Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 15.08.2002
Aktenzeichen: 4 Sa 1781/01
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 111
BetrVG § 113 Abs. 3
BGB § 823 Abs. 2
§ 111, 113 Abs. 3 BetrVG sind kein Schutzgesetz i. S. d, § 823 Abs. 2 BGB.

Während der Dauer des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH & Co. KG kann die Haftung der GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin gem. § 93 InsO nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.


Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 Sa 1781/01

Verkündet am: 15.08.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 15.08.2002 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Krönig und die ehrenamtlichen Richter Geselle und Schwitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des ArbG Hannover vom 06.06.2001 - 1 Ca 181/01 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

Die am geborene Klägerin war aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 29.10.1997 seit dem 01.11.1997 bei der Gemeinschuldnerin als Verkäuferin in der Gardinenabteilung beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Gemeinschuldnerin fand der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für die Beschäftigten im niedersächsischen Einzelhandel Anwendung. § 23 des Arbeitsvertrages lautet:

§ 23 Verwirkung von Ansprüchen

Gegenseitige Ansprüche aller Art aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb einer Ausschlußfrist von 3 Monaten seit Fälligkeit des Anspruchs schriftlich geltend zu machen.

Unter diese Verfallklausel fallen nicht solche Ansprüche eines Arbeitgebers oder eines Arbeitnehmers gegen einen Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, die auf eine strafbare Handlung oder eine unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB gestützt werden.

Für diese Ansprüche gelten die gesetzlichen Vorschriften.

Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 05.09.2000 (910 IN 500/00) das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1) zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Durch Beschluss vom 29.12.2000 eröffnete das Amtsgericht Hannover das Insolvenzverfahren endgültig und setzte den Beklagten zu 1) als Insolvenzverwalter ein. Die Beklagte zu 2) ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin.

In den Monaten Januar und Februar 2001 führte der Beklagte zu 1) einen Räumungsverkauf in den Geschäftsräumen der Gemeinschuldnerin in der Innenstadt von durch. Mit Schreiben vom 13.02.2001, beim Betriebsrat eingegangen am selben Tag, unterrichtete der Beklagte den Betriebsrat über die vorgesehene Massenentlassung nach § 17 Abs. 2 KSchG. Mit Schreiben vom selben Tag, beim Betriebsrat eingegangen am 16.02.2001, hörte der Beklagte zu 1) den Betriebsrat zu der beabsichtigten Kündigung der Klägerin aus betriebsbedingten Gründen an. Erstmals am 27.02.2001 trat die Gläubigerversammlung zusammen. Sie stimmte der Stilllegung des Geschäftsbetriebes zu, die zum 28.02.2001 erfolgte. Danach ließ der Beklagte zu 1) nur noch einzelne Aufräumarbeiten durchführen. Am 28.02.2001 erstattete der Beklagte zu 1) bei dem Arbeitsgericht Hannover eine Massenentlassungsanzeige. Durch Bescheid vom 13.03.2001 teilte die Bundesanstalt für Arbeit dem Beklagten zu 1) mit, dass sie zu den vorgesehenen Entlassungen die Zustimmung erteile.

Mit Schreiben vom 24.02.2001 kündigte der Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 30.04.2001.

Zu einem Interessenausgleich mit dem Betriebsrat war es bei Ausspruch der Kündigung noch nicht gekommen. Die am 27.02.2001 aufgenommenen Verhandlungen wurden mit einem Interessenausgleich und einem Sozialplan vom 02.04.2001 beendet.

