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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 17.03.2003
Aktenzeichen: 8 Sa 1397/02
Rechtsgebiete: BAT


Vorschriften:

BAT SR 2y
1) Die Befristung von zusätzlichen Arbeitsstunden bedarf eines eigenen Befristungsgrundes.

2) Die Überprüfung einer solchen Erhöhung der Arbeitszeit führt bei Fehlen eines Befristungsgrundes nicht zur Unwirksamkeit des eigentlichen ebenfalls befristeten Basisarbeitsvertrages.


Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 Sa 1397/02

Verkündet am: 17.03.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 17.03.2003 durch die Richterin am Arbeitsgericht Bittens und die ehrenamtlichen Richter Herlyn und Flanz

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 25. Juni 2002 teilweise aufgehoben und der Tenor wie folgt gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 15.01.2002 hinaus im Umfang von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden fortbestanden hat.

Das beklagte Land wird verurteilt, die Klägerin als medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin mit einer Vergütung nach Vergütungsgruppe V b im Teil II/D der Anlage 1 a zum BAT mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden weiterzubeschäftigen.

2. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 2/3 und das beklagte Land zu 1/3.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Entfristung des Arbeitsvertrages und Weiterbeschäftigung.

Die am geborene Klägerin ist seit dem 1. Juni 1993 ununterbrochen und mit zeitlich unmittelbar aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen als medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin in der M. (M) beschäftigt. Zunächst war sie in der Abteilung ....chirurgie und später in der Biophysiologischen Chemie eingesetzt worden.

Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) in der jeweils geltenden Fassung und den diesen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen sowie SR2y BAT (Sonderregelungen für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte) kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Anwendung.

Seit dem 1. September 1999 war die Klägerin als Vertretung der Stelleninhaberin Frau B. in der Abteilung Biophysiologische Chemie im Umfang von 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Angestellten (z. Zt. 19,25 Stunden in der Woche) zunächst befristet bis zum 31. August 2000 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis von Frau B. war bis zum 15.01.2002 befristet. Frau B. hatte ursprünglich nur bis 31. August 2000 Erziehungsurlaub genommen und jeweils mit Schreiben vom 30. Juli 2000 bis zum 1. Februar 2001, mit Schreiben vom 01.01.2001 bis zum 15. August 2001, mit Schreiben vom 10. Mai 2001 bis zum 30. September 2001 und mit Schreiben vom 20. August 2001 bis zum 31. Januar 2002 eine Verlängerung beantragt. Mit Schreiben vom 18. September 2001 hatte die M. der Mitarbeiterin Frau B. mitgeteilt, dass sie die Elternzeit bis einschließlich 15. Januar 2002 (Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses) gewähre.

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde jeweils unter Angabe des Befristungsgrundes der Vertretung für die im Erziehungsurlaub/in Elternzeit befindliche Frau B. durch schriftliche Verträge bis zum 31. Januar 2001, 17. Mai 2001, 30. September 2001 sowie 15. Januar 2002 jeweils befristet verlängert.

Am 2. August 2001 schrieb die M. unter ihrem Briefkopf mit dem Zusatz "Klinik im A. , Orthopädische Klinik, Leiter Prof. W. , Zentrum Chirurgie", die Stelle einer MTA für eine Halbtagsstelle für ein Jahr (Drittmittelprojekt) mit der Option der Verlängerung aus. Interessenten sollten sich bei Herrn Dr. R. melden. Unterzeichnet war das Schreiben mit "M. - Der Vorstand, i. A. Z. ".

