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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 11.11.2008
Aktenzeichen: 13 Sa 642/08
Rechtsgebiete: BTV UmBw


Vorschriften:

BTV UmBw § 7
§ 7 B Abs. 2 TV UmBw begründet keinen Anspruch darauf, dass für die Berechnung der Einkommenssicherung mindestens die Pauschalgruppe I zu Grunde zu legen ist.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 Sa 642/08

In dem Rechtsstreit

hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenkötter, den ehrenamtlichen Richter Herrn Starnitzke, den ehrenamtlichen Richter Herrn Stein für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 03.04.2008, 4 Ca 263/07, abgeändert

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 3.629,20 € festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, dessen Arbeitsverhältnis gemäß Härtefallregelung nach § 11 des Tarifvertrages über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TV UmBw) ruht, begehrt für die Monate März 07 bis März 08 eine weitere Ausgleichszahlung von je 154,80 € und eine Erhöhung der außertariflichen Einmalzahlung um 1.616,80 € brutto. Die Beklagte hat Ausgleichszahlung und Einmalzahlung berechnet nach dem Tabellenentgelt der Entgeltgruppe E 5/6 mit Lohnzuschlag in Höhe von 55,14 € (Anlage K 11, Bl. 21 d.A.). Nach Auffassung des Klägers ist das Pauschalentgelt für Kraftfahrer Pauschalgruppe I nach TV Kraftfahrer Bund zugrunde zu legen, 2.400,-- € plus Lohnzuschlag von 55,14 €. Die Klageforderung ist der Höhe nach unstreitig.

Der 1949 geborene Kläger ist seit 1980 als Flugfeldtankwagenfahrer bei der Beklagten beschäftigt und an verschiedenen Standorten eingesetzt worden. Zuletzt war er seit dem 01.06.1995 am Standort Diepholz beschäftigt. Seit Juni 1986 bis zum 31.12.2006 erhielt der Kläger mit Ausnahme eines Jahres Mitte der 90iger Jahre Vergütung nach Pauschalgruppe II TV Kraftfahrer Bund. Im Januar und Februar 2007 wurde er nach Pauschalgruppe I vergütet.

Der Kläger hat sich erstmals Mitte 2005 um Abschluss einer Härtefallregelung gemäß § 11 TV UmBw bemüht, einem erneuten Antrag aus November 2006 entsprach die Beklagte mit Schreiben vom 02.01.2007.

Mit Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag vom 05.02.2007 vereinbarten die Parteien, dass in Anwendung der Härtefallregelung gemäß § 11 TV UmBw das Arbeitsverhältnis ab 01.03.2007 ruht. Der Zusatzvertrag (Bl. 14 d.A.) verweist im Übrigen auf § 11 TV UmBw.

Nach § 11 Abs. 2 TV UmBw wird während des Ruhenszeitraums eine Ausgleichszahlung in Höhe des um 28 % verminderten Einkommens gezahlt. Zur Berechnung des zugrunde zu legenden Einkommens ist verwiesen u.a. auf § 6 Abs. 1 Unterabsatz 2 bzw. Abs. 2 Unterabsatz 2 sowie auf § 7 Abschnitt B Abs. 2. § 7 B Abs. 2 TV UmBw hat folgenden Wortlaut:

Die persönliche Zulage wird in Höhe der Differenz zwischen dem Pauschallohn aus der nächstniedrigeren Pauschalgruppe als der, der er zuletzt in der bisherigen Tätigkeit angehört hat, und dem durchschnittlichen Monatsregellohn (§ 21 Abs. 4 MTArb/MTArb-O) der ersten drei vollen Kalendermonate in der neuen Tätigkeit gewährt.

Gehörte der Arbeiter in den letzten zwei Jahren in der bisherigen Tätigkeit mehr als ein halbes Jahr einer niedrigeren Pauschalgruppe an, tritt an die Stelle der nächstniedrigen die unmittelbar unter der nächstniedrigeren liegende Pauschalgruppe.

