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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 24.01.2005
Aktenzeichen: 5 Sa 1143/04
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1
KSchG § 2
1. Zur Vermeidung einer betriebsbedingten Beendigungskündigung ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, dem Arbeitnehmer einen freien anderen Arbeitsplatz anzubieten, der sich für ihn eignet, und zwar bei verschlechterten Vertragsbedingungen im Wege der Änderungskündigung (Grundsatz der Änderungskündigung vor Beendigungskündigung).

2. Die Grenzen dieser Obliegenheit werden nicht durch Zumutbarkeitserwägungen, sondern durch den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bestimmt. Der Arbeitnehmer selbst entscheidet deshalb in der Regel, welche Arbeitsbedingungen für ihn zumutbar sind. Eine Ausnahme besteht, wenn die Bedingungen für die alternative Beschäftigungsmöglichkeit gemessen am ursprünglichen vertraglichen sowie am wirtschaftlichen und sozialen Status des Arbeitnehmers schlechterdings nicht in Betracht kommen.

3. Nach diesen Grundsätzen hat der in einem kleinen Hotel auf einer Insel mit Saisongeschäft langjährig als Chefkoch beschäftigte Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf, dass ihm der Arbeitgeber nach dem Wegfall der Stelle eine auf Monate befristete Tätigkeit als Jung- bzw. Beikoch mit der Hälfte seiner bisherigen vertraglichen Bezüge anbietet.


Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 Sa 1143/04

Verkündet am: 24. Januar 2005

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 24.01.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kiel und die ehrenamtlichen Richter Hahn und Blum

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 23.06.2004 - 1 Ca 675/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch um die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung, um Weiterbeschäftigung sowie um Zahlung einer Abfindung.

Die Beklagte betreibt in ... ein Hotel mit 20 Arbeitnehmern. Sie hat drei Gesellschafter, von denen zwei als Geschäftsführer bestellt sind und im Hotel arbeiten. Die Geschäftsführer kümmerten sich ursprünglich um die Organisation, unterstützt von dem Mitarbeiter S... an der Rezeption. Der Geschäftsführer R... nahm zudem die Funktion des Ausbilders wahr.

Der 1952 geborene Kläger war in dem Hotel seit dem 01.08.1982 als Chefkoch mit einem Bruttomonatslohn von zuletzt etwa 3.000,00 € beschäftigt. Seine Aufgabe bestand in der Organisation; er war zuständig für "Fischposten". Während der Saison ab Anfang April bis Ende Oktober unterstützten ihn ein Beikoch mit der Zuständigkeit "Fleischposten", eine Kraft für "Salatposten" und kalte Küche sowie mehrere Saisonhilfskräfte.

Nach dem Ende der Saison 2003 entschieden die Gesellschafter aus wirtschaftlichen Gründen, die Küche neu zu organisieren und die Stelle des angestellten Chefkochs dauerhaft einzusparen. Dessen Arbeit sollte der Geschäftsführer R... übernehmen, der über die erforderliche Ausbildung und Fähigkeiten verfügt. Dieser sollte künftig zu zwei Drittel in der Küche eingesetzt und von organisatorischen Aufgaben entlastet werden, für die nur noch ein Drittel seiner Arbeitszeit vorgesehen war. Die Entlastung sollte dadurch erreicht werden, dass der Rezeptionsleiter S... als Ausbilder fungiert und die übrigen Rezeptionsmitarbeiter zusätzlich administrative Aufgaben übernehmen, damit sich der Geschäftsführer R... im Wesentlichen auf Kontrollaufgaben beschränken konnte. In der Küche sollte der Geschäftsführer R... ab sofort und auch in der Saison 2004 mit unveränderten Aufgaben als Chefkoch arbeiten, wobei ihm ein Beikoch als Fleischposten, ein Jungkoch als Salatposten und für kalte Küche sowie weitere Saisonkräfte zur Seite gestellt werden sollten.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 16.11.2003, dem Kläger zugegangen am 19.11.2003, zum Ablauf des 30.06.2004. Der Kläger wurde bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung von 45 Urlaubstagen und Fortzahlung seiner Vergütung von der Arbeitspflicht freigestellt. Von diesem Zeitpunkt an übernahm der Geschäftsführer R... die Leitung der Küche. Für das Weihnachtsgeschäft stellte die Beklagte vorübergehend als Beikoch den Küchenmeister und erfahrenen Chefkoch Sch... ein, der bereits in der Saison 2003 sowie in der Saison 2004 als Beikoch in dem Hotelbetrieb tätig war.

