Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 08.08.2007
Aktenzeichen: 2 Sa 1768/06 E
Rechtsgebiete: TVÜ-VKA


Vorschriften:

TVÜ-VKA § 5 Abs. 2
Zu § 5 II S. 2 TVÜ-VKA

Berechnung des Vergleichsentgelts unter Berücksichtigung des Ehegattenzuschlags bei Überleitung eines bisher nach dem BAT vergüteten Vollzeitarbeitnehmers, der mit einer beamteten Vollzeitbeschäftigten verheiratet ist.


LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 Sa 1768/06 E

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 8. August 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Voigt, die ehrenamtliche Richterin Frau Hoffmann-Merten, den ehrenamtlichen Richter Herrn Purps für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 06.09.2007 - 6 Ca 386/05 E - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Höhe der Vergütung nach der Überleitung des Klägers vom Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) zum Tarifvertrag für den öffentlichen Diensten (TVöD) zum 01.10.2005.

Der Kläger ist seit dem 01.01.2002 als vollbeschäftigter technischer Stadtangestellter bei der beklagten Stadt beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft vertraglicher Vereinbarung des Bundesangestelltentarifvertrag und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung bis zum 30.09.2005 Anwendung. Zum 01.10.2005 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers in den Nachfolgetarifvertrag - TVöD-VKA - übergleitet.

Die Ehefrau des Klägers ist im Rahmen eines Beamtenverhältnisses beschäftigt.

Der Kläger erhielt bis zum Monat September 2005 eine Vergütung in Höhe von 3.598,78 €. Hierin enthalten war ein hälftiger Ortszuschlag der Stufe 2 mit einem Betrag von 53,45 €. Zum 01.10.2005 leitete die beklagte Stadt den Kläger nach § 5 Abs. 2 TVÜ-VKA in das Vergütungssystem des Nachfolgetarifvertrages über. Der Kläger erhielt danach Vergütung nach der Entgeltgruppe 12 Stufe 3 +. Die Beklagte bildete dabei ein Vergleichsentgelt, in dem der hälftige Ortszuschlag der Stufe 2 nicht berücksichtigt wurde. Wäre der Ortszuschlag berücksichtigt worden, hätte sich eine Eingruppierung in die Entgeltstufe 12 Stufe 4 + ergeben. Die Gehaltsdifferenzen zwischen den Entgeltgruppen 12 Stufe 3 + und 12 Stufe 4 + belaufen sich seit dem 01.10.2005 auf 53,45 €. Auf der Grundlage der Regelungen des Überleitungstarifvertrages (TVÜ-VKA), steigt der Kläger gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA per 01.10.2007 in die nächsthöhere reguläre Stufe seiner Entgeltgruppe auf. Bei der von Seiten der Stadt ermittelten Entgeltstufe 12 Stufe 3 + bedeutet dies ein Anstieg des Verdienstes des Klägers auf die Summe von 3.550,00 € pro Monat (Stufe 4). Wäre bei der Überleitung des Klägers nach Maßgabe des § 5 Abs. 2 TVÜ-VKA, der Ortszuschlag der Stufe 2 hälftig berücksichtigt worden und hätte der Kläger danach insgesamt eine Vergütung der Entgeltgruppe 12 Stufe 4 + bezogen, so würde per 01.10.2007 seine Vergütung auf einen Betrag von 4.000,00 € steigen (Stufe 5).

Die Ehefrau des Klägers erhält seit dem 01.10.2005 im Rahmen ihres Beamtenverhältnisses den Familienzuschlag in voller statt in halber Höhe.

Das gemeinsame Familieneinkommen sank aufgrund der Berechnung dieses Familienzuschlages ab 01.10.2005 um 0,81 € brutto.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Regelung des § 5 TVÜ-VKA über die Berechnung des Vergleichsentgelts sei verfassungswidrig.

Das Arbeitsgericht hat durch sein Urteil vom 06.09.2006 die Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt, der Ortszuschlag stelle keinen leistungsbezogenen Vergütungsbestandteil dar, sondern einen Ausgleich für mit einer bestimmten familiären Lebenssituation typischerweise verbundene wirtschaftliche Belastung. Es liege im zulässigen Regelungsspielraum der Tarifvertragsparteien, die bisher gezahlten Ortszuschläge besitzstandwahrend in die Überleitung zum TVöD einzubeziehen. Dabei könne die Begünstigung einer Arbeitnehmergruppe zur Wahrung sozialer Besitzstände eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.

Wegen der weiteren Begründung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 06.09.2006 verwiesen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 24.10.2006 zugestellte Urteil am 15.11.2006 Berufung eingelegt, die er am 21.12.2006 begründet hat.

