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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 22.12.2004
Aktenzeichen: 5 Sa 1386/03
Rechtsgebiete: DepV, BAT-VKA


Vorschriften:

DepV § 4
BAT-VKA § 22 Abs. 1
BAT-VKA § 22 Abs. 2
BAT-VKA § 70
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 Sa 1386/03

Verkündet am: 22. Dezember 2004

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 27.09.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kiel, die ehrenamtliche Richterin Emmerich-Jüttner und den ehrenamtlichen Richter Davids

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 09.07.2003 - 1 Ca 383/02 E - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.03.2001 Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT-VKA zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers.

Der 1957 geborene Kläger ist seit dem 01.04.1998 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist ausgebildeter Kfz-Mechaniker, Stahlbetonbauer und Deponiewärter.

Ausweislich der Arbeitsplatzbeschreibung des beklagten Landkreises vom 21.06.2004 leitet der Kläger die Deponie "A..." (Stelle Nr. ...).

Dazu sind ihm u. a. folgende Tätigkeiten übertragen:

"3 Tätigkeiten - Stand bis einschließlich September 2003

3.1. ...

1.

Deponieleitung (z. B. Planung des Personaleinsatzes; Einweisung der Bediensteten der Deponie/Umschlagstation in den Umgang mit den jeweiligen Geräten; Einweisung von neu eingestellten Bediensteten; Erfassung verschiedener Daten der Deponie; Materialbeschaffung; Koordination der Verladung, des Transports und des Mülleinbaus; Überwachung und Durchführung von Wartungs- und Reparaturarbeiten; Überwachung und Einstellung von Entgasungsanlage; Überwachung und Koordination des Einsatzes von Fremdfirmen 93 %

2.

Mitarbeit auf der Deponie (z. B. Fahren von Maschinen, Reparaturen, Kasse) 7 %

...

4.

Weisungsbefugnis

4.1

Gegenüber Dienstkräften (Zahl und Stellenwert); 6 Mitarbeiter (5,5 Stellen) der Lohngruppen 4 bis 5a BMT-G (ein Mitarbeiter mit vorübergehender Zulage nach Lohngruppe 6 BMT-G)

4.2

Gegenüber verwaltungsfremden Kräften (Zahl): enfällt

5.

Die Arbeitsplatzinhaberin/der Arbeitsplatzinhaber ist unmittelbar unterstellt (Fach- und Dienstaufsicht): Kreisangestellten M...

6.

Vertreterin/Vertreter für (insbesondere geschäftsordnungsmäßige Vertretung einer/eines Vorgesetzten): enfällt"

Die im Bereich des Klägers tätigen 6 Personen haben folgende Ausbildungen absolviert:

- Kfz-Mechaniker; Ver- und Entsorger (BMT-G V a),

- Maschinenschlosser (BMT-G IV),

- Gas- und Wasserinstallateur (BMT-G V),

- Zweirad-Mechaniker (BMT-G IV),

- Fleischer (BMT-G V a mit Zulage),

- ungelernte Arbeitskraft BMT-G V b).

Der Kläger hat an folgenden Lehrgängen zusätzlich teilgenommen:

- Fortbildungslehrgang für Entgasung und Gasverwertung auf Deponien (14./15.03.1996)

- Fortbildungsveranstaltung über "Verantwortung des Personals auf Deponien" (19. - 21.06.1995)

- Fortbildungsveranstaltung über "Sachkundeausbildung für Behälterprüfung" (28.11.2002)

- Fortbildungsveranstaltung über "Fachkundeprüfung nach § 4 DepV" (05./06.07.2003)

- Fortbildungsveranstaltung über "Kundenorientierung" (05.11.1999).

In seiner Funktion als Deponieleiter bereitete der Kläger den Kauf folgender Maschinen vor:

- Kompaktor BOMAG 450.000,00 DM,

- Radlader HANOMAG 55 D 190.000,00 DM,

- LKW IVECO 150.000,00 DM,

- Radlader HANOMAG 15 F 54.000,00 DM,

- Radlader HANOMAG 33 C 25.000,00 DM,

- Radlader VOLVO L 90 D 230.000,00 DM,

- LKW DB 23.000,00 DM,

- Radlader VOLVO 58.000,00 €.

Die Vorbereitung des Kaufs bestand darin, dass er Vorführmaschinen testete und diese bewertete.

Die Deponie "A...", die für ca. 34.000 Haushalte im Landkreis H... zuständig war, hat eine Größe von ca. 2,7 ha. Der monatliche Umsatz betrug 230.000,-- €. Auf ihr wurden täglich bis zu 10 LKW-Lieferungen umgeschlagen und teilweise eingebaut. Monatlich wurden etwa 1.700 Tonnen Müll angeliefert, von den 1.500 Tonnen verladen und 200 Tonnen deponiert wurden. Die Müllumschlagstation ist eine asphaltierte ebene Fläche, auf der die Müllfahrzeuge ihren Inhalt entleeren. Dieser Müll wurde mittels Radlader auf größere Containerfahrzeuge von Fremdunternehmern verladen. Daneben wurden Selbstanlieferungen auf der Deponie angenommen. Dieser Abfall wurde danach unterschieden, ob er einer Wiederverwertung zugeführt werden konnte. Sonderabfälle wurden im Landkreis H... getrennt gesammelt und nicht auf die Deponie "A..." verbracht.

Eine vom Kläger zu beaufsichtigende Entgasungsanlage sorgt dafür, dass die entstehenden Gase mittels Unterdruckleitungen über zwei Gassammelstationen zur Entgasungsanlage geleitet werden. Das Gas wird abgefackelt. Die Aufgabe des Klägers bestand darin, die Funktionsfähigkeit der Anlage zu überwachen und kleinere Störfälle selbst zu beheben. Im Übrigen war bei Störungen eine Fachfirma per Wartungsvertrag zu beauftragen.

Hinsichtlich der Abdichtung und des Grundwasserschutzes hatte der Kläger dafür Sorge zu tragen, dass das offene Sickerwasserbecken, sobald ein bestimmter Stand erreicht war, abgepumpt und zu der Kläranlage H... abgefahren wurde.

Aufträge konnte der Kläger bis zu einer Auftragssumme von 1.000,00 € eigenverantwortlich erteilen. Er war für die Funktionsfähigkeit der technischen Einrichtungen verantwortlich. Bei Störungen außerhalb der Dienstzeiten in den Bereichen "Sickerwasser, Einbruch und Entgasung" war zunächst der Kläger zu informieren.

