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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 23.04.2007
Aktenzeichen: 9 Sa 815/06
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 21 b
BetrVG § 102
Der Betriebsrat ist im Rahmen des Restmandats nach § 21 b BetrVG bei Kündigungen gemäß § 102 BetrVG zu beteiligen, sofern trotz vollzogener Betriebsstillegung noch Kündigungen auszusprechen sind.

Dabei ist es unheblich, ob die Arbeitsverhältnisse nur beshalb weiter bestanden, weil eine zuvor ausgesprochene Kündigung unwirksam war. Es kommt auch nicht darauf an, ob die zu kündigenden Arbeitnehmer zu Rest- oder Abwicklungsarbeiten eingeteilt waren.

Wenn zwei Betriebsratsmitglieder ihr Amt niederlegen wollen, reicht es nicht aus, wenn sie dies nur jeweils dem anderen gegenüber erklären. Die Amtsniederlegung muß nach außen kundgetan werden.


LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 Sa 815/06

In dem Rechtsstreit

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 23. April 2007 durch

den Richter am Arbeitsgericht Kreß, den ehrenamtlichen Richter Herrn Denkmann, die ehrenamtliche Richterin Frau Ackermann für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 05.04.2006 Az.: 2 Ca 464/05 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier ordentlicher betriebsbedingter Kündigungen.

Die St. GmbH in A-Stadt (nachfolgend: Schuldnerin) befasste sich mit der Herstellung hochwertiger, farbig bebilderter Bücher. Sie unterhielt in ihrem Betrieb eine Druckerei und eine Buchbinderei, welcher die Unterabteilung Falzerei zugeordnet war. Die Schuldnerin beschäftigte ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten mehr als 20 Vollzeitarbeitnehmer. Bei ihr war ein siebenköpfiger Betriebsrat gebildet. Betriebsratsvorsitzender war der zuletzt Zeuge A..

Der am 0.0.1963 geborene, verheiratete und einem Kind unterhaltspflichtige Kläger war zunächst vom 02.10.1985 bis zum 30.11.2000 bei der Schuldnerin angestellt. Nach einer Unterbrechung war er wieder ab dem 01.10.2002 auf Grund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom gleichen Tage (Bl. 4 bis 7 d. A.) als Vorarbeiter in der Abteilung Falzerei beschäftigt. Der Kläger erzielte zuletzt ein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen in Höhe von 2.500,00 €.

Mit Schreiben vom 13.01.2005 erklärte die Schuldnerin gegenüber dem Kläger die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2005. Hiergegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Oldenburg. Durch rechtskräftiges Urteil vom 27.07.2005 stellte das Arbeitsgericht Oldenburg (Az.: 2 Ca 50/05) die Unwirksamkeit der Kündigung fest (Bl. 105 f. d. A.).

Bis zum 05.06.2005 beabsichtigten die Geschäftsleitung der Schuldnerin und der Beklagte, der zu diesem Zeitpunkt vorläufiger Insolvenzverwalter war, den Betrieb fortzuführen. Am 06.06.2005 fand eine Betriebsversammlung bei der Schuldnerin statt. Am gleichen Tage teilte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende K. dem Geschäftsführer der Schuldnerin und dem Beklagten mit, dass die gesamten Mitarbeiter des Vertriebes für eine Betriebsfortführung nicht mehr zur Verfügung stünden. In den folgenden Tagen erklärten Mitarbeiter der Schuldnerin fristlose Eigenkündigungen.

Mit Ausnahme des Zeugen A. schieden auch alle Betriebsratsmitglieder bis zum 30.06.2005 aus dem Betrieb der Schuldnerin aus:

Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende K. kündigte am 08.06.2005 fristlos (Bl. 114 d. A.); das Betriebsratsmitglied F. kündigte am 06.06.2005 fristlos (Bl. 115 d. A.); das Betriebsratsmitglied H. kündigte am 08.06.2005 zum 10.06.2005 (Bl. 116 d. A.); das Betriebsratsmitglied Sch. kündigte am 07.06.2005 fristlos (Bl. 120 d. A.); das Betriebsratsmitglied J. hatte betreits am 03.06.2005 zum 07.06.2005 gekündigt (Bl. 117 d. A.). Das Betriebsratsmitglied K. hatte zunächst am 07.06.2005 eine fristlose Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt. Anschließend vereinbarte er mit der Schuldnerin und dem Beklagten, dass das Arbeitsverhältnis nicht am 07.06.2005, sondern im gegenseitigen Einvernehmen erst am 30.06.2005 endet (Bl. 118, 119 d. A.).

