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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschluss verkündet am 28.02.2006
Aktenzeichen: 13 TaBV 56/05
Rechtsgebiete: BetrVG, AÜG, BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 99
AÜG § 14 Abs. 3
AÜG § 1 Abs. 2
BetrVG § 75
1. Bei Einstellung von Leiharbeitnehmern ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, dem Betriebsrat den Leiharbeitsvertrag und den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vorzulegen.

2. Die Arbeitnehmerüberlassung durch eine konzerneigene Personaldienstleistungsgesellschaft verstößt nicht gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.

3. Die Beschäftigung von Stammbelegschaft und Leiharbeitnehmern zu unterschiedlichen Arbeitsbedingungen verstößt nicht gegen § 75 Abs. 1 BetrVG


IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

13 TaBV 56/05

In dem Beschlussverfahren

hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgericht Niedersachsen aufgrund der Anhörung am 28. Februar 2006 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenkötter, den ehrenamtlichen Richter Herrn Brehme, den ehrenamtlichen Richter Herrn Gilowski beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 18.02.2005, 6 BV 1/05, wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Arbeitgeber beantragt Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung von zwei Leiharbeitnehmern und die Feststellung, dass die vorgenommenen vorläufigen Einstellungen aus sachlichen Gründen dringend erforderlich waren. Mit Wideranträgen im Beschwerdeverfahren begehrt der Betriebsrat zusammengefasst die Feststellung, dass er berechtigt war, die Zustimmung zu den Einstellungen zu verweigern und dass der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, mit dem Ziel des Abbaus der Stammbelegschaft Leiharbeitnehmer zu beschäftigen und die im Betrieb anwendbaren Tarifverträge der Druckindustrie zu umgehen.

Der Arbeitgeber ist ein Unternehmen der Unternehmensgruppe eines Zeitungsverlages. Er betreibt einen Druckbetrieb mit ca. 190 Arbeitnehmern. Antragsgegner ist der Betriebsrat des Druckbetriebes. In der Unternehmensgruppe besteht als Zeitarbeitsunternehmen eine Personaldienstleistungsgesellschaft, die 2004 unter maßgeblicher Beteiligung der Obergesellschaft der Unternehmensgruppe gegründet wurde. Nach Angaben der Beteiligten in der mündlichen Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht beschäftigt die Personaldienstleistungsgesellschaft ca. 30 Leiharbeitnehmer, die teilweise auch an Entleiher außerhalb der Unternehmensgruppe überlassen werden.

In der Ausgabe September der N...-News (Bl. 110 d.A.) wurde über die Gründung der Personaldienstleistungsgesellschaft informiert. Es heißt dort, dass die Unternehmen der Gruppe die Möglichkeit erhalten sollen, freie Arbeitsplätze durch Mitarbeiter des Zeitarbeitsunternehmens zu besetzen als Beitrag zur Personalkostensenkung.

Die Personaldienstleistungsgesellschaft verfügt über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis und wendet Zeitarbeitstarifverträge an. Die Leiharbeitnehmer erhalten neben der tariflichen Vergütung nach dem Zeitarbeitstarifvertrag eine übertarifliche Zulage.

Der Arbeitgeber hat bisher von der Personaldienstleistungsgesellschaft nur die Arbeitnehmer W... (Drucker) und O... (Schlosser) entliehen, deren Einstellung zum 01.01.2005 Streitgegenstand ist. Nach Angaben des Geschäftsführers des Arbeitgebers ist Beendigung des Einsatzes zum 30.06.2006 beabsichtigt.

Unter dem 15.12.2004 und erneut unter dem 09.02.2005 (Bl. 7 und 8 d.A., Bl. 97 und 100 d.A.) beantragte der Arbeitgeber Zustimmung zur auf acht Monate befristeten Einstellung der Arbeitnehmer W... und O.... Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung unter dem 23.12.2004 und unter dem 14.02.2005 (Bl. 10 - 15 d.A., Bl. 103 - 108 d.A.). Zur Verlängerung des Einsatzes der beiden Leiharbeitnehmer über den 31.08.2000 hinaus wurde der Betriebsrat erneut beteiligt, er hat der Verlängerung widersprochen. Insoweit ist anhängig beim Arbeitsgericht ein Beschlussverfahren.

