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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 17.07.2006
Aktenzeichen: 8 Sa 174/06
Rechtsgebiete: BGB, GmbHG


Vorschriften:

BGB § 613 a
GmbHG § 7
GmbHG § 11
1) Bei der Beurteilung, ob ein Betriebsübergang vorliegt, sind auch solche Gebäude, Maschinen, Werkzeuge oder Einrichtungsgegenstände als sächliche Betriebsmittel zuzurechnen, die nicht im Eigentum des Betriebsinhabers stehen, sondern die dieser zur Erfüllung seiner Betriebszwecke einsetzen kann. Maßgeblich ist die Weiterführung der Geschäftstätigkeit durch diejenige Person, die sich für den Betrieb als Inhaber "verantwortlich" zeichnet.

2) Betriebsinhaber ist die Person, die den Betrieb im eigenen Namen führt. Dabei ist es unerheblich, dass das zugrundeliegende Rechtsgeschäft unwirksam ist und der Gewinn an einen anderen abgeführt wird. Die wirtschaftliche Leitung sagt nichts über die Betriebsinhaberschaft aus. Betriebsinhaber ist derjenige, der den Betrieb in eigenem Namen und nach außen hin erkennbar führt.

3) Das Fehlen einer eigenwirtschaftlichen Nutzung der überlassenen Betriebsmittel steht auch dann nicht entgegen, wenn das Eigentum an den Betriebsmitteln bis zuletzt bei dem Insolvenzverwalter verbleibt.

4) Bei der Verwendung eines gebrauchten GmbH-Mantels oder einer Vorrats-GmbH sind die Gründungsvorschriften des GmbH-Rechts dann analog anzuwenden, wenn der GmbH-Mantel "leer", dass heißt mit keinem Unternehmen ausgestattet ist. Hierbei spielt es keine Rolle, ob dieser Zustand schon von Anfang an besteht oder erst im Laufe der Zeit eingetreten ist. Die erstmalige oder auch neue Ausstattung des Mantels mit einem Unternehmen ist gleichermaßen als wirtschaftliche Neugründung zu qualifizieren und den Gründungsvorschriften unterstellt.


LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 Sa 174/06

hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2006 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Stöcke-Muhlack, den ehrenamtlichen Richter Gehle, den ehrenamtlichen Richter Meyners für Recht erkannt:

Tenor:

1) Die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim - 2 Ca 337/05 - vom 06.12.2005 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2) Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche und die Wirksamkeit einer von der Firma A. GmbH ausgesprochenen Kündigung. Im Vordergrund stehen die Fragen, ob ein Betriebsübergang vorliegt und ob der Beklagte zu 2) als Geschäftsführer persönlich haftet.

Die 1964 geborene, verheiratete Klägerin ist seit dem 01.08.1995 bei der Firma A.C. GmbH - Rechtsnachfolgerin der T. C. - in B. zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von 3.407,34 € als Vertriebsassistentin beschäftigt. Am 01.01.2005 wurde über das Vermögen der Firma A.C. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt W. bestellt. Zuletzt beschäftigte die Insolvenzschuldnerin 28 Mitarbeiter. Bei ihr war ein Betriebsrat gebildet, dessen Mitglied der Arbeitnehmer G. und dessen Vorsitzender der Arbeitnehmer D. sind.

Bereits ab Januar 2005 stand der Insolvenzverwalter mit dem Beklagten zu 2) in Verhandlungen wegen der Übernahme wesentlicher Teile des Betriebsvermögens. Am 11. Februar 2005 kaufte der Beklagte zu 2) mit notariellem Kaufvertrag des Rechts-anwaltes Dr. H. zur Urkundsnummer ..8/2005 die Beklagte zu 1). Diese ist eine Gesellschaft, die seit ihrer Gründung keinerlei geschäftliche Aktivitäten entfaltet hat. Auf den notariellen Kaufvertrag wird Bezug genommen (Bl. 44 bis 50 d.A. 8 Sa 1984/05 8 Sa 1984/05). Unter der Urkundsnummer ..9/05 beurkundete der Notar Dr. H. am selben Tage den Beschluss der Gesellschafter, mit dem der Beklagten zu 1) Dr. Ho. abberufen und der Beklagte zu 2) zum alleinigen Geschäftsführer bestellt, die Firma in A. GmbH umbenannt, der Sitz von H. nach B. verlegt und das Stammkapital auf 1.000.000,00 € erhöht werden sollte. Auf den genauen Wortlaut wird Bezug genommen (Bl. 51 bis 55, 125 bis 140 d.A. 8 Sa 1984/05).

Bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung wurden die im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Änderungen im Handelsregister nicht eingetragen.