Der Kläger ist der Auffassung die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA verstoße gegen Artikel 3 Grundgesetz. Seit der Geltung des TVöD erhalte er für gleiche Tätigkeit wie sie seine Kollegen ausübten eine geringere Vergütung, weil er mit einer Beamtin verheiratet sei. Mit dem Ortszuschlag werde auch die Arbeitsleistung vergütet. Die Tarifvertragsparteien seien gehindert, bestimmte Arbeitnehmergruppen ohne sachlich vertretbare Gründe von nicht rein arbeitsleistungsbezogenen Vergütungen ganz oder teilweise auszuschließen. Der TVöD enthalte keine familienbezogenen Bestandteile mehr. Die Überleitungsvorschrift sehe indes vor, dass bei manchen Arbeitnehmern die alten familienbezognen Bestandteile in das Vergleichsentgelt einberechnet würden, bei anderen nicht.

Er werde benachteiligt, da er mit einer Beamtin verheiratet sei, während bei anderen nicht mit Beamten verheirateten Arbeitnehmern der volle Ortszuschlag in das Vergleichsentgelt einfließe. Die Tatsache, dass seine Ehefrau Beamtin sei und nunmehr den erhöhten Ortszuschlag erhalte sei nicht in seiner Person begründet und dürfe daher nicht berücksichtigt werden.

Es liege auch ein Verstoß gegen Artikel 6 GG vor. Selbst wenn § 40 Abs. 4 BBesG zu einer Kompensation im Hinblick auf den Ortszuschlag führe, da seine Frau nun den entsprechenden erhöhten Ortszuschlag erhalte, sei dies nicht gerechtfertigt, da § 40 BBesG nach Abschaffung des BAT keine Rolle mehr spiele.

Die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA stelle eine mittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 3 AGG dar, da naturgemäß eher Frauen Mutterschutz beanspruchen und im Rahmen der Elterzeit mehr Frauen als Männer ihre Berufstätigkeit unterbrechen. Werde der Ehemann nach TVöD besoldet, falle in dem Fall, dass er mit einer Beamtin verheiratet sei, der Ortszuschlag dort weg und lebe nicht wieder auf, wenn die Beamtin in Elternzeit gehe.

Im Übrigen liege in der Tarifregelung ein Verstoß gegen § 134 BGB vor, da das Kündigungsschutzgesetz umgangen werde, wenn er ohne sachlichen Grund eine Vergütungskürzung erfahre.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgericht Braunschweig vom 06.09.2006, Az: 6 Ca 386/05 E, aufzuheben, und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.10.2005 Entgelt nach der Entgeltgruppe 12 Stufe 4 + mit einem Vergleichsentgelt von 3.575,77 € brutto zuzüglich einer Technikerzulage von 23,01 € brutto zu zahlen.

Die beklagte Stadt beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die beklagte Stadt verteidigt das angegriffene Urteil. Dem Ehegattenanteil des Ortszuschlages komme keine leistungsbezogene Funktion zu, sondern lediglich die Aufgabe eine mit einem bestimmten Familienstand oder einer Lebensgemeinschaft verbundene finanzielle Belastung zu mindern. Es bestehe keinerlei Bezug zur Arbeitsleistung und deren Qualität. Es obliege allein den Tarifvertragsparteien darüber zu entscheiden, ob überhaupt und wie neben der reinen leistungsbezogene Vergütung eine zusätzliche soziale, familienbezogene Ausgleichszahlung gewährt werde. Bei der Überleitung vom BAT zum TVöD könne zur Wahrung sozialer Besitzstände eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmergruppen gerechtfertigt sein. Die Einkommenssituation der Familie bleibe im vorliegenden Falle unberührt, da die Ehefrau des Klägers nunmehr den Anspruch auf den vollen Ortszuschlag der Stufe 2 besitze. Ziel der Übergangsregelung und der darin enthaltenen Stichtagsregelung (01.10.2005) sei gewesen eine Erhöhung des Familieneinkommens zu vermeiden und das bisherige Einkommen zu stabilisieren. Derartige Stichtagsregelungen seinen Ausdruck einer gebotenen pauschalierten Betrachtung und als solche zulässig.

Eine Verletzung des Artikels 6 des GG scheide aus. Die Kürzung der Gesamtvergütung des Klägers beruhe nicht auf der Tatsache das er verheiratet sei, sondern das er mit einer Beamtin verheiratet sei, auf deren Beschäftigungsverhältnis § 40 Abs. 4 BBesG zur Anwendung komme, mit der Folge der vollständigen Zahlung des Ortszuschlages der Stufe 2.