Bei größeren Operationen, etwa dem Umbau des Umschlagplatzes, wirkte der Kläger mit seinem Vorgesetzten, dem Fachingenieur M... zusammen. Während der Kläger für die operativen Entscheidungen vor Ort zuständig ist, oblag die Verantwortung für Planungsaufgaben sowie die Dienstaufsicht Herrn M... als vorgesetztem Fachingenieur, der wiederum den Kläger in die Planung mit einbezog und sich Vorschläge unterbreiten ließ.

Die Einzelheiten der Zuständigkeiten und Aufgaben des Deponiepersonals sind in der "Betriebsordnung für die Beschäftigten des Landkreises H... für den Eingangsbereich der Deponie" ... (Verwiegestation), die Müllübergabestation und die Deponie ... sowie die Verbindungsfähige" geregelt, auf die ergänzend Bezug genommen wird. Auszugsweise heißt es unter Ziffer 1.2 "Zuständigkeiten" wie folgt:

Die Abstellung von Mängeln, Gefahren oder sonstigen Missständen obliegt dem gesamten Deponiepersonal. Können Mängel, Gefahren oder Missstände nicht sofort oder eigenverantwortlich abgestellt werden, sind sie unverzüglich der Deponieleitung (bei Abwesenheit deren Stellvertretung) zu melden. Die Deponieleitung (bzw. Stellvertretung) veranlasst nach Rücksprache mit der Deponieaufsicht entsprechende Dringlichkeit die notwendigen Maßnahmen. Sieht sich die Deponieleitung nicht in der Lage, Mängel, Gefahren oder Missstände abzustellen, unterrichtet sie unverzüglich die Werkleitung, die weiteres veranlasst. ..."

Im Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien die Anwendbarkeit des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter, gemeinschaftliche Verwaltung und Betriebe (BMT-G II) in der jeweils geltenden Fassung. Der Kläger ist z. Z. in die Lohngruppe VI mit Zulage nach Lohngruppe VII des BMT-2 eingruppiert. Das monatliche Bruttogehalt beträgt 2.234,64 €.

Die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit des Deponieleiters wird weder im BMTG- II noch im BAT erwähnt. Nachdem der Kläger vorprozessual die Auffassung eingenommen hat, er sei Angestellter und müsse nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vergütet werden, gab der beklagte Landkreis zunächst ein Gutachten bei der Firma R... GmbH und Co. KG in Auftrag, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Die Firma R... teilte die Auffassung des Klägers, dass es sich auf Grund des konkreten Tätigkeitsbildes um eine Angestelltenstelle handelte, schlug allerdings lediglich eine Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 7 des Tarifvertrags für Meister, technische Angestellte mit besonderen Funktionen" vor. Ausgzugsweise heißt es in dem Schreiben der Firma R... vom 30.10.2001 wie folgt:

"Wir kennen zwar aus unserer Praxis auch Deponieleiterstellen, die bis BAT IV b eingruppiert sind, jedoch ist damit dann ein anderer Stelleninhalt verbunden. Derartige Stellen beschränken sich nicht auf die örtliche Leitung oder Aufsicht des täglichen Deponiebetriebes, sondern beinhalten mit überwiegendem Anteil Tätigkeiten, die in ihrem Hause von der Sachbearbeiterstelle Nr. 4.1 in der Abfallwirtschaft - Deponieaufsicht - (Stelleninhaber Herr M...) wahrgenommen werden. Die vom Stelleninhaber auszuübenden Tätigkeiten entsprechen weder den konkret genannten Merkmalen für Vergütungsgruppe IV b a) - c) des herangezogenen Tarifvertrages noch sind sie damit vergleichbar.

Der Tarifvertrag "technische Angestellte (Ingenieure)" ist nicht anzuwenden, weil der Stelleninhaber weder über eine entsprechende Ausbildung verfügt noch der Tätigkeitsinhalt entsprechend qualitative Anforderungen stellt."

Mit Schreiben vom 01.03.2001 hatte der Kläger die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV b BAT-VDA geltend gemacht. Der beklagte Landkreis hatte die Höhergruppierung abgelehnt und mit Schreiben vom 25.05.2001 die Auffassung vertreten, der Kläger sei nach Tarifgruppe VI b BAT-VKA zu vergüten.

Der Kläger hat mit der Klage seinen Standpunkt aufrechterhalten, er könne Entgelt nach Vergütungsgruppe IV b BAT-VKA des allgemeinen Teils der Anlage 1 zum BAT beanspruchen. Er hat dazu im Einzelnen unter Vorlage einer von ihm erstellten Arbeitsplatzbeschreibung vom 05.07.2001 sowie einer Dokumentation seiner Tätigkeiten vom 19.08. bis 02.10.2001 nebst Bewertung vorgetragen, worauf das Gericht ergänzend Bezug nimmt. Der Kläger hat gemeint, daraus ergebe sich, dass seine Tätigkeiten zu 80 % selbständig zu erbringen und überwiegend von besonderer Schwierigkeit und Bedeutung seien.

Der Kläger hat außerdem die Auffassung vertreten, eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b BAT-VKA sei auf Grund des Tarifvertrages für Meister, technische Angestellte mit besonderen Aufgaben begründet. Danach würden technische Angestellte mit besonders verantwortungsvoller Tätigkeit auf großen Müllverbrennungsanlagen eingruppiert. Nach der zweiten Alternative der Vergütungsgruppe IV b BAT-VKA seien sonstige technische Angestellte mit nach Schwierigkeit der Aufgabe und Größe der Verantwortung vergleichbarer Tätigkeit entsprechend zu vergüten. Er erfülle die Tätigkeitsmerkmale der zweiten Alternative der Vergütungsgruppe IV b BAT-VKA, weil die ihm übertragenen Tätigkeiten mit denen auf einer Müllverbrennungsanlage identisch seien.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihm Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b BAT seit dem 01.03.2001 zu zahlen.