In den Schreiben vom 23.12.2004 und 14.02.2005 führt der Betriebsrat zur Begründung der Zustimmungsverweigerung an, die Einstellungen verstießen gegen ein Gesetz, die betroffenen Arbeitnehmer würden durch die personelle Maßnahme benachteiligt, darüber hinaus bestehe die Besorgnis, dass im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer Nachteile erleiden würden und der Betriebsfriede erheblich gestört werde. Es liege ein Verstoß gegen § 75 BetrVG vor, weil die einzustellenden Leiharbeitnehmer nicht nach Drucktarifvertrag, sondern geringer vergütet würden. Die Personalplanung laufe langfristig darauf hinaus, Beschäftigungsverhältnisse gemäß Branchentarifvertrag durch Leiharbeitsverhältnisse zu ersetzen und damit Personal abzubauen. Die Anwendung der Branchentarife solle durch niedrigere Arbeitsentgelte verdrängt werden. Es bestehe die Besorgnis, dass beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt würden oder sonstige Nachteile erleiden würden, etwa indem zuschlagspflichtige Arbeiten nur kostengünstigeren Leiharbeitnehmern zugewiesen würden. Wegen der unterschiedlichen Vergütung bei gleicher Arbeitstätigkeit werde der Betriebsfrieden gestört.

Mit Schreiben vom 30.12.2004 (Bl. 16 und 17 d.A.) macht der Arbeitgeber geltend, dass er die Einstellungen aus sachlichen Gründen für dringend erforderlich hält und die personelle Maßnahme vorläufig durchführen wird. Der Betriebsrat hat unter dem 03.01.2005 (Bl. 83 und 84 d.A.) der dringenden Erforderlichkeit der vorläufigen Maßnahme widersprochen.

Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, ein Zustimmungsverweigerungsgrund bestehe nicht. Die vorläufige Maßnahme sei gerechtfertigt, weil die regelmäßig erforderlichen Rotationswartungen von der Stammbelegschaft nicht allein bewältigt werden könnten. Die Kontrollen und Nachjustagen der Druckwalzen seien zur Qualitätssicherung der Druckerzeugnisse dringend notwendig.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

1) die vom Antragsteller verweigerte Zustimmung zur beabsichtigten befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmer W... und O... zu ersetzen.

2) festzustellen, dass die am 01.01.2005 vorgenommene vorläufige Einstellung der in Ziffer 1 genannten Arbeitnehmer aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

3) Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1):

Die vom Antragsteller verweigerte Zustimmung zur beabsichtigten befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmer W... und O... zu ersetzen.

4) Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2):