Der Kläger hat mit am 09.12.2003 beim Arbeitsgericht Wilhelmshaven eingegangenem Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben und den Standpunkt eingenommen, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Er hat das Vorliegen von Kündigungsgründen bestritten, Weiterbeschäftigung begehrt sowie im Falle der Auflösung des Arbeitsverhältnisses die Zahlung einer angemessenen Abfindung. Außerdem hat der Kläger die Herausgabe von Versicherungsunterlagen verlangt.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 16.11.2003, zugegangen am 19.11.2003, nicht zum 30.06.2004 beendet wird,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn als Koch mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen;

3. hilfsweise für den Fall, dass das Gericht diesen Anträgen nicht entspricht, das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2004 aufzulösen gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 31.900,00 €,

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn den Versicherungsvertrag und die Police bei der ... Versicherungs AG, zur Versicherungsvertragsnr. ... sowie den Versicherungsvertrag bei der H... Versicherung, abgeschlossen am 26.04.1999, Versicherungsbeginn 01.05.1999, Nr. ... an ihn herauszugeben.

Die Beklagte hat den Herausgabeanspruch zu Ziffer 4 anerkannt und im Übrigen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat beantragt,

hinsichtlich des anerkannten Teils des Rechtsstreits ein Teilanerkenntnisurteil zu erlassen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei durch betriebliche Erfordernisse sozial gerechtfertigt und hat behauptet, im Jahr 2003 seien im dritten Jahr hintereinader steigende Verluste aufgelaufen. Während der Bilanzverlust für das Jahr 2001 1.581,52 € betragen habe, sei der Bilanzverlust für 2002 auf 7.238,54 € gestiegen. Bis einschließlich November 2003 sei ein Verlust von 17.025,61 € aufgelaufen, den die Beklagte mit den als Anlage B1 und B2 zur Akte gereichten Gewinn- und Verlustrechnungen für die letzten beiden Jahre belegt. Vor diesem Hintergrund hätten Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und Reduzierung der Personalkosten ergriffen werden müssen. Die Gesellschafter hätten am 11.11.2003 beschlossen, Verwaltung und Küche umzustrukturieren und dabei den Arbeitsplatz des Chefkochs auf Dauer entfallen zu lassen. Eine Sozialauswahl sei nicht erforderlich gewesen, da diese Tätigkeit von dem geschäftsführenden Gesellschafter R... künftig selbst wahrgenommen worden sei.

Der Kläger hat die Zahlen der Beklagten zur wirtschaftlichen Lage mit Nichtwissen bestritten und behauptet, der Arbeitsplatz des Klägers sei nicht entfallen, jedenfalls sei das Umstrukturierungskonzept der Beklagten nicht durchführbar, weil der Geschäftsführer R... für ein weiteres Unternehmen tätig sei, für das er im Internet Reservierungen für Ferienwohnungen bestätige. Die Beklagte habe versucht, den als Beikoch eingestellten Mitarbeiter Sch... sowie D... als Küchenchef zu gewinnen.

