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Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 02.06.2004
Aktenzeichen: 7 Sa 819/04
Rechtsgebiete: GG, TVG, BetrVG


Vorschriften:

GG Art. 9
TVG § 2
BetrVG § 111 ff.

Entscheidung wurde am 24.08.2004 korrigiert: das Gericht hatte versehentlich die falschen Stichworte zur Entscheidung geliefert, diese wurden ersetzt
1. Eine tarifvertragliche Regelung, die bestimmt, dass bei Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung um Interessenausgleiche und Sozialpläne an die Stelle der Einigungsstelle nach § 76 Abs. 8 BetrVG die tarifliche Schlichtungsstelle tritt, enthält keine Kompetenzregelung, die den Abschluss eines Tarifvertrages über in einem Sozialplan regelbare Inhalte ausschließt.

2. Die §§ 111 ff. BetrVG stellen keine abschließende Regelung dar, die dem Abschluss eines Tarifvertrages entgegen stehen.

3. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, korrigierend in die Höhe einer dem Grunde nach berechtigten Tarifforderung einzuggreifen, solange nicht die Tarifforderung selbst auf ein tariflich nicht regelbares Ziel gerichtet ist.

4. Ein tariflicher Sozialplan kann als zulässige Tarifforderung grundsätzlich auch im Wege eines Streiks erkämpft werden.

5. Dies gilt auch für den Abschluss eines Firmentarifvertrages, selbst, wenn der Arbeitgeber verbandszugehörig ist.

6. Einer Gewerkschaft kann nicht ohne weiteres zugemutet werden, auf eine von ihr angestrebte tarifliche Regelung, über deren rechtliche Zulässigkeit noch keine höchstrichterlichen Erkenntnisse vorliegen und zu der auch von namhaften Rechtswissenschaftlern unterschiedliche Auffassungen mit jeweils guten Gründen vertreten werden, allein deswegen von vornherein zu verzichten, weil die Gefahr besteht, dass die Gerichte später einen von ihrer Rechtsansicht abweichenden Rechtsstandpunkt einnehmen. Eine Unterlassungsverfügung setzt deshalb voraus, dass die Rechtswidrigkeit des Streiks ohne rechtsfortbildende Überlegungen feststellbar ist.

7. Bei Zweifeln über die Rechtmäßigkeit der angestrebten tariflichen Regelung darf von dem äußeren Mittel des Streiks nur in maßvollem Rahmen und vor allem nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn für die Zulässigkeit der tariflichen Regelung sehr beachtliche Gründe sprechen und des weiteren eine endgültige Klärung der Rechtslage anders nicht zu erreichen ist.


Landesarbeitsgericht Niedersachsen

7 Sa 819/04

Verkündet am: 02.06.2004

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 18.05.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Leibold und die ehrenamtlichen Richter Schulz und Schneider

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hameln vom 07.05.2004, 3 Ga 3/04, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens um die Unterlassung von Arbeitskampfmaßnahmen, die das Ziel haben, einen Firmen-Tarifvertrag über Qualifizierungsmaßnahmen und Abfindungszahlungen im Falle von betriebsbedingten Kündigungen abzuschließen.

Die Verfügungsklägerin (künftig: Klägerin) ist Mitglied im Verband der Metallindustriellen Niedersachsens e.V., Verfügungsbeklagte (künftig: Beklagte) sind die Verwaltungsstelle S.... der IG Metall, die Bezirksleitung Hannover für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt der IG Metall sowie die IG Metall.

Die Klägerin ist Teil der US-amerikanischen UTC-Gruppe und beschäftigt in Deutschland ca. 4000 Mitarbeiter. Die Hauptverwaltung und ein Produktionsstandort befinden sich in Berlin. Ein weiterer Produktionsstandort befindet sich in . Hier werden mit ca. 360 Arbeitnehmern Fahrtreppen produziert.

In einem Interessenausgleich von 1999 verpflichtete sich die Klägerin zum Erhalt des Standortes S...... Über die Wirksamkeit dieser Betriebsvereinbarung ist vor dem Arbeitsgericht Hameln ein Beschlussverfahren anhängig.

Die Klägerin fasste den Beschluss, ihr Werk in S.... zum 31.12.2004 stillzulegen und die Produktion nach B .... in der Tschechischen Republik und nach China zu verlagern. Hierüber wurden am 04. März 2004 der Wirtschaftsausschuss und der Betriebsrat informiert.

Mit Schreiben vom 29. März 2004 (Bl.31 d.A.) forderte die Beklagte zu 2) den Verband der Metallindustriellen Niedersachsens e.V. auf, für den Betrieb in S.... einen Ergänzungstarifvertrag zu vereinbaren, und erhob hierbei folgende Forderungen:

1. Beschäftigte, die betriebsbedingt gekündigt werden, haben Anspruch auf Qualifizierungsmaßnahmen für bis zu 36 Monate nach Ablauf der Kündigungsfrist unter Fortzahlung eines Entgeltes in Höhe der bisherigen Vergütung. Die Firma trägt die Kosten der Qualifizierungsmaßnahmen.