Vor Abschluss der Härtefallvereinbarung hatte der Kläger im Januar 2007 ein Gespräch mit der personalbearbeitenden Stelle über Berechnung und Höhe der Ausgleichszahlung. Er erhielt eine Berechnung über Ausgleichszahlung nach § 11 TV UmBw (Bl. 11 d.A.), die ausgeht vom Pauschallohn Kraftfahrer Pauschalgruppe I. Die endgültige Festsetzung der Ausgleichszahlung und der Einmalzahlung erfolgte unter dem 22.02.2007 (Bl. 21 d.A.) unter Zugrundelegung des Tabellenentgelts E 5/6, nicht nach Pauschalgruppe I.

Der Kläger hat vorgetragen, bei der Berechnung der Ausgleichszahlung und der außertariflichen Einmalzahlung sei auszugehen von der Pauschalgruppe I für Kraftfahrer. Er sei während seiner gesamten Berufstätigkeit ausschließlich nach Pauschalgruppen Kraftfahrer vergütet worden. Wenn in § 7 B Abs. 2 TV UmBw festgelegt sei, dass maßgebend die nächstniedrige Pauschalgruppe sei, so sei damit zumindest die Pauschalgruppe I gewährleistet. Eine niedrigere Pauschalgruppe als die Pauschalgruppe I sei nicht vorgesehen. Auch die personalbearbeitende Stelle habe diese Auffassung vertreten und daraufhin die vorläufige Berechnung auf der Basis der Pauschalgruppe I vorgenommen. Wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die Vergütung der letzten beiden Monate wesentlich war, hätte er für Einsatz mit längerer Arbeitszeit sorgen können, z.B. durch Arbeitsplatzwechsel vom Tankwagenfahrer zum Personenwagenfahrer.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn

1. eine weitere außertarifliche Einmalzahlung in Höhe von 1.616,80 € brutto;

2. für den Zeitraum März 2007 bis März 2008 eine weitere Ausgleichszahlung in Höhe von 2.012,40 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.03.2008

zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, für die Berechnung der Ausgleichszahlung sei abzustellen auf das Einkommen im letzten Monat vor Eintritt der Ruhensregelung. Weil hier nur Anspruch auf Pauschalgruppe I bestanden habe, könne als Einkommen nur das Tabellenentgelt berücksichtigt werden.

Das Arbeitsgericht hat nach Klageantrag erkannt. Auf Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Mit Berufung trägt die Beklagte vor, bei den Berechnungen, die vor Abschluss des Zusatzvertrages vom 05.02.2007 vorgenommen worden seien, handele es sich um vorläufige Berechnungen. Hier sei die Pauschalgruppe I zugrunde gelegt worden, weil zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bekannt gewesen sei, dass dem Kläger ab Januar 2007 nur Entgelt nach Pauschalgruppe I zugestanden habe. Weil im letzten Monat nur Anspruch auf Vergütung nach Pauschalgruppe I bestanden habe, § 7 B Abs. 2 TV UmBw die Zulagenberechnung nach der nächstniedrigeren Pauschalgruppe vorsehe, könne vorliegend nur das Tabellenentgelt der Berechnung zugrunde gelegt werden. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem Schlussantrag der Beklagten in I. Instanz zu erkennen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, bei dem Gespräch im Januar 2007 und bei Erstellung der Vorausberechnung sei der Bediensteten der personalbearbeitenden Stelle bekannt gewesen, dass er ab Januar 2007 nur Anspruch auf Vergütung nach Pauschalgruppe I gehabt habe. Auch die Bedienstete sei der Auffassung gewesen, dass in jedem Fall der Ausgleichszahlung die Pauschalgruppe I zugrunde zu legen sei. Entsprechendes könne sich auch aus einem Erlass vom 06.06.2002 ergeben. Wie die Regelung in § 7 B Abs. 2 Unterabsatz 2 TV UmBw ergebe, könne das kurzfristige Absinken auf Pauschalgruppe I für 2 Monate nicht zu einer Veränderung der Berechnungsgrundlage der Ausgleichszahlung führen. Zumindest bestehe die Klageforderung als Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Vorausberechnung von Ausgleichszahlung und Einmalzahlung durch die Beklagte. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungserwiderung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG. Die Berufung ist begründet und führt zur Abweisung der Klage. Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung von Ausgleichszahlung und Einmalzahlung nach Tabellenentgelt, nicht unter Zugrundelegung von Pauschalgruppe I, ist korrekt.