Das Arbeitsgericht hat dem anerkannten Ausspruch auf Herausgabe der Versicherungsunterlagen durch Teilanerkenntnisurteil vom 23.06.2004 stattgegeben und die Klage im Übrigen durch Schlussurteil abgewiesen. Die weitergehende Klage sei unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 16.11.2003 zum Ablauf des 30.06.2004 beendet worden sei. Die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb entgegengestanden hätten, sozial gerechtfertigt und damit wirksam. Die Beklagte habe aus wirtschaftlichen Gründen beschlossen, Personalkosten einzusparen und deshalb den Arbeitsplatz des Klägers als Küchenchef ab der Saison 2004 entfallen zu lassen. Eine solche Unternehmerentscheidung sei von den Arbeitsgerichten hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und Dauerhaftigkeit zu überprüfen. Je näher die eigentliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluss heranrücke, um so mehr müsse die Arbeitgeberin durch Tatsachenvortrag verdeutlichen, dass ein Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer entfallen sei. Das Arbeitsgericht hat diese Rechtssätze des Bundesarbeitsgerichts aus dem Urteil vom 17.06.1999 (- 2 AZR 141/99 - NZA 1999, 1098) im vorliegenden Fall als erfüllt angesehen. Die Beklagte habe mit ihrer Darstellung zur Struktur und Aufbau in den Jahren 2003 und 2004 ein schlüssiges Konzept ihrer Personalplanungen dargelegt. Sie habe bis in die genaueren Arbeitszeiten der einzelnen Personen hinein nachvollziehbar dargestellt, wie der Geschäftsführer R... künftig um zwei Drittel seiner Verwalungsaufgaben entlastet und dementsprechend mit diesem Zeitumfang seiner Arbeit als Chefkoch nachgehen könne. Sie habe auf die Verlagerung der Ausbilderaufgaben auf den Herrn S... verwiesen, auf die Umlegung administrativer Arbeiten auf Rezeptionsmitarbeiter sowie auf von Ausbildenden vorzunehmende Hilfsaufgaben bei Frühstück und Service. Das neue Konzept erscheine plausibel und sei mit dem Geschäftsführer R... als Küchenchef bisher durchgeführt worden. Die Einwände des Klägers seien dagegen unerheblich. Der zwischenzeitlich eingestellte Beikoch Sch... sei zwar in der Lage, auch als Küchenchef tätig zu werden. Er sei jedoch als Beikoch eingestellt worden. Das Tatsachenvorbringen des Klägers zu dem angeblichen Angebot an den Zeugen D..., den Arbeitsplatz des Klägers zu übernehmen, sei unsubstantiiert. Soweit er die Durchführung der vorgesehenen Umstrukturierungsmaßnahmen insgesamt bestreite und auf die Tätigkeit des Geschäftsführers R... für ein Ferienvermietungsunternehmen hinweise, handele es sich hierbei um Arbeiten, die außerhalb der angefallenen zeitgebundenen Tätigkeiten im Hotel erledigt werden könnten und deren zeitlicher Umfang nicht erkennbar sei. Ein Gesellschafter und Geschäftsführer sei nicht wie ein Arbeitnehmer an bestimmte Arbeitszeiten gebunden.

Die Beklagte habe dem Kläger auch nicht die Saisonarbeitsplätze des Beikochs bzw. Jungkochs anbieten müssen. Die Kündigung des Klägers habe nur mit einer Kündigungsfrist zum 30.06.2004 ausgesprochen werden können. Die Saison habe aber bereits am 01.04.2004 begonnen und am 31.10.2004 geendet. Von der Beklagten sei nicht zu verlangen gewesen, dass sie für die ersten drei Monate der Saison einen Koch einstelle, damit dieser dem Kläger für die folgenden vier Monate der Saison noch den Arbeitsplatz als Beikoch oder Jungkoch freihalte. Es sei ihr nicht zuzumuten gewesen, mit einem derart schlechten Arbeitsplatzangebot die ersten drei Siebtel der Saison 2004 anzugehen. Auch für den Kläger sei es nicht zumutbar, als Beikoch oder Jungkoch ab 01.07.2004 für nur vier Monate einen deutlichen Vergütungsverlust hinzunehmen und damit das Risiko einzugehen, anschließend mit deutlicher Verringerung des Arbeitslosengeldes arbeitslos zu sein.

Eine Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG sei zwischen dem Kläger und dem geschäftsführenden Gesellschafter R... nicht vorzunehmen gewesen, weil Letzterer kein Arbeitnehmer des Betriebes sei. Einen auf Dauer eingestellten und vergleichbaren Koch habe es im Zeitpunkt der Kündigung nicht gegeben.

In der Konsequenz der wirksamen Kündigung sei weder ein Weiterbeschäftigungsanspruch noch ein Abfindungsanspruch begründet.

Das Urteil ist dem Kläger am 12.07.2004 zugestellt worden. Mit der am 16.07.2004 eingelegten und am 08.09.2004 begründeten Berufung verfolgt er seine Klageanträge nach Maßgabe der Schriftsätze vom 31.08.2004 sowie vom 29.10.2004 weiter, auf die wegen des vollständigen klägerischen Vortrags ergänzend Bezug genommen wird. Der Kläger vertritt insbesondere die Auffassung, es lägen deshalb keine dringenden betrieblichen Erfordernisse zur Kündigung vor, weil die Beklagte nach dem Grundsatz "Änderungskündigung vor Beendigungskündigung" verpflichtet gewesen sei, ihm die zumindest vorübergehend zu besetzenden Stellen als Jungkoch bzw. als Beikoch anzubieten. Vor dem Hintergrund der zu befürchtenden Arbeitslosigkeit hätte er dieses Angebot unter Vorbehalt angenommen. Die Frage, ob ihm die Beschäftigung als Beikoch oder als Jungkoch zuzumuten gewesen wäre, habe allein er zu beantworten und folglich weder die Beklagte noch das Gericht.

