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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 28.05.2002
Aktenzeichen: 6 (5) TaBV 29/01
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 37 Abs. 6
BetrVG § 29
1. Auch vier Wochenschulungen mit den Themen "Einführung ins Betriebsverfassungsrecht", "Mitbestimmungsrechte bei Kündigung", "Mitbestimmungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen" und "Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG" können für neu gewählte Betriebsratsmitglieder erforderliche Grundschulungen im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG sein, für die ein besonderer Nachweis der Erforderlichkeit der Kenntniserlangung nicht geführt werden muss.

2. Der Besuch dieser vier Schulungen ist jedenfalls dann nicht unverhältnismäßig, wenn während dieser Schulungen auch Grundkenntnisse des Arbeitsrechts vermittelt werden, die den Besuch eigener Grundschulungen zum Thema Arbeitsrecht überflüssig werden lassen.

3. Beschließt der Betriebsrat einen "Seminarplan", der einzelne Schulungsmaßnahmen enthält, die nicht als erforderlich erscheinen, dann führt dies nicht zur automatischen Unwirksamkeit der Entsendung anderer Betriebsratsmitglieder zu für sich betrachtet erforderlichen anderen Schulungsmaßnahmen.


Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss

6 (5) TaBV 29/01

Verkündet am 28. Mai 2002

wegen Sonstiges

Die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Nürnberg Vetter als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Schädel und Müller aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2002

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg - Az. 13 BV 170/00 - vom 28.02.2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Pflicht des Arbeitgebers, Betriebsratsmitglieder nach diversen Schulungsbesuchen zur Fortbildung als Betriebsräte von Lehrgangs- und Verpflegungs- bzw. Übernachtungskosten freizustellen.

Antragsteller - Beteiligter zu 1.) - ist der im Betrieb der Beteiligten zu 2.) bestehende Betriebsrat. Er besteht aus 11 Mitgliedern. Der Beteiligte zu 7.) ist Betriebsratsvorsitzender, ist schon längere Zeit Betriebsratsmitglied und war bereits auf mehreren Schulungsmaßnahmen zur Erlangung von Kenntnissen für die Betriebsratstätigkeit. Die Beteiligten zu 3.) bis 6.) und der Beteiligte zu 8.) sind im April 2000 neu in den Betriebsrat gewählte Mitglieder.

Der Betriebsrat beschloss in der Sitzung vom 08.05.2000 einen Seminarplan für das Jahr 2000, der über die streitgegenständlichen Schulungsmaßnahmen hinaus eine Vielzahl von weiteren Schulungsmaßnahmen für die Betriebsratsmitglieder vorsah, davon für 11 Betriebsrats- bzw. Ersatzbetriebsratsmitglieder den Besuch eines Grundseminars, für 8 Betriebsrats- bzw. Ersatzbetriebsratsmitglieder den Besuch des Seminars zum Thema Kündigungen, "etwaig" für 3 weitere, für 4 Betriebsrats- bzw. Ersatzbetriebsratsmitglieder den Besuch des Seminars zum Thema Personelle Einzelmaßnahmen, "etwaig" für 7 weitere, für 4 Betriebsratsmitglieder den Besuch des Seminars zum Thema "Soziale Angelegenheiten § 87", zusätzlich als "Fresh up" für den Betriebsratsvorsitzenden, sowie für den Betriebsratsvorsitzenden, den Beteiligten zu 7.), den Besuch des Seminars Durchführung und Gestaltung von Betriebsversammlungen (Seminarplan vgl. Bl. 20 f. d.A.).

Die Beteiligte zu 2.) lehnte die Genehmigung der Seminarbesuche ab. Die Beteiligten zu 3.) und 4.) besuchten die genannten vier Seminare im Zeitraum bis Oktober 2000. Die Beteiligten zu 5.) und 6.) besuchten neben dem Grundseminar das Seminar zum Thema Kündigungen. Der Beteiligte zu 8.) besuchte nur das Grundseminar. Der Beteiligte zu 7.), der Betriebsratsvorsitzende, besuchte das Seminar zum Thema Betriebsversammlungen.