Dennoch bevollmächtigte der Beklagte zu 2) unter dem Namen der Firma A. GmbH am 23.02.2005 den Betriebsleiter Herrn B. zur alleinigen Unterzeichnung von Anstellungsverträgen mit den Mitarbeitern der Insolvenzschuldnerin und der Firma A. GmbH. In der Fußzeile dieses Schreibens wird auf die beim Amtsgericht Hannover eingetragene Firma S.. verwiesen. Auf das Schreiben wird Bezug genommen (Bl. 20 d.A. 8 Sa 1984/05). Unter dem Datum des 15.02.2005 unterzeichnete die Klägerin ebenso wie alle anderen Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin einen Anstellungsvertrag beginnend mit dem 01.03.2005. Auf den Inhalt des Vertrages wird ebenfalls Bezug genommen (Bl. 7 bis 10 d.A. 8 Sa 1984/05). Der Arbeitsvertrag weist die Firma A. GmbH als Arbeitgeber aus, diese vertreten durch den Beklagten zu 2) als Geschäftsführer. Unterzeichnet hat den Arbeitsvertrag der hierzu von dem Beklagten zu 2) bevollmächtigte Arbeitnehmer B.. Die Umstände und insbesondere der Tag der Unterzeichnung sind zwischen den Parteien streitig. Als Arbeitsbeginn ist der 01.03.2005 angegeben. Mit Datum vom 28.02.2005 schloss die Klägerin mit dem Insolvenzverwalter einen Aufhebungsvertrag zum 28.02.2005. Gleichlautende Aufhebungsverträge erhielten alle verbliebenen 28 Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin zum gleichen Zeitpunkt. Die Aufhebungsverträge wurden Mitte März 2005 unterzeichnet. Für den Monat März 2005 erhielten die Arbeitnehmer Lohnabrechnungen von der Firma A. GmbH.

Die Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin arbeiteten ebenso wie die Klägerin im März 2005 in den ehemaligen Räumen der Insolvenzschuldnerin in B. mit den dort vorhandenen ehemaligen Betriebsmitteln für die Firma A. GmbH. Mit Datum vom 19.04.2005 wurden Aufträge unter deren Namen erteilt. Ebenfalls war der Beklagte zu 2) mehrere Male in den Betriebsräumen. Insbesondere zu der Betriebsversammlung Anfang April 2005 erschien er dort und verhandelte mit den Mitarbeitern wegen des ausstehenden Märzgehaltes, für das er sich ebenso verantwortlich fühlte wie für die Mitarbeiter. Dies hat der Beklagte zu 2) in der Berufungsverhandlung auf Befragen des Gerichts ausdrücklich erklärt.

Am 31.03.2005 fand eine Betriebsratssitzung in Anwesenheit des Betriebsratsvorsitzenden D. und des Betriebsratsmitglieds G. statt; in welcher der Wahlvorstand bestellt wurde. Das Protokoll, auf dessen Inhalt im Übrigen verwiesen wird (Bl. 181 d.A. 8 Sa 1984/05), ist durch den Betriebsratsvorsitzenden D. unterzeichnet. Zum Wahlvorstand wurden D., G. und K. bestimmt. Unter dem 01.04.2005 fand die konstituierende Sitzung des Wahlvorstandes und am 21.04.2005 die Betriebsratswahl statt.

Weder für den Monat März noch für den Monat April 2005 oder danach erhielt die Klägerin eine Vergütung. Nachdem sie mit Schreiben vom 02.05.2005 erfolglos die ausstehenden Gehälter angemahnt hatte, machte er mit Schreiben vom 06.05.2005 sein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitskraft geltend. Im Mai 2005 zahlte die Bundesanstalt für Arbeit der Klägerin Arbeitslosengeld in Höhe von 900,69 € netto, ab Juni monatlich 1.286,70 € netto.

Mit Schreiben vom 29.07.2005 erhielt die Klägerin eine Kündigung der Firma A. GmbH vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten. Auf dieses Schreiben wird Bezug genommen (Bl. 102,103 d.A. 8 Sa 1984/05). Dem Kündigungsschreiben war die von dem Beklagten zu 2) unterzeichnete Vollmacht beigefügt, auf die Bezug genommen wird (Bl. 104 d.A. 8 Sa 1984/05). Der Betriebsrat war vor Ausspruch der Kündigung nicht angehört worden.

Gegen die Kündigung wehrt sich die Klägerin mit der am 18.08.2005 eingegangenen Kündigungsschutzklage. Darüberhinaus begehrt er Zahlung der Vergütung ab 01.03.2005.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagten hafteten als Gesamtschuldner für die Verbindlichkeiten der nicht eingetragenen Firma A. GmbH. Der Beklagte zu 2) hafte neben der Beklagten zu 1) persönlich, weil er als persönlich Handelnder tätig geworden sei. Die Aufhebungs- und die neuen Anstellungsverträge seien als Umgehungsgeschäft unwirksam. Die Kündigung vom 29.07.2005 sei wegen fehlender Anhörung des Betriebsrates vor Ausspruch der Kündigung unwirksam.

Die Klägerin hat beantragt,

1. es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 29.07.2005 zum 31.08.2005 beendet worden ist.

2. Die Beklagten zu 1) - 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.407,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.04.2005 zu zahlen.

3. Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.407,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.05.2005 zu zahlen.

4. Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.407,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.06.2005 abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 900,69 € netto zu zahlen.

5. Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.407,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.07.2005 abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.286,70 € netto zu zahlen.

6. Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.407,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.08.2005 abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.286,70 € netto zu zahlen.

7. Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.407,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.09.2005 abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.286,70 € netto zu zahlen.

8. Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.407,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.10.2005 abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.286,70 € netto zu zahlen.

9. Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.407,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.11.2005 abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.286,70 € netto zu zahlen.

10. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu 2/3.

11. Der Streitgegenstandswert wird auf 20.000,00 € festgesetzt.

12. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben vorgetragen:

Ein Verkauf der Insolvenzschuldnerin sei nicht erfolgt. Es sei nicht zu einer Unterzeichnung eines Kaufvertrages auf Grund des Wegfalls einer Finanzierungszusage gekommen. Daher seien auch die Betriebsmittel, die Kundenkartei und das Personal nicht auf die Beklagte zu 1) übergegangen. Grundlage des Arbeitsvertrages der Parteien sei gewesen, dass auch tatsächlich ein Verkauf der wesentlichen Betriebsmittel an die Beklagte zu 1) erfolge. Sowohl die Betriebsmittel als auch die Kundenkartei seien beim Insolvenzverwalter verblieben.

Soweit der Beklagte zu 2) Verfügungen getroffen hätte, sei er ausschließlich für die Insolvenzschuldnerin tätig gewesen. Bedingung für die Arbeitsverträge sei die Beendigung der Arbeitsverhältnisse mit dem Insolvenzverwalter gewesen. Die Geschäftsgrundlage für den neuen Arbeitsvertrag sei auf Grund der Unwirksamkeit der Aufhebungsverträge weggefallen.

Mit Datum vom 06.12.2005 hat das Arbeitsgericht die Beklagte zu 1) gesamtschuldnerisch haftend mit dem Beklagten zu 2) verurteilt, die Vergütungsansprüche der Klägerin zu zahlen, festgestellt, dass die Kündigung vom 29.07.2005 das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Betrieb der Insolvenzschuldnerin sei gemäß § 613 a BGB ab März 2005 auf die Beklagte zu 1) - handelnd unter dem Namen A. GmbH - übergegangen. Es sei davon auszugehen, dass diese ab März 2005 im Einverständnis mit dem Insolvenzverwalter sämtliche Betriebsmittel einschließlich Büromaterial, Hard- und Software, Kundenkartei und Personal benutzt habe. Entscheidend sei, ob der Erwerber den Betrieb tatsächlich übernommen und im eigenen Namen fortgeführt habe. Die einverständliche Übertragung der Leitungsmacht genüge. Die tatsächliche und arbeitsvertragsgemäße Aufnahme des Arbeitsverhältnisses lasse nur den Schluss zu, dass dies unter Nutzung der wesentlichen Betriebsmittel der Insolvenzschuldnerin möglich sei. Die persönliche Haftung des Beklagten zu 2) ergebe sich aus § 11 Abs. 2 GmbH analog. Im Interesse eines wirksamen Schutzes der Gläubiger sei die spätere Verwendung einer Mantel- bzw. Vorrats-GmbH als wirtschaftliche Neugründung anzusehen und die Gründungsvorschriften des GmbHG sinngemäß anzuwenden. Bis zur Eintragung der konstitutiv erforderlichen Satzungsänderung nach § 54 GmbHG hafteten die Beklagten zu 2) und 3) gesamtschuldnerisch. Die Kündigung sei gemäß § 102 BetrVG wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des bei der Beklagten zu 1) gebildeten Betriebsrates unwirksam. Gegen die Beklagte zu 2) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, weil diese als nicht existente juristische Person weder partei- noch prozessfähig und auch kein einer Vorgesellschaft vergleichbares korporationsähnliches Gebilde sei.

Gegen das den Beklagten am 04.01.2006 zugestellte Urteil haben der Beklagte zu 2) und die Beklagte zu 1) am Montag, dem 06.02.2006 Berufung eingelegt, die sie innerhalb der gewährten Verlängerung am 06.04.2006 folgendermaßen begründet haben:

Der Beklagte zu 2) hafte nicht persönlich, denn die Beklagte zu 1) sei kein alter, leer gewordener GmbH-Mantel. Bei ihr handele es sich um eine Vorrats-GmbH mit einem unverbrauchten Stammkapital von 25.000,00 €, für die die persönliche Haftung des Geschäftsführers nach § 11 Abs. 2 GmbHG nicht in Betracht komme. Die normierte persönliche Haftung des im Namen einer Vorgesellschaft Handelnden sei erforderlich, weil es die GmbH als eigentlich gewollte Schuldnerin zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht gebe, der Gläubiger aber sofort einen Schuldner erhalten solle.

Ein Betriebsübergang habe nicht stattgefunden. Erst am 15.03.2005 seien die Verträge auf der Messe in ... gegengezeichnet worden. Vor Unterzeichnung sei zwischen der klägerischen Partei und Herrn B. ausdrücklich besprochen worden, dass der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung stehen solle. Herr B. habe ausdrücklich erklärt, erst müsse die erforderliche Finanzierung für den geplanten Unternehmenskauf durch die kreditgebenden Banken bewilligt sein, dann seien die Verträge wirksam und an die Arbeitnehmer herauszugeben. Bis dahin würden sie in einem verschlossenen Schrank im Büro von Herrn Sc. deponiert. Hiermit seien die Arbeitnehmer einverstanden gewesen.

Zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Beklagten sei es zu keinem Zeitpunkt zu einer Vereinbarung gekommen, die als Inhalt die zu einem Betriebsübergang führende Übertragung von Betriebsvermögen der Insolvenzschuldner insbesondere Kundenkarteien, Knowhow sowie Einrichtungs- und Arbeitsgegenständen beinhaltet hätte. Insbesondere habe er zu keinem Zeitpunkt seine Verfügungsbefugnis und seinen Status als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin und deren Betriebsmittel aufgegeben. Der Insolvenzverwalter habe die Kundenumsätze für die Monate März und April 2005 gegenüber dem Beklagten berechnet. Im Mai habe der Insolvenzverwalter die Verwertung der Betriebs- und Geschäftsausstattung vorgenommen.

Zumindest sei davon auszugehen, dass der Betrieb spätestens zum 22.04.2005 wieder an den Insolvenzverwalter zurückgefallen sei, nachdem dieser zumindest konkludent erklärt habe, seine Betriebsinhaberschaft wieder auszuüben.

Soweit der Beklagte zu 2) tatsächlich bereits geschäftlich aktiv geworden sei, sei dieses in einer unzutreffenden Würdigung der Tatsachen, insbesondere der erhofften Kreditierung und seiner - eben gerade nicht vorliegenden - Befugnisse geschehen.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 06.12.2005 - 2 Ca 337/05 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 12. Juni 2006, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 186 bis 190 der Akte).

Zur den weiteren Ausführungen der Parteien zur Sach- und Rechtslage wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist statthaft; auch ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der in Insolvenz gefallene Betrieb der A.C. GmbH auf die Beklagte zu 1), handelnd unter der Firma A. GmbH, übergegangen ist und der Beklagte zu 2) als deren Geschäftsführer nach den Grundsätzen der Gründungsvorschriften des GmbHG nach § 11 Abs. 2 GmbHG persönlich haftet. Es hat ebenfalls zu Recht festgestellt, dass die Kündigung vom 29.07.2005 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis nicht beendet.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner Vergütungsansprüche für den Zeitraum vom 01.03.2005 bis zum 31.08.2005.

Der Anspruch ergibt sich aus § 611 BGB ab 01. März 2005 und ab Mai 2005 aus Annahmeverzugsgesichtspunkten wegen berechtigter Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch die Klägerin.

a)

Die Beklagte zu 1) haftet als Arbeitgeberin der Klägerin.

Sie ist Rechtsnachfolgerin der in Insolvenz gegangenen Firma A.C. GmbH, denn es liegt ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB auf diese vor.

b)

Die Vorschrift des § 613 a Abs. 1 BGB regelt den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebes oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber. Erforderlich ist die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit. Der Begriff wirtschaftliche Einheit bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der materiellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundenschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (ständige Rechtsprechung des BAG im Anschluss an EuGH vom 11. März 1997 - Rs. C-13/95 - [Ayse Süzen] EuGH I 1997, 1259 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77 aus 187 Nr. 14 = EzA BGB § 613 a Nr. 145; vgl. auch für viele BAG vom 22. Juli 2004 - 8 AZR 350/03 - BAGE 111, 283; vom 18. März 1999 - 8 AZR 159/98 - BAGE 91, 121).

In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauernd verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. In diesem Fall ist die Wahrung ihrer Identität anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch eine nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen Auftragnehmer (Funktionsnachfolge) nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht keinen Betriebsübergang dar (BAG vom 18. März 1999 - 8 AZR 196/98 - AP BGB § 613 a Nr. 190; vom 29. Juni 2000 - 8 AZR 520/99 - AP Nr. 274 zu § 613 a BGB). Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebes ein. Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb einstellen. Die bloße Möglichkeit zu einer unveränderten Fortsetzung des Betriebes genügt für die Annahme eines Betriebsübergangs nicht. Wesentliches Kriterium für den Übergang ist die tatsächliche Weiterführung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit. Einer besonderen Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht bedarf es wegen des Merkmals der Fortführung des Betriebes nicht (BAG vom 12. November 1998 - 8 AZR 282/97 - AP BGB § 613 a Nr. 186).

c)

Nach den Umständen des konkreten Falles ist anzunehmen, dass ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit "Betrieb", somit ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a Abs. 1 BGB, durch die Beklagte zu 1) seit dem 01. März 2005 vorliegt.