§ 11 TV UmBw verweist im Rahmen der Berechnung der Ausgleichszahlung auf die Vorschriften zur Einkommenssicherung nach §§ 6, 7 TV UmBw. Nach diesen Vorschriften steht dem Kläger aber nur eine Einkommenssicherung und damit entsprechend eine Ausgleichszahlung nach Tabellenentgelt zu.

Nach der Entscheidung des BAG vom 23.11.2006, 6 AZR 317/06, AP Nr. 17 zu § 4 TVG Verdienstsicherung, umfasst die Verdienstsicherung nach § 6 Abs. 2 TV UmBw grundsätzlich keinen Ausgleich für nicht mehr anfallende Überstunden oder für Einkommensverluste, die durch Verringerung der für die Bezahlung maßgeblichen Arbeitszeit entstehen. Die bei der Vergütung von Kraftfahrern eingeführte Entlohnung nach Pauschalgruppen erfasst Mehrarbeit und Überstunden und die dafür zu zahlenden Lohnbestandteile in pauschaler Form. Die Lohnbestandteile aus der Pauschalentlohnung nach TV Kraftfahrer Bund, die über das Tabellenentgelt hinausgehen, sind als Mehrarbeits- und Überstundenvergütung nicht einkommensgesichert nach § 6 TV UmBw. § 7 TV UmBw stellt damit im Verhältnis zu § 6 TV UmBw eine Sonderregelung dar, die die Einschnitte bei der Entgeltminderung zum Zwecke der Einkommenssicherung abmildern soll.

Für Einkommenssicherung und entsprechend Ausgleichszahlung nach § 11 TV UmBw ist gemäß § 7 B Abs. 2 TV UmBw auszugehen von der Pauschalgruppe, der der Kraftfahrer in der bisherigen Tätigkeit zuletzt angehört hat. Für die Einkommenssicherung ist dann die nächstniedrigere Pauschalgruppe heranzuziehen. Nach Wortlaut ist maßgebend die Pauschalgruppe, die dem Kraftfahrer im Zeitpunkt des Sicherungsfalles zugestanden hat. Die Beklagte hat korrekt die Pauschalgruppe I zugrunde gelegt, auf die der Kläger in den Monaten Januar und Februar 2007 nur noch Anspruch hatte. Die nächstniedrige Pauschalgruppe zur Pauschalgruppe I kann nur so verstanden werden, dass dann abzustellen ist auf das Tabellenentgelt, die besondere Entgeltsicherung nach § 7 B TV UmBw entfällt und die Einkommenssicherung ausschließlich nach der allgemeinen Vorschrift des § 6 TV UmBw erfolgt.

Insbesondere für eine Auslegung, dass mindestens die Pauschalgruppe I für die Einkommenssicherung gewährleistet ist, gibt es im Tarifvertrag weder im Wortlaut noch im tariflichen Gesamtzusammenhang Ansatzpunkte.