Sämtliche Schulungsmaßnahmen wurden von der "Gemeinnützigen H... mbH" veranstaltet. Die Maßnahmen sollten laut Themenplan jeweils von Montag, 10.00 Uhr bis Freitag, 16.00 Uhr dauern; das Seminar zur Betriebsversammlung dauerte von Montag, 10.00 Uhr bis Mittwoch, 16.00 Uhr. Der Seminarplan sah folgende Themenbereiche vor:

1. Seminar Einführung in das Betriebsverfassungsrecht

* Begrüßung und Vorstellung der Teilnehmer, Information über technische und organisatorische Fragen

* Einführung in den Lehrgang, Information über Inhalte und Arbeitsweisen im Lehrgang

* Konkrete Probleme im Betrieb und in der Betriebsratsarbeit

* Systematisierung der Probleme

* Interessen und Erwartungen der Belegschaft an den Betriebsrat

* Interessen und Erwartungen der Unternehmer an den Betriebsrat

* Der Betriebsrat als Interessenvertreter der Beschäftigten - Funktion des Betriebsrats - Das Betriebsverfassungsgesetz im System der Rechtsordnung - Überblick und Systematik, Geschichte und Perspektive der Betriebsverfassung

* Einführung in die Grundsätze der Geschäftsführung des Betriebsrates und Organisation der Betriebsratsarbeit

* Behandlung von typischen betrieblichen Problemen an konkreten Beispielen. An diesen Beispielen werden wir die Handlungsmöglichkeiten der Betriebsräte erarbeiten: - Zusammenarbeiten der Interessenvertretung - Allgemeine Aufgaben des Betriebsrats (§ 80 BetrVG) - Nutzung von Beteiligungsrechten - Anforderungen an Geschäftsführung und Organisation der

Betriebsratsarbeit

* Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

* Entwicklung von Arbeitsperspektiven der Teilnehmerinnen und Teilnehmer

* weiterführende Lehrgänge für Betriebsratsmitglieder und Bildungsplanung im Betriebsrat

* Abschlussgespräch und Abschlusskritik

2. Seminar "Rechte und Möglichkeiten bei Kündigungen (§§ 102/103 BetrVG)"

* Begrüßung und organisatorische Einführung

* Vorstellung der Lehrgangsinhalte und Informationen über die verschiedenen Arbeitsweisen im Seminar

* Betriebliche Bestandsaufnahme im Bezug auf die inhaltlichen Schwerpunkte des Seminars und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die im Betrieb Beschäftigten

* Erarbeitung möglicher unterschiedlicher Interessen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat in der Frage von Kündigungen

* Verzahnung der individualrechtlichen (Kündigungsschutzgesetz) und kollektivrechtlichen (BetrVG) Ebene im Rahmen der juristischen Normenpyramide

* Einordnung von "Abmahnung", "Aufhebungsvertrag" und "Ausgleichsquittung" in das Ablaufschema des betrieblichen Konflikts

* Besuch beim Arbeitsgericht und anschließende Diskussion zu den behandelten Rechtsfällen

* Zum Thema Kündigung/Kündigungsschutzprozess

* Die Einhaltung von Formalien und Fristen als wesentliche Voraussetzung der Widerspruchsmöglichkeiten des Betriebsrats im Falle der arbeitgeberseitigen Kündigung

* Aktuelle Rechtssprechung zum Themenkomplex "Kündigung"

* Behandlung von typischen betrieblichen Problemen an konkreten Beispielen: genaue Fixierung eines Handlungsplans

* Handlungsspiel zum Thema "Betriebsrat und Kündigung" - Auswertung

* Zusammenfassung der Ergebnisse des Lehrgangs und Ausblick auf die weitere Arbeit der Betriebsräte

* Besprechung weiterer offener Fragen

* Weiterführende Seminare für Betriebsratsmitglieder und Bildungsplanung

* Abschlussgespräch und Seminarkritik

3. Aufbauschulung "Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen, §§ 99 - 101 BetrVG"

* Begrüßung und organisatorische Einführung

* Bestandsaufnahme der bisher geleisteten Betriebsratstätigkeit

* Erfahrungsaustausch der konkreten, auf das Thema bezogenen Probleme bei der Betriebsratsarbeit im Betrieb

