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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 29.05.2007
Aktenzeichen: 9 Sa 1641/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 241 Abs. 2
BGB § 278
BGB § 280
BGB § 282
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 824
BGB § 826
Aufgrund der nachwirkenden Fürsorgepflicht ist der Arbeitgeber verpflichtet, im Interesse des ausgeschiedenen Arbeitnehmers Dritten gegenüber, bei denen sich der Arbeitnehmer um eine neue Anstellung bewirbt Auskünfte über seine Leistungen und sein Verhalten zu erteilen. Die Auskunft muss wahrheitsgemäß im Sinne einer vollständigen, gerechten und nach objektiven Grundsätzen getroffenen Beurteilung sein.

Hat der frühere Arbeitgeber allerdings rechtswidrig und schuldhaft eine unrichtige Aus-kunft erteilt, wobei er sich das Verschulden seines Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen zurechnen lassen muss (§§ 278, 831 BGB) und entsteht dadurch dem Arbeitnehmer ein Schaden, etwa weil es deshalb nicht zum Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages ge-kommen ist, so ist er dem Arbeitnehmer zum Schadensersatz ggf. in Höhe des beim neu-en Arbeitgeber entgangenen Verdienstes unter dem Gesichtspunkt einer positiven Pflicht-verletzung bzw. einer unerlaubten Handlung, §§ 823 Abs. 1, 824, 826 BGB (unzulässiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht), verpflichtet (vgl. BAG vom 26.02.1976 - 3 AZR 215/75 - AP BGB § 252 Nr. 6 = EzA BGB § 630 Nr. 6 zur Haftung des Arbeitgebers bei Nichterteilung eines Arbeitszeugnisses; LAG Berlin vom 08.05.1989 - 9 Sa 21/89 - NZA 1989, 965)

Der Arbeitnehmer ist darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der potentielle Arbeitge-ber bereit gewesen wäre, ihn einzustellen, und wegen der unrichtigen Auskunft davon Abstand genommen hat .

Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, der die Grundlage auch nur für eine tatsächliche Vermutung in der Richtung bieten könnte, dass die Erfolglosigkeit einer Bewerbung oder auch einer Vielzahl von Bewerbungen um einen neuen Arbeitsplatz auch bei guter Qualifikation des Bewerbers und gutem Arbeitszeugnis auf einer vom ehemaligen Arbeitgeber erteilten negativen Auskunft über den Bewerber beruhen müsste (vgl. Hessisches Landesarbeitsgericht vom 20.12.1979 - 12/10 Sa 28/79 - ARST 1980, 156).


LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 Sa 1641/06

In dem Rechtsstreit

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 29. Mai 2007 durch

den Richter am Arbeitsgericht Kreß, die ehrenamtliche Richterin Frau Kammann, den ehrenamtlichen Richter Herrn Stein

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 01.09.2006 - 2 Ca 395/05 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche des Klägers.

Der Kläger war bei der Beklagten beziehungsweise bei der gesellschaftsrechtlich übergeordneten H. S. GmbH & Co. KG seit Februar 2001 aufgrund mehrerer befristeter Heuerverträge beschäftigt.

Das letzte Heuerverhältnis bestand vom 17.05.2003 bis 08.11.2003. Dieses Heuerverhältnis war Gegenstand eines Verfahrens vor dem Arbeitsgericht Emden (Az. 2 Ca 38/05). Mit Urteil vom 31.03.2005 wurde die Beklagte verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum vom 08.10.2003 - 08.11.2003 Heuer in Höhe von 6.495,00 € brutto zu zahlen. Das Urteil wurde der Beklagten am 21.04.2005 zugestellt. Es ist rechtskräftig. Mit Schreiben vom 26.05.2005 forderte der Kläger die Beklagte auf, den ausgeurteilten Betrag sowie weitere 153,70 € Anwaltsgebühren - Verfahrensgebühr in der Zwangsvollstreckung - für das Schreiben vom 26.05.2005 zu zahlen (Bl. 13, 14 d. A.). Daraufhin zahlte die Beklagte den ausgeurteilten Betrag, nicht jedoch die geltend gemachten Anwaltsgebühren.

