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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 19.03.2008
Aktenzeichen: 4 TaBV 35/07
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 40
Anforderungen an den Beurteilungsspielraum des Betriebsrats bei nachträglicher Sperrung eines bereits freigeschalteten Internetzugangs.
LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG BESCHLUSS

4 TaBV 35/07

Verkündet am 19. März 2008

in dem Beschlussverfahren

Die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Roth und die ehrenamtlichen Richter Arlt und N. Ziegler aufgrund der mündlichen Anhörung vom 12. März 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg - Kammer Aschaffenburg - vom 26.04.2007, Az.: 11 BV 36/06 A, abgeändert.

2. Der Beteiligten zu 2 wird aufgegeben, auf dem dem Antragsteller zur Verfügung gestellten Personalcomputer einen Internetzugang zu eröffnen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Eröffnung eines Internetzugangs für den Antragsteller.

Die Beteiligte zu 2 betreibt in B... ein Warenlager mit etwa 280 beschäftigten Arbeitnehmern. Bei dem Antragsteller handelt es sich um den neunköpfigen Betriebsrat dieses Warenlagers.

Das Warenlager ist bis zu einer Unternehmensaufspaltung im April 2007 von der Firma A... geführt worden. Zu dem Unternehmen gehörten ein weiteres Warenlager in C... und etwa 260 Verkaufsfilialen im ganzen Bundesgebiet.

Der Antragsteller teilte dem Leiter des Warenlagers, Herrn D..., mit Schreiben vom 10.02.2005 mit, dass er den Beschluss gefasst habe, für die "Durchführung seiner Geschäftsführung" die damalige Gesamtbetriebsvereinbarung über Internet, Intranet und E-Mail-Verkehr zu übernehmen. Ihm ist mit Wirkung ab dem 25.02.2005 für den ihm bereits zur Verfügung gestellten Personalcomputer von der IT-Centrale in Hamburg ein Internetanschluss freigeschaltet worden, ohne dass sich der genau Gang des Verfahrens noch aufklären lässt.

Mit E-Mail vom 20.06.2005 ist den damaligen Mitgliedern des Gesamtbetriebsausschusses mitgeteilt worden, dass zwar nicht für alle bestehenden Betriebsräte eine Freischaltung erforderlich sei, jedoch die Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses einen Zugang zum Internet erhalten.

Im zeitlichen Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung über die vom Antragsteller verursachten Reisekosten, insbesondere bei Schulungsmaßnahmen, ist im Dezember 2005 vom Leiter des Warenlagers veranlasst worden, dass der Internetanschluss wieder gesperrt wird. Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 15.12.2005 (Kopie Bl. 187 d.A.) protestiert, in der ohne Begründung erfolgten Sperrung des Internetanschlusses eine Verletzung der vertrauensvollen Zusammenarbeit gerügt und darauf hingewiesen, dass das Internet als wichtigstes und aktuellstes Informationsmedium zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratsarbeit erforderlich sei.

Mit dem am 06.04.2006 beim Arbeitsgericht Würzburg - Kammer Aschaffenburg - eingegangenem Antragsschriftsatz vom 04.04.2006 begehrt der Antragsteller die Eröffnung eines Internetzugangs auf dem ihm zur Verfügung gestellten Personalcomputer.

Wegen der Anträge der Beteiligten und ihres nähren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Würzburg - Kammer Aschaffenburg - hat mit Beschluss vom 26.04.2007 den Antrag zurückgewiesen und sich hierbei im Wesentlichen auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22.08.2006, Az.: 7 ABR 55/05, gestützt.

Die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers haben gegen den ihnen am 02.05.2007 zugestellten Beschluss mit Telefax vom Montag, den 04.06.2007, Beschwerde eingelegt und sie innerhalb der bis 02.08.2007 verlängerten Begründungsfrist mit Telefax vom 31.07.2007 begründet.

