundesgebiet. Diese Berufsbildungsstellen sind nicht eigenständig. Einziger Betriebszweck des Betriebes T. ist die Erbringung von Leistungen auf dem Gebiet der Personalentwicklung und Qualifizierung für alle Unternehmen bzw. Betriebe der D. T.-Gruppe. Dazu gehört auch die Durchführung von Berufsausbildung. Arbeitnehmer im Betrieb T. sind lediglich die Ausbilder und das für die für diesen Betrieb anfallenden Verwaltungsaufgaben erforderliche Personal. Mit dem Ausbilder der T. verbringen die Auszubildenden etwa ein Drittel ihrer Ausbildungszeit, die übrige Zeit sind sie in anderen Betrieben eingesetzt, um eine berufspraktische Unterweisung zu erhalten.

Für den Betrieb T. ist ein eigener Betriebsrat gewählt. Die betriebliche Interessenvertretung der Auszubildenden richtet sich nach dem Tarifvertrag Mitbestimmung TTC, der vorsieht, dass bei den Berufsbildungsstellen der T. jeweils Auszubildendenvertretungen errichtet werden.

§ 3 Abs. 4 Tarifvertrag Mitbestimmung TTC lautet wie folgt:

Die §§ 78 und 78a BetrVG finden auch Anwendung auf Mitglieder der Auszubildendenvertretung. Scheidet ein voll freigestelltes Mitglied der Auszubildendenvertretung wegen Erreichens der Altersgrenze aus der Funktion aus, hat der Konzern nach Beratung mit dem KBR eine adäquate Anschlussbeschäftigung vorzuschlagen. Die Wünsche des ausscheidenden Mitglieds sollen dabei nach Möglichkeit berücksichtigt werden.

Der Beteiligte zu 2. bestand am 17.1.2005 die Abschlussprüfung zum Kaufmann für Bürokommunikation. Die Ausbildung absolvierte er bei einer Dienststelle in W., die organisatorisch zur Berufsbildungsstelle Regensburg gehört. Bei der hier eingerichteten Auszubildendenvertretung ist er im letzten Jahr vor Beendigung seiner Ausbildung als Ersatzmitglied tätig geworden.

Mit Schreiben vom 20.12.2004 beantragte der Beteiligte zu 2 seine Weiterbeschäftigung und erklärte sich im Nachgang mit Schreiben vom 13.1.2005 mit Einsätzen in allen Dienststellen der T. oder der Konzernunternehmen einverstanden. Die Beteiligte zu 1 lehnte seine Weiterbeschäftigung ab. Vorerst beschäftigt sie den Beteiligten zu 2 - aufgrund gerichtlichen Vergleichs vor dem Arbeitsgericht Regensburg (1 Ca 347/05) - bis zum Abschluss des vorliegenden Verfahrens bei einer Dienststelle in Leipzig.

Die Beteiligte zu 1 ist der Auffassung, dass § 78a BetrVG auf das Ausbildungsverhältnis mit dem Beteiligten zu 2 nicht anwendbar sei, und deshalb ein Arbeitsverhältnis nach § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG ab 18.1.2005 nicht begründet worden sei. Die Organisationseinheit T. mit ihren Berufsbildungsstellen sei ein reiner Ausbildungsbetrieb, eine Qualifizierungsorganisationseinheit mit dem ausschließlichen Zweck der Durchführung der Berufsausbildung für andere Betriebe. Die Auszubildenden eines solchen Betriebes nähmen nicht an der Verwirklichung des arbeitstechnischen Betriebszweckes der Berufsbildungsstellen bzw. des T. teil, gehörten deshalb nicht zu dessen Belegschaft und seien keine Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG. Ein Anspruch auf Übernahme ergebe sich deshalb nicht direkt aus § 78a BetrVG, sondern beruhe ausschließlich auf den tarifvertraglichen Regelungen. Zwar sei die Geltung des § 78a BetrVG mit dem Tarifvertrag TTC vom 26.11.2001 vereinbart worden; doch seien diese Rechte für den Prüfungsjahrgang 2005 nachträglich gemäß einer von den Tarifvertragsparteien am 8.5.2004 abgesprochenen und später unterzeichneten "Ergänzung zum Angebot zum Beschäftigungsbündnis T. vom 15.3.2004 (Bl. 35 d. A. "Gesprächsnotiz vom 8.5.2004", vgl. auch Bl. 276 ff d. A.) eingeschränkt worden. Denn unter Buchstabe D dieser ergänzenden Vereinbarung sei geregelt worden, dass nur ordentliche Mitglieder der Auszubildendenvertretung, nicht aber Ersatzmitglieder übernommen würden.

Aber selbst wenn ein Arbeitsverhältnis mit dem Beteiligten zu 2 gesetzlich begründet worden wäre, müsste dies nunmehr aufgelöst werden. Denn es gebe keinen freien Arbeitsplatz für den Beteiligten zu 2 in dem Beschäftigungsbetrieb, also im Bereich des Betriebes T.. Der Anspruch aus § 78a BetrVG beziehe sich nur auf den jeweiligen Ausbildungsbetrieb, nicht aber auf das ganze Unternehmen der T.