Der beklagte Landkreis hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der beklagte Landkreis hat sich zwar der Auffassung des Klägers angeschlossen, wonach die ihm übertragenen Tätigkeiten nach Maßgabe des Bundesangestelltentarifvertrages zu vergüten seien. Allerdings hält er eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 2 BAT-VKA der Anlage für Meister und technische Angestellte mit besonderen Aufgaben für tarifgerecht, die nach sechsjähriger Bewährung einen Aufstieg in die Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 7 BAT-VKA vorsieht. Der Kläger sei nicht technischer Angestellter im Sinne der Vergütungsgruppe IV b BAT-VKA, weil die ihm übertragenen Aufgaben nicht überwiegend durch den technischen Charakter geprägt seien. Die Deponieleitung sei auch nicht bezüglich der Schwierigkeit der Aufgabe und Größe der Verantwortung den in der Vergütungsgruppe IV unter Buchstaben a) bis c) genannten Leitungspositionen vergleichbar, insbesondere nicht der eines Schichtführers in großen thermischen Kraftanlagen, großen Heizkraftwerken oder großen Müllverbrennungsanlagen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 11.06.2003 mit der Begründung abgewiesen, auf das Arbeitsverhältnis finde nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der BMT-G II in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Die Anwendbarkeit des BAT-VKA sei unstreitig zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Auch nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz, der stets nur zwischen vergleichbaren Tätigkeiten bei demselben Arbeitgeber gelte, könne kein entsprechender Anspruch geltend gemacht werden. Der Verweis auf die Eingruppierung von anderen Deponieleitern bei anderen Mülldeponien begründe deshalb keinen Anspruch auf Gleichbehandlung.

Das Urteil ist dem Kläger am 09.07.2003 zugestellt worden. Mit der Berufung vom 08.08.2003, welche innerhalb der bis zum 09.10.2003 verlängerten Frist am 08.10.2003 begründet worden ist, verfolgt der Kläger in erster Linie sein erstinstanzliches Klageziel weiter. Hilfsweise macht er Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT-VKA geltend. Er wiederholt und vertieft dazu seinen erstinstanzlichen Vortrag nach Maßgabe der Schriftsätze vom 08.10.2003, 10.05.2004 sowie vom 09.09.2004, auf die ergänzend Bezug genommen wird.

Der Kläger hält insbesondere daran fest, dass er als sonstiger technischer Angestellter eine dem Schichtführer in einer großen Müllverbrennungsanlage vergleichbare Tätigkeit ausübe, die wegen der Schwierigkeit der Aufgabe und der Größe der Verantwortung ebenso zu bewerten sei. Im Hinblick auf die geforderte Zuverlässigkeit, Fachkunde und praktischen Erfahrungen trage der Deponieleiter ebenfalls besondere Veranwortung. So sei der Leiter einer Müllverbrennungsanlage verantwortlich für die Überwachung des laufenden Betriebes und die Kontrolle der ordnungsgemäßen Funktionen der Anlage für Schadstoffabweichung sowie der Messinstrumente für Emissionsüberwachung, ferner für die Entsorgung, die sichere Ablagerung bzw. das Verladen der Reststoffe. Schließlich seien bei Betriebsstörfällen Entscheidungen über Gegenmaßnahmen zu treffen. In der Wertigkeit vergleichbare Aufgaben oblägen ihm als Leiter der Deponie, wobei bestimmte Tätigkeiten in einer Müllverbrennungsanlage nicht einmal anfielen. So sei er für die sichere Ablagerung nach dem Stand der Technik verantwortlich, wozu auch die Abdichtung und der Grundwasserschutz zähle. Daneben habe er Lösungen zum Sammeln und zur umweltverträglichen Entsorgung von Deponiesickerwasser zu entwickeln. Außerdem sei er Leiter der Müllumschlagsstation und für die auf der Deponie befindliche Entgasungsanlage zuständig, an die genauso hohe technische Anforderungen gestellt würden wie in einer Müllverbrennungsanlage. Schließlich verfüge eine Müllverbrennungsanlage nicht über einen großen Maschinenpark aus Lkw, Radlader und Müllverdichter.

Hilfsweise bezieht sich der Kläger weiterhin auf den Allgemeinen Teil der Vergütungsordnung zum BAT-VKA, der im Zweifel anwendbar sei, weil sämtliche Tarifverträge und Vergütungsregelungen das Berufsbild des Deponieleiters bzw. Deponiewartes nicht kennen würden. Jedenfalls könne er - der Kläger - Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT-VKA des Tarifvertrages für Meister und technische Angestellte mit besonderen Aufgaben beanspruchen. Als Handwerksmeister erfülle er die persönlichen Voraussetzungen der Fallgruppe 1 und verweist auf die von ihm erworbenen Zusatzqualifikationen. Die Deponie sei aufgrund ihres räumlichen Umfangs, der Menge des umgeschlagenen Mülls und des damit verbundenen Umsatzes sowie der Arbeitnehmer, die im Wesentlichen über abgeschlossene Ausbildungen verfügten, als eine "große Arbeitsstätte" im Sinne des Tarifmerkmals anzusehen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm Vergütung nach der Lohngruppe IV b BAT seit dem 01.03.2001 zu zahlen,

hilfsweise,

den Beklagte zu verurteilen, ihn in die Vergütungsgruppe V c BAT einzugruppieren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und vertieft seine erstinstanzliche Rechtsauffassung nach Maßgabe der Schriftsätze vom 08.12.2003, vom 30.06.2004 sowie vom 24.09.2004, auf die ebenfalls ergänzend verwiesen wird. Der Beklagte wendet gegen die geltend gemachte Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b BAT-VKA der Anlage für Meister und technische Angestellte mit besonderen Aufgaben ein, dass der Kläger weder technischer Angestellter noch als Deponieleiter einem Schichtführer in großen thermischen Kraftwerken vergleichbar sei. Aber auch eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 dieser Anlage scheitere an der formalen Qualifikation. Der Kläger sei weder Handwerksmeister, weil die Tätigkeit als Disponent keine Meisterprüfung in einem bestimmten Handwerk erfordere, noch sei er aus diesem Grund als Industriemeister tätig. Da die Aufgabe als Deponieleiter nur die Zusatzqualifikation eines Deponiewartes voraussetze, jedoch keine aufgabenspezifische Sonderausbildung zu einem "Deponiemeister", seien die persönlichen Anforderungen für eine entsprechende tarifliche Eingruppierung nicht gegeben.