Mit der am 01.03.2001 vor dem Arbeitsgericht erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die ausgesprochene Kündigung. Die Klägerin hat behauptet, der ehemalige Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin und die Beklagte zu 2) hätten die Insolvenz planvoll herbeigeführt. Sie hat die Auffassung vertreten, es fehle an einer wirksamen Unternehmerentscheidung des Beklagten zu 1), da der Stilllegungsbeschluss der Gläubigerversammlung vorbehalten sei. Schließlich verstoße die ausgesprochene Kündigung gegen § 17 KSchG.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 24.02.2001 nicht aufgelöst worden ist,

2. das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch gerichtliches Urteil zum 30.04.2001 aufzulösen und die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung einer Abfindung, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 12.377,05 DM nicht unterschreiten sollte, zu verurteilen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 2) hat die Ansicht vertreten, die gegen sie gerichtete Klage sei unzulässig. Der Beklagte zu 1) hat gemeint, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Da kein Gläubigerausschuss bestellt worden sei, habe er den Stilllegungsbeschluss nach § 158 InsO allein fassen können.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 05.06.2001 abgewiesen. Gegen das ihr am 01.11.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 03.12.2001 (1. = Samstag) Berufung eingelegt und sie nach Verlängerung der Begründungsfrist am 04.02.2002 begründet.

Die Klägerin macht geltend, es sei nicht feststellbar, zu welchem Zeitpunkt der Beklagte zu 1) die unternehmerische Entscheidung getroffen habe, den Betrieb der Gemeinschuldnerin stillzulegen. Die Kündigung sei zudem wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrates unwirksam. Die vorgelegten Kopien dokumentierten allenfalls schriftliche Lügen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei der ehemalige Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin nicht geschäftsfähig gewesen. Schließlich schuldeten die Beklagten ihr die Zahlung einer Abfindung nach § 113 Abs. 3 BetrVG.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hannover vom 06.06.2001 - 1 Ca 181/01 -

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 24.02.2001 nicht aufgelöst worden ist,

2. a) das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch gerichtliches Urteil zum 30.04.2001 aufzulösen

und

b) die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung einer Abfindung, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 6.328,29 € nicht unterschreiten sollte, zu verurteilen.

Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten zu 1) und 2) verteidigen das angefochtene Urteil als zutreffend nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit dem Beklagten zu 1) ist durch die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 24.02.2001 in Verbindung mit der Erklärung vom 10.04.2001 fristgerecht zum 31.05.2001 aufgelöst worden (1). Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 6.328,29 € nicht zu (2). Die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Zahlungsklage ist unzulässig (3).

1. a)

Die Stilllegung des gesamten Betriebes durch den Arbeitgeber zählt gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung abgeben können. Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Arbeitgeber die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiterzuverfolgen. Der Arbeitgeber muss endgültig entschlossen sein, den Betrieb stillzulegen. Der Arbeitgeber ist nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Es kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Wird die Kündigung auf die künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse gestützt, so kann sie ausgesprochen werden, wenn die betrieblichen Umstände greifbare Formen angenommen haben. Grundsätzlich brauchen betriebliche Gründe noch nicht tatsächlich eingetreten zu sein, sondern es genügt, wenn sie sich konkret und greifbar abzeichnen. Sie liegen dann vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung aufgrund einer vernünftigen, betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, zum Zeitpunkt des Kündigungstermins sei mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes gegeben (st. Rspr.: vgl. BAG Urt. v. 19.06.1991 - 2 AZR 127/91 - AP Nr. 53 zu § 1 KSchG 19S9 Betriebsbedingte Kündigung; Urt. v. 10.10.1996 - 2 AZR 477/95 - AP Nr. 81 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Urt. v. 18.01.2001 - 2 AZR 514/99 - AP Nr. 115 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Urt. v. 05.04.2001 - 2 AZR 696/99 - AP Nr. 117 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Für die Berechtigung der Kündigung kommt es allein auf die Sachlage im Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung an.

Der Beklagte zu 1) hatte sich im Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung zur dauerhaften Aufhebung der Betriebsgemeinschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern entschlossen. Die unternehmerische Entscheidung hatte im Kündigungszeitpunkt in dem Januar 2001 eingeleiteten Räumungsverkauf und der Mitteilung an den Betriebsrat über die beabsichtigte Massenentlassung nach § 17 KSchG (13.02.2001) bereits greifbare Formen angenommen.

b)