Aber selbst bei unternehmensweiter Betrachtungsweise sei die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2 unzumutbar. Die Beteiligte zu 1 habe derzeit etwa 19.000 Mitarbeiter im Personalüberhang, die befristet im so genannten Betrieb "V." beschäftigt würden. Etwa 20 % davon hätten eine Qualifikation im Bereich Verwaltung. Es handele sich um Stammkräfte, die in jedem Fall Vorrang vor extern einzustellenden Mitarbeitern hätten. Laut der Tarifeinigung würden deshalb auch nur 400 Nachwuchskräfte übernommen, auf die die ordentlichen Mitglieder der Auszubildendenvertretungen, nicht aber Ersatzmitglieder, angerechnet würden. Weitere freie Arbeitsplätze bestünden nicht. Arbeitsplätze könnten nur dann als frei im Sinne des § 78a BetrVG angesehen werden, wenn der Arbeitgeber diese nach seiner Planung im Wege einer Neueinstellung besetzen würde.

Die Beteiligte zu 1. beantragte im ersten Rechtszug,

Es wird festgestellt, dass mit dem Beteiligten zu 2 kein Arbeitsverhältnis gemäß § 78a BetrVG begründet worden ist.

Hilfsweise beantragt die Antragstellerin:

Das nach § 78a Abs. 2 BetrVG mit dem Beteiligten zu 2 begründdete Arbeitsverhältnis wird aufgelöst.

Der Beteiligte zu 2 und die übrigen Beteiligten beantragten, die Anträge zurückzuweisen.

Sie trugen vor, die Auszubildenden der Beteiligten zu 1 seien unabhängig von den Organisationsstrukturen der Ausbildung Arbeitnehmer, und es finde keine außerbetriebliche Ausbildung in einem reinen Ausbildungsbetrieb statt. Deshalb gelte in Verbindung mit dem Tarifvertrag TTC § 78a BetrVG unmittelbar und zwingend. Es könne keinen Unterschied machen, ob die Auszubildenden der Beteiligten zu 1 organisatorisch dem oder den Betrieben des T. - Centers oder jeweils einem Produktionsbetrieb zugeordnet würden. Eine Abschaffung der Rechte der Auszubildenden gemäß § 78a BetrVG durch solche organisatorische Maßnahmen wären gesetzeswidrig und nichtig. Auch könne in solchen Fällen die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung im Sinne von § 78 Abs. 4 S. 1 BetrVG nicht allein auf den Ausbildungsbetrieb bezogen beantwortet werden, da ansonsten der Schutz des § 78a BetrVG weitgehend leer liefe. Es wäre auch ein Wertungswiderspruch, wenn im Rahmen des § 1 Abs. 2 KSchG ein freier Arbeitsplatz in einem der Betriebe eines Unternehmens einer sozialen Rechtfertigung entgegenstünde, im Rahmen des § 78a BetrVG aber außer Acht bliebe.

Es gebe bei der Beteiligten zu 1 ständig freie bzw. freiwerdende Arbeitsplätze, die eine Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2 ermöglichten. Ein allgemeiner Personalüberhang ändere daran nichts. Der Beteiligte zu 2 sei in einer vergleichbaren Situation wie die Mitarbeiter bei der Beschäftigungsgesellschaft Vivento, müsse aber aufgrund des § 78a BetrVG vorrangig einen Arbeit.platz erhalten.

Das Arbeitsgericht Regensburg hat durch Beschluss vom 18.8.2005 die Anträge der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, gemäß § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG sei zwischen der Beteiligten zu 1 und dem Beteiligten zu 2 ein Arbeitsverhältnis ab 18.1.2005 begründet worden. Der Beteiligte zu 2 sei Auszubildender der Beteiligten zu 1 und genieße als Ersatzmitglied, das innerhalb des letzten Jahres vor dem Ende der Ausbildung in der Auszubildendenvertretung vertretungsweise tätig wurde, den Schutz des § 78a BetrVG und habe auch rechtzeitig Antrag auf Weiterbeschäftigung gestellt. Gemäß § 3 Abs. 4 des TV TTC komme für die Auszubildendenvertreter uneingeschränkt § 78 und § 78a BetrVG zur Anwendung. Ohne diesen Tarifvertrag würden die Auszubildenden während ihrer berufspraktischen Ausbildung den jeweiligen ausbildenden Produktionsbetrieben angehören, was allerdings eine Einschränkung ihrer Mitbestimmungsmöglichkeiten als Auszubildende bedeuten würde. Um die betriebliche Mitbestimmung der Auszubildenden in vollem Umfange sicher zu stellen, sei die tarifliche Regelung getroffen worden. Damit werde der besonderen Organisationsform der Ausbildung bei der Antragstellerin Rechnung getragen. Auf solche tarifvertraglich geregelten anderen Arbeitnehmervertretungsstrukturen (§ 3 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG) würden die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes entsprechend § 3 Abs. 5 BetrVG Anwendung finden. § 78a BetrVG sei dann einschlägig, wenn sich die Jugend- und Auszubildendenvertreter in einem Berufsausbildungsverhältnis im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder einem vergleichbaren, durch Tarifvertrag geregelten Rechtsverhältnis befinden. Die Auffassung der Beteiligten zu 1, die tarifliche Regelung der Geltung der § 78 und § 78a BetrVG sei konstitutiv und unterliege deshalb uneingeschränkt der Disposition der Tarifvertragsparteien, sei nicht überzeugend. Vielmehr sei die Geltung der §§ 78 und 78a BetrVG die notwendige Folge der durch den Tarifvertrag geregelten Organisationsstrukturen der Ausbildung im Unternehmen und im Konzern. § 3 Abs. 4 des TV TTC unterstreiche lediglich diese Rechtsfolge, begründe sie aber nicht.