Mit Beschluss des Amtsgerichts A-Stadt vom 01.08.2005 (Az.: 68 IN 46/05) wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt (Bl. 21 d. A.).

Soweit keine Eigenkündigungen vorlagen, kündigte der Beklagte die Arbeitsverhältnisse sämtlicher Mitarbeiter der Schuldnerin und stellte sie von ihrer Arbeitsleistung frei. Gegenüber dem Zeugen A. erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 01.08.2005 die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.11.2005.

Mit Schreiben vom 01.08.2005 kündigte der Beklagte dem Kläger zum 30.09.2005. Darin heißt es u. a. (Bl. 8, 9 d.A):

"Sehr geehrter Herr E.,

durch Beschluss des Amtsgerichts A-Stadt vom 01.08.2005 ist über das Vermögen der St. GmbH, A.straße 72 - 74, 26123 A-Stadt das Insolvenzverfahren eröffnet und der Unterzeichnete zum Insolvenzverwalter bestellt worden.

Die Betriebstätigkeit der Schuldnerin wurde eingestellt.

Sie haben durch die Schuldnerin bereits die Kündigung erhalten. Für den Fall der Rechtsunwirksamkeit dieser Kündigung bin ich gehalten, das bestehende Arbeitsverhältnis gemäß § 113 InsO vorsorglich betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin ordentlich zu kündigen.

Nach meinen Unterlagen ist das der 30. September 2005."

Am 03.08.2005 zeigte der Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Insolvenzordnung an (Bl. 22 d. A.).

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 29.12.2005 erklärte der Beklagte erneut die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Kläger zum 12.02.2006 (Bl. 31 bis 34 d. A.).

Mit Schreiben vom 25.04.2006 hörte der Beklagte den Zeugen A. zu einer beabsichtigten weiteren Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger gemäß § 102 BetrVG an. Hierauf antwortete der Zeuge A. unter dem 27.04.2006. In diesem Schreiben heißt es (Bl. 153 d.A.):

"St. GmbH

- Betriebsratsvorsitzender -

A.

B. Str. 15

A-Stadt

...

Datum: 27.04.2006

68 IN 46/05

Insolvenzverfahren über das Vermögen der St. GmbH, A.straße 72 - 74, 26123 A-Stadt

Hier: Anhörung des Betriebsrates gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt C.,

Bezug nehmend auf die Anhörung gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz vom 25.04.2006 teile ich Ihnen mit, dass ich die Kündigung des Herrn E. zur Kenntnis nehme. Eine entsprechende Stellungnahme hierzu wird nicht abgegeben.

Mit freundlichen Grüßen

Der Betriebsratsvorsitzende

A."

Mit Schreiben vom 27.04.2006 erklärte der Beklagte gegenüber dem Kläger die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2006 (Bl. 154 d. A.). Diese Kündigung hat der Kläger nicht angegriffen.

Mit seiner am 22.08.2005 beim Arbeitsgericht Oldenburg eingegangenen Kündigungsschutzklage wehrt sich der Kläger gegen die Kündigung vom 01.08.2005. Mit seiner am 16.01.2006 eingegangenen Klagerweiterung wendet er sich auch gegen die Kündigung des Beklagten vom 29.12.2005.