Die Beklagte zu 1) - handelnd unter der Firma A. GmbH - verfolgte keinen anderen Betriebszweck als zuvor die A.C. GmbH. Sie verrichtete ab 01.03.2005 unter der Leitung des Beklagten zu 2) als Geschäftsführer am selben Ort in denselben Räumlichkeiten mit denselben Arbeitsmaterialien dieselben Tätigkeiten, die zuvor die Insolvenzschuldnerin ausgeübt hatte. Sie ließ sich von Herrn B. vertreten, der hierzu mit Datum vom 23.02.2005 von dem Beklagten zu 2) bevollmächtigt war. Die Vollmacht erstreckt sich darauf, Anstellungsverträge der Mitarbeiter der A.C. GmbH i. L., Versicherungsverträge und Mietverträge für die A. GmbH abzuschließen. Ausweislich der Bevollmächtigung war Herr B. auch "zur alleinigen Unterzeichnung" befugt.

Mit Datum vom 11.02.2005 hatte der Beklagte zu 2) notariell beurkundete Verträge abgeschlossen, aus denen sich ergibt, dass die Beklagte zu 1) den Sitz nach B. verlegen und die Firma in "A. GmbH" ändern sollte. Als Gegenstand des Unternehmens ist gemäß § 2 die Entwicklung, die Herstellung, das Marketing und der Vertrieb von mechanischen und elektronischen Komponenten, Systemen und Software für die Telekommunikation sowie der Betrieb aller Geschäfte vorgesehen, die geeignet sind, diesen Gesellschaftszweck zu fördern. Das sind die Unternehmensgegenstände, die die A.C. GmbH zuvor inne hatte.

Bereits zum 01.03.2006 hatte der Beklagte zu 2), vertreten durch den hierzu bevollmächtigten Herrn B., mit sämtlichen Mitarbeitern der Insolvenzschuldnerin Arbeitsverträge abgeschlossen. Auch dieses deutet darauf hin, dass die Beklagten den Betrieb ab März 2005 tatsächlich weiter führten. Alle Beteiligten gingen davon aus, die Absprachen, Vereinbarungen und die Finanzierung seien sichergestellt und handelten danach. Dabei ist es unerheblich, dass die Arbeitsverträge erst Mitte März 2005 anlässlich der Messe in ... endgültig unterzeichnet wurden. Entsprechend der Absicht der Parteien, die sich aus dem unstreitigen Sachverhalt ergibt, wurde die Planung bereits zum März 2005 umgesetzt und der Klägerin ab diesem Zeitpunkt für die Beklagte zu 1) handelnd als A. GmbH beschäftigt.

Darüber hinaus erhielten alle Arbeitnehmer ab März 2005 Lohnabrechnungen der A. GmbH. Auch der von dem Insolvenzverwalter abgeschlossene Aufhebungsvertrag vom 28.02.2005 spricht für die Abgabe der Leitungsmacht. Der Vertrag ist zwar unwirksam; sein Abschluss deutet aber auf den Willen des Insolvenzverwalters hin, im Arbeitsverhältnis zur Klägerin keine Willenserklärungen mehr abgeben zu wollen. Hierfür spricht auch der Inhalt des Schreibens des Insolvenzverwalters vom 29.03.2005 an den Beklagten zu 2). Mit diesem Schreiben weist der Insolvenzverwalter ausdrücklich darauf hin, dass das Personal der Insolvenzschuldnerin von der A. GmbH übernommen worden sei und dem Beklagten zu 2) als ihrem Geschäftsführer die Leitung des Betriebes obliege. Aus diesem Grunde ist es auch unerheblich, dass die endgültigen vertraglichen Vereinbarungen zur Übertragung des Betriebsvermögens der Insolvenzschuldnerin letztlich nicht zustande gekommen sind.

d)

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagten nicht Eigentümer der sächlichen Betriebmittel geworden sind. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts sind einem Betrieb auch solche Gebäude, Maschinen, Werkzeuge oder Einrichtungsgegenstände als sächliche Betriebsmittel zuzurechnen, die nicht im Eigentum des Betriebsinhabers stehen, sondern die dieser auf Grund einer getroffenen Nutzungsvereinbarung zur Erfüllung seiner Betriebszwecke einsetzen kann (vgl. BAG vom 11. Dezember 1997 - 8 AZR 426/94 - BAGE 87, 296; vom 14. Mai 1998 - 8 AZR 328/96 -; vom 25. Mai 2000 - 8 AZR 337/99 -; EuGH vom 20. November 2003 - RS C 340/01 - (Carlito Abler) EuGHE I 2003, 14023; BAG vom 06.04.2006 - 8 AZR 222/04 - DB 2006, 1379). Maßgeblich für den Betriebsübergang ist die Weiterführung der Geschäftstätigkeit durch diejenige Person, die nun für den Betrieb als Inhaber "verantwortlich" ist (vgl. BAG vom 18. März 1999 - 8 AZR 159/98 - BAGE 91, 121). Verantwortlich ist die Person, die den Betrieb im eigenen Namen führt. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die hierfür zugrunde gelegten Rechtsgeschäfte letztlich unwirksam sind. Unschädlich ist auch, wenn der Gewinn an einen anderen abgeführt wird (vgl. BAG vom 12. November 1998 - 8 AZR 282/97 - BAGE 90, 163).

Alle Umstände des konkreten Falles deuten darauf hin, dass ab 01.03.2005 die Beklagte zu 1) unter dem Namen "A. GmbH" den Geschäftsbetrieb weitergeführt und unter dieser Firma gearbeitet hat.