Aber selbst wenn man der Meinung der Beteiligten zu 1 folgen würde, wäre die zwischen den Tarifvertragsparteien erfolgte Absprache über die Einstellung von Auszubildendenvertretern bzw. die Nichtberücksichtigung von Ersatzvertretern keine Änderung des TV TTC. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei der Absprache überhaupt um einen Tarifvertrag handele, lasse weder der Wortlaut noch die Zielrichtung eine derartige Auslegung zu. Außerdem wäre eine Differenzierung nach ordentlichen Mitgliedern und Ersatzmitgliedern der Auszubildendenvertretung kaum sachlich zu rechtfertigen. Gemäß § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG sei folglich ein Arbeitsverhältnis zwischen der Beteiligten zu 1 und dem Beteiligten zu 2 ab 18.1.2005 entstanden. § 78a Abs. 2 BetrVG setze nach seinem Wortlaut nicht voraus, dass das Arbeitsverhältnis im bisherigen Ausbildungsbetrieb entstanden sein müsse. Allerdings würden notwendige Änderungen des Inhaltes eines Arbeitsverhältnisses, vor allem des Einsatzortes, grundsätzlich dem Konsensprinzip unterliegen, der Beteiligte zu 2 habe aber schon mit seinem Antrag auf Weiterbeschäftigung erklärt, dass er bereit sei, ein Arbeitsverhältnis in jedem Betrieb der Beteiligten zu 1 zu akzeptieren.

Auch der Auflösungsantrag der Beteiligten zu 1 sei nicht begründet. Der Antrag sei zwar rechtzeitig gestellt, es lägen aber keine Tatsachen vor, aufgrund derer es der Beteiligten zu 1 unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles nicht zugemutet werden könnte, den Beteiligten zu 2 in seinem Ausbildungsberuf zu beschäftigen. Die Frage der Zumutbarkeit der Beschäftigung sei auch dann zu bejahen, wenn diese auf einem freien Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb des Unternehmens möglich sei. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass der Zweck des § 78a BetrVG lediglich der Schutz der Amtskontinuität sei. Dies sei lediglich einer der Schutzzwecke. Darüber hinaus solle dem Auszubildendenvertreter vor allem die Besorgnis genommen werden, wegen seiner Amtsausübung oder der Art seiner Amtsausübung vom Arbeitgeber benachteiligt zu werden (vgl. BAG Beschluss vom 6.11.1996 AP Nr. 26 zu § 78a BetrVG 1972). Dieser Gesichtspunkt entspreche dem Schutzgedanken der Regelungen in § 15 KSchG und § 103 BetrVG und deshalb sei bei der Frage der Beschäftigungsmöglichkeit grundsätzlich nicht auf den Ausbildungsbetrieb, sondern auf alle Betriebe des Unternehmens abzustellen, vor allem, wenn sich der Arbeitnehmer zugleich mit seinem Weiterbeschäftigungsantrag zu einem Einsatz auch in anderen oder allen anderen Betrieben des Unternehmens bereit erkläre. Eine unternehmensweite Betrachtung sei aber jedenfalls dann angezeigt, wenn eine rein betriebsbezogene Betrachtungsweise bei einer unternehmensweit organisierten Ausbildung zu einer Umgehung von § 78a BetrVG führen würde. Eine Weiterbeschäftigung im Ausbildungsbetrieb würde nämlich in der Regel schon am Fehlen von geeigneten Arbeitsplätzen scheitern. Im Falle des Beteiligten zu 2 seien zwar geeignete Arbeitsplätze beim Ausbildungsbetrieb grundsätzlich vorhanden, aber nach den Darlegungen der Beteiligten zu 1 zum Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 2 nicht zu besetzen gewesen. Es gebiete daher die mit TV TTC geregelte Organisation der Ausbildung, dass die Frage der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf jeden Fall unternehmensweit zu beurteilen sei, denn ansonsten würde auch die Regelung in § 3 Abs. 4 des TV TTC mit der dortigen Verweisung auf die Geltung auch des § 78a BetrVG keinen Sinn mehr ergeben und, soweit dies konstitutiv gedacht gewesen sei, von vorneherein weitgehend leer laufen. Die Beteiligte zu 1 könne die Unzumutbarkeit der Beschäftigung auch nicht aus einem Personalüberhang von circa 19.000 Mitarbeitern im Beschäftigungsbetrieb V. herleiten. Im Rahmen des § 78a Abs. 4 S. 1 BetrVG könnten nur außerordentliche Gründe personen-, verhaltens- oder betriebsbedingter Art den Anforderungen der Unzumutbarkeit genügen. Schon begrifflich würden dabei Gesichtspunkte ausscheiden, die in der Person von Mitbewerbern um freie Arbeitsplätze und in deren sozialen Belangen ihren Grund haben. Denn es gehe nur um die Frage, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung zumutbar ist, nicht, ob es Mitarbeitern unzumutbar ist, dass eine Nachwuchskraft ihnen vorgezogen werde. Es komme weder eine soziale Auswahl noch ein Qualifikationsvergleich in Betracht. Die Beteiligte zu 1 könne auch nicht anführen, sie habe grundsätzlich keinen Einstellungsbedarf, weil genügend Arbeitnehmer bei Vivento beschäftigt seien, denen freiwerdende Stellen übertragen werden könnten. Die Weiterbeschäftigung eines Auszubildenden nach § 78a BetrVG sei keine Neueinstellung, und es gehe auch nicht um die Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes. Vielmehr entstehe das Arbeitsverhältnis nach Ende der Ausbildung gemäß § 78a Abs. 2 BetrVG aufgrund des Gesetzes. Es gehe nicht um die Zumutbarkeit einer Übernahme, sondern der Weiterbeschäftigung. Das also gesetzlich begründete Arbeitsverhältnis sei nicht deshalb aufzulösen, weil genügend andere, sozial schutzwürdigere Arbeitnehmer vorhanden seien, die auf den freien Arbeitsplatz versetzt werden könnten.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Erwägungen des Arbeitsgerichtes im Einzelnen wird auf den Inhalt des Beschlusses des Arbeitsgerichtes Regensburg vom 18.8.2005 (Bl. 293 - 304 d. A.) verwiesen.

