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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 21.11.2008
Aktenzeichen: 10 Sa 289/08
Rechtsgebiete: EFZG, BUrlG


Vorschriften:

EFZG § 3
BUrlG § 9
Wird der Arbeitnehmer während eines bezahlten Erholungsurlaubs, den er im Rahmen einer Betriebsurlaubsregelung nimmt, krank, verliert er nicht seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 289/08

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2008 durch

den Direktor des Arbeitsgerichts Trapp, den ehrenamtlichen Richter Herrn Germerott, den ehrenamtlichen Richter Herrn Martens

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 9. Januar 2008 - 5 Ca 242/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rückzahlung erhaltener Entgeltfortzahlung.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 1. Juli 1988 als Angestellter zu einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von 3.093,03 € beschäftigt.

Im Jahr 2006 vereinbarte die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Personalrat, dass die Tage 27., 28. Dezember 2006 sowie 2. bis 4. Januar 2007 Betriebsferien sein sollten und die Mitarbeiter hierfür 5 Tage Erholungstage einsetzen. Im Falle des Klägers handelte es sich bei den 5 Tagen um den restlichen Urlaubsanspruch für das Jahr 2006.

Vom 25. Dezember 2006 bis zum 19. Februar 2007 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Für die 5 Tage der Betriebsferien zahlte die Beklagte dem Kläger 671,46 € brutto.

Mit Schreiben vom 20. März 2007 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm die 5 Tage Erholungsurlaub nachzugewähren. Nach Ablehnung durch die Beklagte hat der Kläger am 9. Mai 2007 Klage erhoben.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm sei der Urlaub für die Zeit der Betriebsferien nachzugewähren, da er infolge seiner Arbeitsunfähigkeit ihn nicht habe nehmen können.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, seinem Urlaubskonto 5 Arbeitstage Erholungsurlaub gutzuschreiben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat sie beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an sie 671,46 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Juni 2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, wegen der vereinbarten Betriebsferien sei die Erkrankung des Klägers nicht die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall gewesen. Da er keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gehabt habe, habe er die erhaltene Entgeltfortzahlung zurückzuzahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Mit Urteil vom 9. Januar 2008 hat das Arbeitsgericht Hannover der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Gegen das ihr am 8. Februar 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 22. Februar 2008, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 22. Februar 2008, insgesamt Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 8. Mai 2008 mit Schriftsatz vom 6. Mai 2008, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am selben Tag, begründet.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21. November 2008 hat die Beklagte die Berufung gegen die Verurteilung zur Gutschrift der Urlaubstage für das Jahr 2006 auf dem Urlaubskonto des Klägers zurückgenommen.

Die Beklagte ist der Auffassung, wegen der vereinbarten Betriebsruhe hätte der Kläger auch im Falle der Arbeitsfähigkeit seine Arbeitsleistung nicht erbringen können. Danach sei die Arbeitsunfähigkeit nicht die einzige Ursache dafür gewesen, dass die Arbeitsleistung nicht erbracht worden sei, und deswegen hätten die Voraussetzungen für die Entgeltfortzahlung nicht vorgelegen.

Die Beklagte beantragt,

in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hannover vom 9. Januar 2008, Az.: 5 Ca 242/07 Ö, den Kläger im Wege der Widerklage zu verurteilen, an sie 671,46 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Juni 2007 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I.

Das Arbeitsgericht hat die Widerklage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.

Die Beklagte kann vom Kläger nicht die Rückzahlung der für die Tage 27., 28. Dezember 2006 und 2. bis 4. Januar 2007 gezahlten Entgeltfortzahlung aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Variante BGB verlangen.

Die Zahlung der Beklagten für diesen Zeitraum ist nicht ohne Rechtsgrund erfolgt, denn für diese Zeit hatte der Kläger einen Entgeltfortzahlungsanspruch aus § 3 Abs. 1 EFZG.

Der Entgeltfortzahlungsanspruch des Klägers war nicht wegen des Betriebsurlaubs ausgeschlossen. Wird der Arbeitnehmer während seines Urlaubs krank, so gilt die Sonderregelung des § 9 BUrlG. Die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit werden auf den Jahresurlaub nicht angerechnet. Anstelle des Urlaubsentgelts ist Entgeltfortzahlung zu leisten. Wenn der Erholungsurlaub während eines Betriebsurlaubs gewährt wird, gilt dasselbe; vgl. ErfK-Dörner, 9. Auflage, § 3 EFZG, Rdnr. 15.

Auch aus dem angeführten Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Mai 1984, 5 AZR 412/81, AP Nr. 58 zu § 1 LFZG folgt nichts anderes. Zwar hat dort das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Anspruch auf Lohnfortzahlung voraussetze, dass krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung war. Der Anspruch der Klägerin in dem dort zu entscheidenden Fall scheiterte daran, dass die Klägerin, auch wenn sie gesund gewesen wäre, an den Tagen der Betriebsruhe keinen Lohnanspruch hätte erwerben können, da die Betriebsparteien dort vereinbart hatten, dass die Arbeit zwischen Weihnachten und Neujahr ruhen sollte und die Mitarbeiter Erholungsurlaub nehmen konnten. Für den Fall, dass Mitarbeiter keine Urlaubsansprüche mehr hatten, war in der Betriebsvereinbarung vorgesehen, dass unbezahlter Urlaub gewährt werde. Ansprüche auf Erholungsurlaub standen der Klägerin des dortigen Verfahrens nicht mehr zu.

In diesem Punkt unterscheiden sich die zugrunde liegenden Sachverhalte. Der Kläger hatte unstreitig für die Zeit der Betriebsferien Urlaubsansprüche aufgespart. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass er, auch wenn er nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen wäre, seine Arbeitsleistung wegen der Betriebsferien nicht erbracht hätte. Gleichwohl hätte er aber einen Anspruch auf Entgeltzahlung erworben, denn dann hätte die Beklagte ihm Urlaubsentgelt zahlen müssen. Diesen Anspruch konnte er wegen seiner Arbeitsunfähigkeit nicht erwerben, und danach trat als Ersatz der Entgeltfortzahlungsanspruch an dessen Stelle.

II.

Die Kostenentscheidung folgt im Hinblick auf den zurückgenommenen Teil der Berufung aus § 269 Abs. 3 ZPO und im Übrigen aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe, gemäß § 72 ArbGG die Revision zuzulassen, bestehen nicht.

Ende der Entscheidung

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