Hinzu komme, dass der Kläger auch keine große Arbeitsstätte zu beaufsichtigen habe, in der Handwerker oder Facharbeiter beschäftigt seien. Mit der großen Arbeitsstätte solle die besondere Erschwerung erfasst sein, die üblicherweise neben der Beaufsichtigung der Arbeitskräfte in der Kenntnis und in der Beherrschung der bei großen Arbeitsstätten vorliegenden Besonderheiten bestehe. Auf die räumliche Größe allein sei zwar nicht abzustellen, vielmehr könne sich die Größe der Arbeitsstätte auch aus der Zahl der dort beschäftigten Arbeitnehmer, der Größe der technisch-maschinellen Ausstattung oder auch aus besonderen betriebsorganisatorischen Gründen ergeben. Jedoch seien auf der vom Kläger geleiteten Deponie lediglich 6 Personen beschäftigt, von denen auch nur 3 in ihrem Ausbildungsberuf arbeiteten. Des weiteren könne aufgrund der technischen Ausstattung von einer großen Arbeitsstätte keine Rede sein. Der Kläger sei "Funktionsmeister", der als Handwerker ohne Meisterprüfung aufgrund besonderer Funktion als Deponieleiter innerbetrieblich die Stellung eines Betriebsmeisters innehabe. Die Tätigkeit als Funktionsmeister zeichne sich dadurch aus, dass die Handwerker bzw. Facharbeiter die für Meister typischen Aufsichtsfunktionen zu erfüllen hätten. Aufgrund der auszuübenden Tätigkeit als Deponieleiter sei der Kläger von der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 2 erfasst und könne nach sechsjähriger Bewährung Vergütung nach der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 7 beanspruchen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet.

Der Kläger kann zwar nicht Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b (Hauptantrag, dazu unten III.) verlangen, hat aber ab dem 01.03.2001 Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c (Hilfsantrag, dazu unten IV.).

I.

Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (statt aller Urteile vom 19.03.1986 - 4 AZR 470/84 - AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis "hilfsweise zu dem bisherigen Hauptantrag" beantragt hat, den Beklagten zu verurteilen, ihn in die Vergütungsgruppe V c einzugruppieren, ist dieser Antrag als Eingruppierungsfeststellungsantrag auszulegen, und zwar ab dem 01.03.2001. Der Kläger wollte seinen Hauptantrag ersichtlich um einen entsprechenden Hilfsantrag ergänzen.

II.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Bundesangestellten-Tarifvertrag einschließlich der ihn ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (BAT-VKA) geltenden Fassung Anwendung.

1.

Zwar haben die Parteien im Arbeitsvertrag die Geltung des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter, gemeinschaftliche Verwaltung und Betriebe (BMT- G II) in der jeweils gültigen Fassung vereinbart. Dementsprechend hat der Beklagte den Kläger nach Lohngruppe 6 mit Zulage nach Lohngruppe 7 BMT-G II vergütet.

Allerdings kann der Kläger, entgegen der Auffassung der Vorinstanz, Vergütung nach der Vergütungsgruppe des BAT-VKA beanspruchen, weil es sich bei der Tätigkeit des Deponieleiters um eine angestelltenversicherungspflichtige Tätigkeit handelt. Dies entspricht der Auffassung des R...-Gutachtens vom 30.10.2001, welche von beiden Parteien geteilt wird und der sich auch das Gericht anschließt. Der Kläger ist, bezogen auf die Personaleinsatzplanung und Organisation des Arbeitsablaufs, mit Leitungsfunktionen beschäftigt. Sämtliche davon umfassten Aufgaben sind unter einem einheitlichen Arbeitsvorgang zusammenzufassen, der 93 % der Gesamttätigkeit ausmacht.

Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich (ein solcher wird von dem Beklagten ausdrücklich nicht angeführt), dass der Kläger für seine Arbeitsleistung gegenüber sämtlichen anderen Angestellten des Beklagten nach einer Vergütungsordnung mit schlechteren Bedingungen bezahlt wird. Er hat daher nach dem aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Anspruch darauf, von dem Beklagten nach der für alle Angestellten geltenden und von ihr angewendeten Ordnung des BAT-VKA vergütet zu werden, sofern die danach geschuldete Vergütung den einzelvertraglich in Bezug genommene BMT-G II übersteigt. Dies ist der Fall. Schon die vom Kläger mit dem Hilfsantrag angestrebte Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT-VKA übersteigt unter Berücksichtigung der Ortszuschläge die Vergütung, die der Kläger nach dem BMT-G II erhält (Lohngruppe 6 mit Zulage nach Lohngruppe 7 = 2.234,64 €). Bei einer Vergütung nach dem BAT-VKA stünden ihm nach der Vergütungsgruppe V c in der Endstufe 1.962,57 € zu, die sich mindestens um den Ortszuschlag der Stufe 1 in Höhe von 473,21 € auf 2.435,78 € erhöhen würden.

2.

Die Vergütung des Klägers richtet sich damit nach der Anlage 1 a (Vergütungsordnung BAT-VKA).

a)

Nach Nr. 3 der Bemerkung zu allen Vergütungsgruppen gilt der Grundsatz, dass spezielle Tätigkeitsmerkmale vor allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen anzuwenden sind. Danach kommen für den Kläger nur die speziellen Merkmale für "Meister, technische Angestellte mit besonderen Aufgaben" geltenden Abschnitts in Betracht, nicht aber die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale. Zu diesem Tarifvertrag haben die Parteien in der Protokollerklärung Nr. 1 zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a dieses Abschnitts vom 18.04.1980 festgelegt, dass Meister im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals solche Arbeitnehmer sind, die

a) eine angestelltenrentenversicherungsrechtliche Tätigkeit ausüben und

b) auf handwerklichem Gebiet tätig sind.