Die Beteiligte zu 1. hat gegen diesen Beschluss, der ihr am 25.11.2005 zugestellt wurde, am 5.12.2005 Beschwerde eingelegt und diese am 23.2.2006 innerhalb der bis 24.2.2006 verlängerten Frist auch begründet.

Sie trägt im Beschwerdeverfahren vor, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht die Anträge der Beteiligten zu 1 als unbegründet zurückgewiesen. Mit seiner Entscheidung verkenne das Arbeitsgericht sowohl die Grundlagen für die Anwendbarkeit des § 78a BetrVG als auch die Frage der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes seien die §§ 78 und 78a BetrVG nicht direkt anzuwenden, sondern seien notwendige Folge der durch den Tarifvertrag geregelten Organisationsstrukturen. Die Anwendbarkeit der §§ 78 und 78a BetrVG ergäbe sich allein aus den tarifvertraglichen Vereinbarungen im TV TTC. Unter Punkt D der Vereinbarung vom 8.5.2004 handele es sich um eine tarifliche Regelung. Die Tarifvertragsparteien hätten sich darauf verständigt, in welchem Umfang Auszubildende nach abgeschlossener Ausbildung übernommen werden sollten. In Abweichung von § 3 Abs. 4 TV TTC hätten die Tarifvertragsparteien dabei vereinbart, dass die ordentlichen Mitglieder der Auszubildendenvertretung übernommen werden sollen, nicht jedoch die Ersatzmitglieder. Diese tarifvertragliche Regelung sei bestätigt worden durch den Tarifvertrag zur Änderung des TV TTC vom 18.8.2005, der rückwirkend zum 1.1.2005 in Kraft getreten sei. Auch hier hätten die Tarifvertragsparteien ausdrücklich darauf abgestellt, dass nur ordentliche Mitglieder der Auszubildendenvertretung zu übernehmen seien. Auch im Manteltarifvertrag für die Auszubildenden der T. hätten die Tarifvertragsparteien in der Protokollnotiz zu § 23 vereinbart, dass sowohl die Protokollnotiz zu § 3 Abs. 3 TV TTC als auch die Ergebnisniederschrift vom 8.5.2004 zu beachten seien. Aus all dem ergebe sich, dass der Beteiligte zu 2 als Ersatzmitglied der Auszubildendenvertretung keinen Anspruch aus § 3 Abs. 4 TV TTC i.V.m. § 78a BetrVG habe. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass diese Auffassung sowohl vom Arbeitsgericht Erfurt (5 BV 14/05) als auch vom Arbeitsgericht Würzburg (2 BV 11/05) geteilt werde.

Aber selbst wenn ein Arbeitsverhältnis begründet worden sei, so sei dies wegen Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung aufzulösen. Prüfungsmaßstab für die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung sei allein der Betrieb. Der Begriff der Unzumutbarkeit im Sinne von § 78a BetrVG sei nicht mit dem kündigungsrechtlichen Begriff identisch. Die Zielrichtung des § 78a BetrVG, neben dem Schutz des Amtsträgers die Kontinuität der Amtstätigkeit zu gewährleisten, sei nur im Betrieb möglich. Der Schutzzweck des § 3 Abs. 4 TV TTC i.V.m. § 78a BetrVG gebiete allein eine betriebsbezogene Prüfung. Für eine unternehmensweite Prüfung der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bestehe keine gesetzliche Rechtfertigung. An der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung fehle es auch deswegen, weil keine freien geeigneten Arbeitsplätze bei der Beteiligten zu 1 vorhanden seien. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes liege die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen bereits dann vor, wenn der Arbeitgeber zur Zeit der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses keine geeigneten freien Arbeitsplätze zur Verfügung habe, und die Personalplanung die Schaffung neuer Arbeitsplätze nicht rechtfertige. § 78a BetrVG verpflichte den Arbeitgeber im Grundsatz nicht, ohne Rücksicht auf Planung und Bedarf neue Arbeitsplätze zu schaffen, da die Entscheidung darüber, ob neue Arbeitsplätze eingerichtet werden sollen, allein im Ermessen des Arbeitgebers liege. Die Beteiligte zu 1 habe nicht in Abrede gestellt, dass freie Arbeitsplätze zum Zeitpunkt des Endes der Ausbildung des Beteiligten zu 2 bestanden haben. Sie habe jedoch aufgezeigt, dass diesen freien Arbeitsplätzen eine Vielzahl von Arbeitnehmern gegenüber gestanden haben, die bereits Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1 waren und ebenfalls nach einer Beschäftigung gesucht haben. Die Beklagte zu 1 sei verpflichtet, freiwerdende Stellen vordringlich mit Kräften aus dem Betrieb V. zu besetzen.