Festzustellen, dass die vorgenommene vorläufige Einstellung der in Ziffer 3) genannten Arbeitnehmer aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Er hat vorgetragen, die vorgetragenen Zustimmungsverweigerungsgründe seien zu bewerten unter der erklärten Absicht, die Stammbelegschaft schrittweise durch Leiharbeitnehmer zu ersetzen. Dies solle zwar nicht durch betriebsbedingte Kündigungen erfolgen, sondern im Rahmen der natürlichen Fluktuation. Es handele sich aber um einen Schritt in Richtung einer beabsichtigten Betriebsänderung. Dem Betriebsrat hätten bei Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens nicht nur die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis, sondern auch die Leiharbeitsverträge und der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vorgelegt werden müssen. Nur bei Einsicht in die Leiharbeitsverträge könne der Betriebsrat kontrollieren, ob das Gleichstellungsgebot nach § 9 Ziffer 2 AÜG gewahrt sei. Die vorläufige Einstellung sei nicht gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat die Zustimmung zur Einstellung der Leiharbeitnehmer ersetzt und festgestellt, dass die vorläufigen Einstellungen dringend erforderlich waren. Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit Beschwerde trägt der Betriebsrat vor, der Arbeitgeber habe die Entscheidung getroffen, Neueinstellungen nicht mehr selbst vorzunehmen, sondern freie Arbeitsplätze mit Leiharbeitnehmern des konzerninternen Verleihers zu besetzen. Die Personaldienstleistungsgesellschaft sei ausschließlich zu dem Zweck gegründet worden, Leiharbeitnehmer an konzernangehörige Unternehmen zu verleihen. Bei konzerninterner Arbeitnehmerüberlassung trage der Verleiher nicht das für ein Überlassungsverhältnis typische Beschäftigungsrisiko. Es liege im Kern keine Arbeitnehmerüberlassung, sondern Vermittlung vor. Der Verleiher sei als Strohmann für den Entleiher zu bewerten. Nach seiner Kenntnis entfalte die Personaldienstleistungsgesellschaft außerhalb des Konzerns keine eigenen Marktaktivitäten. Damit liege ein Verstoß gegen die Regelungen des AÜG vor, der zur Zustimmungsverweigerung berechtigt habe. Der Einsatz von Leiharbeitnehmern, der sukzessive Abbau der Stammbelegschaft und deren Ersetzung durch Leiharbeitnehmer, führe dazu, dass der Branchentarifvertrag unterlaufen werde. Es liege ein Verstoß gegen Artikel 9 Abs. 3 GG und § 4 Abs. 1 TVG vor. Schließlich ist der Betriebsrat der Auffassung, das Mitbestimmungsverfahren sei nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden, weil Arbeitnehmerüberlassungsvertrag sowie die Leiharbeitsverträge dem Betriebsrat nicht vorgelegt worden seien. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Beschwerdebegründung.

Der Betriebsrat beantragt,

auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 18.02.2005 aufzuheben und die Anträge zurückzuweisen.

Darüber hinaus wird widerklagend beantragt,

festzustellen, dass Gründe für die Verweigerung der Zustimmung gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG zur beabsichtigten befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmer W... und O... vorlagen.

Weiter wird widerklagend beantragt,

festzustellen, dass der Antragsgegner die Zustimmung zur Einstellung der Arbeitnehmer W... und O... verweigern durfte, weil die Einstellung gegen Artikel 9 Abs. 3 GG, § 4 Abs. 1 TVG und § 3 AÜG verstößt, eine Arbeitsnehmerüberlassung im Sinne der Vorschriften des AÜG nicht vorlag und der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt ist.

Darüber hinaus wird beantragt,

festzustellen, dass dem Antragsteller ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 BetrVG zusteht, wenn die Antragstellerin Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen mit dem Ziel des sukzessiven Abbaus der Stammbelegschaft beschäftigt, soweit die Arbeitnehmerüberlassung über eine konzerninterne Personaldienstleistungsgesellschaft erfolgt.

Weiterhin wird beantragt,

festzustellen, dass die Antragstellerin nicht berechtigt ist, Leiharbeitnehmer von ihrer konzerneigenen ...-Personaldienstleistungsgesellschaft mbH & Co. KG zum Zwecke der Umgehung des Tarifvertrages/der Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer aus der Druckindustrie im Bereich der Bundesrepublik Deutschland einzustellen und zu beschäftigen.

Der Arbeitgeber beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt nach Maßgabe der Beschwerdeerwiderung das erstinstanzliche Urteil und trägt u.a. vor, ein sukzessiver Austausch der Stammbelegschaft durch Leiharbeitnehmer sei nicht beabsichtigt. Der Arbeitgeber habe seit dem 01.10.2004 zwölf Arbeitnehmer eingestellt, als Leiharbeitnehmer seien nur die Arbeitnehmer W... und O... eingesetzt. Die Personaldienstleistungsgesellschaft sei auch werbend am Markt tätig und habe Arbeitnehmer an andere Unternehmen verliehen. Ein Zustimmungsverweigerungsgrund habe nicht bestanden. Eine Verletzung des Gleichstellungsgebotes nach § 9 Nr. 2 AÜG liege nicht vor, weil Anwendung von Zeitarbeitstarifverträgen vereinbart sei. Im Übrigen sei die Personaldienstleistungsgesellschaft nicht als Strohmann tätig.