Die Klägerin bewarb sich mit Schreiben vom 16. August 2001 auf diese Stelle, um sich auch nach dem 15. Januar 2002 eine Beschäftigung bei der MH zu sichern. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2001 bat die Klägerin um eine Arbeitszeiterhöhung von 10 Stunden auf dann 29,25 Stunden zum 15. Oktober 2001 und teilte mit, dass die Arbeitszeitaufteilung nach Absprache mit den Projektleitern erfolgen solle. In der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts vom 17. März 2003 hat die Klägerin erläutert, dass sie wegen anfallender erheblicher Überstunden in der Abteilung Physiologische Chemie eine 2. Halbtagsstelle mit eventuellen Überstunden zeitlich nicht habe leisten können und deshalb keine zusätzliche 2. Halbtagsstelle, sondern nur eine Aufstockung der Arbeitszeit um 10 Stunden in Betracht gekommen sei. Die M. teilte der Klägerin mit Schreiben vom 10. Oktober 2001 mit, dass sie der Klägerin zusätzlich zu ihrer Tätigkeit in der Abteilung Physiologische Chemie ab dem 15.10.2001 eine Tätigkeit in der Abteilung Orthopädie zuweise. Die Projektleiterin Frau Dr. S. teilte der Klägerin Ende Oktober/Anfang November 2001 auf einem Notizzettel (Bl. 61 d. A.) mit, dass die Klägerin nach dem 15.01.2001 "1/2 Jahr Pause an der M. (Land)" machen solle. Weiterhin war auf dem Notizzettel vermerkt: "Vielleicht Vertrag für 1/2 Jahr mit dem A. , Klinikum , Stadt."

Mit Schreiben vom 20. November 2001 teilte die M. der Klägerin und Frau B. jeweils mit, dass ihr Beschäftigungsverhältnis gemäß § 1 des Arbeitsvertrages mit Ablauf des 15. Januar 2002 ende. Zwischen den Parteien bestand ursprünglich Einigkeit, dass die Klägerin ab dem 16. Januar 2002 in der Orthopädie beschäftigt werden sollte. Nach dem Dienstantritt der Klägerin am 16. Januar 2002 wurde ihr nachmittags mitgeteilt, dass eine Beschäftigung nicht möglich sei.

Mit der am 5. Februar 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin eine Entfristung des Arbeitsverhältnisses über den 15. Januar 2002 hinaus. Sie hält die Befristung mangels Befristungsgrund für unwirksam.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 15.01.2002 hinaus fortbesteht;

2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin über den 15.01.2002 hinaus als medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin mit einer Vergütung nach Gruppe V b Fallgruppe 25 im Teil II/D der Anlage 1 a zum BAT mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 29,25 Stunden weiterzubeschäftigen;

hilfsweise,

gem. Ziffer 2 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden die Klägerin weiterzubeschäftigen;

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem vorgenannten Hilfsantrag, die Klägerin gem. des Antrages Ziffer 2 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden weiterzubeschäftigen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat durch das der Klägerin am 23. August 2002 zugestellte Urteil vom 25. Juni 2002 die Klage voll umfänglich abgewiesen, weil jeweils der Befristungsgrund des Erziehungsurlaubs der Frau B. vorgelegen habe. Die Erhöhung der Arbeitszeit um 10 Stunden sei ohne Bedeutung, da die Tätigkeit der Klägerin überwiegend noch als Ersatz für die Tätigkeit der Frau B bestanden habe. Wegen der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitgericht wird auf das Urteil Bezug genommen (Bl. 68 - 72 d. A.).

Hiergegen richtet sich die am 20. September 2002 beim Landesarbeitsgericht eingelegte und am 21. Oktober 2002 (Montag) begründete Berufung der Klägerin.

Die Klägerin behauptet:

Der Befristungsgrund der Vertretung habe nicht mehr vorgelegen, da mit Frau B. kein Anschlussvertrag geschlossen worden sei. Das Arbeitsverhältnis habe am 30.09.2000 geendet. Die Tätigkeit der Klägerin in der Abteilung Orthopädie im Umfang von weiteren 10 Wochenstunden sei ihr in der Erwartung zugewiesen worden, nach dem 15. Januar 2002 dort mit mindestens der Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit weiterbeschäftigt zu werden.

