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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschluss verkündet am 21.08.2009
Aktenzeichen: 10 TaBV 121/08
Rechtsgebiete: BGB, BetrVG, GewO


Vorschriften:

BGB § 626
BetrVG § 15
BetrVG § 99
BetrVG § 103
GewO § 106
1. Materiell der Regelung des § 106 GewO nachgebildete Vertragsklauseln stellen keine echte Direktionsrechtserweiterung dar.

2. Das Direktionsrecht bzgl. des Arbeitsortes ist nicht per se auf die politische Gemeinde beschränkt, in der der Arbeitgeber bei Vertragsschluss eine betriebliche Organisation unterhält.

3. Allein durch Zeitablauf tritt keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf einen bestimmten Ort ein. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, die zu einem Vertrauen des Arbeitnehmers führen, nicht in anderer Weise eingesetzt zu werden.


LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

10 TaBV 121/08

In dem Beschlussverfahren

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen aufgrund der Anhörung am 21. August 2009 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dreher, den ehrenamtlichen Richter Herrn Wefers, den ehrenamtlichen Richter Herrn Loos beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 14. Oktober 2008 - 1 BV 12/08 - abgeändert:

Die Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 3. wird ersetzt.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1. (Arbeitgeberin) begehrt die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2. (Betriebsrats) zur außerordentlichen Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beteiligten zu 3., die Betriebsratsmitglied ist.

Die 45 Jahre alte Beteiligte zu 3., die zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, ist seit dem September 2001 bei der Arbeitgeberin als kaufmännische Angestellte in Teilzeit zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 260,00 Euro beschäftigt. Grundlage ist der Arbeitsvertrag vom 12. Juli 2001, wegen dessen genauen Inhaltes auf die Anlage zur Antragsschrift (Bl. 6 bis 8 d. A.) verwiesen wird. Er enthält u. a. folgende Bestimmungen:

1. Sie werden ab 01.09.2001 als Mitarbeiterin auf Abruf für die M. eingesetzt. Der Arbeitseinsatz erfolgt in den Grenzen eines sozialversicherungsfreien Beschäftigungsverhältnisses und ist entsprechend den Weisungen des Geschäftsführers bzw. seiner Beauftragten durchzuführen.

2. Wesentlicher Bestandteil Ihrer Tätigkeit sind Koordinationsaufgaben, Nachlieferungen aller durch M. vertriebenen Presseerzeugnisse, Werbeobjekte und sonstige Objekte sowie Kontrollaufgaben.

3. M. ist berechtigt, Sie auch mit anderen vergleichbaren als den ursprünglich vorgesehenen Arbeiten oder in einem anderen Bereich zu beschäftigen.

...

15. Im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen.

Die Beteiligte zu 3. wird an 13 Wochen pro Jahr eingesetzt und arbeitet dann jeweils an den sechs Werktagen der Woche am frühen Morgen. Sie wurde zunächst in B. beschäftigt, wo sie auch wohnt. Mit Schreiben vom 22. April 2008 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit, die im Frühdienst zu erledigenden Arbeiten würden ab dem 14. Mai 2008 von B. nach O. verlagert, und bat daher um Zustimmung zur Versetzung der Beteiligten zu 3. Mit Schreiben vom 29. April 2008, bei der Arbeitgeberin eingegangen am Folgetage, verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung. Das Schreiben trägt die Unterschrift der Beteiligten zu 3. in deren Eigenschaft als stellvertretende Vorsitzende des Betriebsrats; sie war auch an der Beschlussfassung beteiligt.

Die Beteiligte zu 3., deren Weg zum Arbeitsplatz sich durch die Versetzung um ca. 14 km verlängert hätte, schrieb der Arbeitgeberin am 5. Mai 2008, sie gehe davon aus, dass "bis zur vollständigen Klärung" ihr Arbeitsplatz weiterhin in B. sei. Die Arbeitgeberin erwiderte am 14. Mai 2008, die Zustimmungsverweigerung sei aus Form- und Fristgründen unbeachtlich, die Versetzung also wirksam; im Weigerungsfalle sei mit der fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechnen. Am 21. Mai 2008 erteilte die Arbeitgeberin der Beteiligten zu 3. eine hierauf gestützte Abmahnung, wegen deren genauen Inhaltes auf die Anlage zur Antragsschrift (Bl. 14 d. A.) verwiesen wird. Nachdem die Beteiligte zu 3. auch am 22. Mai 2008 die Arbeit in O. nicht aufgenommen hatte, beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat erfolglos die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Arbeitgeberin hat geltend gemacht, sie habe die unternehmerische Entscheidung getroffen und umgesetzt, die bisher bestehenden zwei Früh- und Reklamationsdienste in O. und B. zusammenzulegen und am Standort B. aufzugeben. Hierdurch wolle man Synergieeffekte erzielen. Eine Versetzung der Beteiligten zu 3. nach O. sei durch das Direktionsrecht gedeckt und entspreche billigem Ermessen. Die Weigerung der Beteiligten zu 3. stelle eine beharrliche Arbeitsverweigerung dar. Sie suche eine Machtprobe mit der Arbeitgeberin, so dass bereits aus generalpräventiven Gründen das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu kündigen sei.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsmitgliedes und Beteiligten zu 3. zu ersetzen.