Der Firma bleibt es unbenommen, sämtliche Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit nach dem SGB III in Anspruch zu nehmen.

2. Zur Milderung der mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundenen Nachteile erhalten die aus Anlass der Betriebsänderung ausscheidenden Beschäftigten eine Abfindung in Höhe von zwei Monatseinkommen pro Beschäftigungsjahr.

Außerdem wird ein Fonds für Fälle besonderer Härte eingerichtet.

Die Aufstellung weiterer Forderungen behalten wir uns vor.

Am 06. April 2004 lehnte die Große Tarifkommission des Verbandes der Metallindustriellen Niedersachsens Tarifverhandlungen ab und teilte dies den Beklagten mit Schreiben vom 07. April 2004 (Bl. 35 d.A.) mit.

Mit Schreiben vom 07. April 2004 (Bl. 36, 37 d.A.) forderte die Beklagte zu 2) die Klägerin auf, mit ihr einen ergänzenden Firmentarifvertrag mit den oben genannten Forderungen zu vereinbaren. Die Klägerin lehnte die Aufnahme von Tarifverhandlungen mit Schreiben vom 19. April 2004 (Bl. 38, 39 d.A.) ab. Gespräche der Beteiligten am 28. April 2004 blieben ohne Ergebnis. Es kam daraufhin am 29. April 2004 zu Warnstreiks und einer Kundgebung vor den Werkstoren von S..... An diesem Tag entfielen 1080 Arbeitsstunden.

Am 28. April 2004 forderte die Klägerin den Betriebsrat auf, mit ihr Verhandlungen über einen Interessenausgleich zu führen. Zwischenzeitlich wurde die tarifliche Schlichtungsstelle nach § 30 GMTV sowohl für einen Interessenausgleich als auch für einen Sozialplan angerufen.

Seit dem 13. Mai 2004 wird bei der Klägerin gestreikt.

Das Arbeitsgericht hat durch ein der Klägerin am 10. Mai 2004 zugestelltes Urteil vom 07. Mai 2004, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 155 - 173 d.A.), den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagten zu 1) und 2) seien nicht parteifähig, da sie als Unterorganisation der Beteiligten zu 3) nicht selbständig tätig werden könnten und nicht handlungsfähig seien.

Die Klägerin habe gegen die Beklagte zu 3) keinen Anspruch auf Unterlassung von Arbeitskampfmaßnahmen, da die beabsichtigten Arbeitskampfmaßnahmen keinen rechtswidrigen Eingriff in das durch Artikel 14 GG geschützte Recht der Klägerin auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb seien. Eine Rechtswidrigkeit der befürchteten Arbeitskampfmaßnahmen folge nicht aus der Tatsache, dass die Klägerin Mitglied in einem Arbeitgeberverband sei. Das Recht der Beklagten, einen weiteren Tarifvertrag mit der Klägerin abzuschließen sei durch Artikel 3 GG garantiert. Dem begehrten Abschluss eines Tarifvertrages stehe auch nicht eine relative Friedenspflicht entgegen. Der geforderte Abwicklungstarifvertrag sei von der Friedenspflicht nicht umfasst, da die Normen, die bezüglich der Qualifizierungsmaßnahmen und Abfindungszahlungen gefordert würden, bisher in keiner Form Gegenstand eines Tarifvertrages zwischen dem Verband der Metallindustriellen Niedersachsens und der Beklagten seien.

Mit dem streitigen Arbeitskampf würden auch nicht rechtswidrig tariflich nicht regelbare Ziele verfolgt. Sowohl die Qualifizierungsmaßnahmen als auch die Abfindungszahlungen seien Regelungen, die mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Zusammenhang ständen. Der Arbeitskampf um einen firmenbezogenen Abwicklungstarifvertrag verletze weder die Koalitionsfreiheit des Arbeitgeberverbandes noch die der Klägerin selbst.

In dem begehrten Abschluss eines Tarifvertrages könne kein Verstoß gegen § 74 Abs. 2 BetrVG gesehen werden. Ein Vorrang der betrieblichen Regelungen gemäß §§ 111 ff BetrVG stehe ebenfalls den Tarifforderungen nach Qualifizierungsmaßnahmen und Abfindungszahlungen nicht entgegen. Schließlich verstoße der streitige Arbeitskampf auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Ultima-Ratio-Prinzip.

Hiergegen richtet sich die am 12. Mai 2004 eingelegte und gleichzeitig begründete Berufung der Klägerin.

Die Klägerin behauptet, die von den Beklagten erhobenen Forderungen hätten ein Gesamtvolumen von ca. 97,3 Millionen Euro. Dieses Volumen stehe ausdrücklich neben dem betriebsverfassungsrechtlichen Sozialplan. Nicht berücksichtigt seien zudem die Kosten der Qualifizierungsmaßnahmen, die noch Hinzuzurechnen seien.