Die Beteiligte zu 1. beantragt im Beschwerdeverfahren:

I. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Regensburg vom 18.8.2005, Az.: 4 BV18/05, wird abgeändert.

II. Es wird festgestellt, dass mit dem Beteiligten zu 2 kein Arbeitsverhältnis gemäß § 78a BetrVG begründet worden ist.

Hilfsweise:

Das nach § 78a Abs. 2 BetrVG mit dem Beteiligten zu 2 begründete Arbeitsverhältnis wird aufgelöst.

Die Beteiligten zu 2, 3, 4 bis 5 beantragen

die Zurückweisung der Beschwerde.

Bezüglich des Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Beteiligten zu 1 vom 23.2.2006 (Bl. 338 - 351 d. A.) und des Schriftsatzes vom 6.7.2006 (Bl. 430 - 432 d. A.) und auf den Schriftsatz der Beteiligten zu 2 und 3 vom 30.3.2006 (Bl. 372 - 383 d. A.) sowie auf den Schriftsatz der Beteiligten zu 4 und 5 vom 20.7.2006 (Bl. 434 - 447 d. A.) verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Regensburg vom 18.8.2005 ist zulässig, sie ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG i.V.m. § 87 Abs. 2 S. 1 ArbGG vorgegebenen Fristen eingelegt und begründet.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Feststellungsantrag, dass zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 ab 18.1.2005 kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, sowie den Antrag auf Aufhebung eines zustande gekommenen Arbeitsverhältnisses, abgewiesen. Das Beschwerdegericht schließt sich den Ausführungen des Arbeitsgerichtes in den Gründen des Beschlusses vom 18.8.2005 an und nimmt diese gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG in Bezug. Ergänzend ist noch auszuführen:

1. Zwischen der Beteiligten zu 1 und dem Beteiligten zu 2 ist im Anschluss an die Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ab 18.1.2005 gemäß § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.

a) Der Beteiligte zu 2 war Auszubildender bei der Beteiligten zu 1; zwischen beiden bestand der Ausbildungsvertrag.

b) Der Beteiligte zu 2 war Ersatzmitglied bei der in der Berufsbildungsstelle Regensburg gewählten Auszubildendenvertretung und ist im letzten Jahr vor Beendigung seines Ausbildungsverhältnisses als Ersatzmitglied tätig geworden.

Die Vorschrift des § 78a BetrVG gilt auch für Ersatzmitglieder, sobald sie in die Arbeitnehmervertretung nachgerückt sind. Dies gilt nicht nur im Falle des endgültigen Nachrückens für ein ausgeschiedenes ordentliches Mitglied, sondern auch bei einer nur vorübergehenden Vertretung eines zeitweilig verhinderten ordentlichen Mitgliedes (BAG AP Nr. 8 zu § 78a BetrVG 1972; Fitting u.a. § 78a BetrVG Rz. 11). Das nur vorübergehend tätige Ersatzmitglied genießt den Schutz des § 78a BetrVG nicht nur für die Zeit der Vertretung des ordentlichen Mitgliedes, sondern auch für den Zeitraum von einem Jahr nach Beendigung der zeitweisen Vertretung. Hierbei kommt es auf die Zeitdauer der Vertretung ebenso wenig an wie darauf, dass während der Vertretung relevante Betriebsverfassungsaufgaben angefallen sind (BAG AP Nr. 3 zu § 9 BPersVG; Fitting u.a. § 78a BetrVG Rz. 11).

c) Das Beschwerdegericht ist mit dem Arbeitsgericht - entgegen der Meinung der Beteiligten zu 1 - der Auffassung, dass §§ 78, 78a BetrVG nicht wegen der Regelung in § 3 Abs. 4 des TV Mitbestimmung TTC Anwendung finden, sondern dass die Geltung der §§ 78, 78a BetrVG gemäß § 3 Abs. 5 S. 2 BetrVG die notwendige und zwingende Folge der durch den TV TTC geregelten Organisationsstrukturen der Ausbildung im Unternehmen und im Konzern ist.