* Auswirkungen der betrieblichen Probleme auf die Beschäftigten

* Die unterschiedlichen Interessen von Betriebsräten und Arbeitgebern im Rahmen von personellen Einzelmaßnahmen und der Personalplanung

* Die Personalplanung im Spiegelbild der juristischen Hierarchie: Entwicklung der Normenpyramide unter Einbeziehung des Ordnungs- und Günstigkeitsprinzips

* Die individualrechtliche Seite bei personellen Einzelmaßnahmen (Arbeitsvertrag u.a.)

* Die Möglichkeiten des Betriebsrats bei Einstellungen, Versetzungen, Ein- und Umgruppierung

* Besuch beim Arbeitsgericht und anschließende Diskussion zu den behandelten Rechtsfällen zum Thema personelle Einzelmaßnahmen

* Welche Formalien und Fristen muss der Betriebsrat im Rahmen von §§ 99 ff. BetrVG beachten?

* Behandlung von typischen betrieblichen Problemen an konkreten Beispielen: genaue Fixierung eines Handlungsplanes

* Handlungsspiel "Betriebsrat und personelle Einzelmaßnahmen" - Auswertung

* Zusammenfassung des Lehrgangs und die Frage, welche Konsequenzen sich daraus für die zukünftige Arbeit ableiten können

* Besprechung weiterer offener Fragen

* Abschlussgespräch und Abschlusskritik

4. Aufbauschulung "Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, § 87 BetrVG"

* Begrüßung und organisatorische Einführung in den Lehrgang

* Bestandsaufnahme der bisher geleisteten Betriebsratstätigkeit

* Herausarbeiten der konkreten Probleme bei der Arbeit als Interessenvertretung im Betrieb

* Reichweite der Mitbestimmungsmöglichkeiten bei den konkreten Problemen: Überblick über Mitbestimmungsbereiche, Entwicklung von Möglichkeiten der Gestaltung durch die Mitbestimmung

* Methodische Vorgehensweise: Informationsbeschaffung, Situationsanalyse, Ziele und Forderungen des Betriebsrats

* Praktische Handlungsmöglichkeiten: Durchsetzen einer Betriebsvereinbarung, Betriebspolitische Handlungsmöglichkeiten, Information/Einbeziehung der Belegschaft

* Umsetzung der Betriebsvereinbarung

* Zusammenfassung der Bedingungen: Handlungsplan fixieren

* Handlungsspiel "Mitbestimmungsverfahren" und Auswertung

* Zusammenfassung und Konsequenzen für die Betriebsratsarbeit: Gesamteinschätzung über betriebliche Mitbestimmung, Besprechung offener Fragen, Auswertung des Lehrgangs, Weiterqualifizierungsmöglichkeiten des Betriebsrats

5. Seminar "Durchführung und Gestaltung von Betriebsversammlungen"

* Begrüßung und Vorstellung der Teilnehmer

* Einführung in den organisatorischen Ablauf des Seminars

* Betriebsspezifische Erfahrungen und Probleme im Zusammenhang mit Betriebsversammlungen

* Rechtliche Aspekte der Betriebsversammlung: Welche Rechte und Pflichten nach dem Betriebsverfassungsgesetz hat der Betriebsrat?

* Wie muss ein Rechenschaftsbericht aussehen und welche Fakten kann/muss er enthalten?

* Wie stellt sich der Betriebsrat in der Betriebsversammlung dar?

* Praktische Übungen mit technischen Hilfsmitteln

* Einübung einer Betriebsversammlung anhand von Beispielen

* Zusammenfassung und Abschluss des Seminars

Die Beteiligte zu 2.) weigerte sich in der Folge, die vom Schulungsträger geltend gemachten Lehrgangskosten in Höhe von pro Teilnehmer jeweils 1.586,47 DM (Seminar 1) bzw. 1.625,28 DM (Seminar 2) bzw. 1.621,80 DM (Seminar 3) bzw. 1.564,34 DM (Seminar 4) bzw. 1.067,28 DM (Seminar 5) zu bezahlen. Dies gilt ebenso für die Übernachtungs- und Verpflegungskosten von pro Teilnehmer 698,70 DM (Seminare 1, 3 und 4) bzw. 699,- DM (Seminar 2) bzw. 395,- DM (Seminar 5).