Beide Voraussetzungen erfüllt der Kläger.

b)

Dagegen ist er nicht "Angestellter in technischen Berufen", so dass eine Vergütung nach diesem Abschnitt der Anlage 1 a ausscheidet. Nach Nr. 2 der Bemerkung zu allen Vergütungsgruppen ist dafür der erfolgreiche Besuch einer Fachschule zu verstehen, deren Abschlusszeugnis zum Eintritt in die Laufbahn des gehobenen technischen Dienstes berechtigt. Diese formale Qualifikation kann der Kläger ebenso wenig nachweisen wie gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen. Die nach der Ausbildung zum Kfz-Mechaniker absolvierte Ausbildung zum Deponiewärter einschließlich der weiteren Fortbildungsnachweise sind mit den Anforderungen des Abschlusses an einer Fachschule nicht zu vergleichen.

c)

Eine Vergütung des Klägers in den für "Angestellte in Versorgungsbetrieben" geltenden Abschnitt scheidet schon deshalb aus, weil eine Deponie ein End- und kein Versorgungsbetrieb ist.

d)

Die Eingruppierung in die zutreffende Vergütungsgruppe nach dem für "Meister, technische Angestellte mit besonderen Aufgaben" geltenden Abschnitt richtet sich nach den Eingruppierungsgrundsätzen des § 22 Abs. 1 und 2 BAT-VKA. Auszugehen ist dabei von den auszuübenden Tätigkeiten und dem danach anzuwendendem Rechtsbegriff des Arbeitsvorgangs, der allein oder gemeinsam mit anderen Arbeitsvorgängen mindestens zur Hälfte der Arbeitszeit die Voraussetzungen der angestrebten Vergütungsgruppe erfüllen muss (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 bis 5 BAT-VKA i. V. m. d. Protokollerklärung Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT-VKA).

Die einzelnen Tätigkeiten des Klägers dienen mit einem Zeitanteil von 93 % der Leitung der Deponie "A..." und sind somit in einem großen einheitlichen Arbeitsvorgang zusammenzufassen. Mit den verbleibenden 7 % seiner Tätigkeit ist der Kläger selbst handwerklich bzw. mit gewerblichen Tätigkeiten auf der Deponie beschäftigt.

III.

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben erfüllt der Kläger nicht die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV b BAT-VKA des für Meister, technische Angestellte mit besonderen Aufgaben geltenden Abschnitts, so dass der Hauptantrag unbegründet ist.

1.

Die Vergütungsgruppe hat folgenden Wortlaut:

Technische Angestellte mit besonders veranwortungsvoller Tätigkeit

a) als Schichtführer in großen thermischen Kraftwerken, großen Heizkraftwerken oder großen Müllverbrennungsanlagen, die außerhalb der regulären Tagesarbeitszeit für den gesamten Betrieb allein verantwortlich sind,

b) in großen E-Lastverteileranlagen, die in der Schicht für die Netzbetriebsführung allein verantwortlich sind,

c) als Leiter von großen und vielschichtig strukturierten Instandsetzungsbereichen

sowie sonstige technische Angestellte mit vergleichbarer Tätigkeit, die wegen der Schwierigkeit der Aufgaben und der Größe der Veranwortung ebenso zu bewerten ist wie die Tätigkeit nach Buchstaben a) bis c).

Die hierzu geltende Protokollerklärung Nr. 4 hat folgenden Inhalt:

Ein vielschichtig strukturierter Bereich liegt vor, wenn in diesem Bereich die Arbeit von mindestens 3 Gewerken zu koordinieren ist und mindestens 3 Gewerken jeweils Meister vorstehen. Gewerke sind Fachrichtungen im Sinne anerkannter Ausbildungsberufe, in denen die Meisterprüfung abgelegt werden kann.

Im Mehrschichtbetrieb ist es unschädlich, wenn in mindestens 3 Gewerken nicht in allen Schichten jeweils Meister im Sinne des Satzes 1 eingesetzt sind.

Diese Voraussetzungen sollen die Eingruppierung von Angestellten ermöglichen, deren Tätigkeit einerseits wegen der mit ihrer verbundenen Veranwortung deutlich höher zu bewerten ist als die Tätigkeit eines Handwerksmeisters usw. der Vergütungsgruppe V b BAT-VKA, die jedoch andererseits nicht unter die Tätigkeitsmerkmale für technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Bemerkung zu allen Vergütungsgruppen mit entsprechender Tätigkeit sowie für sonstige Angestellte fallen, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben. Auf die Ausbildung kommt es also für eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b BAT-VKA des für Meister und technische Angestellte mit besonderen Aufgaben geltenden Abschnitts nicht an. Durch die Charakterisierung der "technischen Angestellten mit besonderen Aufgaben" in dem Meistervertrag bringen die Tarifvertragsparteien vielmehr zum Ausdruck, dass die Tätigkeiten ihrer Art und ihrem Charakter nach denen herausgehobener Meister mit gewichtigen Leitungs- und Aufsichtsfunktionen entsprechen und die sich demgemäß auch wegen der mit ihrer Ausführung verbundenen Verantwortung aus den in der Vergütungsgruppe V b BAT- VKA geregelten Tätigkeiten deutlich wahrnehmbar herausheben müssen (BAG 05.11.1986 - 4 AZR 640/85 - AP Nr. 128 zu §§ 22, 23 BAT 1975; 19.04.1989 -4 AZR 39/89 - ZTR 1989, 398; 01.08.2001 - 4 AZR 302/00 - AP Nr. 282 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Soweit in dieser Vergütungsgruppe unter den Buchstaben a) bis c) Tätigkeiten benannt sind, gilt das Merkmal der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit ohne weiteres als erfüllt (BAG 24.03.1993 -4 AZR 298/89 - ZTR 1989, 389; a.A. Clemens/Scheuring, S. 666 j). Soweit von dem Tätigkeitsmerkmal "sonstige technische Angestellte" mit vergleichbaren Tätigkeiten erfasst werden, müssen diese wegen der Schwierigkeiten der Aufgaben und der Größe der Verantwortung ebenso zu bewerten sein wie die Tätigkeiten nach Ziffern a) bis c), welche somit eine Orientierungsgröße darstellen.

2.

Die Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Deponieleitung wird von der Aufzählung unter den Buchstaben a) bis c) nicht erfasst. Eine Mülldeponie ist entgegen der Auffassung des Klägers weder einer großen Müllverbrennungsanlage noch einer der weiteren genannten technischen Betriebe vergleichbar. Eine große Müllverbrennungsanlage unterscheidet sich vielmehr von einer Mülldeponie grundlegend dadurch, dass der Müll in einem Fall in einer technischen Anlage verbrannt und im anderen Fall mechanisch eingebaut wird. Da sich die Schwierigkeit der Aufgaben des Schichtführers auf die Steuerung der Müllverbrennungsanlage bezieht, sind zunächst schon die Tätigkeiten in ihrem technischen Anspruch einander nicht vergleichbar. Soweit auf einer Deponie eine technische Entgasungsanlage zum Einsatz kommt, beschränkt sich deren Bedienung auf das Abfackeln des zugeführten Gases, welches durch das Einlagern von Müll frei wird. Dass dies im Vergleich mit der Bedienung einer hochtechnisierten Müllverbrennungsanlage eine unkomplizierte Tätigkeit darstellt, liegt auf der Hand.