In einem Schreiben der Reederei F. aus S. an den Kläger vom 10.02.2005 heißt es (Bl. 265 d.A.):

"Ihre Bewerbung in unserem Hause

Sehr geehrter Herr S.-B.,

nach Rücksprache in unserem Hause haben wir uns mit mehreren Firmen in Verbindung gesetzt, die Sie als Referenzen angegeben hatten. Leider müssen wir aufgrund der Aussagen dieser Firmen von einer Beschäftigung Ihrer Person in unserer Flotte Abstand nehmen. Diese Entscheidung ist endgültig und unumkehrbar. Zu unserer Entlastung übersenden wir Ihnen Ihre Bewerbungsunterlagen wieder zurück und wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

H. H."

In einem Schreiben vom 26.05.2005 des Prozessbevollmächtigten des Klägers an die H. S. GmbH & Co. KG heißt es u. a. (Bl. 10, 11 d. A.):

"...

Mein Mandant hat sich nach Beendigung seiner Tätigkeit bei Ihnen bei anderen Reedereien beworben. Mehrere dieser Unternehmen sahen von einer Anstellung meines Mandanten ab, nachdem diese bei Ihnen Referenzen eingeholt haben.

Hierzu hat mein Mandant keinen Anlass gegeben. Er hat seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß erbracht.

Wir haben Sie aufzufordern, abwertende Äußerungen über die Arbeitsleistung unseres Mandanten unverzüglich zu unterlassen. Durch Ihr Verhalten ist unserem Mandanten ein erheblicher finanzieller Schaden entstanden. Die Geltendmachung dieses Schadens bleibt vorbehalten.

..."

Hierauf anwortete die H. S. GmbH & Co. KG mit Schreiben vom 02.06.2005. Darin heißt es u. a. (Bl. 12 d. A.):

"...

Es wird hiermit ausdrücklich versichert, dass den Unterzeichner nach dem Ausscheiden des Herrn S.-B.. keine Anfragen von anderen Reedereien erreichten. Es konnten somit auch keine abwertenden Äußerungen gegenüber anderen Reedereien erfolgen.

Es wird versichert, dass bei evtl. Anfragen keine abwertenden Äußerungen getätigt werden.

...

H. S. GmbH & Co. KG

i.A. K."

Unter dem 02.06.2005 erteilte die H. S. GmbH & Co. KG dem Kläger ein Dienstzeugnis (Bl. 8 d. A.).

Mit seiner am 06.07.2005 beim Arbeitsgericht Emden eingegangenen Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung von Schadensersatz. Er hat behauptet, er habe sich seit Ende 2003 bei 92 Reedereien als Leiter der Maschinenanlage (Chief Engineer) bis 8000 kw beworben. Seit 2003 würden deutsche technische Offiziere für Maschinenanlagen bis 8000 kw gesucht, die Nachfrage decke den Bedarf nicht. Einige dieser Reedereien hätten nach Durchsicht der Bewerbungsunterlagen mit ihm ein Bewerbungsgespräch durchgeführt und ihm konkrete Aussichten gemacht. Die Gesprächspartner hätten darauf hingewiesen, dass sie vor einer abschließenden Entscheidung noch eine branchenübliche Rücksprache mit dem letzten Arbeitgeber, der Beklagten, führen wollten. Nach den entsprechenden Telefonaten hätten die Reedereien ausnahmslos kein Interesse mehr gehabt, ihn einzustellen. Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe gegenüber potenziellen Arbeitgebern unrichtige Auskünfte über seine Person erteilt.

Mit Schriftsatz vom 31.08.2005 hat der Kläger zunächst behauptet, der Zeuge F. von der Reederei F. habe auf seine Bewerbung vom 15.12.2003 hin bei dem Mitarbeiter K. der Beklagten angerufen. Der Zeuge F. habe sich über ihn erkundigt, weil ihm ein Zeugnis über die letzte Beschäftigung vorgelegen habe. Herr K. habe sinngemäß mitgeteilt, dass der Kläger "nur Ärger mache" und geraten, "vom Kläger die Finger wegzulassen". Hierauf habe der Zeuge F. die weiteren Vertragsverhandlungen über ein viermonatiges Heuerverhältnis mit ihm beendet.