II.

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend die verweigerte Zustimmung zu den Einstellungen ersetzt und festgestellt, dass die vorläufigen Einstellungen dringend erforderlich waren. Auch wegen der erstmals im Beschwerdeverfahren gestellten Wideranträge hat die Beschwerde keinen Erfolg.

1.

Der Arbeitgeber hat das Mitbestimmungsverfahren ordnungsgemäß eingeleitet, die Vorlage der Leiharbeitsverträge und des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages waren nicht erforderlich. Fehler in der Unterrichtung des Betriebsrates können nicht festgestellt werden.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates folgt aus §§ 14 Abs. 3 AÜG, 99 BetrVG. Neben den üblichen Unterrichtungspflichten nach § 99 Abs. 1 BetrVG wird bei Einstellung von Leiharbeitnehmern die Unterrichtungspflicht dahingehend erweitert, dass nach § 14 Abs. 3 Satz 2 AÜG der Entleiher dem Betriebsrat auch die schriftliche Erklärung des Verleihers nach § 12 Abs. 1 Satz 2 AÜG über das Bestehen einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung vorzulegen hat. Weitergehende Verpflichtungen ergeben sich nicht.

Das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG zur Einstellung bezieht sich auf die Beschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb, nicht auf den Abschluss des Arbeitsvertrages und seinen Inhalt. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat deshalb im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens keine detaillierten Auskünfte zu geben über Inhalt und einzelne Bestimmungen des Arbeitsvertrages, erst recht hat er nicht den Arbeitsvertrag vorzulegen. Eine Verpflichtung zur Unterrichtung über den Inhalt des Arbeitsvertrages kann sich zwar aus § 80 Abs. 2 BetrVG ergeben, die Erfüllung dieser Verpflichtung ist aber nicht Teil des Mitbestimmungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 BetrVG (BAG vom 18.10.1988, 1 ABR 33/87, AP Nr. 57 zu § 99 BetrVG 1972). Die Leiharbeitsverträge waren deshalb nicht vorzulegen.

Teilweise wird vertreten, dass im Rahmen der Unterrichtung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag im Sinne des § 12 AÜG dem Betriebserat vorzulegen ist (Ulber, AÜG, 3. Auflage, § 14, RdNr. 151; ErfKomm zum Arbeitsrecht, 6. Auflage, § 14 AÜG, RdNr. 23). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Im Rahmen der Unterrichtung nach § 99 BetrVG ist der Betriebsrat zu unterrichten über die Person des Einzustellenden, den vorgesehenen innerbetrieblichen Einsatz und die Auswirkungen der Einstellung auf den Betriebsablauf. § 14 Abs. 3 AÜG erweitert die Unterrichtungspflicht dahingehend, dass eine Erklärung zur Arbeitnehmerüberlassung des Verleihers vorzulegen ist. Damit sind die wesentlichen Punkte für die Beschäftigung erfasst, nämlich Beschäftigung als Leiharbeitnehmer und das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Für eine weitergehende Verpflichtung zur Vorlage des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages, der allein die Rechtsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher regelt, besteht grundsätzlich keine Veranlassung, insbesondere kann sie nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 3 Satz, der die Besonderheiten der Einstellung von Leiharbeitnehmern regelt, nicht verlangt werden. Allenfalls kann sich ein Auskunftsrecht des Betriebsrates im Rahmen des § 80 BetrVG ergeben, ein solcher Anspruch hat aber keine Auswirkungen auf das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG. Das Mitbestimmungsverfahren ist damit mit Vorlage der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis ordnungsgemäß eingeleitet.

2.