Der Kläger hat das Fehlen von Kündigungsgründen geltend gemacht. Es sei unklar, wer wann einen Stilllegungsbeschluss getroffen habe und wann dieser Beschluss umgesetzt worden sei. Die Kündigungen vom 01.08.2005 und vom 29.12.2005 seien auch deshalb unwirksam, weil der Beklagte den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigungen nicht angehört habe. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, auch bei einer durchgeführten Betriebsstilllegung hätte der Beklagte den Betriebsrat im Hinblick auf sein Restmandat anhören müssen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die ordentliche Kündigung mit Schreiben vom 01.08.2005 noch durch die ordentliche Kündigung des Beklagten mit Schriftsatz vom 29.12.2005 aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, am 06.06.2005 hätten die für die geplante Betriebsfortführung zwingend erforderlichen Mitarbeiter der Geschäftsleitung der Schuldnerin mitgeteilt, dass sie nicht mehr zur Verfügung stünden. Daraufhin seien die beteiligten Banken, Auftraggeber und Lieferanten informiert und eine Betriebsversammlung abgehalten worden. Nach Abarbeitung der bestehenden Aufträge sei der Geschäftsbetrieb am 30.06.2005 vollständig eingestellt worden. Nach diesem Zeitpunkt hätten nur noch wenige Mitarbeiter Aussonderungsrechte von Verfahrensgläubigern in den ehemaligen Produktions- und Geschäftsräumen der Schuldnerin bearbeitet. Während dessen sei das Anlagevermögen der Schuldnerin, insbesondere der Maschinenpark und die Büroausstattung, im Rahmen einer Auktion in den ehemaligen Produktionsräumen versteigert worden.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, er habe den Betriebsrat vor Ausspruch der streitbefangenen Kündigungen nicht anhören müssen. Durch die zum 30.06.2005 erfolgte Betriebsstilllegung habe das Rechtsverhältnis der Betriebsparteien sein Ende gefunden. Ein Restmandat habe dem Betriebsrat nicht mehr zugestanden, weil im Zusammenhang mit der Betriebsschließung bestehende Beteiligungsrechte und betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben nicht vorhanden gewesen seien.

Mit Urteil vom 05.04.2006 hat das Arbeitsgericht Oldenburg der Klage stattgegeben. Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Betrieb der Schuldnerin endgültig schon zum 30.06.2005 stillgelegt worden sei. Selbst in diesem Falle seien die Kündigungen nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG unwirksam, weil der Beklagte den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung nicht angehört habe. Gemäß § 21 b BetrVG behalte der Betriebsrat im Falle der Betriebsstilllegung ein Restmandat. Das Restmandat habe der Betriebsratsvorsitzende A. ausgeübt, weil sein Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der behaupteten Stilllegung am 30.06.2005 noch bestanden habe. Das Restmandat beziehe sich auf Aufgaben, die sich daraus ergäben, dass trotz der Stilllegung des Betriebes noch nicht alle Arbeitsverhältnisse beendet worden seien und einzelne Arbeitnehmer noch für eine gewisse Zeit mit Abwicklungsarbeiten beschäftigt würden. Der das Restmandat ausübende Betriebsrat sei gemäß § 102 BetrVG vor einer Kündigung der Arbeitsverhältnisse dieser Mitarbeiter zu hören. Die Kündigung vom 01.08.2006 habe im Zusammenhang mit der geltend gemachten Betriebsstilllegung gestanden. Die Kündigung vom 29.12.2005 sei ebenfalls wegen fehlender Betriebsratsanhörung unwirksam. Auch insoweit habe noch ein Regelungsbedarf und ein Beteiligungsrecht im Rahmen des Restmandates des Betriebsratsvorsitzenden bestanden.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg ist dem Beklagten am 21.04.2006 zugestellt worden. Dagegen hat der Beklagte mit einem am 18.05.2006 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 21.07.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem ihm zuvor auf seinen Antrag vom 16.06.2006 mit Beschluss vom 19.06.2006 die Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.07.2006 verlängert worden war.