Mit Schriftsatz vom 21.02.2006 hat der Kläger sodann behauptet, der Zeuge F. habe ihm nach dem Bewerbungsgespräch einen Vertrag in Aussicht gestellt. Ca. 14 Tage später habe er sich bei dem Zeugen H. von der Reederei F. erkundigt, ob sich der angekündigte Einsatz konkretisiert habe. Der Zeuge H. habe ihm keine Antwort geben können. In einem Telefonat zwei Tage später mit dem Zeugen F. habe dieser ihm einen Einsatztermin in ca. einer Woche in Aussicht gestellt und ihn aufgefordert, sich mit der Firma M. N. in Z. in Verbindung zu setzen. Herr B. von der Firma M. N. habe ihm mitgeteilt, seine Heuer werde 6.500,00 € betragen, die endgültige Zustimmung für den Vertragsschluss seitens des Zeugen F. stehe aber noch aus. Zwei Tage später habe er seine Bewerbungsunterlagen zurück erhalten. Drei Tage später habe der Zeuge F. ihm die Gründe für das Nichtzustandekommen seines Vertrages mitgeteilt. Es müsse angenommen werden, dass der Zeuge F. seine Informationen bei der Beklagten nicht direkt, sondern über seinen Mitarbeiter, den Zeugen H., erlangt habe.

Ohne die Auskunft der Beklagten wäre er bei der Reederei F. ab dem 01.02.2004 eingestellt worden und hätte eine monatliche Heuer von mindestens 6.500,00 € erhalten. Der erste Vertrag hätte vier Monate gedauert und wäre im Anschluss daran verlängert worden. Für den Zeitraum Februar 2004 bis einschließlich September 2005 seien ihm durch das Verhalten der Beklagten für einen Beschäftigungszeitraum vom 16 Monaten Arbeitseinkommen in Höhe von 103.920,00 € entgangen. Dabei habe er berücksichtigt, dass laut seinem Dienstzeugnis in der Vergangenheit als Leiter der Maschinenanlage für jeweils acht Monate eingesetzt worden sei. Anschließend habe er für jeweils vier Monate eine Urlaubszeit in Anspruch genommen. Von dem entgangenen Arbeitseinkommen sei ein Abschlag in Höhe von 25 % vorzunehmen, um dem Risiko Rechnung zu tragen, dass er in der fraglichen Zeit nur ein oder gar kein befristetetes Arbeitsverhältnis hätte abschließen können. Insgesamt errechne sich hieraus ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 77.940,00 €.

Des Weiteren sei die Beklagte auch verpflichtet, ihm unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens den geltend gemachten Betrag gemäß Schreiben vom 26.05.2005 in Höhe von 153,79 € zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 78.093,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.07.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, in dem fraglichen Zeitraum habe es von anderen Reedereien keine Anfragen betreffend den Kläger gegeben. Es seien gegenüber anderen Reedereien auch keine abwertenden Äußerungen hinsichtlich der Leistung und des Verhaltens des Klägers getätigt worden. Die schriftliche Zahlungsaufforderung vom 26.05.2005 sei zur Vorbereitung der Zwangsvollstreckung nicht erforderlich gewesen. Sie habe zu keinem Zeitpunkt eine Zahlung des ausgeurteilten Betrages abgelehnt.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F. und H. über Aussagen des Mitarbeiters K. der Beklagten über den Kläger im Dezember 2003 sowie über die Begründung eines Heuerverhältnisses des Klägers mit der Reederei F. ab Februar 2004. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.09.2006 (Bl. 196 bis 199 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass die Beklagte in Person ihres Mitarbeiters K. rechtswidrig und schuldhaft eine unrichtige Auskunft erteilt habe und es deshalb nicht zum Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages gekommen sei. Der Zeuge H. habe die Behauptungen des Klägers zur Aussage des Mitarbeiters K. der Beklagten nicht bestätigt und ausgesagt, die Ablehnung des Klägers habe auf dessen als lästig empfundenen Nachfassen betreffend seiner Bewebung beruht. Der Zeuge H. sei glaubwürdig und habe widerspruchsfrei ausgesagt. Im Hinblick darauf, dass der Zeuge H. bei der Reederei F. ausgeschieden sei, sei auch kein irgendwie immer geartetes Interesse des Zeugen H. am Ausgang des Rechtsstreites erkennbar.