Die Betriebsmittel sind der Beklagten zu 1) ab 01.03. von dem Insolvenzverwalter zur Nutzung überlassen worden und ihr daher zuzurechnen. Entscheidend ist, dass der neue Inhaber mit den übernommenen Betriebsmitteln den Betrieb oder den Betriebsteil im Wesentlichen im eigenen Namen fortführt. Das ist vorliegend der Fall gewesen. Im Vorgriff auf die geplante Namensänderung, Sitzverlegung und Änderung des Geschäftsgegenstandes der Firma S. in A. GmbH hat die Beklagte zu 1) die Betriebsmittel zur Bearbeitung selbst erworbener Aufträge genutzt. Sie ist am Markt aufgetreten und geschäftlich tätig geworden.

Für die Beklagte zu 1) haben die von dem Geschäftsführer hierzu ausdrücklich bevollmächtigten Personen gehandelt. Deren Handeln muss sich die Beklagte zu 1) zurechnen lassen. Soweit die wesentlichen Betriebsmittel von den Arbeitnehmern genutzt worden sind, um den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes zu verfolgen, erfolgte diese Nutzung im Zusammenhang mit dem Wechsel des Rechtsträgers. Bereits im März 2005 war der Beklagte zu 2) Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Er handelte unter dem Namen "A. GmbH" - und gerierte sich als Inhaber des Betriebes. In der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2006 erklärte er ausdrücklich, er habe sich ab 01.03.2005 für die Mitarbeiter "verantwortlich gefühlt".

Maßgeblich für den Betriebsübergang ist die Weiterführung der Geschäftstätigkeit durch diejenige Person, die nun für den Betrieb als Inhaber "verantwortlich" ist (vgl. BAG vom 18. März 1999 a.a.O). Da es unschädlich ist, wenn der Gewinn an einen anderen abgeführt wird (vgl. BAG vom 12. November 1998 a.a.O.), kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, der Insolvenzverwalter habe letztlich die Umsätze herausverlangt.

d)

Das Fehlen einer eigenwirtschaftlichen Nutzung der überlassenen Betriebsmittel steht nach der Entscheidung durch den Europäischen Gerichtshof vom 15. Dezember 2005 (- RS C-232, 233/04 - ZIP 2006, 95) nicht entgegen (vgl. BAG vom 06.04.2006 - 8 AZR 222/04 - a.a.O.), so dass die Beklagten sich nicht darauf berufen können, das Eigentum an den Betriebsmitteln sei bis zuletzt bei dem Insolvenzverwalter verblieben. Das Eigentum an den Betriebsmitteln ist für die Beurteilung des Betriebsübergangs irrelevant (vgl. BAG vom 15.12.2005 - 8 AZR 202/05 - NZA 2006, 597). Die wirtschaftliche Leitung des Betriebes sagt nichts über die Betriebsinhaberschaft aus. Betriebsinhaber ist derjenige, der den Betrieb in eigenem Namen und nach außen hin erkennbar führt (vgl. BAG vom 15.12.2005 - 8 AZR 202/05 - a.a.O.). Das waren vorliegend die Beklagte zu 1) - handelnd unter der hierfür nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Firma "A. GmbH" - und der Beklagte zu 2) als deren Geschäftsführer.

e)

Der Betriebsübergang erfolgte auch durch Rechtsgeschäft. Dieses Kriterium dient nur der Abgrenzung vom Übergang durch Gesamtrechtsnachfolge oder Hoheitsakt. Der Begriff des Rechtsgeschäfts ist weit zu verstehen. Rechtsgeschäftlicher Betriebsinhaberwechsel bedeutet, dass die zum Betrieb gehörenden materiellen oder immateriellen Betriebsmittel durch besondere Übertragungsakte - und eben nicht durch Gesamtrechtsnachfolge oder Hoheitsakt - auf den neuen Inhaber übertragen werden. Der Erwerber wird damit neuer Inhaber des Betriebes und ist zur Nutzung dieser Betriebsmittel berechtigt. § 613 a BGB ist auch dann anwendbar, wenn der Übergang von dem früheren auf den neuen Betriebsinhaber rechtsgeschäftlich veranlasst wurde; sei es auch durch eine Reihe von verschiedenen Rechtsgeschäften oder durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung mit verschiedenen Dritten, die ihrerseits Teile des Betriebsvermögens oder die Nutzungsbefugnis darüber von dem ehemaligen Inhaber des Betriebes erlangt haben. Entscheidend ist, ob die Rechtsgeschäfte darauf gerichtet sind, eine funktionsfähige betriebliche Einheit zu übernehmen (vgl. BAG vom 06.04.2006 - 8 AZR 222/04 - a.a.O.; vom 22. Juli 2004 - 8 AZR 350/03 - AP BGB § 613 a Nr. 274).

