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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 30.11.2007
Aktenzeichen: 16 Sa 163/07 E
Rechtsgebiete: TVÜ-VKA, TVöD


Vorschriften:

TVÜ-VKA § 7
TVöD § 16
Der Stufenaufstieg der Beschäftigten im Fall der Überleitung in den TVöD richtet sich nicht nach der Beschäftigungszeit insgesamt, vielmehr muss eine ununterbrochene Tätigkeit in der neuen Entgeltgruppe durchlaufen sein, um in die nächst höhere Stufe zu gelangen.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN D ES VOLKES URTEIL

16 Sa 163/07 E

In dem Rechtsstreit

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hannes, den ehrenamtlichen Richter Herrn Baldenhofer, den ehrenamtlichen Richter Herrn Schäferbarthold für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 23.01.07, Az. 3 Ca 474/06, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung des Klägers nach der Vorschrift des § 7 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) vom 13.09.2005.

Der am 00.00.1976 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem Jahre 2000 als Gärtner mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden beschäftigt. Der Kläger ist Mitglied der tarifvertragsschließenden Partei ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, die Beklagte ist Mitglied der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände.

Der Kläger wurde nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Gemeinden (BMT-G) mit Wirkung zum 01.01.2004 in die Lohngruppe 6 eingruppiert. Das neue Tarifwerk des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD), abgeschlossen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände auf der einen Seite sowie der Gewerkschaft ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft auf der anderen Seite, wurde zum 01.10.2005 als Nachfolgetarifvertrag des BMT-G in Kraft gesetzt. Die Entgeltordnung wurde nach den Regelungen des TVÜ-VKA übergeleitet. Danach wurde der Kläger nach der Entgeltgruppe 6 seitens der Beklagten eingruppiert, und zwar in die Entgeltstufe 3. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass er ab 01.01.2006 der Entgeltgruppe 4 zugeordnet werden müsse, während die Beklagte die Auffassung vertritt, dass dieses erst zum 01.10.2008 erfolgen könne. Die Parteien streiten darum, ob nach der Überleitung in den TVöD zum 01.10.2005 der weitere Stufenaufstieg des Klägers sich nach der Beschäftigungszeit allgemein bei der Beklagten richtet oder ob nach der Überleitung zum 01.10.2005 die dreijährige Stufenlaufzeit beginnt, die zu einer Höhergruppierung in die Entgeltstufe 4 führt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass er nach § 7 Abs. 1 des TVÜ-VKA entsprechend seiner Beschäftigungszeit in der für ihn geltenden Entgeltgruppe in die Entgeltstufe 4 eingeordnet werden müsse, da er diese aufgrund der zurückgelegten Zeit erreicht hätte, wenn die Entgelttabelle des TVöD bereits seit Beginn seiner Beschäftigungszeit gegolten hätte. Maßgeblich sei letztlich die Gesamtbeschäftigungszeit bei der Beklagten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Vergütung nach der Entgeltgruppe 6, Entgeltstufe 4 rückwirkend ab dem 01.01.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, dass sich aus der Systematik des § 7 TVÜ-VKA ergebe, dass nur die Beschäftigungszeit nach dem Eingreifen des neuen Tarifwerks bei der erstmaligen und einmaligen Eingruppierung zugrunde zu legen sei, so dass der Kläger drei Jahre in der Entgeltgruppe 6, Entgeltstufe 3 TVöD tätig werden musste.

Durch Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 23.01.2007 wurde die Klage abgewiesen, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und der Wert des Streitgegenstandes auf 5.400,00 € festgesetzt. Zur Begründung des erstinstanzlichen Urteiles wird auf dieses (Bl. 36 bis 40 d. A.) Bezug genommen.

Dieses Urteil wurde dem Kläger am 30.01.2007 zugestellt. Hiergegen legte dieser am 08.02.2007 Berufung ein und begründete diese mit einem am 27.03.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz.

Zur Begründung trägt der Kläger vor, der Wortlaut des § 7 TVÜ-VKA sei nicht eindeutig, ob die Beschäftigungszeit insgesamt bei der Beklagten zugrunde zu legen sei oder ob die dreijährige Stufenlaufzeit erst nach Überleitung beginne. Hier ergebe sich ein Auslegungsbedarf, allenfalls sei von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen.