Es liegt eine wirksame Arbeitnehmerüberlassung vor. Arbeitnehmerüberlassung durch eine konzerneigene oder unternehmensgruppenzugehörige Personaldienstleistungsgesellschaft verstößt nicht gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Ein Zustimmungsverweigerungsgrund gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist nicht gegeben.

Die Personaldienstleistungsgesellschaft verfügt über die für gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Erlaubnis. Das Gleichstellungsgebot des § 9 Nr. 2 AÜG (equal pay) ist eingehalten, mit den Leiharbeitnehmern sind Arbeitsbedingungen nach Zeitarbeitstarifverträgen vereinbart. Auf die Frage, ob ein Verstoß gegen das Gleichstellungsgebot den Betriebsrat zur Zustimmungsverweigerung berechtigt hätte, kommt es damit nicht an. Ein Verstoß gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz liege damit nur dann vor, wenn man der in der Literatur vertretenen Auffassung der "Strohmannkonstruktion" bei konzerninterner Arbeitnehmerüberlassung folgt.

Teilweise wird die Auffassung vertreten, bei konzerninterner Arbeitnehmerüberlassung trete der Verleiher nur als Strohmann bzw. Scheinverleiher auf. Weil er nicht am Markt tätig sei und nicht auf dem allgemeinen Leiharbeitsmarkt Aufträge akquiriere, trage er nicht das Arbeitgeberrisiko eines Verleihers im Sinne des § 1 Abs. 2 AÜG. Ende der konkrete Arbeitseinsatz eines Leiharbeitnehmers, sei es Verpflichtung des typischen Verleihers, für eine Anschlussbeschäftigung zu sorgen. Er trage das Risiko der Nichteinsetzbarkeit und müsse durch Marktteilnahme für Anschlussbeschäftigung sorgen. Ein entsprechendes Risiko trage der nicht marktaktive ausschließlich intern tätige Verleiher nicht. Vielmehr sei hier typisch eine Synchronisation der Überlassung mit der Dauer der Beschäftigung des Leiharbeitnehmers (Brors/Schüren, DB 2004, 2745; Ulber, AÜG, 3. Auflage, § 1 AÜG, RdNr. 250 d; a.A. Willemsen/Annuß, BB 2005, 437; Melms/Lipinski, DB 2004, 2409).

Das BAG (Beschluss vom 25.01.2005, 1 ABR 61/03, EzA § 99 BetrVG 2001 Nr. 7; Beschluss vom 20.04.2005, 7 ABR 20/04, EzA § 14 AÜG Nr. 5) ist bei vergleichbarer Fallgestaltung von einer wirksamen Arbeitnehmerüberlassung ausgegangen. Im ersten Fall handelte es sich um eine zur Personalgestellung gegründete Tochtergesellschaft, im zweiten Fall um eine konzerneigene Personalführungsgesellschaft. In beiden Fällen ist das BAG von einer wirksamen nicht gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung ausgegangen.

Die "Strohmannkonstruktion" überzeugt nicht. Auch die konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung ist eine wirksame Form der Arbeitnehmerüberlassung. Der konzernintern tätige Verleiher trägt ein Arbeitgeberrisiko, das in vielen Fällen vergleichbar ist mit dem Risiko, dass ein Drittverleiher trägt. Auch der Konzernverleiher muss bei Beendigung der Überlassung für Anschlussbeschäftigung im Konzern sorgen bzw. kündigen. Er ist nach Ablauf der Überlassung in derselben Situation wie ein marktaktiver Verleiher. Der einzige Unterschied besteht darin, dass der konzernintern tätige Verleiher einen begrenzten Kundenkreis im Konzern hat, während der marktaktive Verleiher unter Umständen auf einen breiteren Kundenkreis zurückgreifen kann. Ein solcher Unterschied muss aber nicht zwangsläufig gegeben sein. Auch der Drittverleiher kann im Schwerpunkt an einen oder wenige Großkunden gebunden sein mit der Folge, dass er bei Auftragsverlust nicht für Anschlussbeschäftigung sorgen kann. Auch hier kann es zu einer Synchronisation von Überlassung und Beschäftigung kommen.