Der antragstellende Beteiligte zu 1.) vertritt die Auffassung, die Beteiligte zu 2.) sei zum Ausgleich der Lehrgangskosten wie der Übernachtungs- und Verpflegungskosten verpflichtet. Sämtliche Seminarbesuche seien ordnungsgemäß durch das Betriebsratsgremium beschlossen worden. Die Seminare seien sämtlich für die Arbeit des Betriebsratsgremiums erforderlich gewesen.

Der antragstellende Beteiligte zu 1.) hat daher im Verfahren vor dem Arbeitsgericht folgende Anträge gestellt:

1. Die Beteiligte zu 2 und Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Betriebsratsmitglieder B., K., M. und J. von Schulungskosten in Höhe von jeweils 1.585,47 DM sowie Übernachtungskosten in Höhe von jeweils 698,70 DM gegenüber dem Schulungsträger Gemeinnützige H. mbH wegen des Besuchs der Schulungsveranstaltung zum Thema "Einführung in das Betriebsverfassungsrecht" mit der Seminar-Nr. 2100-0 05222 vom 22.05. bis zum 26.05.2000 im Hotel "V.", in ... freizustellen.

2. Die Beteiligte zu 2 und Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Betriebsratsmitglieder B., K., M. und J. von Schulungskosten in Höhe von jeweils 1.625,28 DM sowie Übernachtungskosten in Höhe von jeweils 699,- DM gegenüber dem Schulungsträger Gemeinnützige H. mbH wegen des Besuchs der Schulungsveranstaltung zum Thema "Rechte und Möglichkeiten bei Kündigungen, §§ 102, 103 BetrVG", mit der Seminar-Nr. 2100-0 06051 vom 05.06. bis zum 09.06.2000 im Hotel "M.", in ..., freizustellen.

3. Die Beteiligte zu 2 und Antragsgegnerin wird verpflichtet, das Betriebsratsmitglied E. von Schulungskosten in Höhe von 1.067,28 DM sowie Übernachtungskosten in Höhe von 395,- DM gegenüber dem Schulungsträger Gemeinnützige H. mbH wegen des Besuchs der Schulungsveranstaltung zum Thema "Durchführung und Gestaltung von Betriebsversammlungen" mit der Seminar-Nr. 2100-0 07101 vom 10.07. bis 12.07.2000 im Hotel "V.", in ..., freizustellen.

4. Die Beteiligte zu 2 und Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Betriebsratsmitglieder B. und K. von Schulungskosten in Höhe von jeweils 1.621,80 DM sowie Übernachtungskosten in Höhe von jeweils 698,70 DM gegenüber dem Schulungsträger Gemeinnützige H. mbH wegen des Besuchs der Schulungsveranstaltung zum Thema "Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen, §§ 99 - 101 BetrVG", Seminar-Nr. 2100-0 07311 vom 31.07. bis 04.08.2000 im Hotel "M.", in ..., freizustellen.

5. Die Beteiligte zu 2 und Antragsgegnerin wird verpflichtet, das Betriebsratsmitglied H. von Schulungskosten in Höhe von 1.586,47 DM gegenüber dem Schulungsträger Gemeinnützige H. mbH wegen des Besuchs der Schulungsveranstaltung zum Thema "Einführung in das Betriebsverfassungsrecht", mit der Seminar-Nr. 2100-0 09181 vom 18.09. bis 22.09.2000 im Hotel "P.", in ..., freizustellen.

6. Die Beteiligte zu 2 und Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Betriebsratsmitglieder K. und B. von Schulungskosten in Höhe von jeweils 1.564,34 DM sowie Übernachtungskosten in Höhe von jeweils 698,70 DM gegenüber dem Schulungsträger Gemeinnützige H. mbH wegen des Besuchs der Schulungsveranstaltung zum Thema "Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, § 87 BetrVG" mit der Seminar-Nr. 2100-010091, vom 09.10. bis 13.10.2000 im Hotel "V.", in ..., freizustellen.