Wie das BAG am 24.8.2004 (AP Nr. 12 zu § 98 BetrVG 1972) entschieden hat, greift der TV Mitbestimmung TTC (TV 122) nicht in gesetzliche Organisationsstrukturen und Befugnisse von Vertretungsgremien ein, sondern schafft in einem gesetzlich ungeregelten Bereich eigene Vertretungsstrukturen und Kompetenzen. Dies ist von Art. 9 Abs. 3 GG und § 3 Abs. 2 TVG gedeckt. In Tarifverträgen können auf die Betriebsverfassung bezogene Beteiligungsrechte geschaffen werden, die im Gesetz nicht vorgesehen sind. Dabei haben es die Tarifvertragsparteien in der Hand, die selbst geschaffenen Ausbildungsvertretungen mit vom Betriebsverfassungsgesetz unterschiedenen materiellen und prozessualen Beteiligungsrechten auszustatten.

Gemäß § 3 Abs. 5 S. 1 BetrVG sind auf die Arbeitnehmervertretungen, die in aufgrund eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung gebildeten betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheiten gebildet werden, die Vorschriften über die Rechte und Pflichten des Betriebsrates und die Rechtsstellung seiner Mitglieder anzuwenden. Diese Vorschrift bezieht sich auch auf eine Jugend- und Auszubildendenvertretung (vgl. Fitting u.a. § 3 BetrVG Rz. 79), da § 3 Abs.5 S. 2 BetrVG allgemein von Arbeitnehmervertretungen spricht, und hierzu auch eine Jugend- und Auszubildendenvertretung oder auch nur eine Auszubildendenvertretung gehört.

Ist eine solche Auszubildendenvertretung rechtswirksam errichtet - wovon die Beteiligten im vorliegenden Falle bei der Auszubildendenvertretung, der der Beteiligte zu 2 als Ersatzmitglied angehörte, ausgehend - so greift § 3 Abs. 5 S. 2 BetrVG ein, sofern die Bildung der Arbeitnehmervertretung auf § 3 Abs. 1 Ziff. 1 - 3 BetrVG beruht. Hier beruht sie auf § 3 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG, da insoweit eine andere Arbeitnehmervertretungsstruktur errichtet wurde und die Tarifvertragsparteien davon ausgingen, dass dies aufgrund der Konzernorganisation einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Auszubildenden dient.

§ 3 Abs. 5 S. 2 BetrVG regelt, dass auf die nach § 3 Abs. 1 Ziff 1 - 5 BetrVG gebildeten Arbeitnehmervertretungen die Vorschriften über die Rechte und Pflichten des Betriebsrates und die Rechtstellung seiner Mitglieder Anwendung finden. Diese Vorschrift ist, zumindest was die Rechtsstellung der Mitglieder der Arbeitnehmervertretung angeht, zwingend, insbesondere dann, wenn im Tarifvertrag, mit dem die Arbeitnehmervertretung errichtet wurde, der Arbeitnehmervertretung dieselben Aufgaben und dieselbe Stellung zugewiesen werden, wie sie eine gesetzliche Arbeitnehmervertretung hat. Dies trifft hier zu, da in § 3 Abs. 1 des TV Mitbestimmung TTC ausdrücklich geregelt ist, dass sich die Aufgaben und die Stellung nach den für die Jugend- und Auszubildendenvertretung geltenden Bestimmungen des BetrVG richten. Ist ein Auszubildendenvertreter in einer Vertretung, die durch Tarifvertrag eingeführt wurde, denselben Konflikten und demselben Spannungsfeld ausgesetzt wie ein Auszubildendenvertreter in einem nach dem BetrVG errichteten Gremium, so verlangt es dieselbe Interessenlage, ihm auch denselben Schutz zu gewähren, was durch § 3 Abs. 5 S. 2 BetrVG vom Gesetzgeber verwirklicht wurde. Dieser Schutz kann auch durch die Tarifvertragsparteien nicht beseitigt werden; § 5 Abs. 3 S. 2 BetrVG steht insoweit nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien, was die Rechtsstellung der Mitglieder des Arbeitnehmervertretungsorgans betrifft. Die Tarifvertragsparteien haben zwar die freie Entscheidung, ob sie überhaupt vom Betriebsverfassungsgesetz abweichende Arbeitnehmervertretungsstrukturen einführen. Sie haben auch die freie Entscheidung, mit welchen materiellen und prozessualen Beteiligungsrechten diese von ihnen geschaffenen Arbeitnehmervertretungen ausgestattet werden. Sie haben aber es nicht in der Hand, diesen Arbeitnehmervertretern die ihnen durch § 5 Abs. 3 S. 2 BetrVG vom Gesetzgeber gewährten Rechtspositionen zu entziehen.

Somit kann auch der Tarifvertrag zur Änderung des Tarifvertrages Mitbestimmung TTC vom 18.8.2005 dem Beteiligten zu 2 auch nicht seine ihm gemäß § 3 Abs. 5 S. 2, § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG durch Gesetz gewährte Rechtsposition entziehen.