Eine unzulässige Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes liege nicht vor, da die Tarifvertragsparteien berechtigt gewesen seien eine tarifliche Neuregelung bisher gewährter Leistungen zu verändern oder ganz abzuschaffen.

Wegen des weitern Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die mündliche vorgetragenen Inhalt ihrer gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 519, 520 ZPO, 64, 66 ArbGG.

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit zutreffend entschieden.

Das Berufungsgericht folgt den Ausführungen des Arbeitsgerichts in seinem Urteil vom 06.09.2006 und nimmt auf dieses zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen ausdrücklich Bezug, § 69 Abs. 2 ArbGG. Eine umfangreiche Darstellung der Entscheidungsgründe erübrige sich daher (vgl. BAG, Urteil vom 14.09.1994 - 4 AZR 761/93 - in AP Nr. 2 zu § 1 TVG, Tarifverträge Apotheken).

Aufgrund des Berufungsvorbringens wird ergänzend folgendes ausgeführt:

Der Kläger verfolgt im Rahmen des Berufungsverfahrens lediglich noch seinen Antrag auf Feststellung des ab 01.10.2005 für ihn maßgeblichen Entgelts. Die Parteien streiten damit über den Inhalt eines zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 ZPO, nämlich über die Berechnungsweise des Vergleichsentgelt nach § 5 TVÜ-VKA im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses .

Das erforderliche besondere Feststellungsinteresse ist damit gegeben. Der Vorrang der Leistungsklage besteht nicht. Wird ein öffentlich rechtlicher Arbeitgeber verklagt, ist zu erwarten, dass dieser sich einer gerichtlichen Feststellung seiner rechtlichen Verpflichtung entsprechend verhalten wird. Die Feststellungsklage ist daher geeignet den Streit der Parteien endgültig beizulegen (BAG, Urteil vom 16.08.2004 - 9 AZR 580/04 - zitiert nach jurisweb; EZA § 4 TVG Altersteilzeit Nr. 17).

Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf Vergütung ab 01.10.2005 aus der Entgeltgruppe 12 Stufe 4 + mit einem Vergleichsentgelt von 3.575,77 € brutto zuzüglich einer Technikerzulage von 23,01 € brutto monatlich.

Die beklagte Stadt hat das Vergleichsentgelt nach den §§ 4 ff. TVÜ-VKA zutreffend berechnet. Zurecht hat die beklagte Stadt dabei nach § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA in der Berechnung des Vergleichsentgelts den Ortszuschlag der Stufe 2 - Verheirateten-zuschlag - nicht berücksichtigt. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA ist der Ortszuschlag lediglich in Höhe der Stufe 1 - allgemeiner Ortszuschlag - zu berücksichtigen, wenn eine andere Person im Sinne des § 29 BAT Abschnitt B Abs. 5 ortszuschlagsberechtigt oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen familienzuschlagsberechtigt ist. Die Situation ist vorliegend gegeben. Der Kläger ist mit einer Beamtin verheiratet. Diese erhält nun den vollen Ortszuschlag der Stufe 2. Ein finanzieller Verlust im Familieneinkommen tritt nicht ein. Die Differenz von 0,81 € pro Monat beruht lediglich auf der Tatsache, dass der Ortszuschlag bei der beamteten Ehefrau des Klägers auf der Grundlage ihrer Besoldungsgruppe ermittelt wird. Ist der dortige Ortszuschlag betragsmäßig geringer als der volle Ortszuschlag der Stufe 2 des Klägers ist dies unerheblich (dazu BAG, Urteil vom 27.04.2006 - 6 AZR 437/05 - in NZA-RR 2006 Seite 608).

Die Bestimmung des § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA ist - wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - wirksam. Die Bestimmung des § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA verstößt nicht gegen Artikel 3 GG - allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz -. Die Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Gleichwohl müssen sie aufgrund der Schutzpflichten der Grundrechte bei ihrer tariflichen Normsetzung den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG sowie die Diskriminierungsverbote des Artikel 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG beachten. Die Feststellung, dass der allgemeine Gleichheitssatz wegen der Schutzfunktion der Grundrechte auch von den Tarifvertragsparteien bei der von ihnen verantwortenden Regelbildung zu beachten ist, führt bei der Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit Artikel 3 Abs. 1 GG nicht zu anderen Prüfungsmaßstäben als sie im Fall einer unmittelbaren Grundrechtsbindung heranzuziehen wären. Nach der ständigen Rechtssprechung des Bundesverfassungsgericht folgt allein aus der Ungleichbehandlung vergleichbarer Fallgruppen noch keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Artikel 3 Abs. 1 GG. Ein darauf bezogener Verstoß liegt erst vor, wenn die Ungleichbehandlung nicht in ausreichendem Maße gerechtfertigt werden kann (BAG, Urteil vom 21.04.2005 - 6 AZR 440/04 - Rn. 20, zitiert nach jurisweb).