Die Beteiligte zu 2.) hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie hat im wesentlichen vorgetragen, der Beschluss des Betriebsrats zur Entsendung der Mitglieder auf die Schulungen sei nicht ordnungsgemäß gefasst worden. So sei eine ordnungsgemäße Ladung zur Sitzung vom 08.05.2000 nicht erfolgt, den Betriebsratsmitgliedern habe bei der Abstimmung keine oder keine ausreichende Themenübersicht vorgelegen, die Rechnungen seien inhaltlich nicht richtig und der Höhe nach nicht begründet. Sie hat weiter ausgeführt, die Teilnahme an den Seminaren sei nicht erforderlich gewesen, weil es sich außer beim Seminar 1 um keine Grundlagenseminare gehandelt habe, in denen allgemeine Kenntnisse über die Betriebsratsarbeit vermittelt worden wäre. Für die Sonderthemen habe kein betrieblicher Anlass bestanden. Sie meint, der Betriebsrat habe bei der Festlegung der Themen die betrieblichen Notwendigkeiten nicht berücksichtigt und den Beschluss über die Teilnahme zwar im Anschluss an die Sitzung vom 08.05.2000 an sie weitergegeben, dies sei jedoch nicht rechtzeitig gewesen.

Das Arbeitsgericht hat umfangreich Beweis erhoben über die Ladung zur Betriebsratssitzung unter Angabe der Tagesordnung sowie über die Erörterung und Beschlussfassung über die einzelnen Seminare anhand einiger Exemplare des Schulungsplans des Seminarveranstalters (Niederschrift über die Sitzung vom 22.06.2001, Bl. 114 ff. d.A.).

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 22.06.2001 in vollem Umfang entsprechend den Anträgen des Beteiligten zu 1.) erkannt.

Es hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, es sei in der Betriebsratssitzung vom 08.05.2000 ein wirksamer Entsendungsbeschluss gefasst worden. Nach der Beweisaufnahme sei das Gericht überzeugt, dass eine ordnungsgemäße Ladung unter Angabe der Tagesordnung am Donnerstag oder Freitag, den 04. bzw. 05.05. erfolgt sei. Auch die Ladung von Ersatzmitgliedern sei hiernach ordnungsgemäß erfolgt. Der Betriebsrat sei beschlussfähig gewesen und habe mit der erforderlichen Stimmenmehrheit abgestimmt. Das Seminarprogramm habe den Mitgliedern in einigen Exemplaren und damit in ausreichender Form bei der Beschlussfassung vorgelegen. Das Seminarprogramm sei ausreichend detailliert gewesen, um den Betriebsratsmitgliedern als Entscheidungsgrundlage dienen zu können. Die Erforderlichkeit der Schulungsmaßnahmen sei ebenso wie die betrieblichen Notwendigkeiten erörtert worden. Die Seminare seien für die Betriebsratstätigkeit nach § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlich gewesen, zumal es ausreichend sei, dass dies vom Betriebsrat aus damaliger Sicht vernünftigerweise habe angenommen werden dürfen. Die Dauer der Schulung entspreche ebenso wie die Anzahl der entsandten Mitglieder dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Hierbei seien nur die tatsächlich durchgeführten, nicht die beschlossenen Seminare zu berücksichtigen. Auch die Kosten seien plausibel vorgetragen und nicht unverhältnismäßig. Die Teilnehmer hafteten letztlich für die Kosten, so dass unerheblich sei, an wen die Rechnungen geschickt worden seien.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist der Beteiligten zu 2.) ausweislich des Empfangsbekenntnisses ihrer Vertreter am 11.07.2001 zugestellt worden. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2.) vom 07.08.2001 ist beim Landesarbeitsgericht am selben Tag eingegangen. Die Beschwerdebegründung ist nach bis 08.10.2001 verlängerter Begründungsfrist am 04.10.2001 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Die Beteiligte zu 2.) begründet ihre Beschwerde im wesentlichen damit, der Betriebsratsbeschluss vom 08.05.2000 sei insgesamt unwirksam. Unwirksamkeit des gesamten Beschlusses sei schon dann gegeben, wenn nur eines der beschlossenen Seminare hinsichtlich Inhalt oder Anzahl der vorgesehenen Teilnehmer nicht mit § 37 Abs. 6 BetrVG vereinbar sei. Der Betriebsrat habe nämlich über die gesamte Vorlage abgestimmt, nicht über jedes einzelne Seminar. Die Annahme einer nachträglichen Teilwirksamkeit des Beschlusses bezogen auf einen Teil der Seminare würde zu einer für die Arbeitgeberseite unerträglichen Rechtsunsicherheit führen. Es drohe ansonsten die Gefahr des Missbrauches durch den Betriebsrat: Er könne regelmäßig einen die Grenze des Erforderlichen überschreitenden Beschluss fassen, den dann das Arbeitsgericht auf das angemessene Maß reduzieren würde. Eine solche Überlagerung von Kompetenzen vom Betriebsrat auf das Arbeitsgericht stelle einen Verstoß gegen die gesetzliche Kompetenzverteilung dar.