Das war der Fall. Von dem Insolvenzverwalter waren die Betriebsmittel anlässlich des geplanten Verkaufes zur Verfügung gestellt worden. Dies ist ausreichend. Auf das tatsächliche Zustandekommen und die Wirksamkeit dieser Verträge kommt es nicht an, wenn zuvor die Betriebsmittel bereits tatsächlich benutzt worden sind. Dass dieses bereits zum 01.03.2005 erfolgt ist, dokumentieren nicht zuletzt die von dem Insolvenzverwalter abgeschlossenen Aufhebungsverträge mit den Arbeitnehmern.

f)

Der Betrieb fiel - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht wieder an den Insolvenzverwalter zurück, nachdem die Finanzierung gescheitert war. Es fehlt bereits an der Rückübertragung des Betriebes als organisierte Gesamtheit auf den Insolvenzverwalter. Dieser führte nach dem 01. März 2005 weder den Betrieb noch einen Betriebsteil im eigenen Namen weiter.

Eine Rückübertragung lässt sich auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass der Insolvenzverwalter spätestens im Mai die Verwertung der Betriebs- und Geschäftsausstattung vorgenommen hat oder daraus, dass Verkaufsverhandlungen für die "D." und "I." mit weiteren Interessenten aufgenommen und im Übrigen die Sachwerte der Verwertung zugeführt wurden. Allein der Umstand, dass der Insolvenzverwalter die zurückbleibenden Betriebsmittel verwertet hat, ergibt keinen Betriebs(-teil)-Übergang. Der bloße Verkauf einzelner Betriebsmittel bewirkt für sich genommen keinen Betriebsübergang. Es fehlt an der Darlegung, dass der Betrieb oder Betriebsteil als organisatorische Einheit bestehen bleibt und im eigenen Namen weitergeführt wird. Die Beklagten haben nicht dargestellt, dass die "D." und "I." als Betriebsteile im Sinne des § 613 a BGB und somit als selbstständig abtrennbare organisatorische Einheiten anzusehen sind. Darüberhinaus haben sie nicht vorgetragen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin diesen Betriebsmitteln als Betriebsteil zuzuordnen ist. Im Übrigen würde ein Betriebsübergang auf die Erwerber, nicht aber auf den Insolvenzverwalter folgen.

g)

Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass der Betrieb auf die Beklagte zu 1) übergegangen ist, obwohl die Arbeitsverträge mit der A. GmbH abgeschlossen worden sind. Es ist unschädlich, dass die Beklagte zu 1) bis zum heutigen Termin als A. GmbH nicht im Handelsregister eingetragen ist. Nach der Rechtsprechung des BGH geht bei unternehmensbezogenen Geschäften der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, dass der wahre Betriebsinhaber Vertragspartner werden soll (BGH vom 18.01.1996 - III ZR 121/95 - BB 1996, 503). Das gilt auch dann, wenn der Geschäftspartner den Vertreter für den Betriebsinhaber hält oder sonst keine Kenntnis von der Person des Betriebsinhabers hat. Zu den unternehmensbezogenen Geschäften gehört die Einstellung des Arbeitnehmers.

2.

Für die Zahlungsansprüche haftet der Beklagte zu 2) in entsprechender Anwendung des § 11 Abs. 2 GmbHG persönlich, denn die Ausstattung einer Vorrats-GmbH mit einem Unternehmen steht einer Neugründung wirtschaftlich gleich.

Der BGH hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 07.07.2003 (BGHZ 155, 318) festgestellt, dass bei der Verwendung eines gebrauchten GmbH-Mantels oder einer Vorrats-GmbH die Gründungsvorschriften des GmbH-Rechts dann analog anzuwenden sind, wenn der GmbH-Mantel "leer", dass heißt mit keinem Unternehmen ausgestattet ist. Hierbei spiele es keine Rolle, ob dieser Zustand schon von Anfang an besteht oder erst im Laufe der Zeit eingetreten ist. Die erstmalige oder auch neue Ausstattung des Mantels mit einem Unternehmen qualifiziert der BGH gleichermaßen als wirtschaftliche Neugründung und unterstellt diesen Vorgang zur Vermeidung von Umgehungen den Gründungsvorschriften. Mit dieser Entscheidung hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung zur Errichtung einer Vorrats-GmbH ergänzt und ausgebaut (vgl. zur Vorratsgesellschaft BGH vom 16.03.1992 - II ZB 17/91 - BGHZ 117, 323; sowie BGH vom 09.12.2002 - II ZB 12/02 - ZIP 2003, 251). Die wirtschaftliche Neugründung ist lediglich abzugrenzen von der Sanierung einer "dahindümpelnden" GmbH oder einer Umstrukturierung (Thüringer OLG vom 01.09.2004 - 4 U 37/04; vgl. auch BGH vom 07.07.2003, BGHZ 155, 318, 324).