Der Beklagte wiederholt sein Vorbringen zur Stilllegung des Betriebes zum 30.06.2005 und behauptet ergänzend, bis auf die Buchbinderei sei der Betrieb der Schuldnerin bereits am 07.06.2005 stillgelegt worden. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe zum Zeitpunkt der Kündigungen am 01.08.2005 und am 29.12.2005 auch kein Restmandat des Betriebsrats mehr bestanden. Der Betriebsratsvorsitzende A. sei nach der Betriebsstilllegung und zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung gegenüber dem Kläger am 01.08.2005 und erst Recht nach der Beendigung seines eigenen Anstellungsverhältnisses nicht mehr zur Wahrnehmung von betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechten bereit gewesen. Er habe dem Beklagten gegenüber vor Ausspruch der Kündigung vom 01.08.2005 mitgeteilt, dass er nicht die Absicht habe, in seiner Funktion als Betriebsratsvorsitzender tätig werden zu wollen. Ferner habe der Zeuge A. in einem Schreiben an den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 20.12.2006 bestätigt, dass er sich im August 2005 nicht mehr in der Lage gesehen habe, die Aufgaben des Betriebsratsvorsitzenden und die damit einhergehenden Mitbestimmungsrechte auszuüben (Bl. 164 d. A.). Im übrigen hätte sich ein Restmandat des Betriebsrates auch nicht funktional auf das Arbeitsverhältnis des Klägers erstreckt. Hierzu reiche der bloße Bestand eines Arbeitsverhältnisses nicht aus. Das Restmandat sei funktional begrenzt auf betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben, die sich daraus ergäben, das einzelne Arbeitnehmer noch mit Abwicklungsarbeiten beschäftigt würden. Der Kläger sei jedoch zu keinem Zeitpunkt mit derartigen Aufgaben betraut worden. Dies gelte entsprechend auch für die Kündigung vom 29.12.2005.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 05.04.2006 - 2 Ca 464/05 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Der Kläger bestreitet weiterhin die Betriebsstilllegung der Schuldnerin mit Nichtwissen und behauptet, der Betriebsratsvorsitzende A. sei auch im Rahmen des Restmandates dazu bereit gewesen, die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats auszuüben.

Das Gericht hat Beweis erhoben über die Behauptung des Beklagten, der Zeuge A. sei nach der Betriebsstilllegung und zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung gegenüber dem Kläger am 01.08.2005 nicht mehr zur Wahrnehmung von betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechten bereit gewesen durch Vernehmung des Zeugen A.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Kammerverhandlung vom 23.04.2007 Bezug genommen (Bl. 181 ff d.A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO).

II.

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.

1.

Die Kündigung des Beklagten vom 01.08.2005 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit Ablauf des 30.09.2005 beendet.

a.

Die Kündigung vom 01.08.2005 ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Der Beklagte hat das Arbeitsverhältnis des Klägers gekündigt, ohne vorher den Betriebsrat anzuhören. Die vorherige Anhörung des Betriebsrates ist gemäß § 102 BetrVG Wirksamkeitserfordernis für die Kündigung.

Dabei kann es offen bleiben, ob der Betrieb der Schuldnerin zum 30.06.2005 stillgelegt worden ist. In diesem Falle hätte der Beklagte den Zeugen A. gemäß §§ 21 b, 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vor Ausspruch der Kündigung vom 01.08.2005 von der beabsichtigten Kündigung unterrichten müssen.

b.

Nach § 21 b BetrVG behält der Betriebsrat im Falle der Betriebsstilllegung ein Restmandat. Dabei geht das Gesetz davon aus, dass das Restmandat erforderlich ist, weil durch die Stilllegung der Betrieb untergeht. Inhaltlich ist das Restmandat auf die Wahrnehmung der mit der Stilllegung im Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte beschränkt. Das Restmandat ist somit ein durch den Aufgabenbezug eingeschränktes Abwicklungsmandat. Es weist die Besonderheit auf, dass die Betriebsratsmitglieder eine Belegschaft repräsentieren, die es nicht mehr gibt. Die inhaltliche Beschränkung des Restmandats auf die mit der Betriebsstilllegung im Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte entspricht dem Zweck der Vorschrift zu verhindern, dass der Arbeitgeber diese Beteiligungsrechte durch raschen Vollzug der Betriebsstilllegung unterläuft. Das Restmandat ist funktional bezogen auf alle mit der Stilllegung im Zusammenhang stehenden betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte und die betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben, die sich daraus ergeben, dass trotz tatsächlicher Stilllegung des Betriebes noch nicht alle Arbeitsverhältnisse rechtlich beendet sind und einzelne Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten beschäftigt werden (BAG vom 23.11.1988 - 7 AZR 121/88 - BAGE 60, 192; BAG vom 14.10.1982 - 2 AZR 568/80 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 1).