Die Klägerin meint:

Die Vertragsänderung bezüglich der Erhöhung der Stundenzahl sei der eigentliche Vertrag, der als letzter hinsichtlich der Wirksamkeit der Befristung zu überprüfen sei. Diese Befristung sei unwirksam, weil bereits im Zeitpunkt der Zuweisung der Tätigkeit in der Orthopädie klar gewesen sei, dass die Arbeitskraft der Klägerin über den 15.01.2002 hinaus benötigt werden würde.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils vom 25.06.2002 1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 15.01.2002 hinaus fortbestanden hat;

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin über den 15.01.2002 hinaus als medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin mit einer Vergütung nach Gruppe V b Fallgruppe 25 im Teil II/D der Anlage 1 a zum BAT mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 29,25 Stunden weiterzubeschäftigen;

hilfsweise,

gemäß vorstehender Ziffer 2 die Klägerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden weiterzubeschäftigen;

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem vorgenannten

Hilfsantrag,

die Klägerin gemäß des Antrages Ziffer 2 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden weiterzubeschäftigen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung abzuweisen.

Das beklagte Land behauptet:

Das A. sei rechtlich selbständig. Lediglich bei Mitteln, die z. B. Prof. W. aus Forschungsvorhaben bekomme, würden diese aus steuerlichen Gründen bei der M. angebunden. Nachdem Herr Dr. R. , ein Mitarbeiter des Herrn Prof. W. , weggegangen sei, habe er die Mittel mitgenommen. Er habe ein eigenes Budget und habe zum Lehrkörper der M. gehört.

Das beklagte Land verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Schriftsätze seiner Prozeßbevollmächtigten vom 25. November 2002 und 19. Februar 2003, auf die Bezug genommen wird (Bl. 94 ff., 129 ff.) und meint, es sei unerheblich, dass der Klägerin für den begrenzten Zeitraum vom 15.10.2001 bis 15.01.2002 weitere Arbeiten im Annastift zugeordnet worden seien, da eine selbständige Einstellung insoweit nicht erfolgt sei.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 519, 520 ZPO, §§ 64, 66 Arbeitsgerichtsgesetz.

Die Berufung ist jedoch nur zum Teil begründet.

Das Arbeitsverhältnis ist nur im Umfang von 10 Stunden wöchentlich unbefristet fortzusetzen. Eine Unwirksamkeit der Befristung für das Arbeitsverhältnis im Umfang von insgesamt 29,25 Stunden liegt hingegen nicht vor.

I.

Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat ein Feststellungsinteresse, welches sich aus § 17 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ergibt. Der Antrag zu 1. ist entsprechend § 17 Abs. 1 TzBfG dahingehend auszulegen, dass die Klägerin festgestellt haben möchte, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist.

II.

Die Klage ist nur zum Teil begründet. Die Klägerin hat lediglich im Umfang von 10 Stunden wöchentlich einen Anspruch auf die begehrte Feststellung.

1.

Die Klägerin hat rechtzeitig innerhalb der 3-Wochenfrist des § 17 Abs. 1 TzBfG Klage erhoben. Die Befristung lief am 15. Januar 2002 aus. Mit der am 5. Februar 2002 bei Gericht eingegangenen Klage hat sie diese Frist gewahrt.

2.

Für die Beurteilung der Frage, ob ein Arbeitsvertrag wirksam befristet worden ist, ist bei mehreren aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen nur die Befristung des letzten Vertrages auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Dies gilt stets dann, wenn die Parteien durch den vorbehaltlosen Abschluss eines neuen befristeten Arbeitsvertrages ihre vertraglichen Beziehungen auf eine neue Grundlage stellen. Dadurch wird ein möglicherweise unbefristetes Arbeitsverhältnis jeweils aufgehoben (BAG, Urteil vom 5. Juni 2002, 7 AZR 205/01 m. w. N., Juris).

a)

Die letzte Vereinbarung, die die Parteien hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses getroffen haben, war diejenige über die Erhöhung der Arbeitszeit um 10 Stunden wöchentlich. Diese Vereinbarung ist auf ihre Wirksamkeit hinsichtlich einer Befristung zu überprüfen. Für diese von der Beklagten behauptete befristete Erhöhung des Stundendeputats bedarf es zur Wirksamkeit eines sachlichen Grundes (BAG, Urteil vom 15. April 1999, 7 AZR 734/97, AP Nr. 18 zu § 2 SR2y BAT m. w. N.).