Der Kläger beantragt,

a) das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 23.06.2004 in dem Umfang aufzuheben, in dem die Klage abgewiesen wurde,

b) gemäß dem Hilfsantrag zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 01.10.2004, auf dessen Inhalt ebenfalls ergänzend verwiesen wird. Die Beklagte behauptet, es sei nicht möglich gewesen, die Stelle des Jungkochs für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist freizuhalten. Zudem ist sie der Meinung, es sei auch dem Kläger nicht zuzumuten gewesen, einen solchen "Abstieg" in dem Betrieb hinzunehmen. Als Jungkoch habe er mit einem Gehalt von 1.400,00 € auf unterster Position arbeiten müssen, also mit geringerer Vergütung als dem zu zahlenden Arbeitslosengeld. Eine solche Beschäftigung sei nur für die Dauer der Saison möglich gewesen, so dass er nach kurzer Zeit wieder arbeitslos gewesen wäre und ein wesentlich geringeres Arbeitslosengeld erhalten hätte.

Entscheidungsgründe:

I.

Die frist- und formgerecht eingelegte und insgesamt zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage aus zutreffenden Erwägungen, denen das Berufungsgericht folgt und dies nach § 69 Abs. 3 ArbGG feststellt, abgewiesen. Die Darstellung der Entscheidungsgründe wird deshalb im Hinblick auf das Berufungsvorbringen auf folgende ergänzende Erwägungen beschränkt:

Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, der Arbeitsplatz für einen angestellten Chefkoch sei durch die aus wirtschaftlichen Gründen (Umsatzrückgang in den vergangenen drei Jahren) getroffene Entscheidung der Beklagten dauerhaft entfallen, weil deren geschäftsführender Gesellschafter R... diese Aufgabe selbst wahrgenommen und einen Großteil seiner administrativen Tätigkeiten auf die Rezeptionisten verteilt habe. Darin liegt ein zum Wegfall des Arbeitsplatzes führendes betriebliches Erfordernis nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Gegen diese Feststellungen wendet sich der Kläger mit der Berufung nicht mehr.

Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt somit davon ab, ob die Beklagte dem Kläger eine befristete Beschäftigungsmöglichkeit als Jungkoch bzw. als Beikoch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses anbieten musste. Wäre dies der Fall, lägen keine "dringenden" betrieblichen Erfordernisse vor, die den Ausspruch der Kündigung "bedingen". Die Kündigung wäre nicht "Ultima Ratio", die Weiterbeschäftigung wäre ein geeignetes milderes Mittel, um das Arbeitsverhältnis fortsetzen zu können. 1. Eine Kündigung ist nach dem im gesamgen Kündigungsschutzrecht zu beachtenden Ultima Ratio-Grundsatz unwirksam, wenn für den zu kündigenden Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz zu gleichen oder zu geänderten Bedingungen besteht. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (27.09.1984 - 2 AZR 62/83 - EzA § 2 KSchG § 5 = AP Nr. 8 zu § 2 KSchG = NZA 1985, 455) muss die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen Arbeitsplatz zu geänderten Bedingungen sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich und zumutbar sein. Auf Seiten des Arbeitnehmers setzt dies folglich nicht nur voraus, dass dieser über die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt. Die vorhandene Tätigkeit muss für ihn vom Standpunkt eines objektiv urteilenden Arbeitgebers gesehen auch in Betracht kommen. Unzumutbarkeit kann insbesondere dann vorliegen, wenn die neue Tätigkeit eine erheblich geringere Qualifikation erfordert und entsprechend niedriger vergütet wird als die bisher ausgeübte (APS/Dörner, 2. Auflage § 1 KSchG Rn. 90). Als Anhaltspunkt für die Zumutbarkeit einer anderweitigen Beschäftigung können nach Auffassung des BAG (ebenda) die Kriterien dienen, nach denen die Bundesanstalt bzw. Bundesagentur für Arbeit die Zumutbarkeit der Beschäftigung beurteilt, zu deren Übernahme ein Arbeitsloser bereit sein muss (sogenannte Zumutbarkeitsanordnung, früher zu § 103 Abs. 1 Nr. 2 AFG, seit dem 01.01.1998 in § 121 SGB III geregelt). Die Beschränkung auf zumutbare Arbeitsplätze soll den Arbeitgeber davor schützen, dem Betrieb auf der Suche nach irgendeinem freien Arbeitsplatz ohne Schranken durchkämmen zu müssen (Zustimmend zum Zumutbarkeitserfordernis KR Rost, 7. Aufl., § 2 KSchG Rn. 18 c).