Die Aussage des Zeugen F. sei zwar nicht widerspruchsfrei. In den entscheidenden Punkten habe der Zeuge F. aber die Behauptungen des Klägers nicht bestätigt. Der Zeuge habe eine Kontaktaufnahme mit dem Mitarbeiter K. der Beklagten in Abrede gestellt. Er habe zudem die Aussage des Zeugen H. bestätigt, wonach Auslöser für die Absage gegenüber dem Kläger das unangemeldete Nachfragen des Klägers nach dem Schicksal seiner Bewerbung gewesen sei.

Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Schadensersatz hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühr in der Zwangsvollstreckung zu. Der Kläger hätte zuvor die Beklagte zur Zahlung auffordern müssen.

Das am 01.09.2006 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Emden ist dem Kläger am 25.09.2006 zugestellt worden. Hiergegen hat er mit einem am 13.10.2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 21.11.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger macht geltend, das Urteil des Arbeitsgerichtes beruhe auf einer falschen Beweiswürdigung. Das Arbeitsgericht habe die fehlende Nachvollziehbarkeit der Aussagen der Zeugen und deren fehlende Glaubwürdigkeit missachtet. Der Zeuge F. habe sich vor dem 01.09.2006 seiner Vernehmung penetrant und unerhört entzogen. Am 03.01.2006 habe er dem Arbeitsgericht mitgeteilt, "der Kläger versucht insoweit uns in einen Rechtsstreit hineinzuziehen, wobei wir wirklich anderes zu tun haben, als wegen solcher Behauptungen als Zeuge auszusagen." Am 12.01.2006 habe er seine für den 27.01.2006 vorgesehene Vernehmung, am 05.04.2006 habe er seine für den 07.04.2006 vorgesehene Vernehmung und am 09.06.2006 habe er die für den gleichen Tag vorgesehene Vernehmung abgesagt. Am 19.06.2006 habe er mitgeteilt, dass er wegen der Phantasien eines Mannes nicht bis nach Emden fahren könne, wo dann vor Ort festgestellt werde, dass wieder ein Zeuge fehle und er unverrichteter Dinge wieder nach Hause fahren müsse. Damit habe sich der Zeuge F. bezüglich der ihm auferlegten Neutralität disqualifiziert. Das Arbeitsgericht hätte seine Aussage unter dieser Maßgabe bewerten müssen. In seiner Vernehmung am 01.09.2006 habe der Zeuge F. zudem erklärt, dass es nicht üblich sei, bei anderen Reedereien anzurufen, um Auskünfte über das frühere Verhalten von Bewerbern zu erhalten. Aufgrund des Schreibens der Reederei F. vom 10.02.2005 sei aber nachgewiesen, dass die Reederei sich gleich bei mehreren früheren Arbeitgebern des Klägers nach ihm erkundigt habe. In diesem Schreiben werde auch die Kausalität zwischen der negativen Auskunft und der Absageentscheidung hervorgehoben. Der Zeuge F. habe zu dem Verlauf der Fast-Einstellung des Klägers in seiner Vernehmung ausgeführt, "dann habe es weitere Überlegungen gegeben". In dieser Formulierung verberge sich der durch den Zeugen F. erfolgte Anruf bei dem Mitarbeiter K. der Beklagten. Dessen Aussage habe den Zeugen F. von der Einstellung des Klägers abgehalten. Dies habe der Zeuge F. bei seiner Vernehmung aber nicht mehr ohne Gesichtsverlust erklären können, weil er sich in seinem Schreiben vom 03.01.2006 an das Arbeitsgericht Emden bereits festgelegt habe. Darin habe er geschrieben, soweit es Erkundigungen über den Kläger betreffe, sei der Inspektor involviert gewesen. Durch die Vernehmung des Zeugen F. habe der Kläger den Beweis seiner Behauptungen erbracht.