Die Beteiligten zu 2. und 3. haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie haben ausgeführt, die Versetzung sei nicht vom Direktionsrecht gedeckt. Weil im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein Standort der Arbeitgeberin in O. - unstreitig - noch nicht bestand, sei in Anwendung von § 269 Abs. 1, 2 BGB eine Versetzung dorthin nicht möglich. Weil es sich um ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis handele, sei es auch unverhältnismäßig, der Beteiligten zu 3. die Fahrt nach O. zuzumuten. Selbst wenn man eine unberechtigte Arbeitsverweigerung annehme, sei diese jedenfalls nicht beharrlich. Die Abmahnung habe ihre Warnfunktion noch nicht erfüllen können, als die Arbeitgeberin bereits das Zustimmungsverfahren bezüglich der beabsichtigten Kündigung eingeleitet habe.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen und ausgeführt, das Verhalten der Beteiligten zu 3. stelle keine Arbeitsverweigerung und damit keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Die Arbeitgeberin habe mit der Versetzung ihr Direktionsrecht überschritten, so dass die Beteiligte zu 3. die Arbeitsaufnahme in O. berechtigt abgelehnt habe. Eine Verlegung des Arbeitsortes dorthin sei bei Vertragsschluss nicht absehbar gewesen. Die Entfernung sei erheblich; es handle sich zudem um eine andere politische Gemeinde. Daher hätte es für die vorgesehene Änderung des Arbeitsortes einer Änderungskündigung bedurft.

Gegen den ihr am 17. November 2008 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 27. November 2008 Beschwerde eingelegt und diese am 14. Januar 2009 begründet.

Die Beschwerde führt aus, eine Konkretisierung des Arbeitsortes auf B. sei ebenso wenig eingetreten wie eine anderweitige Beschränkung des Leistungsortes. Der Vertrag nenne keinen Leistungsort. Dieser sei durch die Versetzung auch nur unwesentlich verändert worden. Die mit 14 km nur geringfügig größere Entfernung sei zumutbar.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 14. Oktober 2008 - 1 BV 12/08 - abzuändern und die Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 3. zu ersetzen.

Die Beteiligten zu 2. und 3. beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Betriebsrat macht geltend, das Weisungsrecht der Arbeitgeberin in Bezug auf den Arbeitsort erstrecke sich lediglich auf den Nordkreis ohne das Stadtgebiet O. Zu berücksichtigen seien die schlechten Verkehrsverbindungen am frühen Morgen und die geringe Arbeitszeit im Verhältnis zum Mehraufwand.

Die Beteiligte zu 3. trägt vor, sie habe sich bei Vertragsschluss eines Wechsels nach O. nicht versehen müssen. Bei nur 13 Wocheneinsätzen pro Jahr und einer täglichen Arbeitszeit von 2 Stunden 45 Minuten sei er unverhältnismäßig. Werde gleichwohl eine Arbeitsverweigerung angenommen, so sei sie nicht beharrlich. Die Abmahnung habe ihre Warnfunktion nicht erfüllen können, weil in so kurzer Zeit eine rechtliche Beratung und die Umstellung ihrer persönlichen Verhältnisse nicht möglich gewesen seien.

II.

Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig und begründet.

1.

Die gemäß §§ 8 Abs. 4, 87 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 ArbGG statthafte Beschwerde der Arbeitgeberin ist von dieser fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

2.