Insbesondere aber bestehen in der mit der Tätigkeit verbundenen Veranwortung beträchtliche Unterschiede. Der Schichtführer in einer großen Müllverbrennungsanlage muss bei Störungen unmittelbar und zwingend entscheiden, um Schäden für Menschen, Umwelt und die Anlage selbst zu verhindern. Er muss notfalls die gesamte Anlage in eigener Veranwortung abschalten. Dies ist mit der Deponieleitung nicht im Ansatz vergleichbar, bei der der Kläger die operative Verantwortung vor Ort trägt, bei Störungen, die er nicht selbst beheben kann, aber die Werksleitung, also seinen Fachvorgesetzten, den Ingenieur M..., vor einer weiteren Veranlassung unterrichten muss.

Dass die Deponieleitung nicht unter die Vergütungsgruppe IV b BAT-VKA fällt, wird auch durch eine vergleichende Betrachtung zu dem unter c) genannten großen und vielschichtig strukturierten Instandsetzungsbereich deutlich. Der Kläger ist allein verantwortlich für die gesamte Deponie. Nach der Protokollnotiz Nr. 4 ist für einen vielschichtig strukturierten Bereich in der Regel Voraussetzung, dass drei Fachrichtungen von unterstellten Meistern geleitet werden. Das ist im Fall der Deponie "A..." ebenfalls nicht der Fall.

IV.

Dagegen ist die Berufung mit dem Hilfsantrag erfolgreich. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT-VKA.

Im vorliegenden Fall kommen, differenziert nach subjektiven Anforderungen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT-VKA), die für Handwerksmeister, Industriemeister bzw. Meister mit aufgabenbezogener Sonderausbildung und Meister mit mehrjähriger Tätigkeit als Handwerker geltenden Vergütungsgruppen oder die Vergütungsgruppen für Facharbeiter (sog. Funktionsmeister) in Betracht.

1.

Zunächst könnte die begehrte Eingruppierung nach folgenden Vergütungsgruppen begründet sein, die für Handwerksmeister, Industriemeister und Meister mit aufgabenbezogener Sonderausbildung und entsprechender Tätigkeit gelten, aufbauend auf der Vergütungsgruppe VI b BAT-VKA: a) Vergütungsgruppen

VI b Fallgruppe 1:

Handwerksmeister, Industriemeister und Meister mit aufgabenspezifischer Sonderausbildung mit entsprechender Tätigkeit

Die u. a. in Bezug genommene Protokollerklärung Nr. 2 hat folgenden Wortlaut:

Aufgabenspezifische Sonderausbildungen sind Ausbildungen von Handwerkern oder Facharbeitern zum geprüften Handwerksmeister, zum geprüften Gasmeister oder zum geprüften Fernwärmemeister sowie Ausbildungen in gleichwertigen Ausbildungsgängen für Handwerker oder Facharbeiter.

Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 8:

Handwerksmeister, Industriemeister und Meister mit aufgabenspezifischer Sonderausbildung mit entsprechender Tätigkeit nach vierjähriger Vergütung in der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1

Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1:

Handwerksmeister, Industriemeister und Meister mit aufgabenspezifischer Sonderausbildung mit entsprechender Tätigkeit, sofern sie große Arbeitsstätten zu beaufsichtigen haben, in denen Handwerker oder Facharbeiter beschäftigt sind.

Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 2:

Handwerksmeister, Industriemeister und Meister mit aufgabenspezifischer Sonderausbildung mit entsprechender Tätigkeit, die sich aus Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 dadurch herausheben, dass sie an einer wichtigen Arbeitsstätt mit einem höheren Maß von Verantwortlichkeit beschäftigt sind.

Aus den Fallgruppen 1 und 2 ist jeweils ein Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe V b eröffnet.

b)

Der Kläger erfüllt die subjektiven Voraussetzungen für eine Vergütung nach diesen Vergütungsgruppen nicht.

aa)

Der Kläger ist nicht Handwerksmeister im Sinne des Tarifvertrages. Darunter werden nur diejenigen Meister erfasst, die in Verbindung mit einem Handwerk eine für dieses Handwerk geregelte Meisterprüfung vor einer Handwerkskammer abgelegt haben (BAG 14.03.1984 - 4 AZR 14/82 - AP Nr. 87 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Einen Ausbildungsgang mit formalem Abschluss vor der Handwerkskammer zum Deponiemeister gibt es nicht.

bb)

Der Kläger ist auch nicht Industriemeister.

Dazu setzt der Tarifvertrag einen Facharbeiter voraus, der aus einem industriellen Ausbildungsberuf hervorgegangen ist und die Industriemeisterprüfung vor der IHK bestanden hat (BAG 16.10.1985 - 4 AZR 149/84 - AP Nr. 108 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Wie bei einem Handwerksmeister muss die Meisterprüfung in dem Fachgebiet abgelegt sein, in dem der Angestellte tätig ist. Als Industriemeister im tariflichen Sinne ist auch ein Meister anzusehen, der die Meisterprüfung nach der Verordnung vom 23.01.1987 (BGBl. I S. 2415) über eine Prüfung zum Meister/zur Meisterin in der Ver- und Entsorgung mit den anerkannten Abschlüssen "geprüfter Wassermeister/geprüfte Wassermeisterin, geprüfter Abwassermeister/geprüfte Abwassermeisterin, geprüfter Wassermeister/geprüfte Wassermeisterin, geprüfter Abwassermeister/geprüfte Abwassermeisterin, geprüfter Stadtreinigungsmeister/geprüfte Stadtreinigungsmeisterin" abgelegt hat (Clemens/Scheuring, S. 666 b).

Der Kläger ist kein Industriemeister. Er hat eine Prüfung nach der Ver- und Entsorgungs-Meisterprüfungsverordnung nicht abgelegt. Die Verordnung setzt in § 10 das Bestehen einer aus drei Teilen bestehenden Prüfung voraus, deren Inhalte in der Verordnung im Einzelnen geregelt sind. Diese Prüfung kann nicht dadurch ersetzt werden, dass der Kläger eine Ausbildung zum Deponiewärter absolviert hat mit Zusatzqualifikationen aufgrund von Kurzseminaren.

cc)

Der Kläger ist schließlich auch kein Meister mit erfolgreich abgeschlossener aufgabenspezifischer Sonderausbildung.