Ein Streik habe erhebliche wirtschaftliche Schäden in Gestalt von Produktionsausfällen und Vertragsstrafen zur Folge. Allein der Ausfall der Produktion verursache wöchentliche Kosten in Höhe von ca. 429.000,-- Euro. Die Vertragsstrafen für den Fall der Nichteinhaltung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Auftraggebern im Falle eines Arbeitskampfes beliefen sich auf ca. 2,3 Millionen Euro. Hinzu kämen weitere Schäden durch Schadensersatzforderungen und Vertragsstrafen gegenüber ausländischen Auftraggebern sowie ein in Geld nicht zu beziffernder Imageschaden, wenn sie arbeitskampfbedingt gezwungen wäre, die erteilten Aufträge zu stornieren. Unter anderem gehe es um die Gefährdung der für die Olympiade in Athen zu liefernden Fahrtreppen.

Die Klägerin ist der Auffassung, eine Parteifähigkeit der Beklagten zu 1) und 2) sei gegeben. Diese seien ihr gegenüber selbständig in eigenem Namen aufgetreten und hätten Tarifforderungen erhoben. Sie hätten sich als selbständige Verhandlungspartner präsentiert und müssten sich deshalb als selbständige Organisationen behandeln lassen.

Die Arbeitskampfmaßnahmen verstießen gegen die Friedenspflicht des § 30 Abs. 2 GMTV. Diese Vorschrift enthalte eine Kompetenzregelung, nach der zunächst die Betriebspartner für den Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan zuständig seien. Komme eine Einigung der Betriebspartner nicht zustande, verlagere § 30 Abs. 2 GMTV die Zuständigkeit auf die Tarifparteien, denen sowohl die Einberufung als auch die Besetzung der tariflichen Schlichtungsstelle oblägen. Die Vorschrift beinhalte mithin nicht lediglich eine Verfahrensregelung für die Aufstellung von Sozialplänen.

Auch die Forderung, im Rahmen der Qualifizierungsmaßnahmen das Entgelt ohne Arbeitsleistung weiterzuzahlen, verletze die tarifliche Friedenspflicht. In § 11 GMTV sei abschließend geregelt, in welchen Fällen bei Nichtleistung der Arbeit außerhalb von gesetzlich geregelten Fällen sowie außerhalb von Urlaub und Krankheit Entgelt gezahlt werde.

Die erhobenen Tarifforderungen seien zudem rechtswidrig. Die geforderten Qualifizierungsmaßnahmen sollten ausdrücklich erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses einsetzen. Ein Bezug zwischen dem Arbeitsverhältnis und den nach seiner Beendigung stattfindenden Qualifizierungsmaßnahmen sei nicht erkennbar, vielmehr dienten die Qualifizierungsmaßnahmen der Vorbereitung auf eine neue Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber.

Zudem stellten die Forderungen einen unzulässigen Eingriff in die Unternehmensautonomie dar. Zwar beträfen die Forderungen der Beklagten formal die soziale Absicherung der Arbeitnehmer nach einer Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses wegen der beabsichtigten Betriebsstilllegung. In der Sache verfolgten die Beklagten mit ihrer Forderung jedoch das Ziel, die Schließung als solche zu verhindern.

Die Klägerin ist des weiteren der Auffassung, der Abschluss eines firmenbezogenen "Sozialplan-Tarifvertrages" sei durch die §§ 111 ff BetrVG ausgeschlossen. Es könne dahinstehen, ob die unternehmerische Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers insoweit hinter die Koalitionsfreiheit der Gewerkschaft zurücktreten müsse, als die Gewerkschaft grundsätzlich auch das Recht habe, Regelungen im Wege eines Arbeitskampfes zu erzwingen, die Gegenstand eines Sozialplans sein könnten. Dies gelte jedoch nicht, wenn die Gewerkschaft aus Anlass einer konkreten Betriebsänderung einen einzelfallbezogenen Sozialplan -Tarifvertrag durch Streik gegen den einzelnen Arbeitgeber erzwingen wolle. Ein derartiger Arbeitskampf beinhalte keinen angemessenen Ausgleich der widerstreitenden Grundrechtspositionen. Das austarierte System der §§ 111 ff. BetrVG sei nicht in Gefahr, wenn einer Gewerkschaft das Recht eingeräumt werde, flächendeckend Mindeststandards für Betriebsschließungen und -einschränkungen zu vereinbaren und gegebenenfalls auch zu erzwingen, wie dies etwa in Gestalt von Rationalisierungsschutzabkommen praktiziert werde. Bei dem streitgegenständlichen Arbeitskampf gehe es jedoch um etwas grundlegend anderes.

Zudem werde das Streikverbot des § 74 Abs. 2 Satz 1 BetrVG unterlaufen. Es drohe eine Aushebelung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit durch den Druck des Arbeitskampfes, weil die Gewerkschaft nicht an die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit gebunden sei. Die Gewerkschaft hätte es damit in der Hand, die Umsetzung einer freien unternehmerischen Entscheidung durch die Entfaltung ausreichenden Arbeitskampfdruckes zu verhindern.