Dieser Rechtsprechung schließt sich das Landesarbeitsgericht an. Die Verwendung des Mantels einer zunächst "auf Vorrat" gegründeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung stellt wirtschaftlich eine Neugründung dar. Auf sie sind die der Gewährleistung der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften des GmbHG einschließlich der registerrechtlichen Kontrolle anzuwenden. Damit ist auch eine analoge Anwendung des § 11 Abs. 2 GmbHG beim Kauf der Geschäftsanteile an einer Vorrats-GmbH gegeben. Dies gilt insbesondere dann, wenn zum Zeitpunkt des rechtsgeschäftlichen Handelns die beschlossene Umgründung der Vorrats-GmbH weder angemeldet noch eingetragen worden ist und die beschlossene Aufstockung der Einlage finanziell noch nicht abgesichert ist. Gerade darin besteht die Gleichsetzung mit einer neu gegründeten GmbH. Sowohl die Mantel- als auch die Vorratsgründung ist die Gründung einer GmbH gleichsam auf Vorrat, das heißt die Gründung einer Gesellschaft ohne die konkrete Absicht der Gründer, in absehbarer Zeit mit der GmbH in irgendeiner Form am Geschäftsverkehr teilzunehmen, so dass sich die Gesellschaft vorerst auf die Verwaltung ihres in der Regel geringfügigen Vermögens beschränkt. Die GmbH, die kein Unternehmen betreibt und in der Regel auch über kein nennenswertes Vermögen (mehr) verfügt, wird dazu verwandt, im Wege der Satzungsänderung - sozusagen "unter ihrem Mantel" - wirtschaftlich ein neues Unternehmen zu gründen (Schulz, GmbHG, 9. Auflage § 3 Rdnr. 18). Im Vordergrund steht bei der Vorratsgründung ebenso wie bei einem Mantelkauf meistens das Bemühen, durch Verwendung einer bereits früher auf Vorrat gegründeten oder als bloßer Mantel erworbenen GmbH für die wirtschaftliche Neugründung eines Unternehmens das oft langwierige Eintragungsverfahren abzukürzen. Damit verbindet sich der Zweck, die Handelndenhaftung nach § 11 Abs. 2 in der Zwischenzeit bis zur Eintragung der Gesellschaft zu vermeiden (siehe statt aller Tieves, Unternehmensgegenstand Seite 174 ff.).

Vorliegend sind die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Gründungsvorschriften gegeben. Unternehmerische Aktivitäten fanden bei der Beklagten zu 1) nicht statt. Der notariell beurkundete Gesellschaftsvertrag zeigt, dass es sich um eine Vorrats-GmbH handelt. Hierüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit mehr. Unerheblich ist, dass die Vorrats-GmbH bereits eine Stammeinlage von 25.000,00 € Festvermögen hatte. Diesem Aspekt kommt - entgegen der Auffassung der Beklagten - nach dem Schutzzweck der Rechtsfigur keine Bedeutung zu. Der Haftungsgrund besteht in der materiellen Unterkapitalisierung. Den Verbindlichkeiten der Gesellschaft steht kein adäquates Eigenkapital gegenüber. Die Relation zwischen Geschäftsumfang und Eigenkapital stimmt nicht. Bereits nach Ablauf eines Monats ist allein durch die Vergütungsansprüche der 28 beschäftigten Arbeitnehmer das bis dahin bestehende Eigenkapital verbraucht. Allein darin zeigt sich bereits eine mangelnde Fähigkeit der Gesellschaft, angemessen zu wirtschaften, wenn nicht entsprechend der Vereinbarung aus dem Gesellschaftsvertrag die Stammeinlage durch Einzahlung des Geschäftsführers auf eine Million € erhöht wird. Den Geschäftsführer trifft jedoch die Finanzierungsverantwortung. Diese hat der Beklagte zu 2) nicht genügend ausgeübt. Vor Sicherstellung der Finanzierung ließ er durch die von ihm bevollmächtigten Mitarbeiter firmierend unter A. GmbH werblich tätig werden.

Der Beklagte zu 2) haftet daher unter dem Gesichtspunkt des § 11 Abs. 2 GmbHG persönlich wie der, der vor Eintragung einer GmbH im Namen der Gesellschaft handelt. Die Bestimmung begründet die persönliche Haftung für rechtsgeschäftliches Handeln von Geschäftsführern, wenn es vor Eintragung der GmbH im Stadium der Vorgesellschaft erfolgt. Diese persönliche Haftung des im Namen der Vorgesellschaft Handelnden ist erforderlich, weil es die GmbH als eigentlich gewollte Schuldnerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht gibt, der Gläubiger aber sofort einen Schuldner erhalten soll (BGH NJW 1982, 932; OLG Koblenz, GmbHR 1989, 374). § 11 Abs. 2 GmbHG gilt vorliegend entsprechend auch für die Vorrats-GmbH, also auch dann, wenn die GmbH bereits eingetragen ist und als juristische Person besteht.

3.

Die Kündigung vom 29. 07.2005 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet. Sie ist wegen fehlender Anhörung des bei der Beklagten zu 1) gebildeten Betriebsrates gemäß § 102 BetrVG unwirksam. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils insoweit Bezug genommen. Im Übrigen haben sich die Beklagten gegen diese Feststellung insoweit auch nicht mehr gewandt.

III.

Als unterliegende Partei haben die Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen (§ 97 ZPO).

IV.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 64 Abs. 3 Ziffer 1 ArbGG) ist die Revision zugelassen worden.

Ende der Entscheidung

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