Damit kann auch dahingestellt bleiben, ob dieser TV-Änderung überhaupt rückwirkend zum 1.1.2005 in Kraft gesetzt werden konnte, denn nur dann hätte dieser Änderungstarifvertrag auch Auswirkungen auf das Übernahmeverlangen des Beteiligten zu 2 ab 18.1.2005 haben können.

d) Da der Beteiligte zu 2 von der Beteiligten zu 1 gemäß § 78a Abs. 2 BetrVG die Weiterbeschäftigung fristgerecht verlangt hat, ist folglich ein Arbeitsverhältnis zwischen der Beteiligten zu 1 und dem Beteiligten zu 2 ab 18.1.2005 zustande gekommen. Wie das Arbeitsgericht weiter zutreffend ausgeführt hat, setzt § 78 Abs. 2 BetrVG nicht voraus, dass das Arbeitsverhältnis im bisherigen Ausbildungsbetrieb entsteht. Der Beteiligte zu 2 hat bereits in seinem Antrag auf Weiterbeschäftigung erklärt, dass er bereit ist, ein Arbeitsverhältnis in jedem der Betriebe der Beteiligten zu 1 zu akzeptieren.

2. Der Auflösungsantrag der Beteiligten zu 1 gemäß § 78a Abs. 4 Ziff. 2 BetrVG ist ebenfalls nicht begründet, da keine Tatsachen vorliegen, aufgrund derer der Beteiligten zu 1 unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung des Beteiligen zu 2 nicht zugemutet werden kann.

Auch dringende betriebliche Gründe können eine Weiterbeschäftigung unzumutbar machen. Allerdings reichen hierfür nicht schon solche betriebsbedingten Gründe aus, die eine ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nach § 1 KSchG rechtfertigen. Zweck des § 78a BetrVG ist auch die Schaffung eines anderen betriebsverfassungsrechtlichen Funktionsträgern entsprechenden Schutzes. Deshalb sind an die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen strenge Anforderungen zu stellen. Dem Arbeitgeber muss die Weiterbeschäftigung schlechterdings nicht zumutbar sein (vgl. BAG AP Nr. 5 und 26 zu § 78a BetrVG 1972). Die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ist grundsätzlich bei Fehlen eines freien Arbeitsplatzes anzunehmen (BAG AP Nr. 5, 20, 25 und 26 zu § 78a BetrVG 1972). Dabei ist streitig, ob bei der Frage, ob ein freier Arbeitsplatz vorhanden ist, auf den Betrieb oder auf das Unternehmen abzustellen ist (siehe zum Streitstand Fitting u.a. § 78a BetrVG Rz. 54 und GK-Kreutz § 78a BetrVG Rz. 83).

Das Beschwerdegericht teilt die Auffassung, dass die Frage des freien Arbeitsplatzes und damit die Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung unternehmensbezogen zu beurteilen ist. In § 78a BetrVG gibt es keine ausdrückliche Einschränkung der Pflicht zur Weiterbeschäftigung auf den Ausbildungsbetrieb, auch nicht in § 78a Abs. 2 BetrVG. Nach dieser Norm wird ein Arbeitsverhältnis fingiert, wenn drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung verlangt wird. Hat der Gesetzgeber eine ausdrückliche Begrenzung auf die Weiterbeschäftigung im Ausbildungsbetrieb nicht geregelt, so ist dies bei der Frage der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung zu berücksichtigen. Es ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb es dem Arbeitgeber unzumutbar sein soll, einen Jugend- und Auszubildendenvertreter in einem anderen Betrieb seines Unternehmens weiter zu beschäftigen, wenn er dort einen freien und geeigneten Arbeitsplatz hat. Im Gegenteil verlangt der Regelungszweck des § 78a BetrVG bei der Frage der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eine unternehmensbezogene Betrachtungsweise. § 78a BetrVG soll nämlich nicht nur der Kontinuität und Unabhängigkeit der Arbeit in der Jugend- und Auszubildendenvertretung und im Betriebsrat dienen, sondern auch die Amtsausübung ohne Furcht vor Nachteilen für die zukünftige berufliche Entwicklung ermöglichen (vgl. GK-Kreutz § 78a BetrVG Rz. 1 unter Hinweis auf BT-Drucksache 7/1170 S. 1). Auch wenn dem Auszubildendenvertreter wegen der Befristung des Berufsausbildungsverhältnisses kein dem § 15 KSchG oder dem § 103 BetrVG entsprechender Kündigungsschutz zusteht, so soll ein Schutz doch über § 78a Abs. 2 BetrVG insoweit erwirklicht werden, als bei einem entsprechenden Verlangen ein Arbeitsverhältnis zustande kommt. Der durch § 78a BetrVG in seinem Anspruch auf Begründung und Bestand eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses geschützte Arbeitnehmer kann aber nicht schlechter gestellt sein als ein anderer Arbeitnehmer ohne besonderen Bestandsschutz. Wenn schon bei einer ordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb des Unternehmens die Sozialwidrigkeit der Kündigung auslöst, so muss diese Möglichkeit auch die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des durch § 78a BetrVG geschützten Auszubildenden erst recht ausschließen (vgl. Fitting u.a. § 78a BetrVG Rz. 54 m.w.N.).