Darunter fasst der Tarifvertrag Handwerker oder Facharbeiter mit einer aufgabenspezifischen Sonderausbildung im Sinne der Protokollerklärung Nr. 2. Als Ausbildungen werden ausdrücklich solche zum geprüften Kraftwerksmeister, zum geprüften Gasmeister und zum geprüften Fernwärmemeister genannt. Sie bedürfen einer Dauer von etwa 8 Monaten. Sonstige aufgabenspezifische Sonderausbildungen für Handwerker oder Facharbeiter werden von der Protokollerklärung erfasst, wenn sie in Qualität und Dauer in etwa "gleichwertig" sind. Die Ausbildung zum geprüften Wasser- bzw. Klärmeister von drei Monaten genügt diesen Anforderungen beispielsweise nicht (Clemens/Scheuring, S. 666 h unter IV). Außerdem müssen die gleichwertigen Ausbildungsgänge - ebenso wie die in der Protokollerklärung Nr. 2 ausdrücklich genannten Ausbildungen - auf den jeweils einschlägigen Handwerker- bzw. Facharbeiterausbildungen aufbauen.

Daran fehlt es hier. Der Kläger hat in der Zeit vom 01.03.1988 bis zum 31.03.1989 die Qualifikation zum Deponiewärter erworben, welche nicht auf seiner handwerklichen Qualifikation als Kfz-Mechaniker bzw. als Stahlbetonbauer basiert. Es handelt sich vielmehr um die Ausbildung, die erst durch die Ver- und Entsorgerausbildungsverordnung vom 30.05.1984 (BGBl. I S. 731) geschaffen wurde und für die eine weiterführende aufgabenspezifische Sonderausbildung bisher nicht existiert. Diese hat der Kläger insbesondere nicht durch die Vorlage von Zertifikaten über Kurzseminare nachgewiesen.

2.

Allerdings erfüllt der Kläger im Wege des Bewährungsaufstiegs die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 9, uns zwar als Funktionsmeister.

a)

Für die Eingruppierung des Klägers kommen damit folgende Funktionsgruppen in Betracht:

Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 2:

Meister mit mehrjähriger Tätigkeit als Handwerker oder Facharbeiter, die die Aufsicht über eine Gruppe von Handwerkern, Facharbeitern oder sonstigen handwerklich tätigen Arbeitern führen.

Diese Eingruppierung sieht einen Bewährungsaufstieg nach 6 Jahren in die Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 7 vor.

Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 2:

Meister mit mehrjähriger Tätigkeit als Meister in Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 2 oder einer entsprechenden Tätigkeit außerhalb des Geltungsbereichs dieses Tarifvertrages, die die Aufsicht über eine größere Gruppe von Handwerkern, Facharbeitern oder sonstig handwerklich tätigen Arbeitern führen.

Diese Eingruppierung sieht einen Bewährungsaufstieg nach 6 Jahren in die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 9 vor.

Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 3:

Meister mit langjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 2 oder einer entsprechenden Tätigkeit außerhalb des Geltungsbereichs dieses Tarifvertrages, sofern sie große Arbeitsstätten (Bereiche, Werkstätten, Abteilungen oder Betriebe) zu beaufsichtigen haben, in denen Handwerker oder Facharbeiter beschäftigt sind.

Diese Eingruppierung sieht einen Bewährungsaufstieg nach 6 Jahren in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 11 vor.

b)

Dass der Kläger die Voraussetzungen eines Funktionsmeisters erfüllt und im Wege des Bewährungsaufstiegs Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b beanspruchen kann, steht außer Streit und kann nach summarischer Prüfung durch das Gericht festgestellt werden. Als Leiter der Deponie hat er die Aufsicht über 6 Handwerker, Facharbeiter bzw. handwerklich tätige Arbeitnehmer inne.

c)

Der Kläger erfüllt aber auch die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 9.

aa)

Eine Eingruppierung in diese Vergütungsgruppe setzt mindestens voraus, dass der Kläger Aufsicht über eine "größere Gruppe" von Handwerkern im Sinne der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 2 führt.

(1)

Die Tarifvertragsparteien haben sich nicht auf eine bestimmte Zahl festgelegt, sondern verwenden den unbestimmten Rechtsbegriff der "größeren Gruppe". Unter einer Gruppe ist eine übersehbare Gemeinschaft mit gemeinsamem Charakteristikum, z. B. einem gleichen Ziel zu verstehen. Sie lässt sich einerseits nach oben dadurch bestimmen, dass die Zahl ihrer Angehörigen noch durch eine einzelne Person unmittelbar beaufsichtigt werden kann. Andererseits kann eine Gruppe nach Auffassung des BAG nach der allgemeinen Wortbedeutung bereits aus 2 Personen bestehen (Urteile vom 09.04.1986 - 4 AZR 125/85 - und vom 29.01.1992 - 4 AZR 219/91 - ZTR 1992, 200). Sprachlich ist die "größere Gruppe" weder klein noch groß.