Bereits ab Juni 2006 ist dem neu gewähltem Betriebsratsvorsitzenden E... ein PC mit Internetanschluss zur Verfügung gestellt worden, nachdem er nach der Betriebsratswahl 2006 Mitglied des Gesamtbetriebsausschusses geworden ist. Dieser Internetzugang ist ihm im Monat April 2007 nach der Aufspaltung der Vorgängerfirma und der Übernahme des Warenlagers durch die Beteiligte zu 2 wieder entzogen worden.

Dem Antragsteller steht nach wie vor ein Personalcomputer mit Windows-Outlook-Funktion zu Verfügung, womit unternehmensweit mit allen Mitarbeitern, die ebenfalls über einen vernetzten Personalcomputer verfügen, kommuniziert werden kann, insbesondere mit Mitgliedern der Geschäftsführung in Hamburg.

Zwischen dem erstmals im Jahr 2004 gewählten Antragsteller und der Beteiligten zu 2 bzw. ihrer Vorgängerfirma sind bereits eine Vielzahl von rechtlichen Auseinandersetzungen geführt worden, vor der erkennenden Beschwerdekammer alleine in den letzten Monaten drei Beschwerdeverfahren.

Der Antragsteller meint, ihm stehe im Rahmen des § 40 Abs. 2 BetrVG ein Anspruch auf Zurverfügungstellung eines Internetanschlusses zu, um die zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben notwendigen Informationen schnell und aktuell verschaffen zu können. Bis zur Sperrung seines Internetzugangs habe er über das Internet u.a. aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, berufsgenossenschaftliche Vorschriften, aktuelle Gesetze, Verordnungen und technische Vorschriften, Musterbetriebsvereinbarungen und eine Mustergeschäftsordnung recherchiert und dabei insbesondere auf die Homepages des Bundesarbeitsgerichts, der Berufsgenossenschaft, der Gewerkschaft und der Einrichtung Soliserv zurückgegriffen. Anlässlich einer durchgeführten Umbaumaßnahme und einem laufenden einstweiligen Verfügungsverfahren habe er sich über das Internet zu schwierigen Fragen der Arbeitsstättenverodnung Informationen besorgt.

Da er den Internetzugang weder missbraucht habe noch von der Beteiligten zu 2 wegen der vereinbarte Flatrate Kostengesichtspunkte ins Feld geführt werden könnten, sei die sachlich nicht begründete Schließung des zur Verfügung gestellten Internetanschlusses eine widerrechtliche Maßnahme der Beteiligten zu 2. Nach Spaltung des Unternehmens sprächen auch keine firmenpolitischen Gründe mehr für die Vorgehensweise der Arbeitgeberin, da eine Sogwirkung auf die Betriebsräte in den vielen Verkaufsfilialen nicht mehr auftreten könne, da diese nunmehr zu einem anderen Unternehmen gehören.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer beantragt:

1. Den Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg - Kammer Aschaffenburg - vom 26.04.2007, Az.: 11 BV 35/06 A abzuändern;

2. der Arbeitgeberin aufzugeben, auf dem dem Betriebsrat zur Verfügung erstellten Personal Computer einen Internetzugang zu eröffnen.

Die Beteiligte zu 2 und Beschwerdegegnerin beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, die Beschwerde sei bereits als unzulässig zurückzuweisen, da sich die Beschwerdebegründung nicht ausreichend mit der Entscheidung des Erstgerichts auseinandersetze.

Die Nutzung des Internets sei in ihren Betrieben in B... und C... nicht üblich, denn die wenigen PC-Arbeitsplätze in der Administration und bei den Abteilungsleitungen seien überwiegend nicht mit einem Internetanschluss ausgestattet. Über einen solchen würden nur jeweils zwei Computerarbeitsplätze im administrativen Bereich verfügen. Von ihr werde das Internet nicht zum Wege der Informationsbeschaffung im Zusammenhang mit betriebsverfassungsrechtlichen Aufgabenstellungen genutzt.