Bezüglich der Glaubwürdigkeit der Aussage des Zeugen H. sei zu berücksichtigen, dass dieser früher bei dem Zeugen F. beschäftigt gewesen sei und sich hieraus eine nachvertragliche Treuepflicht ergebe. Die Aussage des Zeugen H. sei in sich widersprüchlich. Bei der Vernehmung habe er zunächst erklärt, in einem Bewerbungsverfahren Anfang des Jahres 2004 die Bewerbung des Klägers abschlägig beschieden zu haben, um andererseits einzuräumen, dass der Zeuge F. ihn im Spätsommer 2004 in Anwesenheit des Klägers angewiesen habe, den Kläger "unterzubringen". Auch sei eine klare zeitliche Zuordnung der Aussage des Zeugen H. nicht erkennbar. So habe der Zeuge erklärt, dass er Anfang 2004 viel unterwegs gewesen sei, andererseits habe er bekundet, irgendwann einmal habe ihm der Zeuge F. erklärt, "die Schnauze voll" zu haben, weil ihn der Kläger belästigen würde. Diese Aussage sei nicht nachvollziehbar. Der Zeuge H. habe offensichtlich Geschehnisse zeitlich verwechselt. Im Übrigen habe der Zeuge H. angegeben, den Namen des Mitarbeiters K. von der Beklagten nicht zu kennen. Diese Auskunft sei unzutreffend. Ihm könne auch insoweit nicht gefolgt werden.

Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Zeugin V. von der Reederei F. bestätigen könne, dass der Kläger im Gegensatz zu den Aussagen der Zeugen weder aggressiv aufgetreten noch gegenüber dem Zeugen H. fast handgreiflich geworden sei.

Hinsichtlich der Schadensersatzforderung betreffend die Rechtsanwaltsgebühren habe es keiner erneuten Inverzugsetzung der Beklagten bedurft, weil das Urteil ab dem 06.05.2005 vollstreckbar gewesen sei. Es sei erforderlich und sachgemäß gewesen, den Prozessbevollmächtigten mit der Einleitung der Zwangsvollstreckung zu beauftragen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 01.09.2006 - 2 Ca 395/05 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 78.093,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.07.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und bestreitet die Behauptung des Klägers hinsichtlich der Wahrnehmungen von Frau V. mit Nichtwissen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher insgesamt zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO).

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

1.

Der Kläger kann von der Beklagten nicht gemäß §§ 241 Abs. 2, 278, 280 Abs. 1, 282 BGB die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 77.940,00 € wegen einer unrichtigen Auskunft gegenüber potenziellen Arbeitgebern verlangen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch schon dem Grunde nach nicht zu.

a.

Aufgrund der nachwirkenden Fürsorgepflicht ist der Arbeitgeber verpflichtet, im Interesse des ausgeschiedenen Arbeitnehmers Dritten gegenüber, bei denen sich der Arbeitnehmer um eine neue Anstellung bewirbt, mündlich, fernmündlich oder schriftlich Auskünfte über seine Leistungen und sein Verhalten zu erteilen. In der Regel dürfen die Auskünfte des früheren Arbeitgebers nicht weitergehen als der Inhalt eines entsprechenden Zeugnisses. Insoweit gelten hinsichtlich des Umfanges der Auskunftserteilung dieselben Grundsätze, die auch bei der Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses zu beachten sind. Die Auskunft muss wahrheitsgemäß im Sinne einer vollständigen, gerechten und nach objektiven Grundsätzen getroffenen Beurteilung sein. Entspricht die Auskunft der Wahrheit, so kann der Arbeitgeber sie auch dann geben, wenn er dadurch dem Arbeitnehmer schadet.

Hat der frühere Arbeitgeber allerdings rechtswidrig und schuldhaft eine unrichtige Auskunft erteilt, wobei er sich das Verschulden seines Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen zurechnen lassen muss (§§ 278, 831 BGB) und entsteht dadurch dem Arbeitnehmer ein Schaden, etwa weil es deshalb nicht zum Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages gekommen ist, so ist er dem Arbeitnehmer zum Schadensersatz ggf. in Höhe des beim neuen Arbeitgeber entgangenen Verdienstes unter dem Gesichtspunkt einer positiven Pflichtverletzung bzw. einer unerlaubten Handlung, § 823 Abs. 1, 824, 826 BGB (unzulässiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht), verpflichtet (vgl. BAG vom 26.02.1976 - 3 AZR 215/75 - AP BGB § 252 Nr. 6 = EzA BGB § 630 Nr. 6 zur Haftung des Arbeitgebers bei Nichterteilung eines Arbeitszeugnisses; LAG Berlin vom 08.05.1989 - 9 Sa 21/89 - NZA 1989, 965)

b.