Die Durchführung einer sozialen Auswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG) vor Ausspruch der streitigen Kündigung war entbehrlich. Eine Auswahl der Arbeitnehmer unter sozialen Gesichtspunkten kommt grundsätzlich dann nicht mehr in Betracht, wenn allen Arbeitnehmern gekündigt wird. Denn die Verpflichtung des Arbeitgebers zur sozialen Auswahl dient dem Zweck, bei unvermeidbaren Kündigungen aus dem Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer den sozial "stärksten" Arbeitnehmer ausfindig zu machen; dies ist grundsätzlich derjenige Arbeitnehmer, der aufgrund seiner Sozialdaten am wenigsten auf seinen Arbeitsplatz angewiesen ist. Dementsprechend kam es im vorliegenden Fall auf eine Sozialauswahl nicht an.

c)

Die Kündigung ist nicht wegen Verstoßes gegen § 102 BetrVG unwirksam. Der Beklagte zu 1) hat dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung die Kündigungsgründe ausreichend mitgeteilt. Er hat in seinem Schreiben vom 13.02.2001 angegeben, der Geschäftsbetrieb der Gemeinschuldnerin werde eingestellt und die Verkaufstätigkeit beendet. Alle Arbeitsplätze im Betrieb würden ersatzlos wegfallen; die Frage einer Sozialauswahl stelle sich nicht, da allen Mitarbeitern gekündigt werde. Damit hat der Beklagte zu 1) eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung im Detail schlüssig dargelegt. Nunmehr wäre es im Rahmen der ihr obliegenden abgestuften Darlegungslast Sache der Klägerin gewesen, konkret zu beanstanden, in welchen Punkten sie die Betriebsratsanhörung für fehlerhaft hält. Geht es um einen komplexen Sachverhalt wie die Anhörung des Betriebsrats, so muss die nicht beweisbelastete Partei nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast auf substantiierte Darlegungen der Gegenseite hin deutlich machen, welche Angaben sie für zutreffend erachtet und welche nicht. In diesem Fall kann es nämlich durchaus sein, dass die nicht beweisbelastete Partei einzelne der gegnerischen Angaben, sei es aufgrund eigener Wahrnehmungen, aufgrund von Informationen beteiligter Personen ihres Vertrauens oder aufgrund der Plausibilität und voraussichtlich problemlosen Beweisbarkeit des Vorbringens, für glaubhaft erachtet und nicht länger in Zweifel zieht, oder dass sie einen anderen Sachverhalt darlegen kann. Bei solch komplexen Sachverhalten genügt deshalb kein undifferenziertes pauschales Bestreiten, vielmehr muss die nicht beweisbelastete Partei ihr Bestreiten zumindest soweit substantiieren, dass für das Gericht erkennbar wird, über welche einzelnen Behauptungen der beweisbelasteten Partei Beweis erhoben werden soll (vgl. BAG Urt. v. 16.03.2002 - 2 AZR 75/99 - AP Nr. 114 zu § 102 BetrVG 1972).

Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin nicht. Die Klägerin hat geltend gemacht, die vom Beklagten zu 1) vorgelegten Ablichtungen des Anhörungsschreibens vom 13.02.2001 und der Empfangsbestätigung des Betriebsrats vom 16.02.2001 dokumentierten "allenfalls schriftliche Lügen." Damit wird nicht deutlich, welches Vorbringen des Beklagten zu 1) die Klägerin in Abrede stellen will. Es bleibt unklar, ob die Klägerin etwa vortragen will, die dem Betriebsrat mitgeteilten Tatsachen entsprächen nicht der Wahrheit oder dem Betriebsrat sei entgegen der Darstellung des Beklagten zu 1) der Inhalt des Anhörungsbogens nicht am 16.02.2002 zugegangen.