Der Einsatz von Leiharbeitnehmern wird von Unternehmen nicht nur genutzt, um Arbeitsspitzen oder Vertretungsfälle abzufangen. Zunehmend verbreitet ist auch der Ersatz der Stammbelegschaft jedenfalls zum Teil durch billigere Leiharbeitnehmer zum Zwecke der Personalkostensenkung. Durch Wegfall der Beschränkung der Überlassungsdauer auf längstens 24 Monate gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG a.F. zum 01.01.2004 ist diese Form des Personalaustausches erheblich erleichtert worden und attraktiv geworden. Der marktaktive Verleiher, der Leiharbeitnehmer kurzfristig an eine Vielzahl von Kunden überlässt, kann zwar für die Vergangenheit als typischer Verleiharbeitgeber nach dem AÜG angesehen werden. Nach Ausweitung der Überlassungsdauer von ursprünglich 3 Monaten bis zuletzt auf 24 Monate im Jahre 2003, schließlich nach Streichung der Beschränkung der Überlassungsdauer insgesamt sind langfristige Überlassungen einschließlich Austausch von Stammbelegschaft durch Dauerleiharbeitnehmer rechtmäßig und nicht als Verstoß gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zu werten. Ob bei Dauerüberlassung an wenige Kunden der Verleiher ein Drittunternehmen ist oder konzernangehörig ist, kann dann aber für die Rechtmäßigkeit keinen Unterschied machen.

Die "Strohmannkonstruktion" basiert im Schwerpunkt auf § 1 Abs. 2 AÜG, wonach Arbeitsvermittlung vermutet wird, wenn der Verleiher nicht die üblichen Arbeitgeberpflichten oder das Arbeitgeberrisiko übernimmt. Ein etwaiger Verstoß gegen diese Vorschrift führt aber nicht dazu, dass im Verhältnis Entleiher zu Leiharbeitnehmer ein Vertragsverhältnis besteht und von einer rechtswidrigen Arbeitnehmerüberlassung auszugehen ist. Bei § 1 Abs. 2 AÜG handelt es sich um eine gewerberechtliche Vorschrift, die, solange die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis besteht, auf die arbeitsvertraglichen Beziehungen der Beteiligten keine Auswirkungen hat.

Das BAG hat ursprünglich bei Überschreitung der zulässigen Überlassungsdauer nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG a.F. aus § 1 Abs. 2 AÜG i.V.m. § 13 AÜG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher angenommen. Nach Streichung des § 13 AÜG a.F. kann dagegen aus § 1 Abs. 2 AÜG weder allein noch durch ergänzende analoge Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG eine vertragliche Beziehung zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer begründet werden (BAG vom 19.03.2003, 7 AZR 267/02, EzA § 1 AÜG Nr. 12; BAG vom 28.06.2000, 7 AZR 100/99, EzA § 1 AÜG Nr. 10).

§ 1 Abs. 2 AÜG ist ausschließlich als gewerberechtliche Vorschrift zu bewerten. Greift die Vermutung der Arbeitsvermittlung und liegt damit keine Arbeitnehmerüberlassung vor, kann die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung möglicherweise versagt bzw. entzogen werden. Solange eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis besteht, handelt es sich auch bei konzerninterner Überlassung um eine rechtmäßige Form der Leiharbeit.

Mit konzerninterner Arbeitnehmerüberlassung wird bei Bestehen einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis eine rechtlich zulässige Form der Leiharbeit betrieben. Hier mag ein rechtlicher Gestaltungsspielraum genutzt werden, der nicht dem eigentlichen Gesetzeszweck entspricht, der aber - und das ist wesentlich - durch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht untersagt ist. Ein Zustimmungsverweigerungsgrund, rechtswidrige Arbeitnehmerüberlassung, liegt damit nicht vor.

3.