Der Arbeitskampf sei schließlich auch unverhältnismäßig, weil ein milderes Mittel zur Durchsetzung der Forderungen zur Verfügung stehe. Die Beklagten hätten es in der Hand, ihre tariflichen Forderungen über die tarifliche Schlichtungsstelle inhaltlich durchzusetzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Klägerin im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf den Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12. Mai 2004 (Bl. 179 - 193 d.A.).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hameln vom 7.5.2004, Az. 3 Ga 3/04 abzuändern und im Wege der einstweiligen Verfügung den Verfügungsbeklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Verfügungsbeklagten aufzugeben,

1. alle Arbeitskampfmaßnahmen zu unterlassen, mit denen die Tarifforderungen der Verfügungsbeklagten Ziff. 2 vom 7.4.2004 durchgesetzt werden sollen, nämlich die Forderungen

"1. Beschäftigte, die betriebsbedingt gekündigt werden, haben Anspruch auf Qualifizierungsmaßnahmen für bis zu 36 Monate nach Ablauf der Kündigungsfrist unter Fortzahlung eines Entgelts in Höhe der bisherigen Vergütung. Die Firma trägt die Kosten der Qualifizierungsmaßnahmen.

Der Firma bleibt es unbenommen, sämtliche Forderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit nach dem SGB III in Anspruch zu nehmen.

2. Zur Milderung der mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundenen Nachteile erhalten die aus Anlass der Betriebsänderung ausscheidenden Beschäftigten eine Abfindung in Höhe von zwei Monatseinkommen pro Beschäftigungsjahr.

Außerdem wird ein Fonds für Fälle besonderer Härte eingerichtet.

Die Aufstellung weiterer Forderungen behalten wir uns vor."

2. weitere Aufrufe zur Arbeitsniederlegung im Betrieb der Verfügungsklägerin wegen der Tarifforderung der Verfügungsbeklagten Ziff. 2 zu unterlassen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 17. Mai 2004 (Bl. 210-218 d.A.).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 519, 520 ZPO, 64, 66 ArbGG.

Sie ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt, dass der Klägerin kein Anspruch auf Unterlassung der im Streit stehenden Arbeitskampfmaßnahmen im Wege einer einstweiligen Verfügung zusteht. Das Berufungsgericht macht sich die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils gem. § 69 Abs. 2 ArbGG zu eigen und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Ergänzend ist im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerin im Berufungsverfahren folgendes auszuführen:

I. Die Beklagte zu 1) ist nicht parteifähig.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass Unterorganisationen von Gewerkschaften parteifähig sind, wenn sie selbst körperschaftlich organisiert sind, gegenüber der Gesamtorganisation selbständig tätig werden können und handlungsfähig sind (siehe hierzu auch BAG vom 25. September 1990, 3 AZR 266/89, AP Nr. 8 zu § 9 TVG).

Dies ist hinsichtlich der Beklagten zu 1) nicht der Fall. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Verwaltungsstelle S.... der IG Metall nennenswerte eigene Entscheidungsbefugnisse hat. Vielmehr ist in § 18 der Satzung der Beklagten zu 3) ausdrücklich geregelt, dass der Vorstand der Beklagten zu 3) den Verwaltungsstellen die zur Durchführung ihrer Arbeit entsprechenden Anweisungen erteilt.

Ob dies auch für die Beklagte zu 2), die Bezirksleitung Hannover für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, gilt, konnte vorliegend dahinstehen. Für eine eigene Entscheidungsbefugnis könnte dabei sprechen, dass die Beklagte zu 2) die streitigen Tarifforderungen sowohl gegenüber dem Verband der Metallindustrie e.V. als auch gegenüber der Klägerin erhoben hat ohne deutlich zu machen, dass sie im Namen der Beklagten zu 3) auftritt. Dagegen spricht, dass die Beklagte zu 2) nach § 22 der Satzung Streikmaßnahmen nicht ohne Zustimmung des Vorstandes der Beklagten zu 3) einleiten darf.

Diese Frage musste im einstweiligen Verfügungsverfahren allerdings nicht abschließend geklärt werden, da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen alle Beklagten bereits aus den nachfolgend darzulegenden Gründen zurückzuweisen war (so auch BAG vom 21.06.1988, 1 AZR 651/86, AP Nr. 108 zu Art 9 GG Arbeitskampf unter A II 3 der Entscheidungsgründe).

II. Gemäß den §§ 64 Abs. 6, 62 Abs. 2 ArbGG, 935, 940 ZPO ist Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung, dass die Klägerin einen zu sichernden Anspruch hat, und dass ein Verfügungsgrund gegeben ist. Ein Verfügungsgrund liegt nach dem Gesetz vor, wenn die Besorgnis besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts ohne eine alsbaldige Regelung vereitelt oder wesentlich erschwert wird, oder wenn zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen gründen die Regelung eines einstweiligen Zustandes nötig ist. Ein Verfügungsanspruch besteht, wenn ein rechtswidriger Arbeitskampf verhindert werden soll. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.

1. Gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB besteht ein Anspruch auf Unterlassung von Streikmaßnahmen, wenn der beabsichtigte Streik ein rechtswidriger Eingriff in das durch Art. 14 GG geschützte Recht der Klägerin auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt (BAG vom 21.12.1982, 1 AZR 411/80, AP Nr. 76 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; BAG vom 12.09.1984, 1 AZR 342/83, AP Nr. 81 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; LAG Hamm vom 31.05.2000, 18 Sa 858/00, AP Nr. 158 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; Kissel, Arbeitskampfrecht, § 65 Rdz. 23). Dies ist nicht der Fall.

2. Dem beabsichtigten Streik steht nicht die relative Friedenspflicht entgegen.

Die beiderseitige Friedenspflicht ist immanenter Bestandteil eines jeden Tarifvertrages und bedeutet, dass die Tarifvertragsparteien die zwischen ihnen vereinbarten tariflichen Regelungen als rechtsverbindlich zu respektieren haben, solange der Tarifvertrag läuft (BAG vom 10.12.2002, 1 AZR 96/02, AP Nr. 162 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Die Friedenspflicht wirkt, sofern von den Tarifvertragsparteien nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist, nicht absolut, sondern relativ. Das bedeutet, dass die Friedenspflicht sich nur auf die tarifvertraglich geregelten Gegenstände bezieht (BAG vom 21. Dezember 1982 - 1 AZR 411/80 - BAGE 41, 209, 219, zu A II 1 a der Gründe; BAG vom 27. Juni 1989 - 1 AZR 404/88 - BAGE 62, 171, 178, zu II 2 a der Gründe). Soweit die Tarifvertragsparteien eine bestimmte Sachmaterie erkennbar umfassend geregelt haben, ist davon auszugehen, dass sie diesen Bereich der Friedenspflicht unterwerfen und für die Laufzeit des Tarifvertrags die kampfweise Durchsetzung weiterer Regelungen unterbinden wollen, die in einem sachlichen inneren Zusammenhang mit dem befriedeten Bereich stehen (BAG vom 10.12.2002, 1 AZR 96/02, a.a.O.).

Das Arbeitsgericht geht zu Recht davon aus, dass der von der Beklagten geforderte Tarifvertrag über Abfindungszahlungen und Qualifizierungsmaßnahmen nicht von der Friedenspflicht für den GMTV vom 17. Oktober 1994 in der derzeit gültigen Fassung umfasst ist.

Eine ausdrückliche Regelung über mögliche Folgen einer Betriebsänderung, etwa in einem Rationalisierungsschutztarifvertrag, gibt es im Bereich der niedersächsischen Metallindustrie nicht.

§ 30 Abs. 2 GMTV enthält die Regelung, dass bei Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung um Interessenausgleiche und Sozialpläne an die Stelle der Einigungsstelle nach § 76 Abs. 8 BetrVG die tarifliche Schlichtungsstelle tritt. Eine Auslegung des GMTV ergibt, dass es sich hierbei jedoch lediglich um eine Verfahrensregelung zur Ausgestaltung der Beteiligungsrecht des Betriebsrates bei Betriebsänderungen gemäß §§ 111 ff. BetrVG und nicht um eine abschließende Kompetenzzuweisung für Sozialpläne handelt.

Die Tarifauslegung hat dabei entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung vom Wortlaut auszugehen. Es ist über den reinen Wortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnormen zu berücksichtigen, sofern sie in der Tarifnorm Ausdruck gefunden haben.

Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung kann dieser tariflichen Regelung nicht entnommen werden, dass sie auch eine Kompetenzregelung enthält, die den Abschluss eines Tarifvertrages über in einem Sozialplan regelbare Inhalte ausschließt.

Geregelt ist vielmehr lediglich das Verhältnis der betrieblichen Einigungsstelle zu der tariflichen Schlichtungsstelle. Darin kann keine Aussage zu der Frage gesehen werden, ob neben den Beteiligungsrechten des Betriebsrates eine tarifliche Regelung möglich ist.

§ 30 GMTV enthält keine ausdrückliche oder konkludente Regelung über den möglichen Inhalt eines Interessenausgleichs oder Sozialplanes. Ein entsprechender Wille der Tarifvertragsparteien zu einer abschließenden Regelung kann der Tarifnorm mithin nicht entnommen werden.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass § 11 GMTV dem von den Beklagten geforderten Tarifvertrag entgegensteht. § 11 GMTV regelt die Ausnahmen zu dem Grundsatz, dass nur geleistete Arbeit bezahlt wird. Es ist festgelegt, unter welchen Voraussetzungen bei einem Arbeitsausfall die Bezahlung entfällt, und für welche Fälle der Arbeitsversäumnis das Entgelt weiterzuzahlen ist.

Darum geht es bei der im Streit stehenden Tarifforderung nicht. Die Beklagten erstreben eine Regelung zur Abwicklung des Arbeitsverhältnisses bei dessen Beendigung an. Es geht mithin nicht um Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis, sondern um die soziale Absicherung der Arbeitnehmer bei einem Verlust des Arbeitsplatzes. Dies ist ein völlig anderer Regelungsgegenstand, weshalb die Klägerin sich nicht darauf einrichten konnte, dass sie nicht mit derartigen Tarifforderungen konfrontiert wird.