Die Zurverfügungstellung des Internetanschlusses im Monat Februar 2005 habe weder auf einer Absprache mit dem damaligen Leiter des Warenlagers noch mit der Firmenzentrale der Rechtsvorgängerin in Hamburg beruht. Der Vorgang lasse sich nicht mehr administrativ aufklären. Konkrete Absprachen habe es nur zwischen der Firmenleitung der Rechtsvorgängerin und den Mitgliedern des Gesamtbetriebsausschusses gegeben. Anfang 2005 sei das Problembewusstsein für dieses Thema bei der Rechtsvorgängerin noch nicht hinreichend geschärft gewesen und es habe insbesondere noch keine direkte Anweisung an die Mitarbeiter der IT-Abteilung gegeben, einen Internetanschluss nur nach Genehmigung durch die Geschäftsleitung bzw. dem Filialleiter frei zu schalten. Der damalige Filialleiter habe erst im Zusammenhang mit der Diskussion der vom Antragsteller verursachten Reisekosten im Monat Dezember 2005 Kenntnis davon erlangt, dass der Antragsteller über einen Internetzugang verfüge. Dieser habe sich daraufhin an die zuständige Mitarbeiterin in der Firmenleitung gewandt, die die Freischaltung ebenfalls nicht veranlasst habe. Man sei daraufhin von einem eigenmächtigen Vorgehen des Antragstellers ausgegangen und habe dafür gesorgt, dass der Internetanschluss umgehend wieder gesperrt werde.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten nebst deren Anlagen und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist statthaft, § 87 Abs. 1 ArbGG und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 87 Abs. 2, 89, 66 ArbGG.

Die Beschwerde wendet sich ausreichend konkret gegen die Anforderungen, die das Erstgericht an die Erforderlichkeit des Sachmittels gemäß § 40 Abs. 2 BetrVGG stellt und bezieht sich diesbezüglich auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 03.09.2003.

2. Die Beschwerde ist sachlich begründet.

Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts steht dem Antragsteller ein Anspruch auf Einrichtung eines Internetzugangs gemäß § 40 Abs. Abs. 2 BetrVG zu.

a) Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus einer diesbezüglichen Vereinbarung der Betriebspartner.

In dem Verfahren konnte der Nachweis nicht erbracht werden, dass die Freischaltung des Internetanschlusses im Monat Februar 2005 auf einer Übereinkunft des Antragstellers mit der Leitung des Warenlagers in B... oder der Firmenleitung in Hamburg beruhte. Es ist zwar unstreitig, dass die Freischaltung seitens der dortigen EDV-Abteilung erfolgte, ob ein hierzu bevollmächtigter Vertreter der Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 2 dies zuvor genehmigte oder veranlasste, ließ sich indes nicht mehr aufklären.

Unstreitig bestand eine Vereinbarung nur zwischen der Firmenleitung der Rechtsvorgängerin und den Mitgliedern des Gesamtbetriebsausschusses.

Ob nach erfolgter Abspaltung der Beteiligten zu 2 und der Herausnahme des Betriebsratsvorsitzenden E... aus dem Kreis der bisher informationstechnisch privilegierten Gesamtbetriebsratsmitglieder die Beibehaltung des ihm zur Verfügung gestellten Internetzugangs unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und im Lichte des Gebotes der vertrauensvollen Zusammenarbeit gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG gefordert werden könnte, kann dahingestellt bleiben. Da sich die Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 2 stets darauf berufen hat, aufgrund des häufigen Kontakts der Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses mit der Firmenleitung in Hamburg sei die Freischaltung des Internetzugangs sachlich gerechtfertigt, könnte durchaus eine vergleichbare Situation gegeben sein. Die vom Antragsteller in den ersten Jahren seines Bestehens angestrebte Regelungsdichte und die von den Beteiligten diesbezüglich gezeigte Konfliktbereitschaft bringen es nämlich mit sich, dass sich der örtliche Betriebsratsvorsitzende nicht weniger häufig mit der Firmenleitung in Hamburg auseinanderzusetzen hat, wie ein normales Mitglied des Gesamtbetriebsausschusses.

b) Fehlt es an einer Einigung der Betriebsparteien, richtet sich der Anspruch des Betriebsrats nach § 40 Abs. 2 BetrVG.

aa) Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber den Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Büropersonal sowie Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen.