§ 7 B Abs. 1 TV UmBw zeigt, dass in dieser Sondervorschrift zu § 6 TV UmBw nur Kraftfahrer erfasst werden sollen, die einer der Pauschalgruppen II bis IV angehören. Bei Pauschalgruppe II gibt es eine nächstniedrigere Pauschalgruppe, nämlich Gruppe I. Im Gesamtsystem betrachtet, soll damit erst ab Pauschalgruppe II aufwärts die zusätzliche Verdienstsicherung im Kraftfahrerbereich greifen. Eine Mindesteinkommenssicherung im Kraftfahrerbereich auf Pauschalgruppe I ist nicht festgelegt.

Die Tatsache, dass der Kläger nur in den letzten beiden Monaten vor Eintritt des Sicherungsfalls Entgelt nach Pauschalgruppe I bezogen hat, früher über Jahre durchgängig Entgelt nach Pauschalgruppe II, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Nach Wortlaut ist die zuletzt bezogene Pauschalgruppe vor dem Sicherungsfall maßgebend. Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn man § 7 B Abs. 2 Unterabsatz 2 TV UmBw einbezieht. Diese Bestimmung besagt, dass an Stelle der nächstniedrigeren die unmittelbar unter der nächstniedrigeren liegende Pauschalgruppe tritt, wenn in einem Zwei-Jahres-Zeitraum mehr als ein halbes Jahr eine Zugehörigkeit zu einer niedrigeren Pauschalgruppe bestand. Diese Regelung stellt keine Ausnahme zu dem Grundsatz dar, dass maßgebend auf die zuletzt bezogene Pauschalgruppe abzustellen ist. Sie besagt lediglich, dass bei Schwankungen in der Vergangenheit unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur die Pauschalgruppe um eine Stufe, sondern um zwei Stufen abgesenkt wird. Diese Ausnahmevorschrift, die einer weiteren Verringerung der Entgeltsicherung dient, kann nicht im Umkehrschluss dazu herangezogen werden, dass Verringerungen in der Pauschalgruppenzugehörigkeit erst dann und nur dann relevant werden, wenn die Bezugsdauer 6 Monate übersteigt.

Die Beklagte hat den Kläger entsprechend Tarifvertrag behandelt und korrekt eine Ausgleichszahlungsberechnung nach § 6 TV UmBw vorgenommen ohne Berücksichtigung einer Pauschallohngruppe für Kraftfahrer.

Ein vertraglicher Anspruch auf übertarifliche Berechnung der Ausgleichszulage besteht nicht. Soweit Bedienstete vor Abschluss des Zusatzvertrages vom 05.02.2007 Auskünfte zur Berechnung der Zulage gegeben haben, handelt es sich um Erläuterungen der tariflichen Ansprüche. Unterstellt, die Bediensteten wussten zu diesem Zeitpunkt, dass der Kläger Pauschallohn I ab Januar 2007 bezog, so handelt es sich um eine fehlerhafte Darstellung der tariflichen Ansprüche. Eine vertragliche Zusage kann daraus nicht folgen, zumal auch dem Kläger bewusst sein musste, dass die Ausgleichszahlung auf der Basis der tariflichen Regelung erfolgen sollte.

Die Klage ist auch nicht begründet als Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB. Dabei kann hier die fehlerhafte Berechnung der Ausgleichszahlung durch die Beklagte als Vertragspflichtverletzung gewertet werden. Es fehlt aber an einer schlüssigen Darlegung dazu, welcher Schaden ursächlich auf die fehlerhafte Berechnung zurückzuführen ist. Eine fehlerhafte Auskunft zu tariflichen Ansprüchen aus einer Ruhensregelung, die sodann abgeschlossen und abgewickelt wird, hat nicht zur Folge, dass im Wege des Schadensersatzes nach dem Inhalt der fehlerhaften Auskunft abzurechnen ist.

Weil die Berufung Erfolg hat und die Klage abzuweisen war, trägt der Kläger die Kosten des Rechtsstreits, § 91 ZPO. Die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes beruht auf § 63 Abs. 2 GKG in Anwendung des § 3 ZPO.

Die Revisionszulassung beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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