Zu Unrecht meint die Klägerin, die Anhörung des Betriebsrats sei schon deshalb fehlerhaft, weil nicht mitgeteilt worden sei, wann und durch wen die unternehmerische Entscheidung zur Betriebsstillegung getroffen worden sein soll. Dass der Stilllegungsbeschluss im Insolvenzverfahren allein durch den Insolvenzverwalter getroffen werden kann, ergibt sich aus § 80 InsO. Danach geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter über. Der Insolvenzverwalter übt im Insolvenzverfahren eines Unternehmens Arbeitgeberfunktionen aus und trifft nach §§ 157, 158 InsO die Entscheidung über die Stilllegung des Betriebs. Zwar enthält das Anhörungsschreiben keinerlei Anhaltspunkte dafür, zu welchem Zeitpunkt die unternehmerische Entscheidung über die Betriebsstilllegung vom Insolvenzverwalter getroffen worden ist. Diese Mitteilung war jedoch entbehrlich. Entscheidend ist allein, dass dem Betriebsrat bei Einleitung des Anhörungsverfahrens bekannt war, dass der Stilllegungsbeschluss bereits greifbare Formen angenommen hatte.

d)

Der auf die Massenentlassungsanzeige (§ 17 KSchG) des Beklagten zu 1) vom 28.02.2001 ergangene Bescheid des Arbeitsamtes vom 13.03.2001 machte den Weg für die Entlassung der Klägerin zum 31.05.2001 frei.

Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 KSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitsamt Anzeige zu erstatten, bevor er in einem Betrieb mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlässt. Nach § 18 KSchG werden Entlassungen, die nach § 17 KSchG anzuzeigen sind, vor Ablauf eines Monats nach Eingang der Anzeige beim Arbeitsamt nur mit Zustimmung des Landesarbeitsamtes wirksam. Unter "Entlassung" im Sinne dieser Vorschriften ist nicht schon die Kündigung des Arbeitgebers, sondern erst die damit beabsichtigte Folge der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verstehen.

Unterbleibt die Anzeige des Arbeitgebers, so ist die einzelne Kündigung unwirksam, wenn sich der Arbeitnehmer auf diesen Verstoß beruft (vgl. BAG Urt. v. 19.06.1991 - 2 AZR 127/91 - a. a. O.).

Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt ihre Entlassung zum 31.05.2001 auch nicht deshalb gegen § 17 KSchG, weil der Beklagte zu 1) die angezeigten 24 Entlassungen zum 30.04.2001 und 21.05.2001 in Vollziehung der Vereinbarung aus dem Sozialplan erst zum 31.05.2001 bzw. zum 30.06.2001 vollzogen hat. Denn der Beklagte zu 1) hat diese Entlassungen unstreitig in der 90-tägigen Freifrist (13.04.2001 bis 11.07.2001) nach § 18 Abs. 4 KSchG vorgenommen. Einer erneuten Anzeige nach § 17 Abs. 1 KSchG bedurfte es nur dann, wenn die angezeigten Entlassungen nicht innerhalb dieser Freifrist erfolgten.

f)

Zugunsten der Klägerin kann unterstellt werden, der Eröffnungsantrag des ehemaligen Geschäftsführers der Beklagten zu 2) vom 28.08.2000 sei mangelbehaftet gewesen. Zugunsten der Klägerin kann ferner angenommen werden, ein Insolvenzgrund habe nicht vorgelegen. Denn die Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses heilt alle Mängel des Eröffnungsverfahrens (Kuhn/Uhlenbrock, KO, § 109 Rn. 11; Kilger/Schmidt, KO, § 109 Anm. 7). Zu Unrecht meint die Klägerin, das Gericht habe die Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu prüfen. Ein Hoheitsakt kann grundsätzlich nur in dem dafür vorgesehenen Verfahren beseitigt werden. Er ist, solange das nicht geschehen ist, grundsätzlich wirksam. Nach § 34 Abs. 2 InsO ist der Eröffnungsbeschluss nur für den Schuldner anfechtbar. Eine Anfechtung des Eröffnungsbeschlusses durch die Gemeinschuldnerin ist unstreitig nicht erfolgt.

g)

Schließlich standen der Betriebsstillegung Vorschriften der Insolvenzordnung nicht entgegen. Zwar befindet nach § 157 Satz 1 InsO über Schließung und Fortführung des Unternehmens die Gläubigerversammlung. Ihre Entscheidung im Berichtstermin wird jedoch präjudiziert, wenn der Insolvenzverwalter schon vor diesem Termin das Unternehmen stilllegt. Da diese Maßnahme in manchen Fällen aber zwingend und unaufschiebbar geboten ist, wird sie dem Verwalter unter den Voraussetzungen des § 158 InsO gestattet. Der Schuldner ist zuvor zu unterrichten. Ihm allein steht das Antragsrecht auf Untersagung der Stilllegung nach § 158 Abs. 2 Satz 2 InsO zu.