Darüber hinaus teilt das Beschwerdegericht auch die Auffassung des Arbeitsgerichtes, dass der Regelung in § 4 Abs. 4 S. 1 des TV Mitbestimmung TTC zu entnehmen ist, dass die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit konzernweit zu prüfen ist und nicht abgestellt auf den Ausbildungsbetrieb. Der Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses würde bei betriebsbezogener Betrachtungsweise im vorliegenden Falle leer laufen, da - wenn man das TT als den Ausbildungsbetrieb ansieht, bei der TT nur Stellen als Ausbilder und Stellen im Verwaltungsbereich vorhanden sind, dies auch nur in einem ganz begrenzten Umfange. Dies wussten auch die Tarifvertragsparteien. Durch die Tatsache, dass sie in § 3 Abs. 4 S. 1 des TV Mitbestimmung TTC die Anwendbarkeit der §§ 78, 78a BetrVG geregelt haben, ist davon auszugehen, dass sie damit nicht nur die Rechtslage deklaratorisch wiederholen wollten, sondern dass sie den Mitgliedern der Auszubildendenvertretung auch realisierbare Rechte aus den § 78, 78a BetrVG einräumen wollten. Das Recht eines Auszubildenden wie des Beteiligten zu 2 aus § 78a BetrVG ist aber nur realisierbar, wenn er bei der Möglichkeit der Weiterbeschäftigung nicht auf den Ausbildungsbetrieb T. beschränkt ist, sondern die Weiterbeschäftigung konzernweit betrachtet wird.

Hinzu kommt, dass im Betrieb T. die Ausbildung auch nur zu etwa einem Drittel erfolgt, die übrige und somit überwiegende Ausbildung erfolgt unstreitig in anderen Betrieben des Konzerns der Beteiligten zu 1, so dass Ausbildungsbetrieb nicht nur der Betrieb T. ist, sondern auch andere Betriebe des Konzerns; auch aus diesem Grunde kann die Regelung in § 3 Abs. 4 des TV Mitbestimmung TTC nur so verstanden werden, dass sich der Weiterbeschäftigungsanspruch des Auszubildendenvertreters gemäß § 78a BetrVG nicht auf den Betrieb T. beschränkt, sondern sich auf alle Betriebe des Konzerns der Beteiligten zu 1 erstreckt.

Bei der Zumutbarkeitsprüfung des § 78a Abs. 4 BetrVG ist auf den Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses abzustellen. Auch im Beschwerdeverfahren hat die Beteiligte zu 1 nicht bestritten, dass im Beurteilungszeitpunkt geeignete freie Stellen im Ausbildungsbereich des Beteiligten zu 2 vorhanden waren, sich aber darauf berufen, dass im Betrieb Vivento ein Überhang von Arbeitnehmern mit dieser Qualifikation vorhanden gewesen sei. Damit kann aber der Auflösungsantrag nicht begründet werden. Es ist nicht entscheidend, ob ein Überhang von Arbeitskräften vorhanden ist; entscheidend ist vielmehr, ob eine entsprechende Arbeitsstelle im Beurteilungszeitpunkt frei und damit unbesetzt ist. Eine Stelle ist solange frei und unbesetzt, solange sie nicht einem konkreten Arbeitnehmer zugeteilt ist. Die Beteiligte zu 1 kann den gesetzlichen Anspruch eines Mitgliedes einer Auszubildendenvertretung nicht dadurch beseitigen, indem sie auf einen Überhang von Arbeitskräften verweist. Solange der Arbeitgeber eine freie Stelle nicht konkret wieder besetzt hat, ist die Stelle frei und damit besteht auch die Möglichkeit der vom Gesetzgeber in § 78a BetrVG gewollten Weiterbeschäftigung eines Mitgliedes einer Auszubildendenvertretung nachzukommen, und damit ist die Weiterbeschäftigung nicht unzumutbar. Insoweit genießt der Jugend- und Auszubildendenvertreter den besonderen Schutz des § 78a BetrVG.

Eine andere Frage ist, ob sich der Arbeitgeber außerhalb von § 78a Abs. 4 BetrVG durch Ausspruch einer Kündigung von dem begründeten Arbeitsverhältnis lösen kann. Genießt der betreffende Arbeitnehmer nicht mehr den besonderen Schutz eines Organmitgliedes gemäß § 15 KSchG oder § 103 BetrVG, so beurteilt sich die Rechtfertigung einer Kündigung nach § 1 KSchG und der betreffende Arbeitnehmer ist dann nicht mehr besser geschützt als jeder andere normale Arbeitnehmer. Es ist aber mit § 78a Abs. 4 BetrVG nicht vereinbar, wenn der Arbeitgeber dem Auszubildendenvertreter bereits im Rahmen der Prüfung der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung gemäß § 78a Abs. 4 BetrVG die Gründe zur sozialen Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung einschließlich einer zutreffenden sozialen Auswahl entgegenhalten könnte; insofern wäre nämlich der Prüfungsmaßstab der Unzumutbarkeit in § 78a Abs. 4 BetrVG durch den erheblich geringeren Maßstab der sozialen Rechtfertigung gemäß § 1 KSchG ersetzt. Deshalb ist auch anerkannt, dass an das Vorliegen betrieblicher Gründe im Rahmen der Unzumutbarkeitsprüfung strengere Anforderungen zu stellen sind als bei einer Prüfung nach § 1 Abs. 2 Satz KSchG (ganz herrschende Meinung, vgl. GK-Kreutz § 78a BetrVG Rz. 83 m. w. N.).

3. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Regensburg vom 18.8.2005 war somit als unbegründet zurückzuweisen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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