Die Prüfung, ob ein vom Betriebsrat verlangtes Sachmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, obliegt dem Betriebsrat. Die Entscheidung hierüber darf der Betriebsrat nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Von ihm wird vielmehr verlangt, dass er bei seiner Entscheidungsfindung die Betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt. Dabei hat er die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen. Diese Grundsätze gelten auch für das Verlangen des Betriebsrats auf Überlassung von Informations- und Kommunikationstechnik (so BAG vom 23.08.2006 - 7 ABR 55/05 - AP Nr. 88 zu § 40 BetrVG 1972; vom 03.09.2003 - 7 ABR 8/03 - AP Nr. 79 zu § 40 BetrVG 1972).

Die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit des verlangten Sachmittels unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist auf die Prüfung beschränkt, ob das verlangte Sachmittel aufgrund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und der Betriebsrat bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Dient das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben und hält sich die Interessenabwägung des Betriebsrats im Rahmen seines Beurteilungsspielraums, kann das Gericht die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch seine eigene ersetzen (so das BAG aaO).

bb) Zu den sachlichen Mitteln und der Informationstechnik i.S.d. § 40 Abs. 2 BetrVG gehört auch ein Zugang zum Internet. Der Betriebsrat durfte den Zugang zum Internet angesichts der konkreten betrieblichen Verhältnisse und der sich ihm stellenden gesetzlichen Aufgaben als Mittel zur Informationsbeschaffung für erforderlich halten. Dem Verlangen des Betriebsrats stehen berechtigte betriebliche Interessen der Arbeitgeberin nicht entgegen.

(a) Zu den Sachmitteln i.S.d. § 40 Abs. 2 BetrVG gehören die Hilfsmittel, die geeignet sind, den Betriebsrat die zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben notwendigen Informationen zu vermitteln. Dazu zählen u.a. arbeitsrechtliche Gesetzestexte, entsprechende Kommentare, Fachliteratur und Zeitschriften. Die dem Betriebsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz obliegenden Aufgaben lassen sich sachgerecht nur durch laufende und aktuelle Unterrichtung über die arbeits- und betriebsverfassungsrechtlichen Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung sowie insbesondere durch die daraus gewonnenen Erkenntnisse über mögliche Handlungsspielräume lösen. Solche Informationen kann sich ein Betriebsrat nicht allein durch Unterrichtung in den einschlägigen Gesetzen oder deren Erläuterungen in Kommentaren verschaffen. Vielmehr ist er zur verantwortlichen Wahrnehmung seiner Befugnisse auch auf die Unterrichtung durch andere Veröffentlichungen angewiesen, in denen diese Themen nach neuestem Stand fachlich dargestellt werden. Allerdings kann der Betriebsrat nicht ohne Rücksicht auf betriebliche Belange oder betriebsratsbezogene Notwendigkeiten den Zugang zu jeder Informationsquelle verlangen, die sich mit Themen seiner gesetzlichen Aufgabenstellung befasst. Vielmehr verlangt die normative Wertung des § 40 Abs. 2 BetrVG eine sachgerechte Abwägung der Belange beider Betriebsparteien. Da der Betriebsrat jedoch seine Geschäfte grundsätzlich eigenständig und eigenverantwortlich führt, ist er in der Entscheidung darüber frei, auf welche Weise er sich die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Informationen verschafft (so das BAG aaO).