Das Restmandat soll gewährleisten, dass die zur Abwicklung einer Betriebsstilllegung erforderlichen betrieblichen Regelungen tatsächlich noch getroffen werden können. Es setzt seinem Zweck nach einen die Betriebsstilllegung überdauernden Regelungsbedarf voraus (BAG vom 14.08.2001 - 1 ABR 52/00 - AP BetrVG 1972 § 21 b Nr. 1; BAG vom 05.10.2000 - 1 AZR 48/00 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 141; BAG vom 12.01.2000 - 7 ABR 61/98 - AP BetrVG 1972 § 24 Nr. 5). In funktionalem Zusammenhang mit der Betriebsstilllegung stehen vor allem die Beteiligungsrechte nach §§ 111 Satz 3 Nr. 1, Satz 1 und 2 und 112 BetrVG. In Betracht kommen aber auch Beteiligungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen wie z. B. bei Kündigungen oder Versetzungen von Arbeitnehmern (vgl. GK-BetrVG/Kreutz, 8. Auflage 2005, § 21 b BetrVG Rn. 7, 11 f.; Richardi/Thüsing, BetrVG, 10. Auflage 2006, § 21 b BetrVG Rn. 7 f.).

c.

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze war der Betriebsrat der Schuldnerin entgegen der Ansicht des Beklagten vor Ausspruch der Kündigung am 01.08.2005 gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG zu beteiligen.

aa.

Zweck der Beteiligung des Betriebsrates nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist zum einen die wegen der einschneidenden Bedeutung der Kündigung für den Arbeitnehmer verstärkte Einschaltung des Betriebsrates (vgl. Bericht des Ausschusses für Arbeits- und Sozialordnung, BT - Drucksache VI/2729 S. 7). Zum anderen soll auf der kollektiven Ebene sichergestellt werden, dass der Betriebsrat bei allen Maßnahmen eingeschaltet wird, die die personelle Zusammensetzung der Belegschaft betreffen (BAG vom 09.11.1977 - 5 AZR 132/76 - AP Nr. 13 zu internationales Privatrecht-Arbeitsrecht). § 102 BetrVG hat mithin eine kollektiv- und individualrechtliche Schutzfunktion (BAG vom 18.09.1975 - 2 AZR 594/74 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 6). Die vorherige Anhörung des Betriebsrates als striktes Wirksamkeitserfordernis einer Kündigung soll sicherstellen, dass der Arbeitgeber sich vor der Entscheidung für die Kündigung in jedem Falle mit etwaigen Einwendungen des Betriebsrates auseinandersetzt. Der Betriebsrat soll durch seine Stellungnahme zur Kündigungsabsicht des Arbeitgebers seine Meinung dazu kundtun, ob die vom Arbeitgeber mitgeteilten Tatsachen zutreffen und ob sie die Kündigung rechtfertigen. Er soll aber auch auf die Willensentscheidung des Arbeitgebers Einfluss nehmen, ob die Kündigungsbefugnis tatsächlich ausgeübt werden soll oder ob es - trotz möglichen Vorliegens eines Kündigungsgrundes - etwa aus sozialen Erwägungen oder Zweckmäßigkeitsgründen richtiger wäre, von einer Kündigung Abstand zu nehmen (BAG vom 19.01.1983 - 7 AZR 514/80 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 28).

bb.

Dieser Zweck der Vorschrift des § 102 BetrVG entfällt nicht bei im Zusammenhang mit einer Betriebsstilllegung noch anstehenden Kündigungen von Arbeitsverhältnissen. Soweit daher trotz bereits vollzogener Betriebsstilllegung noch einzelne Arbeitsverhältnisse abzuwickeln und Kündigungen auszusprechen sind, ist der Betriebsrat im Rahmen seines Restmandats nach § 21 b BetrVG gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG zu beteiligen. Insofern besteht nach dem Zweck des Restmandats ein die Betriebsstilllegung überdauernder Regelungsbedarf. Der Betriebsrat soll auch in diesem Fall die Möglichkeit haben, dazu Stellung zu nehmen, ob ggf. Gründe vorliegen, die es gebieten von einer Kündigung Abstand zu nehmen und sie zu einem anderen Zeitpunkt auszusprechen, etwa weil noch Restarbeiten anfallen. Dabei kann es auch nicht darauf ankommen, ob die Arbeitsverhältnisse der betreffenden Arbeitnehmer nur deshalb weiter bestanden, weil eine zuvor ausgesprochene Kündigung aus formalen Gründen unwirksam war (LAG Niedersachsen vom 06.03.2006 - 17 Sa 85/06 - JURIS). Es kommt auch nicht darauf an, dass kein Kündigungsschutz mehr besteht, denn das Beteiligungsrecht des Betriebsrates nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch dann zu beachten, wenn das Kündigungsschutzgesetz auf den Betrieb keine Anwendung findet oder der Arbeitnehmer in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses gekündigt wird (BAG vom 03.12.1998 - 2 AZR 234/98 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 99).

d.