3. Dem geforderten Tarifabschluss stehen die §§ 111 ff BetrVG nicht entgegen. Die Beteiligungsrechte des Betriebsrates nach diesen Vorschriften stellen keine abschließende Regelung dar, die dem Abschluss eines Tarifvertrages entgegenstehen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach dem BetrVG grundsätzlich durch Tarifvertrag erweitert und verstärkt werden (BAG vom 10.02.1988, 1 ABR 70/86, SAE 1991, 352 mit abl. Anmerkung von Dr. Buchner). Entschieden hat dies das Bundesarbeitsgericht in der zitierten Entscheidung ausdrücklich für die Verstärkung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates bei Einstellungen und dabei ausgeführt, dies gelte auch für einen Tarifvertrag, der die Kündigung eines Arbeitnehmers von der Zustimmung des Betriebsrates abhängig macht.

Zur Begründung hat das Bundesarbeitsgericht auf einen Beschluss vom 18.08.1987 (1 ABR 30/86, AP Nr. 23 zu § 77 BetrVG 1972) Bezug genommen, nach dem die Regelungen über die Mitwirkung des Betriebsrates als Arbeitnehmerschutzbedingungen nur einseitig zwingender Natur sind. Daraus schließt das Bundesarbeitsgericht, dass durch das BetrVG, soweit nicht der betriebliche Organisationsbereich betroffen ist, die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien für betriebsverfassungsrechtliche Fragen nicht ausgeschlossen werden sollen (BAG a.a.O.).

Auch in der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass Regelungen, die die Folgen einer unternehmerischen Entscheidung sozial abfedern, tarifvertraglich regelbar sind (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 1 BetrVG Rdz. 212 ff. Hanau/Thüsing, ZTR 01, 53; a.A. u.a. Richardi, Betriebsverfassungsgesetz, 8. Aufl. Einleitung Rdz. 136 ff.).

Ob dies nicht gelten soll, wenn eine solche Folgenregelung die unternehmerische Entscheidung nicht nur erschwert, sondern faktisch oder rechtlich unmöglich macht (Hanau/Thüsing, ZTR 01, 53), wenn also der Kernbereich der Unternehmensfreiheit betroffen ist, musste vorliegend nicht entschieden werden. Auch bei einem Forderungsvolumen von mehr als 97 Mio € kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die von der Klägerin beabsichtigte Betriebsschließung bei Abschluss eines Tarifvertrages faktisch unmöglich wird.

Es geht bei den vorliegenden Streikmaßnahmen zunächst einmal nur darum, überhaupt Tarifvertragsverhandlungen zu erzwingen. Dabei werden, gerade auch im Bereich der Metallindustrie, regelmäßig Forderungen gestellt, die deutlich über das hinausgehen, was letztlich auch durchsetzbar ist. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, korrigierend in die Höhe einer dem Grunde nach berechtigten Tarifforderung einzugreifen, solange nicht die Tarifforderung selbst auf ein tariflich nicht regelbares Ziel gerichtet ist (LAG Schleswig-Holstein vom 27.03.2003, NZA-RR 2003, 592 - 597). Die inhaltlich Ausgestaltung einer zulässigen Tarifforderung bleibt vielmehr den Verhandlungen der Tarifvertragsparteien überlassen.

Den Tarifforderungen der Beklagten kann auch nicht entnommen werden, dass sie tatsächlich eine Schließung des Betriebes der Klägerin in S.... verhindern wollen. Die Beklagten erstreben gerade keinen Standortsicherungstarifvertrag, sondern eine möglichst langfristige soziale Absicherung der Arbeitnehmer. Es geht nicht, wie das Arbeitsgericht treffend ausführt, um das "Ob" der Betriebsschließung, sondern um das zulässigerweise auszugestaltende "Wie".

Unentschieden bleiben konnte auch, ob die Grundsätze des § 112 Abs. 5 BetrVG von den Tarifvertragsparteien zu beachten ist. Aus vorstehenden Gründen kann dieser Vorschrift jedenfalls nicht der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, eine tarifvertragliche Regelung über einen Sozialplan auszuschließen. Geregelt wird lediglich, was von der betrieblichen Einigungsstelle zu beachten ist. Ein Ausschluss der Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien kann dem nicht entnommen werden. Die Vorschrift wurde in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der davon divergierenden Auffassungen zu der Möglichkeit der Erweiterung der Mitwirkungsrechte durch Tarifvertrag in das Gesetz eingefügt. Wenn hierdurch die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien hätte eingeschränkt werden sollen, hätte dies auch deutlich zum Ausdruck gebracht werden müssen.

Als Zwischenergebnis ist mithin festzustellen, dass die betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen über Interessenausgleich und Sozialplan die Möglichkeit der Tarifvertragsparteien, die Folgen von Entlassungen tarifvertraglich zu regeln, grundsätzlich nicht ausschließen.