Die Stufenzuordnung der ehemaligen Arbeiterinnen und Arbeiter in die Entgelttabelle des TVöD folge nach anderen Grundsätzen als die Stufenzuordnung der ehemaligen Angestellten. Während die Angestellten bei der Überleitung in eine neue Entgelttabelle in eine individuelle Zwischenstufe übergeleitet würden, die ihrem Vergleichsentgelt entspreche, richte sich die Einstufung der ehemaligen Arbeiterinnen und Arbeiter grundsätzlich nach der beim Arbeitgeber ununterbrochen zurückgelegten Beschäftigungszeit. Nur in geringfügigen Ausnahmefällen könne es zu einer Zuordnung zu einer individuellen Zwischenstufe kommen. Beschäftigte aus dem Geltungsbereich des BMT-G seien schon nach altem Tarifrecht nach Beschäftigungszeiten den Stufen ihrer Lohntabelle zugewiesen worden, während Angestellte nach Lebensaltersstufen eingruppiert worden seien. Dies habe auch so beibehalten werden sollen.

Anders als bei den Angestellten gebe es für die Arbeiterinnen und Arbeiter keine Regelung, nach der eine bestimmte Verweildauer in dieser Stufe im Zusammenhang mit der Überleitung festgelegt sei. § 7 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA stelle vielmehr klar, dass sich der Stufenaufstieg nach den Regelungen des TVöD richte.

Ergänzend wird auf die Berufungsbegründung des Klägers vom 14.03.2007 (Bl. 74 bis 78 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 23.01.2007, Az.: 3 Ca 474/06, abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung nach der Entgeltgruppe 6, Entgeltstufe 4 ab 01.01.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 07.06. 2007. Hierauf wird verwiesen (Bl. 86 bis 91 d. A.).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 6, Entgeltstufe 4 nicht bereits ab 01.01.2006 zu.

Unstreitig ist der Kläger der Entgeltgruppe 6 zuzuordnen. Die richtige Stufenzuordnung ergibt sich zunächst aus § 7 Abs. 1 TVÜ-VKA. Dieser lautet wie folgt:

Beschäftigte aus dem Geltungsbereich des BMT-G / BMT-G-O / TV Arbeiter-Ostdeutsche Sparkassen werden entsprechend ihrer Beschäftigungszeit nach § 6 BMT-G / BMT-G-O der Stufe der gemäß § 4 bestimmten Entgeltgruppe zugeordnet, die sie erreicht hätten, wenn die Entgelttabelle des TVöD bereits seit Beginn ihrer Beschäftigungszeit gegolten hätte; Stufe 1 ist hierbei ausnahmslos mit einem Jahr zu berücksichtigen. Der weitere Stufenaufstieg richtet sich nach den Regelungen des TVöD.

Bei einer Beschäftigungszeit von 5 Jahren und 9 Monaten im Zeitpunkt der Überleitung am 01.10.2006 stand dem Kläger die Stufe 3 der Entgeltgruppe 6 zu. Der Kläger wurde deshalb zunächst richtig in die Stufe 3 der Entgeltgruppe 6 eingeordnet.

Der TVÜ-VKA regelt ausschließlich die Überleitung der Beschäftigten in den TVöD und das Übergangsrecht als solches. Er trifft damit keine eigenen Regelungen über die weiteren Vergütungsregelungen. Vielmehr wird in § 7 als Übergangsrecht ausdrücklich geregelt, dass sich der weitere Stufenaufstieg nach den Regelungen des TVöD regelt.

Der TVöD regelt in § 16, dass die Entgeltgruppen 2 bis 15 sechs Stufen umfassen. In Absatz 3 dieser Vorschrift ist geregelt, dass die Beschäftigten von Stufe 3 an die jeweils nächste Stufe in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Abs. 2 nach Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber erreichen, und zwar die Stufe 4 nach 3 Jahren in Stufe 3.

Dieses bedeutet, dass der Kläger die Stufe 4 nach 3 Jahren in Stufe 3 erreicht. Da der Kläger die Stufe 3 zum Zeitpunkt der Überleitung in den TVöD am 01.10.2005 erreicht hat, benötigt er eine Tätigkeit in dieser Entgeltstufe von 3 Jahren, um in die nächst höhere Entgeltstufe 4 zu kommen.