Bei dem Internet handelt es sich um eine Quelle, die geeignet ist, dem Betriebsrat die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Informationen zu vermitteln. Über das Internet kann er sich nicht nur auf dem schnellsten Weg über die arbeits- und betriebsverfassungsrechtlichen Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung unterrichten, die von den Gesetzgebungsorganen und Gerichten im Internet dargestellt werden. Darüber hinaus kann sich der Betriebsrat mit Hilfe der im Internet zur Verfügung stehenden Suchmaschinen zu einzelnen betrieblichen Problemstellungen umfassend informieren, ohne auf Zufallsfunde in Zeitschriften oder Zeitungen, veralteten Kommentierungen oder längere Zeit zurückliegenden Gerichtsentscheidungen angewiesen zu sein (so BAG vom 03.09.2003, aaO).

(b) Der Antragsteller durfte den Anschluss des bereits vorhandenen Personalcomputers an das Internet angesichts der konkreten betrieblichen Verhältnisse als Mittel zur Informationsbeschaffung für erforderlich halten. Seiner Entscheidung stehen berechtigte betriebliche Interessen der Arbeitgeberin, insbesondere ihr Interesse an der Begrenzung der Kostentragungspflicht, nicht entgegen. Insoweit hält sich die Auswahlentscheidung des Betriebsrats für einen Internetanschluss im Rahmen des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums und kann gerichtlich nicht beanstandet werden.

Der Betriebsrat kann den Anspruch auf die Bereitstellung eines Internetzugangs nicht alleine auf die fortschreitende technische Entwicklung den allgemeinen Verbreitungsgrad der Nutzung des Internets stützen, denn die allgemeine Üblichkeit der Nutzung eines technischen Hilfsmittels besagt noch nichts über die Notwendigkeit, diese auch zur Bewältigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats einzusetzen.

Der Betriebsrat kann einen Internetzugang auch nicht allein deswegen verlangen, weil der Leiter des Warenlagers und Mitarbeiter im administrativen Bereich über einen Interzugang verfügen. Weder aus § 40 Abs. 2 BetrVG noch aus dem Benachteiligungsverbot des § 78 BetrVG oder aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit, § 2 Abs. 1 BetrVG, folgt die Pflicht des Arbeitgebers, dem Betriebsrat dieselben Sachmittel zur Verfügung zu stellen, die er selber nutzt (so das BAG vom 23.08.2006, aaO).

Lediglich soweit sich die Aufgaben von Arbeitgeber und Betriebsrat berühren, etwa bei der betrieblichen Mitwirkung und Mitbestimmung, kann der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnik auf Arbeitgeberseite den erforderlichen Umfang der dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellenden Sachmittel beeinflussen (so BAG vom 23.08.2006 und 03.09.2003, aaO).

In Ermangelung diesbezüglich Sachvortrags des Betriebsrats waren keine tatsächlichen Feststellung des Landesarbeitsgerichts darüber veranlasst, ob das Internet von der Arbeitgeberin in der Vergangenheit zum Zwecke der Informationsbeschaffung im Zusammenhang mit betriebsverfassungsrechtlichen Aufgabenstellungen tatsächlich genutzt worden ist. Notfalls müsste dieser Umstand, der sich quasi stündlich ändern kann, vor Ort gerichtlich geklärt werden.

Unter Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Verhältnisse und der sich ihm stellenden Aufgaben durfte im Streitfall der Betriebsrat den Zugang zum Internet zum Zwecke der Informationsbeschaffung für erforderlich halten.

Zwar verfügt der Antragsteller über einen Personalcomputer mit Netzwerkanschluss, der es ihm ermöglicht, unternehmensweit mit anderen Mitarbeitern, die über einen vernetzten PC-Arbeitsplatz verfügen, über das Windows-Outlook-Programm zu kommunizieren; insbesondere mit den Mitarbeitern der Firmenleitung in Hamburg und den dortigen Ansprechpartnern des Betriebsrats.

Auch ist die Nutzung des Internets zum Zwecke der Informationsbeschaffung im Betrieb der Arbeitgeberin bei der Erledigung betrieblicher Aufgaben nicht allgemein üblich, da nur der Betriebsleiter selbst und ein weiterer Mitarbeiter im administrativen Bereich über einen Internetzugang verfügen.