Unter Beachtung dieses Prüfungsmaßstabes erweist sich die unterschiedliche Behandlung von Angestellten deren Partner in ihrem jeweiligen Arbeitsverhältnis familienzuschlagsberechtigt sind und solchen bei denen dies nicht der Fall ist, und bei denen deshalb der Ortszuschlag der Stufe 2 in der Vergleichsentgeltberechnung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA Berücksichtigung findet, als wirksam.

Dem Ortszuschlag der Stufe 2 kommt eine soziale familienbezogene Ausgleichsfunktion zu. Er soll die unterschiedlichen Belastungen aufgrund des Familienstandes berücksichtigen. Eine solche Funktion weist der Ortszuschlag der Stufe 1 nicht auf. Die Kürzungsvorschrift des § 29 BAT Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 BAT knüpft an die soziale Ausgleichsfunktion des Ehegattenanteils an. Sie ist darauf gerichtet, bei Ehegatten die beide im öffentlichen Dienst beschäftigt sind und einen Familien- oder Ortszuschlag oder einen dem Familien- oder Ortszuschlag entsprechende Leistung zu erhalten, den einheitlichen Sachverhalt der Eheschließung nicht mehrfach zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 27.04.2006 - 6 AZR 437/05 - in NZA-RR 2006 Seite 608 ff. Rn. 16). Dieser Regelungszweck, so das Bundesarbeitsgericht, erklärt sich aus der Entstehungs-geschichte der Tarifvorschrift. Mit Inkrafttreten des 49. Änderungstarifvertrages zum BAT am 01.05.1982 wurde diese bis dahin sinngemäß anzuwendende beamtenrechtliche Vorschrift des § 40 BBesG durch die eigenständige Tarifregelung im § 29 BAT ersetzt. § 40 BBesG sah ursprünglich für Beamte die vollen Ehegattenanteile des Ortszuschlages zugunsten beider im öffentlichen Dienst tätiger Ehepartner vor. Durch das Haushaltsstrukturgesetz vom 18.12.1975 wurde für den Fall der Ortszuschlags-berechtigung beider Eheleute die Kürzungsregelung eingeführt, die mit Wirkung ab 01.07.1978 um die Alternative der entsprechenden Leistung ergänzt wurde. Hintergrund des Haushaltsstrukturgesetzes war die Notwendigkeit von Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst zu Konsolidierung der Haushalte. Mit der Änderung der Ortszuschlagsregelung für beiderseits im öffentlichen Dienst tätige Ehegatten, sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass hiermit bislang der selbe Tatbestand doppelt aus öffentlichen Kassen abgegolten wurde (BAG aaO).

Die Regelung über die Berücksichtigung des familienbezogenen Ortszuschlages im Rahmen der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst und der Beamten soll damit gewährleisten, dass ein Paar insgesamt nur einmal einen Ortszuschlag der Stufe 2 erhält (BAG aaO, - 6 AZR 437/05 -). Der TVöD beseitig diese familienbezogenen Zulagen mit Wirkung für die Zukunft bzw. mit Wirkung für Neueinstellungen bereits ab 01.10.2005. Wenn die Tarifvertragsparteien bei der Schaffung der Übergangsregelung des TVÜ-VKA die bisher gezahlten Ortszuschläge unter den im § 5 Abs. 2 TVÜ-VKA benannten Voraussetzungen besitzstandwahrend berücksichtigen, ist dies zulässig. Die Wahrung sozialer Besitzstände ist als sachlicher Grund zur Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmer anerkannt (BAG, Urteil vom 02.08.2006 - 10 AZR 572/05 - zitiert nach jurisweb; EZA § 75 BetrVG 2001 Nr. 3).

Durch die Regelung des § 5 Abs. 2 TVÜ-VKA stellen die Tarifvertragsparteien sicher, dass bezogen auf ein Paar der familienbezogene Zuschlag nur einmal gezahlt wird und das andererseits kein Paar das bisher insgesamt ein familienbezogenen Zuschlag erhalten hat, diese Einkommenskomponente im Familienbudget per 01.10.2005 verliert. Die Regelung über die Berechnung des Vergleichsentgelts belastet den Kläger in seiner familiären Situation für die Zeit nach dem 01.10.2005 daher nicht. Das Familieneinkommen sinkt nicht.