Die Beschwerde ist auch begründet. Der Arbeitgeberin steht für die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beteiligten zu 3. ein wichtiger Grund zur Seite, so dass die Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen ist. Die Beteiligte war verpflichtet, ihrer Versetzung nach O. Folge zu leisten, hat dies aber beharrlich verweigert. Die außerordentliche Kündigung stellt vorliegend nach Abwägung aller Umstände das letzte der Arbeitgeberin zu Gebote stehende Mittel dar.

a)

Nach § 103 Abs. 1 BetrVG bedarf die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats der Zustimmung des Betriebsrats. Nach § 103 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber einen Anspruch auf Zustimmung, wenn die beabsichtigte außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Dies setzt einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB voraus (st. Rspr.; vgl. nur BAG 23.4.2008 - 2 ABR 71/07 - EzA BetrVG 2001 § 103 Nr. 6 = AP BetrVG § 103 Nr. 56; Kammer 20.3.2009 - 10 TaBV 71/08). Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablaufe der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

b)

Die Beteiligte zu 3. hat die Erfüllung ihrer Arbeitspflicht beharrlich verweigert. Dies stellt auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses dar.

aa)

Die Beteiligte zu 3. war arbeitsvertraglich verpflichtet, in B. zu arbeiten.

(1)

Die Versetzung ist durch das Direktionsrecht der Arbeitgeberin gedeckt, denn auch der neue Arbeitsort wird vom Arbeitsvertrag erfasst; auch sind die Grenzen billigen Ermessens nicht überschritten.

(a)

Nach § 106 Satz 1 GewO darf der Arbeitgeber den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit dieser nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Arbeitsvertraglich haben die Arbeitgeberin und die Beteiligte zu 3. keine verbindliche Festlegung dahin getroffen, dass die Arbeitsleistung ausschließlich in B. zu erbringen wäre. Der Arbeitsvertrag enthält vielmehr überhaupt keine Bestimmung des Leistungsortes. Da der Arbeitsvertrag es mithin nach seinem Wortlaut nicht ausschließt, die Beteiligte zu 3. auch in O. zu beschäftigen, kommt es nicht mehr darauf an, ob Ziffer 3. des Arbeitsvertrages, der eine Beschäftigung "in einem anderen Bereich" ermöglichen soll, sich auch auf räumliche Veränderungen bezieht und damit vorliegend Anwendung findet. Bejaht man dies, so handelt es sich bei der Klausel nicht um eine echte Direktionsrechtserweiterung, denn sie wäre materiell der Regelung des § 106 Satz 1 GewO nachgebildet (vgl. zu formularvertraglichen Versetzungsvorbehalten BAG 13.3. 2007 - 9 AZR 433/06 - AP BGB § 307 Nr. 26 = EzA-SD 2007, 17, 7-8; 11.4.2006 - 9 AZR 557/05 - BAGE 118, 22 = AP BGB § 307 Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 5; grundlegend Preis/Genenger, NZA 2008, 969). Bereits ohne Berücksichtigung dieser Klausel steht es der Arbeitgeberin nach dem Gesetz grundsätzlich frei, die Beteiligte zu 3. unter Wahrung billigen Ermessens an einen anderen Arbeitsort zu versetzen. Der Umstand, dass bei Abschluss des Arbeitsvertrages eine Tätigkeit, wie sie die Beteiligte zu 3. schuldet, in O. nicht anfiel, führt zu keinem anderen Ergebnis. Das Direktionsrecht hinsichtlich des Arbeitsortes ist nicht per se auf die politischen Gemeinden beschränkt, in denen bei Vertragsschluss eine betriebliche Organisation des Arbeitgebers bestanden hat.

(b)

Der Ort, an dem die Beteiligte zu 3. ihre Arbeitsleistung erbringen musste, hat sich auch nicht im Laufe des Arbeitsverhältnisses auf B. konkretisiert. Das Weisungsrecht der Arbeitgeberin ist deshalb nicht auf B. als Arbeitsort beschränkt.

Arbeitspflichten können sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (BAG 13.3.2007 - 9 AZR 433/06 - AP BGB § 307 Nr. 26 = EzA-SD 2007, 17, 7 bis 8; 3.6.2004 - 2 AZR 577/03 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55). Dazu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (BAG 13.3.2007 - 9 AZR 433/06 - a.a.O.; 11.4.2006 - 9 AZR 557/05 - AP BGB § 307 Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 5; 29.9.2004 - 5 AZR 559/03 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 111 = EzA BetrVG 2001 § 87 Alterszeit Nr. 5).

Vorliegend fehlt es an besonderen Umständen, denen die Beteiligte zu 3. hätte entnehmen können, künftig nicht an einem anderen Arbeitsort eingesetzt zu werden. Dass ein Arbeitnehmer sich im Laufe der Zeit bezüglich der Gestaltung seines persönlichen Umfeldes an der ausgeübten Tätigkeit und insbesondere am Ort seiner Arbeitsleistung ausrichtet, ist nur eine Folge der langjährigen Tätigkeit und begründet, ohne dass weitere Umstände hinzutreten, keine Konkretisierung auf einen bestimmten Arbeitsort (BAG 13.3.2007 - 9 AZR 433/06 - a.a.O.; Erfk/Preis, 9. Aufl. 2009, § 106 GewO Rz. 16).