Ein solcher sachlicher Grund liegt für die Erhöhung um 10 Stunden für den Bereich der Orthopädie nicht vor, weil im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht feststand, dass Herr Dr. R. unter Mitnahme der Mittel aus dem Annastift ausscheiden würde. Vielmehr war in der Stellenausschreibung vom 2. August 2001 eindeutig zum Ausdruck gebracht worden, dass die Halbtagsstelle für ein Jahr mit der Option der Verlängerung geplant war.

Einen anderen sachlichen Grund hat das beklagte Land nicht vorgetragen. Insbesondere hat es in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 13. Juni 2002 selbst eingeräumt, dass ein besonderer Befristungsgrund zu dieser Arbeitszeiterhöhung nicht vereinbart wurde.

b)

Darüber hinaus erlauben die SR2y BAT eine Sachgrundbefristung nur in der Weise, wie sie der im Arbeitsvertrag vereinbarten Befristungsgrundform zuzuordnen ist (BAG, Urteil vom 28. März 2001, 7 AZR 701/99, AP Nr. 227 zu § 620 BGB m. w. N.). Dabei ist durch Auslegung des zwischen den Parteien zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrages zu ermitteln, welche Befristungsgrundform die Parteien vereinbart haben (BAG, Urteil vom 29. Oktober 1998, 7 AZR 477/97, AP Nr. 17 zu SR2y § 2 BAT m. w. N.).

Auf der Grundlage dieses Beurteilungsmaßstabes liegt bei dem befristeten Vertrag der Parteien vom 24.09.2001 (Bl. 12 d. A.) eindeutig eine Befristung als Aushilfsangestellte (SR2y Nr. 1 c BAT) vor. Denn die Klägerin war befristet für die Vertretung der im Erziehungsurlaub befindlichen Frau B. beschäftigt worden. Dem beklagten Land ist es damit verwehrt, wegen der späteren Mittelabwanderung durch Herrn Dr. R. sich mit Erfolg nunmehr auf die andere Befristungsmöglichkeit einer Angestellten für Aufgaben von begrenzter Dauer (SR2y Nr. 1 b BAT) betreffend die Vereinbarung von 10 Stunden zu berufen.

Der Bereich der Orthopädie ist auch dem beklagten Land zuzurechnen. Soweit das beklagte Land die rechtliche Selbständigkeit des A. betont, ist dies nicht ausreichend, um das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses mit dem A. anzunehmen. Bereits die Stellenausschreibung ist auf dem Briefkopf der M. erfolgt. Das beklagte Land hat im Termin erklärt, dass die Drittmittel aus steuerlichen Gründen der M. zugewiesen werden. Die M. ist auch als Vertragspartner aufgetreten. Der "Vertrag" über die Änderung der Arbeitszeit mit der Klägerin ist auch vom Geschäftsbereich Personalmanagement der M. erstellt worden.

c)

Der fehlende Sachgrund für die Befristung von 10 Stunden Arbeitszeit wird auch nicht durch eine wirksame Befristung des Verlängerungsvertrages vom 24. September 2001 ersetzt.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist nicht entscheidend, ob diese Erhöhung im Verhältnis zum sonstigen Vertrag bedeutend ist oder nicht. Vielmehr erfolgt eine eigene Überprüfung des letzten befristeten Vertrages.

3.