4. Ist aber eine Tarifforderung grundsätzlich zulässig, kann sie auch im Wege des Streiks erkämpft werden. Ein tariflicher Sozialplan kann grundsätzlich auch erzwungen werden, ein Streik zur Durchsetzung eines Sozialplans in einem Betrieb mit Betriebsrat ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen (Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht Band I, S. 345).

Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Vorschrift des § 74 Abs. 2 BetrVG, nach der Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat unzulässig sind. Denn nicht der Betriebsrat hat zu dem streitigen Arbeitskampf aufgerufen, sondern die zuständige Gewerkschaft.

5. Vorstehende Ausführungen gelten nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, von der abzuweichen kein Anlass besteht (BAG vom 10.12.2002, 1 AZR 96/02, AP Nr. 162 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) auch für die Durchsetzung eines firmenbezogenen Tarifvertrages.

Hiernach steht die Verbandszugehörigkeit eines Arbeitgebers dem freiwilligen Abschluss von Firmentarifverträgen zwischen ihm und der Gewerkschaft nicht entgegen. Dies folgt aus § 2 Abs. 1 TVG, der besagt, dass Tarifvertragsparteien auch die einzelnen Arbeitgeber sind. Der einzelne Arbeitgeber besitzt dabei die ihm gesetzlich zuerkannte Tariffähigkeit unabhängig von seiner Zugehörigkeit zu einem Arbeitgeberverband. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung verliert er die Fähigkeit, Partei eines Firmentarifvertrags zu sein, gerade nicht durch den Beitritt zu einem Arbeitgeberverband, da § 2 Abs. 1 TVG dem einzelnen Arbeitgeber ohne Einschränkung die Tariffähigkeit zuerkennt. Eine Differenzierung nach der Verbandszugehörigkeit des Arbeitgebers sieht das Gesetz nicht vor.

Auch Sinn und Zweck des § 2 Abs. 1 TVG gebieten nicht dessen "teleologische Restriktion" (so aber insbesondere Matthes, FS Schaub S. 477, 482 ff.). Zutreffend ist zwar, dass die dem einzelnen Arbeitgeber in § 2 Abs. 1 TVG zuerkannte Tariffähigkeit der effektiven Verwirklichung der Tarifautonomie dient, indem sie verhindert, dass sich der Arbeitgeber durch Fernbleiben von oder durch Austritt aus einem Verband tarifunfähig macht und sich so der Inanspruchnahme auf den Abschluss von Tarifverträgen entzieht (vgl. etwa Kissel Arbeitskampfrecht § 26 Rn. 115 m.w.N. in Fn. 250). Dieser Zweck entfällt daher, wenn der Arbeitgeber Mitglied eines tarifwilligen Arbeitgeberverbands ist.

Gleichwohl rechtfertigt dies nicht die Reduktion des § 2 Abs. 1 TVG. Denn dessen Zweck erschöpft sich nicht darin, für die Gewerkschaft einen Verhandlungsgegner bereitzustellen. Vielmehr gehört die Tariffähigkeit des einzelnen Arbeitgebers zu dessen durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützter Betätigungsfreiheit. Die Tariffähigkeit des einzelnen Arbeitgebers und die Wirksamkeit eines von ihm abgeschlossenen Tarifvertrags hängt auch nicht davon ab, ob nach der Satzung des Arbeitgeberverbands der Abschluss von Firmentarifverträgen durch einen verbandszugehörigen Arbeitgeber zulässig ist.

Aus diesen Gründen ist weder die Koalitionsfreiheit der Klägerin noch die des Arbeitgeberverbandes verletzt.

6. Ein Firmentarifvertrag kann grundsätzlich auch kampfweise durchgesetzt werden, soweit bestimmte Arbeitsbedingungen durch Verbandstarifverträge weder geregelt sind noch demnächst geregelt werden sollen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können Arbeitskämpfe zur Durchsetzung tarifvertraglich regelbarer Ziele geführt werden (vgl. etwa BAG 5. März 1985 - 1 AZR 468/83 - BAGE 48, 160, 168, zu II 3 b der Gründe; 7. Juni 1988 - 1 AZR 372/86 - BAGE 58, 343, 348, zu A I 1 der Gründe m.w.N.; 27. Juni 1989 - 1 AZR 404/88 - BAGE 62, 171, 182, zu II 3 der Gründe). Dies folgt aus der Hilfsfunktion des Arbeitskampfes zur Sicherung der Tarifautonomie (vgl. dazu grundlegend BAG GS 21. April 1971 - GS 1/68 - BAGE 23, 292). Zugleich bedeutet dies, dass der Tarifvertrag, der kampfweise durchgesetzt werden soll, einen rechtmäßigen Inhalt haben muss. Ein auf eine gesetzwidrige tarifliche Regelung gerichteter Arbeitskampf ist nicht erlaubt.

Aus obigen Ausführungen folgt, dass der Arbeitskampf der Beklagten nicht auf eine gesetzwidrige Regelung gerichtet ist.

Wie ausgeführt, können Regelungen, die üblicherweise in einem Sozialplan geregelt werden, auch Gegenstand eines Tarifvertrages sein.