Die Auffassung des Klägers, der Stufenaufstieg des Klägers richte sich nach der Beschäftigungszeit insgesamt bei der Beklagten, entspricht nicht der tarifvertraglichen Regelung. Nach der Anlage 1 zum TVÜ-VKA erfolgt die Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen in die Entgeltgruppe 6 für die Angestellten wie folgt:

VI b mit ausstehendem Aufstieg nach V b (nur Lehrkräfte),

VI b mit ausstehendem Aufstieg nach V c,

VI b ohne Aufstieg nach V c,

VI b nach Aufstieg aus VII.

Für die Lohngruppen der gewerblichen Arbeitnehmer ergibt sich die Zuordnung zur Entgeltgruppe 6 wie folgt:

Vergütungsgruppe 6 a,

Vergütungsgruppe 6 mit ausstehendem Aufstieg 6 a,

Vergütungsgruppe 6 nach Aufstieg aus 5,

Vergütungsgruppe 5 mit ausstehendem Aufstieg nach 6 und 6 a.

Bereits hieraus wird ersichtlich, dass der Entgeltgruppe 6 Arbeitnehmer unterschiedlicher Vergütungs- bzw. Lohngruppen zugeordnet werden, teilweise mit ausstehendem Aufstieg zu einer höheren Gruppe, teilweise ohne Aufstiegsmöglichkeit nach einer höheren Vergütungsgruppe sowie teilweise nach Aufstieg aus einer niedrigeren Vergütungsgruppe, und damit vorherige Beschäftigungs- oder Bewährungszeiten bei der Zuordnung zur Entgeltgruppe 6 bereits berücksichtigt. Würde man, wie vom Kläger gefordert, die Beschäftigungszeit insgesamt bei der Beklagten berücksichtigen, so würde bei der Zuordnung zur Entgeltgruppe 6 je nach vorheriger Lohngruppe die Beschäftigungszeit teilweise doppelt bewertet werden müssen, so dass sich bereits hieraus ergibt, dass sich die Entgeltgruppe 6 als neue eigenständige Entgeltgruppe darstellt, und deshalb gemäß § 16 Abs. 3 TVöD eine ununterbrochene Tätigkeit gerade in dieser Entgeltgruppe durchlaufen sein muss, um in die nächst höhere Entgeltgruppe zu kommen. Gerade dieses ist durch § 7 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA gewollt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 7 Abs. 3 TVÜ-VKA. Insoweit führt die Beklagte zutreffend aus, dass für den Fall, dass der Kläger in eine individuellen Zwischenstufe überzuleiten gewesen wäre, er ab dem 01.01. des Folgejahres die höhere Stufe erreicht. Dieses gilt jedoch nur in den Fällen, in denen überzuleitende gewerbliche Arbeitnehmer ausnahmsweise einer individuellen Zwischenstufe zuzuordnen waren. Hieraus ist der Schluss zu ziehen, da sonst § 7 Abs. 3 TVÜ-VKA keinen ausreichenden Sinn gibt, dass ab 01.10.2005 die Beschäftigungszeit in der erreichten Stufe neu zu laufen beginnt.

Ein Vergleich mit den Zuordnungen der Angestellten gemäß § 6 TVÜ-VKA bringt nach Auffassung der Kammer insoweit keinen Widerspruch, da es sich um eine andere Vergleichsgruppe handelt und darüber hinaus andere Ausgangsvoraussetzungen bei den Angestellten vorgelegen haben.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass § 16 Abs. 2 TVöD einschlägige Berufserfahrungen bei Neueinstellungen berücksichtigen will. Entscheidend ist vielmehr, insoweit kann auf das oben Gesagte verwiesen werden, dass die Entgeltgruppe unterschiedlichste vorherige Eingruppierungen zusammenfasst und dabei auch bereits Berufserfahrungen mit berücksichtigt. Eine Zusammenführung verschiedenster Vergütungs- und Lohngruppen muss zu einer Pauschalierung führen, so dass individuelle Regelungen, wie bei Neueinstellungen, nicht im selben Umfang berücksichtigt werden können.

Der Kläger hat deshalb keinen Anspruch, bereits zum 01.01.2006 der Entgeltstufe 4 zugeordnet zu werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO in Verbindung mit § 64 Abs. 6 ArbGG.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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