Der Weiterbeschäftigungsanspruch der Klägerin folgt aus der Entscheidung des Großen Senats vom 27. Februar 1985 (BAG, GS 1/84, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Die in diesem Beschluss entwickelten Grundsätze zum Weiterbeschäftigungsanspruch des gekündigten Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzprozesses gelten auch dann, wenn die Parteien um eine Entfristung streiten (BAG, Urteil vom 8. April 1992, 7 AZR 135/91, AP Nr. 146 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag m. w. N.). Die Interessenlage einer Arbeitnehmerin nach einem obsiegenden, die Entfristung feststellenden Urteil in der 2. Instanz ist nahezu identisch mit der Interessenlage eines gekündigten Arbeitnehmers, der in einem Kündigungsschutzverfahren ein erstinstanzlich obsiegendes Urteil hat. Die gleichen Argumente des Persönlichkeitsschutzes, wie sie der Große Senat herausgearbeitet hat, sind bei der zu erwartenden Prozessdauer bis zur rechtskräftigen Entscheidung auch für die Klägerin gegeben. Der Umfang der vertraglichen Verpflichtung der Parteien ergibt sich durch die Vertragsinhalte aus dem letzten befristeten Arbeitsvertrag in Verbindung mit der Veränderung des zeitlichen Umfanges.

III.

Die Berufung war jedoch zurückzuweisen, soweit die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung in einem Umfang von 29,25 Stunden geltend macht.

1.

Die Überprüfung des letzten Verlängerungsvertrages vom 24. September 2001 ergibt einen sachlichen Grund für die Befristung gemäß Nr. 1 der SR2y BAT.

Gemäß Ziffer 1 c SR2y BAT gelten die Sonderregelungen für Angestellte, die zur Vertretung oder zeitweiligen Aushilfe eingestellt werden (Aushilfsangestellte.

Die Klägerin wurde im Vertrag vom 24.09.2001 weiterhin befristet zur Vertretung der Arbeitnehmerin Frau B. , die sich im Erziehungsurlaub befand, beschäftigt.

Dies ist gemäß § 21 Abs. 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) ein sachlicher Grund für eine Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin.

Gemäß § 21 Abs. 1 BErzGG a. F. liegt ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigt vor, wenn ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für Zeiten eines Erziehungsurlaubes eingestellt wird. Einstellung in diesem Sinne ist auch der Fall einer Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages, da auch das BErzGG seinerseits davon ausgeht, dass der Erziehungsurlaub gemäß § 16 Abs. 3 BErzGG verlängert werden kann.

Auf der Grundlage dieses Beurteilungsmaßstabes war eine Verlängerung des Vertretungsvertragsverhältnisses möglich, da die Arbeitnehmerin B. ihrerseits den Erziehungsurlaub verlängert hat. Diese Verlängerung ist auch nicht rechtlich zu beanstanden. Die Verträge sind von der Arbeitnehmerin B. gegengezeichnet, so dass insoweit von wirksamen schriftlichen Befristungen auszugehen ist.

Soweit die Klägerin in der Kammerverhandlung am 17. März 2003 angedeutet hat, dass die Arbeitnehmerin B. von der M. zu den jeweiligen Vertragsverlängerungen gedrängt worden sei, so ist dies zu unsubstantiiert, um einen Missbrauch der wirksamen Vertretungsmöglichkeit gemäß §§ 16 Abs. 3 und 21 Abs. 1 BErzGG in Verbindung mit der Nr. 1 c der SR2y BAT anzunehmen.

Es kann dahin stehen, ob die von der Klägerin angenommene Pflicht des beklagten Landes, seinerseits - trotz Auslaufen der Befristung der Arbeitsverträge mit Frau B. - diese Befristung während des Erziehungsurlaubs zu verlängern, rechtlich besteht, denn dadurch entsteht keine unwirksame Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin. Denn die Klägerin hat nicht ausreichend dargelegt, dass die Vertragsverlängerungen mit Frau B. nur vorgeschoben worden sind, um die Klägerin als Aushilfsangestellte beschäftigen zu können und nicht als Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer gemäß Nr. 1 b SR2y BAT beschäftigen zu müssen.

Nachdem das beklagte Land die Kopien der Verträge mit Frau B. vom 29./30.08.2000 sowie vom 18.09./20.09.2001 vorgelegt hat, hat die Klägerin hierzu keinerlei konkrete Stellungnahme mehr abgegeben, so dass nunmehr von einem insoweit unstreitigen Sachverhalt auszugehen ist.