Die Tarifforderung der Beklagten betrifft Regelungen, die mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Zusammenhang stehen und bei denen es sich, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausführt, um betriebsverfassungsrechtliche Fragen handelt, die vom Regelungsgehalt des § 1 Abs. 1 TVG umfasst sind. Sowohl die Zahlung von Abfindungen als auch die Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen sind tariffähige Regelungen zur sozialen Absicherung der Folgen von Entlassungen, wie sie auch in vielen Rationalisierungsschutztarifverträgen vereinbart worden sind. Dabei kommt es, wie die Klägerin zutreffend einwendet, nicht darauf an, wann der Tarifvertrag vereinbart wird. Entscheidend ist, dass die Qualifizierungsmaßnahmen Regelungen beinhalten, die die Abwicklung eines gekündigten Arbeitsverhältnisses betreffen.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Gewerkschaft aus Anlass einer konkreten Betriebsänderung einen einzelfallbezogenen Sozialplan-Tarifvertrag gegen einen einzelnen Arbeitgeber erzwingen möchte.

Zum einen ist die Rechtmäßigkeit eines Arbeitskampfes nicht davon abhängig, ob für die Tarifforderung ein konkreter Anlass besteht. Dies wird in der Regel der Fall ein.

Zum anderen beinhalten die Tarifforderungen der Beklagten keine abschließende Sozialplanregelung. Tarifvertraglich vereinbart werden sollen die Mindesthöhe der zu zahlenden Abfindung, die Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen sowie die Einrichtung eines Härtefonds. Damit bleiben noch ausreichend Regelungstatbestände übrig, die von den Betriebsparteien oder der tariflichen Schlichtungsstelle verhandelt und vereinbart oder beschlossen werden können.

7. Es kann schließlich auch kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz festgestellt werden.

Einer Gewerkschaft kann nicht ohne weiteres zugemutet werden, auf eine von ihr angestrebte tarifliche Regelung, über deren rechtliche Zulässigkeit noch keine höchstrichterlichen Erkenntnisse vorliegen und zu der auch von namhaften Rechtswissenschaftlern unterschiedliche Auffassungen mit jeweils guten Gründen vertreten werden, allein deswegen von vornherein zu verzichten, weil die Gefahr besteht, dass die Gerichte später einen von ihrer Rechtsansicht abweichenden Rechtsstandpunkt einnehmen (BAG vom 10. Dezember 2002, 1 AZR 96/02, AP Nr. 162 zu Art 9 GG Arbeitskampf). Eine Unterlassungsverfügung setzt deshalb voraus, dass die Rechtswidrigkeit des Streiks ohne rechtsfortbildende Überlegungen feststellbar ist (LAG Frankfurt AuR 1970, 218; LAG Stuttgart vom 8. 8. 1973, AuR 1974, 316; LAG Düsseldorf DB 1979, 176; LAG Köln vom 14. 6. 1996, NZA 1997, 327; ErfK-Dieterich, Art 9 GG Rdz. 223; MünchArbR/Otto § 293 Rn. 31; Zeuner, RdA 1971, 7).

Bei Zweifeln über die Rechtmäßigkeit der angestrebten tariflichen Regelung darf von dem äußersten Mittel des Streiks nur in maßvollem Rahmen und vor allem auch nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn für die Zulässigkeit der tariflichen Regelung sehr beachtliche Gründe sprechen und des weiteren eine endgültige Klärung der Rechtslage anders nicht zu erreichen ist (BAG vom 10. Dezember 2002, 1 AZR 96/02, AP Nr. 162 zu Art 9 GG Arbeitskampf).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

Für die Zulässigkeit der geforderten tariflichen Regelung sprechen, wie dargelegt, sehr beachtliche Gründe.

Die Beklagten haben auch nicht die Möglichkeit, das erklärte Ziel durch ein milderes Mittel zu erreichen. Insbesondere können sie nicht darauf verwiesen werden, die tariflichen Forderungen über die tarifliche Schlichtungsstelle inhaltlich durchzusetzen. Denn Ziel des Arbeitskampfes soll der einvernehmliche Abschluss eines Tarifvertrages mit einem bestimmten Rahmen sein, während die tarifliche Schlichtungsstelle durchaus auch eine Regelung gegen den Willen einer der Tarifvertragsparteien und/oder Betriebsparteien durchsetzen kann. Im Übrigen können die Beklagten eine höchstrichterliche Klärung der streitigen Rechtsfragen in einem Hauptsacheverfahren nicht abwarten, da der Betrieb der Klägerin in S.... nach den Vorstellungen der Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Verfahrens in der Hauptsache längst geschlossen sein soll, weshalb Regelungen zur Absicherung der wirtschaftlichen Nachteile der betroffenen Arbeitnehmer zu spät kommen würden.

Die Beklagten haben schließlich vor Einleitung der Streikmaßnahmen versucht, mit der Klägerin auf dem Verhandlungsweg eine Vereinbarung abzuschließen. Die Klägerin hat jedoch jegliche Tarifverhandlungen verweigert.

Die Berufung der Klägerin war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

Gegen dieses Urteil ist gemäß § 72 Abs. 4 ArbGG ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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