Träger des Restmandates am 01.08.2005 war der Betriebsratsvorsitzende der Schuldnerin, der Zeuge A..

aa.

Das Restmandat gemäß § 21 b BetrVG ist von dem Betriebsrat auszuüben, der bei Beendigung des Vollmandats im Amt war. Maßgeblich für Größe und Zusammensetzung des das Restmandat ausübenden Betriebsrates ist der Zeitpunkt, zu dem das originäre Mandat endet und an seine Stelle das Restmandat tritt. War zu diesem Zeitpunkt die Mitgliederzahl des Betriebsrates auf Grund des früheren Ausscheidens von Mitgliedern sowie des Fehlens von Ersatzmitgliedern, die noch hätten nachrücken können, bereits unter die in § 9 BetrVG vorgeschriebene Mitgliederzahl gesunken, so führen die verbliebenen Mitglieder die Geschäfte gemäß §§ 13 Abs. 2 Nr. 2, 22 BetrVG weiter. Diesen noch verbliebenen Mitgliedern steht bei Entstehung des Restmandats dessen Ausübung zu.

bb.

Der bei der Schuldnerin gebildete Betriebsrat bestand ursprünglich aus sieben Mitgliedern. Sechs von diesen Mitgliedern waren bis zum 30.06.2005 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Schuldnerin ausgeschieden. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endete gemäß § 24 Nr. 3 BetrVG die Mitgliedschaft im Betriebsrat. Das Restmandat besteht, solange noch mindestens ein einköpfiger "Betriebsrat" existiert, der Willens ist, das Restmandat wahrzunehmen und im Zusammenhang mit der Betriebsstilllegung noch Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte offen sind (vgl. BAG vom 12.01.2000 - 7 ABR 61/98 - AP BetrVG 1972 § 24 Nr. 5; BAG vom 23.11.1998 - 7 AZR 121/88 - AP BGB § 613 a Nr. 77; BAG vom 24.03.1981 - 1 AZR 805/78 - AP BetrVG § 112 Nr. 12).

e.

Das Restmandat ist nicht durch Niederlegung erloschen.

aa.

Die das Restmandat ausübenden Betriebsratsmitglieder sind nicht gehindert, ihr Amt niederzulegen (Richardi/Thüsing, BetrVG, 10. Auflage 2006, § 21 b Rn. 11). Nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG kann ein Betriebsratsmitglied sein Betriebsratsamt jederzeit niederlegen. Deshalb kann auch das ein Restmandat ausübendes Betriebsratsmitglied nicht gezwungen werden, dieses gegen seinen Willen fortzuführen.

bb.

Die Amtsniederlegung erfolgt grundsätzlich gegenüber dem Betriebsrat bzw. dessen Vorsitzenden durch empfangsbedürftige Willenserklärung (vgl. GK-BetrVG/Oetker, 8. Auflage 2005, § 24 Rn. 10). Eine Form ist für die Amtsniederlegung nicht vorgeschrieben. Es genügt grundsätzlich die mündliche Erklärung gegenüber allen Mitgliedern des Betriebsrates oder seinem Vorsitzenden. Die Erklärung muss eindeutig sein; es gelten die allgemeinen Auslegungsgrundsätze des § 133 BGB. Von der Amtsniederlegung ist die bloße Absichtserklärung, das Amt niederlegen zu wollen, zu unterscheiden. Diese ist rechtlich bedeutungslos (Fitting//Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 23. Auflage 2006, § 24 Rn. 10 m. w. N.). Grundsätzlich ist eine Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber unbeachtlich. Besteht aber der Betriebsrat nur noch aus einem - noch verbliebenen - Mitglied, so genügt es, wenn dieses die Amtsniederlegung eindeutig verlautbart. Dabei ist eine Verlautbarung gegenüber dem Arbeitgeber jedenfalls dann ausreichend, wenn eine Belegschaft, die als Adressat der Erklärung ebenfalls in Betracht käme, tatsächlich nicht mehr vorhanden ist (BAG vom 12.01.2000 - 7 ABR 61/98 - AP BetrVG 1972 § 24 Nr. 5; Richardi/Thüsing, BetrVG, 10. Aufl. 2006, § 21 b BetrVG Rn. 11).

cc.