Gegen eine weite Zumutbarkeitsprüfung, die eine umfassende Interessenabwägung voraussetzt, wird zu Recht eingewandt, der Arbeitgeber müsse dem Arbeitnehmer grundsätzlich jede zur Abwendung einer betriebsbedingten Beendigungskündigung vorhandene, für ihn fachlich und persönlich geeignete Beschäftigungsmöglichkeit antragen. Ein Rückgriff auf die Zumutbarkeitsanordnung der Bundesanstalt bzw. Bundesagentur für Arbeit sei systemwidrig, weil diese Regelungen an Arbeitsförderung spezifischen Gesichtspunkten ausgerichtet sind. Es geht aber nicht darum zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld verliert, sondern ob er zur Vermeidung einer Kündigung zu verschlechterten Bedingungen weiterbeschäftigt werden kann. Gegen eine Abwägung unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten spricht zudem, dass der Arbeitgeber nicht weiß, welche Arbeitsbedingungen sich der Arbeitnehmer selbst zumuten will. Dies kann er grundsätzlich nur selbst entscheiden (vgl. Münchener Arbeitsrecht/Berkowsky § 140 Rn. 35; derselbe, Betriebsbedingte Kündigung § 8 Rn. 49; von Hoyningen-Huene/Linck, 13. Auflage, § 1 KSchG Rn. 150; Kiel/Koch, Die betriebsbedingte Kündigung Rn. 257; APS/Kiel, a. a. O. § 1 KSchG Rn. 632; Stahlhacke/Preis, Kündigung und Kündigungschutz im Arbeitsverhältnis, 8. Auflage, Rn. 1012). Zur Vermeidung einer betriebsbedingten Beendigungskündigung kann der Arbeitgeber deshalb verpflichtet sein, dem Arbeitnehmer einen freien anderen Arbeitsplatz anzubieten, auch wenn die Vergütung gegenüber der bisherigen erheblich geringer ist. Dies kommt insbesondere dann in Frage, wenn der Arbeitnehmer nach einer Kündigung voraussichtlich langfristig auf dem Arbeitsmarkt nicht zu vermitteln ist (LAG Köln 26.08.2004 - 5 (9) Sa 417/04: Änderungskündigung bejaht im Fall einer 55jährigen Leiterin Personal/Buchhaltung mit einem Gehalt von 4.600,00 €, die als Sachbearbeiterin im Verkauf mit 2.600,00 € weiterbeschäftigt werden konnte). Gerade in Zeiten knappen Arbeitsplatzangebotes ist es je nach den Umständen nicht unwahrscheinlich, dass Arbeitnehmer auch deutlich unterwertige Arbeitsplätze annehmen (vgl. Berkowsky a. a. O. § 8 Rn. 50).

Dies führt allerdings nicht dazu, dass der Arbeitgeber dem zur Kündigung anstehenden Arbeitnehmer jede vorhandene Beschäftigung im Wege der Änderungskündigung antragen muss. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Änderungskündigung auszusprechen, wenn die anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit aus Sicht eines objektiv urteilenden Arbeitgebers gemessen am ursprünglichen vertraglichen Anforderungsprofil sowie dem wirtschaftlichen und sozialen Status des Arbeitnehmers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsitte schlechterdings nicht in Betracht kommt. Ohne diese Schranke aus § 242 BGB bestünde die Gefahr von "Phantomprozessen", solchen nämlich, in denen gekündigte Arbeitnehmer nur zum Schein und kaum widerlegbar behaupten, sie hätten auch einen deutlich unterwertigen Arbeitsplatz angenommen (vgl. Bepler, Arbeit und Recht 1999, 219, 224; vgl. ferner Kiel/Koch a. a. O. Rn. 259; APS/Kiel § 1 KSchG Rn. 634; Heidelberger Kommentar - Weller/Dorndorf § 1 KSchG Rn. 918 f.; Stahlhacke/Preis a. a. O. Rn. 1013).