Entgegen der Auffasung der Klägerin ist aus § 188 SGB III kein Rechtsgedanke herzuleiten, der auf die Entscheidungsbefugnis des Insolvenzverwalters hinsichtlich der Stilllegung des Betriebes Auswirkungen haben könnte. § 188 Abs. 4 SGB III bestimmt, dass der neue Gläubiger keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat, die ihm vor dem Insolvenzereignis ohne Zustimmung des Arbeitsamtes zur Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte übertragen oder verpfändet wurden. Das Arbeitsamt darf der Übertragung oder Verpfändung nur zustimmen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch die Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte ein erheblicher Teil der Arbeitsplätze erhalten bleibt.

2.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 6.328,29 € nicht zu.

a)

Eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG ist nur dann möglich, wenn das Gericht zuvor zur Feststellung gelangt ist, dass die vom Arbeitgeber erklärte Kündigung nicht gemäß § 1 KSchG gerechtfertigt ist. Hält dagegen das Gericht die Kündigung - wie vorliegend - für sozial gerechtfertigt, so schließt dies den Erlass eines Auflösungsurteils aus. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses tritt unmittelbar aufgrund der mit der Kündigung verknüpften Gestaltungswirkung ein.

b)

Ein eventueller Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG ist verfallen.

aa)

Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit dem Beklagten zu 1) fand unstreitig der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten im Einzelhandel Niedersachsens vom 13.04.2000 kraft Allgemeinverbindlichkeitserklärung Anwendung. Nach § 14 Ziff. 2 MTV sind gegenseitige Ansprüche aller Art aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von 3 Monaten seit Fälligkeit des Anspruchs schriftlich geltend zu machen. Zu "Ansprüchen aller Art aus dem Arbeitsverhältnis" gehören auch gesetzliche Ansprüche, soweit sie ihre Grundlage im Arbeitsverhältnis haben. Der Anspruch aus § 113 Abs. 3 BetrVG ist in diesem Sinne ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis (vgl. BAG Urt. v. 20.06.1978 - 1 AZR 102/76 - AP Nr. 3 zu § 113 BetrVG 1972; Urt. v, 18.12.1984 - 1 AZR 176/82 - AP Nr. 11 zu § 113 BetrVG 1972). Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat auch Formulierungen wie "alle übrigen Ansprüche" (Urt. v. 29.11.1983 - 1 AZR 523/82 - AP Nr. 10 zu § 113 BetrVG 1972) und "sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis" (Urt. v. 18.12.1984 - 1 AZR 176/82 - a. a. O.; Urt. v. 14.01.1996 - 1 AZR 591/95 - n. v.; Urt. v. 21.10.1997 - 1 AZR 138/97 - n. v.) so verstanden, dass sie Ansprüche auf Abfindungen nach § 113 Abs. 3 BetrVG einschließen. Dem ist zuzustimmen. Die Formulierungen "alle sonstigen Ansprüche" oder "Ansprüche aller Art aus dem Arbeitsverhältnis" machen deutlich, dass die Tarifvertragsparteien eine umfassende Bereinigung anstrebten und alle eventuell in Betracht kommenden Ansprüche der Ausschlussfrist unterstellen wollten. Dies entspricht dem Zweck einer solchen Frist, in angemessener Zeit Klarheit und Rechtsfrieden zwischen den Parteien des Arbeitsverhältnisses zu schaffen.

bb)