Auf der anderen Seite ist es aber in dem Betrieb B... auch nicht unüblich, dass das Internet vom Betriebsrat bzw. einzelnen Betriebsratsmitgliedern zur Informationsbeschaffung bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben eingesetzt wird.

Zum einen wurde dem Antragsteller im Jahr 2005 selbst ein Internetzugang zur Verfügung gestellt. Dies spricht gegen eine gänzliche Unüblichkeit, auch wenn sich das Verfahren, das zur Freischaltung geführt hat, nicht mehr im Einzelnen aufklären lässt.

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass mit Zustimmung der Arbeitgeberin im Jahr 2005 11 Mitgliedern des Gesamtbetriebsausschusses ein Internetzugang frei geschaltet worden ist und ab Mitte des Jahres 2006 zu dem begünstigten Personenkreis auch der Vorsitzende des Antragstellers gezählt hat.

Die Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 2 wollte mit der Beschränkung auf wenige Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses verhindern, dass auch jeder örtliche Betriebsrat in den vielen Verkaufsfilialen eine entsprechende technische Ausstattung verlangt. Dieser Internetanschluss diente auch nicht alleine der Kommunikation innerhalb dieses Gesamtbetriebsratsgremiums und mit der Firmenleitung, denn diesbezüglich hätten auch das unternehmensweit eingerichtete Intranet und der netzwerkinterne E-Mail-Verkehr ausgereicht. Insoweit war es bei der Rechtsvorgängerin spätestens ab Mitte des Jahres 2005 üblich, einem zahlenmäßig eng begrenzten Kreis von Betriebsratsmitgliedern zum Zwecke der Informationsbeschaffung einen Internetanschluss zu eröffnen. Hiervon erfasst wurde ab Mitte des Jahres 2006 auch der Betrieb in B..., da dem Betriebsratsvorsitzenden und Mitglied des Gesamtbetriebsausschusses E... ein Personalcomputer mit Internetanschluss zur Verfügung gestellt worden ist. Dass dieser ihn auch tatsächlich zur schnellen und aktuellen Informationsbeschaffung verwandt hat, ist von ihm im Anhörungstermin vom 29.03.2007 im Einzelnen dargelegt worden. Von ihm hätten wegen anstehender Umbauarbeiten im Rahmen einer anhängigen einstweiligen Verfügung kurzfristig schwierige Fragen der Arbeitsstättenverordnung geklärt werden müssen. Die Nutzung einer Suchmaschine sei zur Klärung dieser Fragen wichtig gewesen.

Die Argumente, die von der Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 2 zur Beschränkung der Anzahl der Internetnutzer herangezogen worden sind, können die Verweigerungshaltung nach der Unternehmensspaltung nicht tragen. Da die Beteiligte zu 2 nur noch über zwei Betriebe in B... und C... verfügt, können maximal nur zwei Internetanschlüsse betroffen sein. Der seit seiner Existenz besonders rührige, an der Schaffung kollektiven Rechts sehr interessierte und auch konfliktbereite Antragsteller ist nicht weniger als ein Mitglied des Gesamtbetriebssausschusses auf Kommunikation und Information angewiesen, weshalb für ihn nach der Unternehmensspaltung letztlich dieselben Argumente sprechen, wie früher bei der Rechtsvorgängerin für die Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses. Insoweit ist auf die vergangene Praxis hinsichtlich der Üblichkeit einer Informationsbeschaffung über das Internet abzustellen.

