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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 05.12.2002
Aktenzeichen: 2 Ta 137/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 630
ZPO § 240
1. Ein Zeugnisrechtsstreit wird nicht gemäß § 240 ZPO durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen und ist deshalb gegen den Gemeinschuldner fortzusetzen.

2. Der Insolvenzverwalter ist nur dann zur Erteilung eines Arbeitszeugnisses verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer nach Insolvenzeröffnung weiterbeschäftigt wurde.

3. Die Zeugnisunterschrift muss nicht ausnahmslos vom Arbeitgeber selbst oder einem gesetzlichen Vertreter erfolgen.


LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG BESCHLUSS

2 Ta 137/02

in dem Rechtsstreit

wegen Zeugniserteilung/-berichtigung

Die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Werner ohne mündliche Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 18.07.2002, Az. 4 Ca 473/01, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf EUR 7.868,61 festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache unbegründet.

1. Der Kläger kann sich schon nicht auf einen vollstreckbaren Titel stützen, da die Vorschrift des § 278 Abs. 6 ZPO auf Verfahren, die im Jahr 2001 rechtshängig wurden, nicht anwendbar ist, was sich aus der Übergangsvorschrift des § 26 Ziff. 2 EGZPO ergibt. Danach sind für am 01.01.2002 anhängige Verfahren die einzeln aufgeführten Vorschriften, darunter § 278 ZPO, in der am 31.12.2001 geltenden Fassung weiter anzuwenden. Da das Verfahren mit der am 17.01.2001 eingegangenen Klage begann, war somit die Neufassung des § 278 ZPO und somit auch die Vorschrift des § 278 Abs. 6 ZPO neue Fassung noch nicht anwendbar, weshalb die Annahme des Vergleichsvorschlags des Gerichts durch die Parteien keinen gerichtlichen Vergleich im Sinne der Neufassung des § 278 Abs. 6 ZPO darstellte und somit ein vollstreckbarer Titel nicht vorliegt.

2. Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, wurde wegen des Zeugnisanspruchs das Verfahren durch die Insolvenzeröffnung nicht unterbrochen, so dass sich der Zeugnisanspruch weiter gegen die Gemeinschuldnerin richtete. Da der Kläger zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung schon längere Zeit ausgeschieden war, war nicht nur der Insolvenzverwalter schon nicht verpflichtet, dem Kläger ein Zeugnis zu erteilen (vgl. hierzu die vom Arbeitsgericht zitierte Entscheidung des BAG vom 30.01.1991, 5 AZR 32/90), vielmehr war der Rechtsstreit auch nach Insolvenzeröffnung gegen den Gemeinschuldner fortzusetzen, wobei das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 30.01.1991 sich auch auf die Entscheidung in BAGE 19, 146, 152 = AP Nr. 2 zu § 275 ZPO bezogen hat. Daraus ergibt sich, dass der Insolvenzverwalter die weiterhin zur Zeugniserteilung verpflichtete Gemeinschuldnerin nicht durch einen Vergleichsabschluss verpflichten konnte. Eine eigene Verpflichtung hätte der Insolvenzverwalter durch seine Unterschrift erfüllt, wenn der Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO n.F. wirksam wäre.

3. Offen bleiben kann, ob im Fall des Vorliegens eines Titels gegen die Gemeinschuldnerin der damalige Geschäftsführer der Beklagten L... das Zeugnis unterschreiben müsste. Das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung vom 26.06.2001, 9 AZR 392/00 = AP Nr. 27 zu § 630 BGB ausgeführt, der Zweck eines Arbeitszeugnisses, als Bewerbungsunterlage für künftige Arbeitgeber zu dienen, werde auch erfüllt, wenn das Zeugnis nicht vom bisherigen Arbeitgeber selbst oder seinem gesetzlichen Vertretungsorgan gefertigt und unterzeichnet werde. Der Arbeitgeber könne einen unternehmensangehörigen Vertreter als Erfüllungsgehilfen beauftragen, das Zeugnis in seinem Namen zu erstellen. In einem solchen Fall sei aber das Vertretungsverhältnis und die Funktion des Unterzeichners anzugeben, weil die Person und der Rang des Unterzeichnenden Aufschluss über die Wertschätzung des Arbeitnehmers und die Kompetenz des Ausstellers zur Beurteilung des Arbeitnehmers und damit über die Richtigkeit der im Zeugnis getroffenen Aussagen gebe. Das Zeugnis erfülle somit seinen Zweck als Bewerbungsunterlage nur, wenn es von einem "erkennbar Ranghöheren" ausgestellt sei. Wenn ein Arbeitszeugnis für einen Arbeitnehmer ausgestellt werde, der Gesamtprokura gehabt habe und direkt der Geschäftsleitung unterstellt gewesen sei, müsse das Zeugnis von einem Mitglied der Geschäftsleitung ausgestellt werden, wobei diese Person des Ausstellers im Zeugnis ausdrücklich zu nennen sei. Ob bei der Gemeinschuldnerin außer dem Geschäftsführer noch ein weiteres Mitglied der Geschäftsleitung vorhanden war, das als Ranghöherer das Zeugnis hätte unterschreiben können, kann dahinstehen, da der Kläger weder einen vollstreckbaren Titel besitzt noch der Insolvenzverwalter die weiter verpflichtete Gemeinschuldnerin rechtlich zur Zeugnisberichtigung verpflichten konnte.

Die sofortige Beschwerde des Klägers war somit als unbegründet zurückzuweisen mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 78 Satz 2 ArbGG; § 574 Abs. 1 Ziffer 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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