Bei Vertretung durch eine Vertretungskraft hat der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Prognose über den Wegfall des Vertretungsbedarfs anzustellen, die sich darauf zu beziehen hat, ob der zu vertretende Arbeitnehmer seine Arbeit wieder aufnehmen wird (BAG, Urteil vom 21.02.2001, 7 AZR 107/00, AP Nr. 228 zu § 620 BGB Befristeter Vertrag m. w. N.). Dabei hat der Arbeitgeber regelmäßig bei wiederholten Befristungen nach verlängerter Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit von der Rückkehr des Erkrankten auszugehen. Nur dann, wenn er weiß, dass der Vertretene nicht auf seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird oder er aufgrund besonderer Umstände daran erhebliche Zweifel hat, kann die Befristung des Arbeitsvertrages sachlich nicht gerechtfertigt sein (BAG, Urteil vom 23. Januar 2002, 7 AZR 440/00, AP Nr. 231 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).

Auf der Grundlage dieses Beurteilungsmaßstabes ist von einer wirksamen Befristung auszugehen, weil das beklagte Land im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages vom 24.09.2001 von einer Rückkehr der Frau B. ausgegangen ist. Soweit die Klägerin erklärt hat, dass Frau B. zu einem früheren Zeitpunkt ausscheiden wollte und kein Interesse mehr am Arbeitsverhältnis hatte, ist dieser Sachvortrag unkonkret und unsubstantiiert. Darüber hinaus hat die Klägerin hierzu keinen Beweis angeboten.

2.

Eine Unwirksamkeit der Befristung für das ganze Arbeitsverhältnis im Umfang von 29,25 Stunden folgt auch nicht aus der unwirksamen Befristung der Erhöhung um wöchentlich 10 Stunden und einer Anwendung des § 139 BGB.

Gemäß dieser Vorschrift ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn ein Teil des Rechtsgeschäfts nichtig ist und nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Eine Anwendung des § 139 BGB scheidet wegen der vom Gesetzgeber für den Fall der unwirksamen Befristung in § 16 TzBfG vorgesehenen Rechtsfolge aus. Gemäß § 16 Satz 1 TzBfG gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen, wenn die Befristung rechtsunwirksam ist. Diese konkrete Regelung hat Vorrang vor der allgemeineren des § 139 BGB.

3.

Soweit die Klägerin meint, anstelle einer Überprüfung des Arbeitsvertrages vom 24. September 2001 habe ausschließlich eine Überprüfung des 10 Stunden Erhöhungsvertrages im Hinblick auf die Wirksamkeit der Befristung erfolgen müssen, so teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Die Überprüfung der Erhöhung um 10 Stunden ist eine begrenzte Überprüfung ausschließlich bezogen auf die zusätzlichen Stunden, denn in der Vereinbarung vom 04./10.10.2001 stand ausschließlich die Ziffer 4 des Arbeitsvertrages zur Verhandlung an. Weder dem Schreiben der Klägerin vom 4. Oktober 2001 (Bl. 48 d. A.), noch dem Annahmeschreiben der M vom 10. Oktober 2001 (Bl. 47 d. A.) ist zu entnehmen, dass über das gesamte Arbeitsverhältnis und dessen Befristung verhandelt wurde. Vielmehr ist im letzten Absatz des Schreibens der M vom 10. Oktober 2001 mitgeteilt worden: "Die übrigen Bestimmungen des Vertrages gelten unverändert".

4.

Soweit die Klägerin meint, ihr sei die Tätigkeit in der Abteilung Orthopädie im Umfang von weiteren 10 Wochenstunden in der Erwartung zugewiesen worden, nach dem 15. Januar 2002 dort mit mindestens der Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit weiterbeschäftigt zu werden, so hat sie diesen Sachvortrag zu allgemein gefaßt. Es ist daraus nicht erkennbar, mit wem die Klägerin eine wirksame Vereinbarung wann mit welchem Wortlaut getroffen haben will. Darüber hinaus gilt für eine solche Vereinbarung das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG, welches unstreitig nicht eingehalten worden wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO. Die Kosten sind nach dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen im Verhältnis 2/3 zu 1/3 zu verteilen.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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