Die Zustimmungsverweigerung kann nicht gestützt werden auf den Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot bzw. einen Verstoß gegen § 75 Abs. 1 BetrVG. Der Betriebsrat beruft sich insoweit auf die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen der Stammbelegschaft nach Drucktarif und der Leiharbeitnehmer nach Zeitarbeitstarifvertrag. Stammbelegschaft und Leiharbeitnehmer sind bei verschiedenen Arbeitgebern angestellt, die Leiharbeitnehmer haben arbeitsvertragliche Beziehungen nur zur Personaldienstleistungsgesellschaft, nicht zum Entleiher. Die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen beruhen auf dieser Vertragsgestaltung und verstoßen damit nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder gegen § 75 Abs. 1 BetrVG (BAG vom 25.01.2005, 1 ABR 61/03, a.a.O.).

Der Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen stellt auch keinen Verstoß gegen Artikel 9 Abs. 3 GG dar. Zwar kann der tarifgebundene Entleiher auf diese Weise der Anwendung der sonst maßgeblichen Tarifverträge entgehen. Der Entleiher hat aber das Recht zu entscheiden, ob er bestimmte Daueraufgaben mit eigenen Vertragsarbeitnehmern, über Dienst- oder Werkverträge oder mit Leiharbeitnehmern erledigen will. Durch die Nutzung dieser verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten wird nicht eingegriffen in ein durch Artikel 9 Abs. 3 GG geschütztes Recht (BAG vom 12.12.2002, 1 ABR 1/02, EzA § 99 BetrVG 2001 Nr. 1).

4.

Auch im Übrigen ergeben sich keine Zustimmungsverweigerungsgründe. Eine Benachteiligung der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 liegt nicht vor. Eine Absicht des Arbeitgebers, Arbeitnehmer zu kündigen und durch Leiharbeitnehmer zu ersetzen, besteht nicht. Auch die Befürchtung des Betriebsrates, durch Einsatz von Leiharbeitnehmern für zuschlagpflichtige Arbeiten könnten für die Stammbelegschaft Einkommenseinbußen entstehen, rechtfertigt nicht die Zustimmungsverweigerung. Derartige Nachteile beruhen nicht auf der Einstellung als solcher, sie sind nur denkbar als Folge von Schichteinteilungen und Arbeitszuweisungen. Dieser Bereich wird aber nicht vom Mitbestimmungsrecht des § 99 erfasst.

Eine Benachteiligung der betroffenen Arbeitnehmer, nämlich der eingestellten Leiharbeitnehmer, im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG liegt nicht vor. Sie werden entsprechend dem mit der Personaldienstleistungsgesellschaft abgeschlossenen Arbeitsvertrag beschäftigt und damit nicht benachteiligt.

Die befürchtete Störung des Betriebsfriedens rechtfertigt die Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG nicht. Der Zustimmungsverweigerungsgrund ist zugeschnitten auf Störungsursachen, die in der Person des Einzustellenden begründet sind. Eine Störung des Betriebsfriedens, die auf unterschiedlicher Vergütung von Stammbelegschaft und Leiharbeitnehmern beruht, wird von dieser Vorschrift nicht erfasst.

Im Ergebnis ist damit ein Grund zur Zustimmungsverweigerung nicht gegeben, das Arbeitsgericht hat zu Recht die Zustimmung zu den Einstellungen ersetzt.

5.

Zu bestätigen war auch die Entscheidung des Arbeitsgerichts, dass die vorläufigen Einstellungen dringend erforderlich waren. Der Arbeitgeber hat dargelegt, dass zur Qualitätssicherung Rotationswartungen durchzuführen waren und für diese Arbeiten ausreichende Arbeitnehmer aus der Stammbelegschaft nicht zur Verfügung standen. Der Betriebsrat wendet demgegenüber ein, der Leiharbeitnehmer O..., der bis zum 31.12.2004 beim Arbeitgeber beschäftigt war, habe weiterbeschäftigt werden können. Dass ein weiterer Drucker zur Behebung von Personalengpässen beschäftigt werden müsse, habe bereits im Oktober 2004 festgestanden. Der Betriebsrat wendet sich damit nicht dagegen, dass Personal benötigt wurde, er bestätigt vielmehr die Notwendigkeit der Weiterbeschäftigung bzw. Neueinstellung von zwei Arbeitnehmern. Sein Einwand lässt sich reduzieren darauf, dass Vertragsarbeitnehmer hätten eingestellt werden müssen. Die Thematik betrifft nicht die Zulässigkeit der vorläufigen personellen Maßnahme. Unter Berücksichtigung der arbeitstechnischen Notwendigkeit des Einsatzes der zwei Arbeitnehmer kann dann aber festgestellt werden, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

6.