Der Beklagte hat nicht bewiesen, dass der Zeuge A. am 01.08.2005 nicht mehr Willens war, das Restmandat des Betriebsrates auszuüben. Nach der Beweisaufnahme ist die Kammer nicht der Überzeugung, dass der Zeuge A. sein Betriebsratsamt niedergelegt hat.

aaa.

Eine Amtsniederlegung hat der Zeuge A. nicht gegenüber dem Betriebsrat erklärt.

Der Zeuge A. hat bei seiner Vernehmung bekundet, er habe sein Amt als Betriebsratsvorsitzender bis zu dem Zeitpunkt seiner Erledigung ausgeübt. Dies sei der Fall gewesen, als die Belegschaft das Haus verlassen habe. Präzisierend hat der Zeuge A. sodann bekundet, dies sei für ihn der Zeitpunkt gewesen, als alle anderen Betriebsratsmitglieder ihre Kündigung ausgesprochen hätten. Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende K. und er hätten miteinander gesprochen und erklärt "das warŽs". Ob und inwieweit in diesem Gespräch über die Aufgabe des Betriebsratsamtes gesprochen worden ist, hat der Zeuge A. hingegen nicht bekundet. Die bloße Erklärung "das warŽs" lässt nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit auf den Willen zur Amtsniederlegung schließen.

bbb.

Für eine Amtsniederlegung fehlt es zudem an einem Zugang der Niederlegungserklärung bei den notwendigen Adressaten.

Dabei kann es vorliegend offen bleiben, ob der Zeuge A. gegenüber dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden K. diese Erklärung gemacht hat, als dieser noch bei der Schuldnerin beschäftigt war oder erst nach dessen Eigenkündigung. Im letzteren Fall wäre die Niederlegungserklärung gegenüber Herrn K. rechtlich bedeutungslos, weil dessen Betriebsratsamt mit der Eigenkündigung gemäß § 24 Nr. 3 BetrVG beendet war. Sollte das Gespräch vor der Eigenkündigung stattgefunden haben, fehlt es ebenfalls an einem Zugang der Niederlegungserklärung. Wenn in dem Gespräch sowohl der Zeuge A. als auch der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende K. ihr Betriebsratsamt niederlegen wollten, reicht es nicht aus, wenn sie dies nur jeweils dem anderen gegenüber erklärt haben. Diese Amtsniederlegung hätte nach außen kundgetan werden müssen. Ohne eine derartige Kundgabe war für die anderen Betriebsratsmitglieder, die Belegschaft und die Schuldnerin eine etwaige Amtsniederlegung und die damit unter Umständen verbundene Beendigung der Existenz des Betriebsrates nicht erkennbar.

Der Zeuge A. hat bekundet, das Gespräch zwischen ihm und dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden K. habe in der Woche stattgefunden, in der die anderen Betriebsratsmitglieder ihre Kündigungen ausgesprochen hätten. Der Ausspruch dieser Eigenkündigungen führte indes nicht zur Beendigung aller Arbeitsverhältnisse mit der Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt. Das Betriebsratsmitglied K. ist nicht auf Grund seiner Eigenkündigung bereits am 07.06.2005 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Schuldnerin ausgeschieden, sondern er hat sich mit der Schuldnerin und dem Beklagten darauf verständigt, dass das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen erst am 30.06.2005 beendet wird. Infolge dessen gab es zum Zeitpunkt des Gespräches des Zeugen A. mit dem stellvertretenden Betriebsratsmitglied K. noch ein weiteres Betriebsratsmitglied, dessen Arbeitsverhältnis nicht beendet war. Im Hinblick darauf hätte der Zeuge A. die Niederlegung seines Betriebsratsamtes auch dem Betriebsratsmitglied K. mitteilen müssen. Dass dies geschehen ist, hat der Zeuge A. nicht bekundet.