Ein eventueller Anspruch auf Nachteilsausgleich war fällig am 31.05.2001 als dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin aufgrund der betrieblichen Kündigung tatsächlich ausschied. Da die Klägerin den Anspruch erstmals mit der Berufungsbegründung vom 04.02.2002 und damit nach der mit dem 31.08.2001 ablaufenden Ausschlussfrist des § 14 Abs. 2 MTV schriftlich geltend gemacht hat, ist er jedenfalls verfallen. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin zuvor Kündigungsschutzklage erhoben hatte. Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich wird auch dann mit der vorgesehenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig, wenn über die Kündigung, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat, noch ein Kündigungsschutzprozess anhängig ist. Der Anspruch nach § 113 BetrVG setzt für seine Entstehung nicht voraus, dass die Unwirksamkeit der Kündigung vorher rechtswirksam geklärt wurde. Die Kündigungsschutzklage hat auch keine rechtsgestaltende, sondern eine feststellende Wirkung. Wird sie abgewiesen, ist damit nur geklärt, dass eine anspruchsbegründende Voraussetzung - nämlich eine Entlassung zum vorgesehenen Endtermin - vorliegt. Fälligkeit tritt aber unabhängig davon ein, ob die anspruchsbegründenden Umstände im Streit sind. Die Erhebung der Kündigungsschutzklage kann mithin die Fälligkeit des Anspruchs auf Nachteilsausgleich nicht hinausschieben. Wird der Klage hingegen stattgegeben, liegt gar keine Entlassung vor, der Anspruch entfällt dann schon dem Grunde nach. Etwas anderes lässt sich auch nicht damit begründen, dass in der Erhebung einer Kündigungsschutzklage regelmäßig zugleich die Geltendmachung derjenigen Ansprüche zu sehen ist, die vom Ausgang des Verfahrens abhängig sind. Das gilt nämlich nur für Ansprüche, die den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zur Voraussetzung haben, deren Erfüllung der Arbeitgeber daher ohne weiteres bei erfolgreicher Kündigungsschutzklage einplanen muss, da nur dies gewollt sein kann. Hier geht es aber um einen Anspruch, der gerade umgekehrt davon abhängig ist, dass die Kündigungsschutzklage erfolglos bleibt (vgl. BAG Urt. v. 24.01.199S - 1 AZR 591/95 - a.a.O.).

cc)

Die Klägerin hat die Ausschlussfrist des § 14 Abs. 2 MTV nicht dadurch gewahrt, dass sie in der am 01.03.2001 erhobenen Klage die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung nach §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 12.377,05 DM beantragt hat.

Welche Anforderungen an die Geltendmachung einer Forderung zu stellen sind, muss nach Sinn und Zweck der Ausschlussfrist beurteilt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese regelmäßig Klarheit und Rechtsfrieden zwischen den Arbeitsvertragsparteien schaffen soll. Daher müssen Ansprüche dem Grunde nach derart spezifiziert werden, dass der in Anspruch genommene erkennen kann, welche Forderung erhoben wird. Erst dann wird er in die Lage versetzt, die Berechtigung der Forderung zu prüfen (vgl. BAG Urt. v. 25.02.1993 - 6 AZR 334/91 - AP Nr. 10 zu § 37 BAT). Zur Angabe des Grundes gehört zwar keine rechtliche Begründung, wohl aber die Angabe des Lebens -sachverhaltes, auf die die Forderung gestützt wird. Während die Bestimmung des § 113 BetrVG von dem Vorliegen einer rechtswirksamen Kündigung ausgeht, setzt der Abfindungsanspruch nach § 9 Abs. 1 KSchG eine sozialwidrige und damit unwirksame Kündigung voraus. Es handelt sich insoweit um zwei rechtlich verschieden ausgestaltete Anspruchsgrundlagen, die unterschiedliche Anspruchsvoraussetzungen haben, die lediglich beide auf die Gewährung einer Abfindung gerichtet sind.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat im übrigen im Gütetermin vom 30.03.2001 zu Protokoll erklärt, dass es sich bei der begehrten Zahlung - wie im Antrag selbst genannt - um eine Abfindung handele, nicht um einen Nachteilsausgleich.

dd)

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf die Bestimmung des § 14 Abs. 3 MTV Einzelhandel berufen. Danach fallen nicht solche Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen einen Arbeitgeber unter die Verfallklausel, die auf eine strafbare Handlung oder eine unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB gestützt werden. Für diese Ansprüche gelten die gesetzlichen Vorschriften. Die Bestimmungen der §§ 111, 112, 113 BetrVG sind kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.

Gesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist jede Rechtsnorm, die ein bestimmtes Gebot oder Verbot ausspricht. Rechtsnormen, die nur allgemeine Grundsätze aufstellen, scheiden als Schutzgesetz aus. Die Gebots- oder Verbotsnormen müssen nach Zweck und Inhalt jedenfalls auch dem Individualschutz dienen. Dies bedeutet, dass die Norm auf den Schutz vor einer näher bestimmten Art der Schädigung eines Rechtsgutes und Individualinteresses gerichtet, sein muss. Es reicht aus, dass die Gewährung von Individualschutz wenigstens eines der vom Arbeitgeber mit der Norm verfolgten Anliegens ist, selbst wenn auf die Allgemeinheit gerichtete Schutzzwecke ganz im Vordergrund stehen (vgl. BAG Urt. v. 25.04.2001 - 5 AZR 368/99 - AP Nr. 80 zu § 2 BeschFG 1985). Erforderlich ist ferner, dass die Norm dazu bestimmt ist, gerade vor Schädigungen der eingetretenen Art zu schützen, der jeweilige Schaden also von ihrem Schutzzweck umfasst wird. Zu fragen ist, ob es nach Maßgabe des Regelungszusammenhangs, in den die Norm gestellt ist, in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden zu knüpfen. Dazu muss der Geschädigte zu dem geschützten Personenkreis gehören, muss er in einem Rechtsgut oder Interesse verletzt worden sein, dessen Schutz die Norm zu dienen bestimmt ist, und muss sich mit dem Schädigungsvorgang eine Gefahr verwirklicht haben, die durch das Gesetz gerade abgewendet werden soll. Das setzt voraus, dass die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs, auch soweit sie nicht schon erkennbar vom Gesetz erstrebt wird, in den betreffenden Fällen sinnvoll und im Lichte des haftpflichtrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheint, um die Gefahr auszuschließen, dass die Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine allgemeine Haftung für Vermögensschaden unterlaufen wird (vgl. BAG Urt. v. 25.04.2001 - a. a. O.).

Nach diesen Grundsätzen stellen die Bestimmungen der §§ 111 bis 113 BetrVG kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar. Mit der Verpflichtung zur Zahlung von Abfindungen (§ 113 Abs. 1 BetrVG) und zum Ausgleich von anderen wirtschaftlichen Nachteilen (§ 113 Abs. 2 BetrVG) für die Arbeitnehmer soll einerseits die Einhaltung der Beteiligung des Betriebsrates bei unternehmerischen Maßnahmen abgesichert werden (Sanktionszweck). Zum anderen soll aber auch sichergestellt werden, dass Arbeitnehmer, die von solchen, ohne Beachtung der Mitbestimmungsregelung durchgeführten Maßnahmen, nachteilig betroffen werden, einen Ausgleich erhalten (Ausgleichszweck). Mit den Bestimmungen des § 113 Abs. 1 bis 3 BetrVG verfolgt der Gesetzgeber damit auch den individuellen Schutz der Arbeitnehmer. Nach der Rechtsprechung des BGH muss ein Ersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB "im Lichte des haftpflichtrechtlichen Gesamtsystems" d. h. auch ohne Verletzung eines der nach § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgüter und ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 823 BGB "tragbar" sein (vgl. BGH Urt. v. 08.06.1976 - VI ZR 50/75 - BGHZ 66, 388, 390; Urt. v. 05.02.1980 - VI ZR 169/79 - NJW 1980, 1792). Diese Kriterien sieht der BGH allerdings dann nicht als erfüllt an, wenn die Belange des Anspruchstellers anderweitig ausreichend abgesichert sind. Ist das der Fall, ist daneben ein deliktischer Schutz derselben Interessen über § 823 Abs. 2 BGB entbehrlich (BGH Urt. v. 29.06.1982 - VI ZR 33/81 - BGHZ 84, 312). Vorliegend lässt sich nicht feststellen, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, an einen Verstoß gegen §§ 111, 112 BetrVG außer der Zuerkennung eines Anspruchs auf Nachteilsausgleich deliktische Schadenersatzansprüche zu knüpfen. Eine Gesamtbetrachtung der Regelung, die das schützenswerte Interesse der Arbeitnehmer absichern will, zeigt, dass deren Belange auch ohne die Verwirklichung einer so weitgehenden Rechtsfolge ausreichend abgesichert sind.