Auswirkungen hat die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA erst in der Zukunft. Zum 01.10.2007 haben die Tarifvertragsparteien in § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA vorgesehen, dass die individuelle Zwischenstufe zwischen den Vergütungsstufen der jeweiligen Entgeltgruppe beseitig wird. Die Vergütung des Angestellten steigt von der jeweiligen individuellen Vergleichsentgeltgröße auf die nächste höhere Vergütungsstufe der jeweiligen Entgeltgruppe. Das bedeutet, dass der Angestellte der mit seinem individuellen Vergleichsentgelt lediglich geringfügig oberhalb der Vergütungsstufe liegt, einen größeren Gehaltszuwachs per 01.10.2007 erfährt als derjenige der bereits mit seinem individuellen Vergleichsentgelt nahe an der nächsten Stufe liegt.

Gleichwohl macht auch diese Tatsache die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA nicht wegen Verstoßes gegen Artikel 3 GG unwirksam.

Ziel der Vertragsparteien war es, mit der Regelung des § 6 Abs. 2 TVÜ-VKA in vertretbarer Übergangszeit alle Angestellten - seien es neu eingestellte, oder bereits vor dem 01.10.2005 beschäftigte Arbeitnehmer - im Interesse einer betrieblichen Lohn-gerechtigkeit in ein für alle verbindliches Lohnsystem zu überführen. Vergütungs-kürzungen sind über die Regelungen der §§ 6 Abs. 2, 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA für die betroffenen Angestellten damit nicht verbunden. Lediglich die Vergütungszuwächse fallen wegen individueller Vergleichsentgelte unterschiedlich aus. Diese differenzierte Behandlung der Angestellten verstößt nicht gegen Artikel 3 GG.

Die Tarifvertragsparteien besitzen, gestützt auf Artikel 9 Abs. 3 GG, Tarifautonomie. Daraus ergibt sich eine eigenständige Regelungsbefugnis zur Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen (BAG, Urteil vom 27.05.2004 - 6 AZR 129/03 - , AP Nr. 5 zu § 1 TVG Gleichbehandlung). Dazu zählt in erster Linie die Festlegung von Löhnen und materiellen Arbeitsbedingungen. In Bezug auf die dabei zu berücksichtigenden tatsächlichen Gegebenheiten und die betroffenen Interessen haben die Tarifvertragsparteen eine Einschätzungsprärogative (BAG, aaO). Sie sind nicht dazu verpflichtet die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen (BAG, aaO). Die Regelung der § 5 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA mit der Konsequenz unterschiedlich starker Gehaltsanstiege per 01.10.2005 bewegt sich innerhalb des den Tarifvertragsparteien zustehenden Regelungsspielraumes.

Die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA verletzt nicht Artikel 6 GG. Durch die Übergangsregelung wird gerade ein Eingriff in den aktuellen Besitzstand der Familien per 01.10.2005 vermieden. Das Familieneinkommen wird nicht in rechtserheblicher Weise angetastet.

Auch die Tatsache, dass spätere persönliche Veränderung kein Wiederaufleben des beim Kläger in der Vergangenheit bezogenen hälftigen familienbezogenen Ortszuschlages bewirken können, ist unerheblich. Die Tarifvertragsparteien haben sich entschlossen, keinerlei familienbezogene Bestandteile über den 01.10.2005 hinaus zu gewähren und bereits in der Vergangenheit gewährte familienbezogene Bestandteile lediglich dann besitzstandswahrend zu berücksichtigen, wenn an dem Stichtag der Ermittlung des Vergleichsentgelts die Voraussetzungen für den Bezug der familienbezogenen Bestandteile vorgelegen haben. Nach der ständigen Rechtssprechung des BAG sind Stichtagsregelungen Ausdruck einer gebotenen pauschalierten Betrachtung. Sie sind aus Gründen der Praktikabilität, ungeachtet der damit verbundenen Härten zur Abgrenzung des begünstigten Personenkreises gerechtfertigt, wenn sich die Wahl der Stichtagsregelung am gegebenen Sachverhalt orientiert und demnach vertretbar ist. Es ist damit nicht willkürlich, sondern sachgerecht, wenn sich die Wahl des Stichtages an dem Willen der Tarifvertragsparteien orientiert, ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung für die Veränderung der persönlicher Umstände nur die neuen tariflichen Regelungen zur Anwendung zu bringen (so ausdrücklich BAG, Urteil vom 21.04.2005 - 4 AZR 440/04 - Rn. 23).

Nach alldem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

Zurück