Darüber hinaus hat der Antragsteller auch konkret dargelegt, dass er zur Erledigung der betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben auf Informationen aus dem Internet angewiesen war. Insoweit spielen nicht nur die bereits dargestellte Umbaumaßnahme und Probleme mit der Arbeitsstättenverordnung eine Rolle sondern insbesondere - wie in der Beschwerdebegründung dargelegt - der Zugriff auf aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts. Beispielsweise zu Eingruppierungsfragen, die Gegenstand eines Beschluss- und Beschwerdeverfahrens gewesen sind. Des weiteren Vorschriften (Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, technische Regeln), die der Arbeitssicherheit und dem Gesundheitsschutz der Mitarbeiter dienen, sowie Muster-Betriebsvereinbarungen zu fast allen Fragen der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, wie sie über Suchmaschinen bzw. Datenbanken (z.B. Soliserv) ermittelt werden können. Hierbei handelt es sich um Informationen, die einem Betriebsrat, der bereits in der kurzen Zeit nach seiner Wahl eine Vielzahl der Mitbestimmungsbereiche durch Betriebsvereinbarungen regeln möchte, eine ungemein wichtige Informationsquelle zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben. Komplexe kollektive Regelungswerke, wie etwa die im vorliegenden Fall vorgelegte Betriebsvereinbarung über Intranet- und Internetnutzung oder die in einem Parallelfall vor der Beschwerdekammer vorgelegte Regelung der Arbeitszeit einzelner Abteilungen und Arbeitsschichten, lassen sich ohne sachverständigen Beistand oder den Zugriff auf sich in der Praxis bereits bewährte Vereinbarungsmuster nicht erarbeiten. Will sich der Betriebsrat im Rahmen laufender Verhandlungen vor der Einleitung eines Einigungsstellenverfahrens oder einer gerichtlichen Auseinandersetzung über Inhalt und Grenzen einzelner Mitbestimmungstatbestände Klarheit verschaffen, ist er entweder auf die externe Hinzuziehung eines Rechtsanwalts oder eigene ihm mögliche Recherchen angewiesen. Auch das Bundesarbeitsgericht erkennt in seiner Entscheidung vom 23.08.2006 an, dass die Verpflichtung zur internen Informationsbeschaffung vor Hinzuziehung eines Rechtsanwalts, der für den Arbeitgeber zusätzliche Kosten verursacht, von der dem Betriebsrat zur Verfügung stehenden Möglichkeit der internen Informationsbeschaffung abhängt und diese Möglichkeiten für einen Betriebsrat, dem kein Internetzugang zur Verfügung steht, begrenzter ist, als bei einem Betriebsrat, der über einen Internetzugang verfügt.

Insoweit sprechen im konkreten Fall Kostenminimierungsargumente für die Zurverfügungstellung eines Internetanschlusses und nicht dagegen. Kostengesichtspunkte werden von der Beteiligten zu 2 dem Begehren des Antragstellers auch nicht entgegen gehalten, denn unstreitig verfügt sie über einen unternehmens- oder betriebsweiten Flatrate-Vertrag, der die Kosten für einen zusätzlichen Internetanschluss begrenzt. Die zusätzlichen Energiekosten können vernachlässigt werden.

Der Antragsteller hat insoweit den Nachweis erbracht, dass es aufgrund konkreter betrieblicher Gegebenheiten erforderlich war, auf tagesaktuelle Vorschriften des Gesundheitsschutzes in der Arbeitssicherheit zurückzugreifen und innerhalb kurzer Zeit auf umfangreiche Datenbanken zuzugreifen. Da er hierbei die Kostenminderungsbestrebungen der Arbeitgeberin beachtet hat, in der Vergangenheit keine Missbrauchsfälle eingetreten sind und die Ermöglichung des Internetzugriffs auch nicht drohende Bezugnahmefälle einer Vielzahl anderer Betriebsräte drohen, hat er bei seiner Ermessensentscheidung auch die Belang der Arbeitgeberseite ausreichend berücksichtigt. Insofern ist das Begehren des Betriebsrats gerichtlich nicht zu beanstanden.

III.

1. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 2 Abs. 2 GKG.

2. Die Rechtsbeschwerde wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf den Beurteilungsspielraum des Betriebsrats und die Anforderungen an eine nachträgliche Sperrung eines bereits eröffneten Internetzugangs grundsätzliche Bedeutung beigemessen, §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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