Eine nähere Bestimmung dieses Rechtsbegriffs kann folglich nur durch die Systematik der Vergütungsordnung erfolgen, wobei der Tarifvertrag auch nur die "größere Gruppe" kennt. Ihre weitere Definition hängt von den allgemeinen Gegebenheiten im jeweiligen Aufgabenbereich ab, z. B. von der dort verlangten Qualität der Aufsicht oder der Arbeiten. Bei relativ einfachen Arbeiten muss die Zahl der Angehörigen höher sein als bei anspruchsvollen Tätigkeiten, um die gleiche Eingruppierung rechtfertigen zu können. Hierbei ist zu beachten, dass reine Aufsichtsunktionen auch Vorarbeitern unterliegen, die Unterweisungen in dem erlernten Handwerker- bzw. Facharbeiterberuf erteilen. Die nach der Art der Aufgaben von Vorhandwerkern und Vorarbeitern zu unterscheidenden Verrichtungen der (Funktions-) Meister im Angestelltenverhältnis setzen hiernach schon der Zahl der Unterstellten nach in der Regel eine deutliche Abhebung voraus, wobei die Fachrichtung mit zu berücksichtigen ist. Die Arbeitsvorgänge von Meistern sind durch leitende, überwachende Aufgaben, wie die Arbeitsorganisation, Arbeitsteilung, Koordinierungsaufgaben gekennzeichnet. Das Maß der hiermit verbundenen zusätzlichen Verantwortung bringen die Tarifvertragsparteien durch den Bezug auf eine "Gruppe von Handwerkern ... (Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 2) bzw. eine größere Gruppe" von Handwerkern (Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 2) oder die Beaufsichtigung "großer Arbeitsstätten" (Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 3) zum Ausdruck, wobei dieses Merkmal nach der Größe der Arbeitsstätte und Zahl der dort beschäftigten Arbeitnehmer, der Größe der technisch-maschinellen Ausstattung oder auch aus besonderen betriebsorganisatorischen Gründen erfüllt sein kann (BAG 19.04.1989 - 4 AZR 39/89 - AP Nr. 146 zu §§ 22, 23 BAT 1975; 10.10.1984 - 4 AZR 411/82 - und 23.01.1985 - 4 AZR 376/83 sowie LAG Rheinland-Pfalz 12.11.1996 - 6 Sa 700/96 EzBAT §§ 22, 23 BAT J 5b Nr. 6).

Dem LAG Bayern genügte in einer älten Entscheidung (Urteil vom 30.05.1962 - 4 SA 804/61) eine Zahl von 5 Arbeitnehmern zur Annahme einer größeren Gruppe nicht (ebenso Clemens/Scheuring, S. 666 j IV. Ziff. 12 a. E.). Das BAG hat dagegen 27 unterstellte Mitarbeiter (darunter 2 Köche und 2 Küchenmeister) als größere Gruppe angesehen (Urteil vom 23.01.1985 - 4 AZR 547/83 - AP Nr. 100 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Hierbei handelt es sich um ganz überwiegend einfache und auch nicht um eigentliche handwerkliche Tätigkeiten (kritisch deshalb Clemens/Scheuring, S. 666 j IV. 12). Es ist denkbar, dass eine verantwortungsvolle und breit gefächerte Überwachungsaufgabe wegen der damit verbundenen Verantwortung zur Annahme einer "größeren Gruppe" genügt, selbst wenn diese nummerisch eher klein ist. Die Entscheidung hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab.

(2)

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze leitet der Kläger eine "größere Gruppe" von Handwerkern, Facharbeitern oder sonstigen handwerklich tätigen Arbeitern an. Zwar sind dem Kläger auf der Deponie nur 6 Arbeitnehmer unterstellt, so dass es sich bei rein zahlenmäßiger Betrachtung auf keinen Fall um eine große, sondern eher um eine kleine Gruppe handelt. Bei Tätigkeiten mit standardisierten, einfachen und vor allem einfach zu überwachenden Tätigkeiten, wie diese z. B. von Reinigungskräften oder Hilfspersonal in der Küche verrichtet werden, genügen 6 nachgeordnete Mitarbeiter nicht aus, um diese als größere Gruppe anzusehen. Bezieht man hingegen das gesamte Spektrum der auf einer Deponie zu erfüllenden Aufgaben mit ein, handelt es sich bei den vom Kläger anzuleitenden handwerklich tätigen Personen um eine "größere Gruppe" im Sinne des Tarifvertrages. Dabei ist zunächst zu bedenken, dass es sich bei der Deponie mit einer Größe von ca. 2,7 ha um ein verhältnismäßig weitläufiges Betriebsgelände handelt, bei dem der Kläger die an verschienen Standpunkten arbeitenden Personen nicht "auf eine Blick" im Auge behalten kann. Die Mitarbeiter, welche über sehr unterschiedliche berufliche Ausbildungen verfügen, müssen sachgerecht eingesetzt werden, wobei sie verschiedene Aufgaben zu verrichten haben. Sie müssen Müll mit Hilfe von Maschinen einerseits auf der Deponie einbauen und andererseits zur anderweitigen Versorgung umschlagen. Die Maschinen müssen außerdem nicht nur sachgerecht bedient, sondern gewartet und repariert werden, wozu mindestens 3 der dem Kläger unterstellten Mitarbeiter aufgrund ihrer abgeschlossenen handwerklichen Ausbildung in der Lage sind, nämlich der Kfz-Mechaniker, der Maschinenschlosser sowie der Zweirad-Mechaniker. Daneben muss das Sickerwasser abgepumpt und Gas abgefackelt werden, wobei auch einfache technische Störungen von dem Kläger und den Arbeitern der Deponie selbst zu beheben sind.

Dies setzt eine möglichst vorausschauende Personaleinsatzplanung und entsprechende Überwachung der Arbeitsabläufe voraus. Wegen der nicht festzuplanenden Anlieferungen bedarf es zudem ständiger Anpassung des Personaleinsatzes. Dabei trägt der Kläger die Verantwortung für die sachgemäße Behandlung des Mülls, wozu er die Bediensteten nicht nur jährlich zu unterweisen, sondern stets zu kontrollieren hat. Der Einbau des Mülls hat nach einer mit der fachvorgesetzten Stelle abgestimmten Planung zu erfolgen. Unterstützt werden kann der Kläger dabei nur von einem Mitarbeiter, der ausgebildeter Ver- und Entsorger ist.

bb)

Da sich der Kläger, der seit dem 01.04.1989 die Deponie "A..." leitet, in dieser Funktion bewährt hat, kann er nach Ablauf von 6 Jahren im Wege des Bewährungsaufstiegs Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 9 beanspruchen. Dieser Anspruch ist spätestens mit Geltendmachung der Höhergruppierung am 01.03.2001 begründet. Der Kläger hat vor diesem Zeitpunkt entstandene Differenzvergütungsansprüche unter Berücksichtigung von § 70 BAT-VKA nicht eingeklagt.

d)

Für die Entscheidung dieses Rechtsstreits kann dahinstehen, ob der Kläger auch die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 3 erfüllt, was ihm einen weiteren Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe V b eröffnen würde. Allerdings dürfte es sich bei der Mülldeponie "A..." um keine "große Arbeitsstätte" handeln, und zwar weder von der Zahl der Beschäftigten noch unter Einbeziehung der maschinellen Ausstattung und räumlichen Größe des Geländes.

V.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO.

Es bestehen keine Gründe zur Zulassung der Revision.

Ende der Entscheidung

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