ee)

Dem Eingreifen der tariflichen Ausschlussfrist steht § 2 NachwG nicht entgegen. Die Berufung auf die tarifliche Ausschlussfrist verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Klägerin hat keinen Schadenersatzanspruch, mit dem sie so zu stellen wäre, als hätte sie den Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs nach § 113 Abs. 3 BetrVG rechtzeitig geltend gemacht.

Der Beklagte zu 1) hat keine ihm nach dem Nachweisgesetz obliegende Pflicht verletzt. Die Ausschlussfrist des § 14 Abs. 2 MTV Einzelhandel ist im Arbeitsvertrag der Parteien vom 29.10.1997 in § 23 im Wortlaut wiedergegeben.

Schließlich kann die Klägerin einen etwaigen Schadenersatzanspruch auch nicht darauf stützen, dass der Beklagte zu 1) mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Name und Anschrift des Arbeitgebers nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i. V. m. § 3 NachwG dokumentiert hat. Denn eine Schadenersatzverpflichtung setzt zwingend eine Kausalität zwischen der zum Schadenersatz verpflichtenden Handlung und der Entstehung des Schadens vorraus. Eine solche Kausalität ist vorliegend nicht feststellbar. Denn unstreitig war der Klägerin bekannt, dass der Beklagte zu 1) durch Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 29.12.2000 zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass die Klägerin am 01.03.2001 Kündigungsschutzklage gegen den Beklagten zu 1) erhoben und den Beklagten zu 1) auf Zahlung einer Abfindung nach §§ 9, 10 KSchG in Anspruch genommen hat. Name und Anschrift des Insolvenzverwalters waren ihr bekannt. Der Klägerin war zum Zeitpunkt der Erhebung der Kündigungsschutzklage und damit weit vor Fälligkeit des Anspruchs auf Zahlung einer Abfindung nach § 113 Abs. 3 BetrVG bekannt, dass zwischen dem Betriebsrat und dem Beklagten zu 1) Verhandlungen über einen Interessenausgleich geführt werden.

3.

Die Klage ist unzulässig, soweit die Klägerin die Beklagte zu 2) auf Zahlung in Anspruch nimmt. Nach § 93 InsO kann die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit eröffnet worden ist. Zu den Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit zählen u. a. die offene Handelsgesellschaft, die Kommanditgesellschaft und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Zweck des § 93 InsO ist es, den Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger (der insolventen Gesellschaft) auch dann zu verwirklichen, wenn bei Gesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit wegen der Existenz persönlich haftender Gesellschafter weitere gegen diese gerichtete eigenständige Ansprüche und Haftungsvermögen bestehen. Die Haftung dieser Gesellschafter bezieht sich gerade auf Verbindlichkeiten der Gesellschaft und ist Grundlage für deren Kredit. Das berechtigte Vertrauen der Gläubiger einer Gesellschaft auf diese Zugriffsmöglichkeit darf in der Insolvenz nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger hier nicht gilt (Kübler/Prütting, InsO, § 93 Rn. 3). Dies soll § 93 InsO verhindern.

Soweit die Klägerin ihren Kündigungsschutzantrag gegen die Beklagte zu 2} richtet, ist der Antrag schon deshalb zurückzuweisen, weil zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) unstreitig kein Arbeitsverhältnis begründet worden ist.

III.

Die Berufung war daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Gründe, die Revision an das Bundesarbeitsgericht zuzulasen, sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

Zurück