(c)

Mit der Versetzung der Beteiligten zu 3. hat die Arbeitgeberin auch die Grenzen billigen Ermessens gewahrt. Sie hat substantiiert vorgetragen, dass die Tätigkeit, die von der Beteiligten zu 3. auszuführen sind, in B. nicht mehr anfallen. Auch die Vorsitzende des Betriebsrats hat im Termin zur Anhörung vor dem Beschwerdegericht erklärt, Anrufe im Rahmen des Reklamationsdienstes würden nunmehr nach O. umgeleitet und fielen daher in B. nicht mehr an. Auf dieses substantiierte Vorbringen hat die Beteiligte zu 3. lediglich mit der Behauptung reagiert, die Arbeiten fielen in B. nach wie vor an. Greifbare Gesichtspunkte, die diese Behauptung stützen, hat sie jedoch nicht aufgezeigt, so dass das Gericht dieser ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellten Behauptung nicht nachgehen musste.

Dass es sich bei O. im Verhältnis zu B. um eine andere politische Gemeinde handelt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dies ist Mindestvoraussetzung dafür, dass es sich bei bloßen Veränderungen des außerbetrieblichen Umfeldes überhaupt um eine Versetzung handelt (BAG 27.6.2006 - 1 ABR 35/05 - BAGE 118, 314 = AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 47 = EzA BetrVG 2001 § 95 Nr. 3). Nicht jedoch macht dieser Umstand die Versetzung automatisch unwirksam. Die Frage nach der Wirksamkeit beantwortet sich vielmehr danach, ob billiges Ermessen gewahrt ist.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 3. macht die nunmehr größere Entfernung zum Arbeitsort die Versetzung auch bei Betrachtung von Arbeitsentgelt und Arbeitszeiten nicht unverhältnismäßig. Zwischen den Beteiligten ist außer Streit, dass die einfache Strecke lediglich 14 km länger ist als zuvor. Dies stellt keine erhebliche Erschwernis dar, zumal zu bedenken ist, dass die Beteiligte zu 3. ihre Teilzeittätigkeit nicht arbeitstäglich erbringen muss, sondern diese auf 13 Wochen pro Jahr blockweise verteilt ist. Der für die Fahrten zu erbringende Aufwand hält sich mithin, auch im Verhältnis zur täglichen Arbeitszeit von mindestens 2 3/4 Stunden, in Grenzen.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass für beide Betriebsstätten ein einheitlicher Betriebsrat existiert, der seine Sitzungen darüber hinaus ausschließlich in O. durchführt. Wenn dies in einem Betrieb mit über 1.000 Arbeitnehmern und damit einer Betriebsratsgröße von 15 Mitgliedern möglich ist, spricht dies für die Zumutbarkeit auch der Versetzung.

Der Verweis der Beteiligten zu 3. auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur wesentlichen Änderung des Leistungsortes im Betriebsübergang (BAG 20.4.1989 - 2 AZR 431/88 - BAGE 61, 369 = AP BGB § 613a Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 61) geht fehl. Dort wird lediglich ausgeführt, dass die Rechtsfolgen des § 613 a BGB dann nicht eintreten, wenn der Arbeitnehmer vor dem Übergang erklärt, er sei zur Aufnahme der Tätigkeit am künftigen Betriebssitz nicht bereit. Die Entscheidung darf aber nicht dahin missverstanden werden, dass ein Arbeitnehmer keinerlei Änderung seines Arbeitsortes hinnehmen müsse; im Gegenteil wird dies ausdrücklich vom jeweiligen Inhalt des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht.

(2)

Die für die Wirksamkeit der Versetzung gemäß § 99 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats gilt als erteilt (§ 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG). Zwar hat dieser seine Zustimmung verweigert. Diese Verweigerung weist jedoch mehrere formale Mängel auf, die die Zustimmungsverweigerung unbeachtlich werden lassen. Zum einen ist die Wochenfrist gemäß § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht eingehalten. Zum anderen fehlt es an einer Begründung für die Zustimmungsverweigerung. Drittens hat, wie schon die Unterschrift unter dem Schreiben des Betriebsrats zeigt, die Beteiligte zu 3. an der Beschlussfassung mitgewirkt, obwohl sie als Betroffene verhindert war.