Besteht danach keine geeignete Beschäftigungsalternative, kann der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung aussprechen. Unterlässt er es dagegen, dem Arbeitnehmer vor Ausspruch der Beendigungskündigung ein mögliches geeignetes Änderungsangebot zu unterbreiten, dann ist die Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sich der Arbeitnehmer im Prozess auf diese Beschäftigungsmöglichkeit beruft. Entgegen der Rechtsprechung des BAG (27.09.1984 - 2 AZR 62/83 a. a. O), wonach tatrichterlich zu würdigen ist, ob der Arbeitnehmer ein entsprechendes Angebot vor Ausspruch der Kündigung unter Vorbehalt angenommen hätte, kommt es eben hierauf nicht an, weil diese Prüfung rein spekulativ und damit nicht justiziabel ist (so APS/Dörner a. a. O. § 1 Rn. 91; APS/Kiel a. a. O. § 1 Rn. 633; KR/Rost § 2 KSchG Rn. 18 h; Stahlhacke/Preis a. a. O. Rn. 1013). Nach Auffassung des LAG Köln soll dies sogar dann gelten, wenn der Arbeitnehmer eine zuvor angebotene einverständliche Abänderung des Arbeitsvertrages abgelehnt hat (06.04.2004 -9 Sa 1156/03, Revision beim BAG unter 2 AZR 244/04 eingelegt; einschränkend bei vorbehaltloser und endgültiger Ablehnung eines konkreten Angebots LAG Köln 20.11.2003 - 6 Sa 645/03 - Revision zugelassen sowie LAG Niedersachsen 19.04.2004 - 5 Sa 956/03; APS/Kiel a. a. O. § 1 KSchG Rn. 633; KR/Rost § 2 KSchG Rn. 18 h).

II.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger Tätigkeiten als Jungkoch bzw. als Beikoch anzubieten. Diese Tätigkeiten sind mit der Rechtsprechung des BAG für den Kläger bei einer Abwägung der Einschnitte der angebotenen gegenüber der bisherigen Tätigkeit unzumutbar und waren auch - weitergehend - von einem verständigen Arbeitgeber nach § 242 BGB nicht in Betracht zu ziehen. Zu dieser Feststellung führt nicht allein der Umstand, dass die Aufgaben als Beikoch bzw. als Jungkoch, zu denen der Kläger zweifellos geeignet ist, in einem kleinen Hotelbetrieb nach langjähriger Beschäftigung als Chefkoch eine beträchtliche hierarchische Abstufung im sozialen Status bedeutet. Erheblich gewichtiger ist die Tatsache zu werten, dass sich das Bruttogehalt des Klägers bei der veränderten Tätigkeit halbiert hätte, nämlich von knapp 3.000,00 € auf etwa 1.400,00 €. Zudem hätte die Beklagte diese Tätigkeit nur befristet für die Zeit von Juli bis Oktober 2004, also für die Dauer von 4 Monaten anbieten können. Bis Ende Juni hätte sie den Kläger als Chefkoch beschäftigen müssen, wenn sie ihn nicht sofort freigestellt hätte. Die beträchtliche Absenkung des Einkommens unter das Niveau des zu erwartenden Arbeitslosengeldes hätte damit nicht nur die aktuelle Situation der Einkünfte des Klägers erheblich verschlechtert, sondern für längere Dauer zur einer Reduzierung des Arbeitslosengeldanspruches geführt. Die Beklagte hätte auch im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung keinen Anlass gehabt anzunehmen, dass der Kläger während der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes weder auf ... noch auf dem Festland eine besser bezahlte Tätigkeit gegenüber der bei ihr möglichen befristeten Arbeit als Beikoch bzw. als Jungkoch mehr finden würde.

Da diese Tätigkeiten bei objektivierter Betrachtung für den Kläger nicht zumutbar waren (nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BAG) und auch am Maßstab des § 242 BGB gemessen keine geeignete Alternative darstellte, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob es ihr tatsächlich möglich gewesen wäre, Arbeitnehmer als Beikoch bzw. als Jungkoch für eine halbe Saison, nämlich bis zum Ausscheiden des Klägers am 30.06.2004 zu finden. Wäre dies nicht möglich gewesen, wäre eine befristete Beschäftigung des Klägers für die zweite Saisonhälfte auch aus diesem Grund ausgeschieden.

III.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Es bestehen keine Gründe zur Zulassung der Revision, auch soweit das Gericht gegenüber der vom BAG angenommenen Zumutbarkeitsprüfung strengere Prüfungsgrundsätze angenommen hat. Auch danach war die Klage abzuweisen. Die nachgelagerte Frage des hypothetischen Einverständnisses war nicht mehr entscheidungsrelevant.

Ende der Entscheidung

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