Der Arbeitnehmer ist darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der potentielle Arbeitgeber bereit gewesen wäre, ihn einzustellen, und wegen der unrichtigen Auskunft davon Abstand genommen hat (vgl. BAG vom 26.02.1976 - 3 AZR 215/75 - AP BGB § 252 Nr. 6 = EzA BGB § 630 Nr. 6; BAG vom 25.10.1967 - 3 AZR 456/66 - AP HGB § 73 Nr. 6 = EzA HGB § 73 Nr. 1; BAG vom 24.03. 1977 - 3 AZR 232/76 - AP BGB § 620 Nr. 12 = EzA BGB § 630 Nr. 9 - für die vergleichbaren Fälle eines unrichtig oder nicht erteilten Zeugnisses).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass es keinen allgemeinen Erfahrungssatz gibt, der die Grundlage auch nur für eine tatsächliche Vermutung in der Richtung bieten könnte, dass die Erfolglosigkeit einer Bewerbung oder auch einer Vielzahl von Bewerbungen um einen neuen Arbeitsplatz auch bei guter Qualifikation des Bewerbers und gutem Arbeitszeugnis auf einer vom ehemaligen Arbeitgeber erteilten negativen Auskunft über den Bewerber beruhen müsste (vgl. Hessisches Landesarbeitsgericht vom 20.12.1979 - 12/10 Sa 28/79 - ARST 1980, 156).

c.

Das Arbeitsgericht hat ohne Rechts- oder Verfahrensfehler festgestellt, dass der Kläger nicht bewiesen hat, dass die nicht erfolgte Einstellung bei der Reederei F. auf einer unsachlichen und unrichtigen Auskunft des Mitarbeiters K. der Beklagten beruht hat.

aa.

Die Kammer ist an die Feststellungen des Arbeitsgerichts gebunden. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung geboten ist. Für Zweifel an der Vollständigkeit der getroffenen Feststellungen reicht es bereits aus, wenn das Erstgericht aufgrund fehlerhafter Beweiswürdigung von der Nichterweislichkeit einer entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptung ausgeht, also nur ein tragendes Element der erstinstanzlichen Beweiswürdigung in seiner Aussagekraft geschmälert wird (BGH vom 12.03.2004 - V ZR 257/03 - NJW 2004, 1876). Erforderlich ist jedoch, dass die Zweifel rational nachvollziehbar sind. Auf bloßem Rechtsgefühl beruhende Zweifel genügen nicht (Gaier, NJW 2004, 2041). Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertungen ergeben, inbesondere daraus, dass das Berufungsgericht das Ergebnis seiner erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders würdigt als das Gericht der Vorinstanz (BVerfG vom 12.06.2003 - 1 BvR 2285/02 - NJW 2003, 2524; BVerfG vom 22.11.2004 - 1 BvR 1935/03 - NJW 2005, 1487).

Daraus folgt, dass das Berufungsgericht von Amts wegen den gesamten Prozessstoff der ersten Instanz - unter Einbeziehung des Ergebnisses eines Beweisaufnahme - auf Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen zu überprüfen hat (BGH vom 09.03.2005 - VIII ZR 266/03 - NJW 2005, 1583). Wenn sich das Berufungsgericht von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht zu überzeugen vermag, so ist es an die erstinstanzliche Beweiswürdigung, die es aufgrund konkreter Anhaltspunkte nicht für richtig hält, nicht gebunden, sondern zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichtet.

bb.

Die Feststellungen des Arbeitsgerichtes sind nach Beweisaufnahme verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Seine Beweiswürdigung genügt den von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelten Anforderungen. Sie ist nicht unvollständig oder in sich widersprüchlich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze (vgl. BGH vom 12.03.2004 - 5 ZR 257/03 - NJW 2004, 1876).