Das weitergehende Mitbestimmungsrecht aus § 103 Abs. 3 BetrVG hatte der Betriebsrat vorliegend nicht, denn die Versetzung führte nicht zum Verluste des Betriebsratsamtes oder der Wählbarkeit. Der Betriebsrat ist auch für den Standort O. zuständig.

bb)

Ihrer Pflicht, nunmehr in O. zu arbeiten, hat die Beteiligte zu 3. beharrlich zuwidergehandelt.

(1)

Eine beharrliche Arbeitsverweigerung rechtfertigt nach ständiger Rechtsprechung, der sich das erkennende Gericht anschließt, grundsätzlich eine fristlose Kündigung (z. B. BAG 21.11.1996 - 2 AZR 357/95 - AP BGB § 626 Nr. 130 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 50 m. w. N.; KR/Fischermeier, 9. Auflage, § 626 Rz. 412). Dabei setzt die beharrliche Arbeitsverweigerung in der Person des Arbeitnehmers eine Nachhaltigkeit im Willen voraus; der Arbeitnehmer muss die ihm übertragene Arbeit bewusst und nachhaltig nicht leisten wollen, was eine intensive Weigerung des Arbeitnehmers voraussetzt. Dies kann z. B. durch eine vorhergehende, erfolglose Abmahnung verdeutlicht werden. Es muss zu besorgen sein, der Arbeitnehmer werde in Zukunft seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen (BAG 21.11.1996 - 2 AZR 357/95 - a.a.O.).

(2)

Die Arbeitsverweigerung stellt sich als beharrlich dar. Die Beteiligte zu 3. hat schriftlich erklärt, nicht in O. arbeiten zu wollen. Eine schriftliche Anweisung unter Kündigungsandrohung und eine anschließende den formalen Erfordernissen genügende Abmahnung seitens der Arbeitgeberin erbrachten keinerlei Verhaltensänderung. Vielmehr erschien die Beteiligte zu 3. ausschließlich an ihrer früheren Arbeitsstätte in B. und bot dort ihre Arbeitsleistung an. Die Arbeitgeberin hatte demnach alle Mittel ausgeschöpft, die ihr zu Gebote standen, um der Beteiligten zu 3. aufzuzeigen, dass sie deren Verhalten für pflichtwidrig hielt, dies nicht hinnehmen werde und bei Fortsetzung des Verhaltens mit einer außerordentlichen Kündigung reagieren werde. Mithin ist die Kündigung ultima ratio.

Der Umstand, dass die Arbeitgeberin den Betriebsrat bereits am Tage nach der Abmahnung zur Zustimmung zur Kündigung ersuchte, führt zu keinem anderen Ergebnis. Am Tage, nachdem ihr die Abmahnung zugegangen war, suchte die Beteiligte zu 3., statt sich das Schreiben zur Warnung dienen zu lassen, wie schon zuvor statt der Arbeitsstätte in O. diejenige in B. auf. Erst danach leitete die Arbeitgeberin das Zustimmungsverfahren ein; auch danach sah die Beteiligte zu 3. ihr Fehlverhalten nicht etwa ein, sondern trat niemals ihre Arbeit in O. an. Die Vermutung der Arbeitgeberin, der Beteiligten zu 3. sei es vor allem auf eine Machtprobe angekommen, liegt in der Tat nahe. Dies um so mehr, als sie nunmehr vorträgt, sie habe in so kurzer Zeit nicht ihre persönlichen Verhältnisse umstellen können: Zwischen dem ersten eindringlichen Aufforderungsschreiben und der Abmahnung lag eine Woche.

Es fragt sich überdies, ob die Abmahnung überhaupt erforderlich war, nachdem schon die vorbezeichnete schriftliche Anweisung erfolglos geblieben war. Schon dort war der Beteiligten zu 3. unmissverständlich klargemacht worden, dass die Fortsetzung ihres Fehlverhaltens die Kündigung nach sich ziehen werde. Das Ignorieren dieses Schreibens begründet für sich genommen schon eine negative Prognose (vgl. zur formunwirksamen Abmahnung im gleichen Sinne BAG 19.2.2009 - 2 AZR 603/07 - NZA 2009, 894 = EzA-SD 2009, Nr. 16, 3 - 4).

III.

Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung; in allen zu entscheidenden Rechtsfragen ist das Beschwerdegericht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gefolgt, wie sich aus den zitierten Entscheidungen ergibt.

Ende der Entscheidung

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