Selbst wenn der Zeuge A. davon ausgegangen sein sollte, dass die Betriebsratsmitgliedschaft von Herrn K. durch dessen Eigenkündigung bereits am 07.06.2005 sein Ende gefunden hat, hätte der Zeuge A. die Niederlegung seines Betriebsratsamtes gegenüber dem Geschäftsführer der Schuldnerin oder gegenüber dem Beklagten mitteilen müssen. Dies ist nicht geschehen. Auf Vorhalt hat der Zeuge A. lediglich erklärt, er habe nur mit Herrn K. über die Beendigung des Betriebsratsamtes gesprochen. Er könne nicht ausschließen, dass noch andere Gespräche stattgefunden hätten, konnte aber hierzu keine näheren Einzelheiten bekunden. Gegen eine Mitteilung der Niederlegung des Betriebsratsamtes gegenüber der Geschäftsführung der Schuldnerin spricht, dass der Zeuge A. ausgesagt hat, auch nach dem Gespräch mit Herrn K. sei er für den Geschäftsführer der Schuldnerin weiterhin der Betriebsratsvorsitzende gewesen.

ccc.

Eine Amtsniederlegung hat der Zeuge A. auch nicht gegenüber dem Beklagten erklärt.

Der Zeuge A. konnte nicht bestätigen, dass er gegenüber dem Beklagten mitgeteilt haben will, dass er nicht mehr bereit sei, die Tätigkeit eines Betriebsratsvorsitzenden wahrzunehmen. Aus der Aussage des Zeugen A., er halte es nicht für abwegig, so etwas gesagt zu haben, könne sich aber an konkrete Äußerungen nicht mehr erinnern, ist nicht mit der gebotenen Klarheit zu entnehmen, dass der Zeuge A. gegenüber dem Beklagten erklärt hat, dass er sein Betriebsratsamt niederlege bzw. bereits niedergelegt habe.

Dagegen spricht insbesondere, dass der Beklagte den Zeugen A. mehrere Monate später hinsichtlich der Kündigung vom 27.04.2006 in dessen Eigenschaft als Betriebsratsvorsitzender der Schuldnerin gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG angehört hat. In seinem Schreiben vom 27.04.2006 hat der Zeuge A. dem Beklagten auch nicht mitgeteilt, dass er die Anhörung nicht mehr für erforderlich halte, weil er sein Amt als Betriebsratsvorsitzender niedergelegt habe. Einen derartigen Hinweis enthält das Schreiben vom 27.04.2006 nicht, im Gegenteil: Der Zeuge A. hat dieses Schreiben mit "der Betriebsratsvorsitzende" unterzeichnet.

ddd.

Das Schreiben des Zeugen A. vom 20.12.2006 an den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist für die Frage der Niederlegung des Betriebsratsamtes durch den Zeugen A. zum Zeitpunkt der Kündigung vom 01.08.2005 bedeutungslos.

Somit hat der Beklagte nicht bewiesen, dass der Zeuge A. vor dem 01.08.2005 sein Betriebsratsamt wirksam niedergelegt hat. Es hätte deshalb eine Anhörung des Zeugen A. gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG vor Ausspruch der Kündigung am 01.08.2005 bedurft. Dies ist nicht geschehen, was die Unwirksamkeit der Kündigung vom 01.08.2005 gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG zur Folge hat.

2.

Die Kündigung des Beklagten vom 29.12.2005 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit Ablauf des 12.02.2006 bzw. mit Ablauf der zutreffenden Kündigungsfrist gemäß § 113 S. 2 InsO i. V. m. § 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB am 28.02.2006 beendet. Die Kündigung ist ebenfalls mangels zuvor erfolgter Anhörung des Betriebsrates gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

Auch vor dieser Kündigung hat eine Anhörung gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG des Zeugen A. nicht stattgefunden.

Dass zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung am 29.12.2005 das Arbeitsverhältnis des Zeugen A. mit der Schuldnerin bereits beendet war, steht dem Restmandat gemäß § 21 b BetrVG nicht entgegen. Das Restmandat gemäß § 21 b BetrVG besteht solange fort, bis sämtliche betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben abgewickelt sind. Dies war am 29.12.2005 im Hinblick auf die Anhörung gemäß § 102 BetrVG zu der beabsichtigten Kündigung des Klägers noch nicht der Fall.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

III.

Als unterlegene Partei hat der Beklagte die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Gründe, gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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