Das Arbeitsgericht hat unter zutreffender Würdigung der Aussagen der Zeugen F. und H. ausgeführt, dass die erhobenen Beweise nicht positiv ergiebig waren. Der Zeuge F. hat bekundet, er kenne weder die Beklagte noch Herrn K. und habe auch im Dezember 2003 nicht mit Herrn K. telefoniert und sich dabei über den Kläger unterhalten. Die Aussage des Zeugen H. war hinsichtlich des Beweisthemas ebenfalls unergiebig. Der Zeuge H. hat bekundet, er habe die Bewerbungsunterlagen des Klägers erstmals Anfang 2004 erhalten. Den Mitarbeiter K. der Beklagten kenne er nicht.

Damit haben weder der Zeuge F. noch der Zeuge H. die Behauptung des Klägers bestätigt, dass der Mitarbeiter K. der Beklagten im Dezember 2003 in einem Telefonat abwertende Äußerungen über den Kläger gemacht habe.

Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Arbeitsgerichts ergeben sich auch nicht aus den Berufungsangriffen des Klägers im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der Zeugen F. und H.. Da die Aussagen nicht ergiebig waren, kommt es auf die Glaubwürdigkeit der Zeugen nicht an. Die Ansicht des Klägers, weil die Zeugen nicht glaubwürdig seien, sei der Beweis erbracht, ist nicht zutreffend.

d.

Eine ergänzende Beweiserhebung durch Vernehmung der Zeugin V. war nicht erforderlich.

Der Kläger hat behauptet, die Zeugin V. könne bestätigen, dass er bei seinen Besuchen in der Reederei F. weder aggressiv aufgetreten noch gegenüber dem Zeugen H. handgreiflich geworden sei. Die anderslautenden Aussagen der Zeugen F. und H. seien falsch.

Selbst wenn die Zeugin V. den Vortrag des Klägers bestätigen sollte, wären damit immer noch nicht die vom Kläger behaupteten negativen Äußerungen des Mitarbeiters K. der Beklagten bewiesen. Über den Inhalt des vom Kläger behaupteten Telefongespräches kann die Zeugin V. auch nach dem Vortrag des Klägers keine Aussagen machen.

e.

Auch das Schreiben der Reederei F. vom 10.02.2005 hat keinen Beweiswert. Der Kläger will aus diesem Schreiben ableiten, dass die Reederei F. entgegen der Aussage des Zeugen F. bei der Beklagten Informationen über den Kläger eingeholt hat. Dem Schreiben vom 10.02.2005 ist allerdings weder zu entnehmen, dass die Reederei F. Rücksprache bei der Beklagten genommen hat, noch dass die vom Kläger behaupteten Äußerungen hinsichtlich seiner Person durch die Beklagte oder durch den Mitarbeiter K. der Beklagten getätigt worden sind, insbesondere nicht im Dezember 2003.

2.

Der Kläger kann von der Beklagten den geltend gemachten Schadensersatzanspruch auch nicht gemäß §§ 831, 823 Abs. 1, 824, 826 BGB verlangen, weil er die von ihm behauptete abwertende Erklärung des Mitarbeiters K. der Beklagten nicht bewiesen hat.

3.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht Emden auch entschieden, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf die geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 153,70 € zusteht.

Die Kosten für die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Zwangsvollstreckung sind nicht erstattungsfähig, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Zwangsvollstreckung nicht notwendig waren (§ 788 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 91 ZPO).

Die Beklagte hatte keine Veranlassung gegeben, Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Dem Vollstreckungsschuldner muss Gelegenheit gegeben werden, die Vollstreckung durch freiwillige Leistung abzuwenden. Hierzu hätte der Kläger der Beklagten eine angemessene Frist einräumen müssen. Dies hat er nicht getan. Mit der Einräumung einer Zahlungsfrist für die Beklagte war für den Kläger auch kein Risiko verbunden. An der Zahlungsfähigkeit und der Zahlungswilligkeit der Beklagten bestanden keine Zweifel. Die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt eine Zahlung des ausgeurteilten Betrages abgelehnt. Ein wirtschaftlicher Nachteil konnte dem Kläger auch deshalb nicht entstehen, weil der geschuldete Betrag zu verzinsen war.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 6 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe, die Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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