Die Wideranträge auf Feststellung sind zum Teil unzulässig, zum Teil unbegründet. Der erste Feststellungsantrag, dass Zustimmungsverweigerungsgründe zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmer W... und O... vorlagen, ist zulässig. Weil kein dauerhafter Einsatz der Leiharbeitnehmer geplant ist, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschlussverfahrens mit einer Beendigung der Beschäftigung zu rechnen ist, war das Feststellungsinteresse zu bejahen. Dieser Feststellungsantrag ist unbegründet, wie bereits ausgeführt, lagen keine Gründe für die Zustimmungsverweigerung vor.

Der zweite Feststellungsantrag ist unzulässig. Er wiederholt den Feststellungsantrag zu 1 mit dem zusätzlichen Begehren, Verstoß gegen bestimmte rechtliche Vorschriften festzustellen. Ein Feststellungsinteresse kann aber nur bejaht werden für das Bestehen eines Rechtsverhältnisses, Begründungselemente für eine Zustimmungsverweigerung können dagegen nicht zulässiger Gegenstand eines Feststellungsantrags werden.

Der dritte Feststellungsantrag ist zukunftsgerichtet. Der Betriebsrat will festgestellt wissen, dass ihm bei Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen mit dem Ziel des Abbaus der Stammbelegschaft ein Mitbestimmungsrecht zusteht, soweit die Arbeitnehmerüberlassung über eine konzerninterne Personaldienstleistungsgesellschaft erfolgt. Ein Feststellungsinteresse ist insoweit zu bejahen. Aus der Ausgabe September 2004 der N...-News ergibt sich, dass der Arbeitgeber über die Personaldienstleistungsgesellschaft die Möglichkeit erhalten soll, freie Arbeitsplätze durch Mitarbeiter des Zeitarbeitsunternehmens zu besetzen. Damit ist die Möglichkeit des Abbaus der Stammbelegschaft und Ersatz durch Leiharbeitnehmer der Personaldienstleistungsgesellschaft ausreichend konkret als Möglichkeit in Aussicht gestellt. Das Feststellungsinteresse kann nicht verneint werden. Der Antrag ist aber unbegründet. Wie ausgeführt, handelt es sich bei der konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung um eine wirksame und damit nach dem Gesetz zulässige Form der Leiharbeit. Der Arbeitgeber kann bestimmen, ob er im Betrieb anfallende Daueraufgaben durch Vertragsarbeitnehmer, durch Vergabe an Werkunternehmer oder Dienstvertragsunternehmer oder durch Leiharbeitnehmer durchführen will (BAG vom 12.11.2002, 1 ABR 1/02, a.a.O.). Die Umstellung auf den Einsatz von Leiharbeitnehmern ist auch bei Einschaltung einer konzerninternen Dienstleistungsgesellschaft nicht unwirksam.

Der letzte Feststellungsantrag ist unzulässig, weil zu unbestimmt. Das Leiharbeitnehmer nicht nach den Tarifverträgen des Druckgewerbes beschäftigt werden, sondern zu einer geringeren Vergütung, steht fest und bedarf keiner gerichtlichen Feststellung. Welche Bedeutung in diesem Zusammenhang dem Antragselement "zum Zwecke der Umgehung des Tarifvertrages/der Tarifverträge" zukommt, kann nicht nachvollzogen werden.

Die Beschwerde war insgesamt zurückzuweisen.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 92, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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