Der Betriebsrat habe die Teilnahme von insgesamt elf Betriebsratsmitgliedern an den Seminaren gemäß Seminarplan nicht für erforderlich halten dürfen. Es sei aus Sicht eines vernünftigen Betriebsrats im Zeitpunkt der Beschlussfassung auch ersichtlich gewesen, dass die Entsendung in der vorgenommenen Form zu einer nicht hinnehmbaren Beeinträchtigung des Arbeitsablaufes und zur Überbelastung der anderen Arbeitnehmer sowie zu weit übermäßigen Kosten führen würde. Eine effektive Betriebsratsarbeit wäre auch gewährleistet gewesen, wenn lediglich die Entsendung der neugewählten Betriebsratsmitglieder zu einer umfassenden Erstschulung beschlossen worden wäre.

Die Beteiligte zu 2.) meint, durch die Entsendung der fünf Betriebsratsmitglieder zum Seminar 1 "Einführung" seien unverhältnismäßige Kosten entstanden. Die Seminardauer von fünf Tagen überschreite den zeitlich zumutbaren Rahmen. Ein Einführungsseminar habe sich auf die Vermittlung von Grundwissen zu beschränken, wozu die Übersicht über die Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG, der Vorrang von Gesetz und Tarifvertrag nach § 87 Abs. 1 Eingangssatz, die Unterscheidung zwischen Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechten, methodische Regelungsmöglichkeiten im Falle der Einigung, die Einigungsstelle und zivilrechtliche, strafrechtliche sowie behördliche Verfolgung von Verstößen gehörten. Dies alles sei, wie schon aus der Seminarankündigung für die Betriebsratsmitglieder ersichtlich gewesen sei, bei der als Einführungsschulung bezeichneten Veranstaltung nicht gelehrt worden. Die Schulungen seien unzureichend, weil sie nicht die erforderlichen Kenntnisse vermittelt habe, und von daher unverhältnismäßig und nicht erforderlich gewesen.

Ähnliches gelte für das Seminar 2 "Kündigung". Der Betriebsrat habe hierbei nur ein begrenztes Mitwirkungsrecht. Eine fünftägige Schulung verursache unverhältnismäßig hohe Kosten. Dasselbe gelte für das Seminar 3 "personelle Maßnahmen". Es werde hier nur ein partielles Wissen zu den in § 99 BetrVG normierten Mitbestimmungstatbeständen vermittelt. Eine effektive und individuelle Betriebsratsarbeit eines jeden Betriebsratsmitglieds sei auf Grundlage dieses Wissens nicht möglich. Hierfür sei ein systematischer Überblick über sämtliche Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte unerlässliche Voraussetzung.

Unangemessen lang und daher unverhältnismäßig sei auch die Schulungsdauer beim Seminar 4 "Mitbestimmungsrechte nach § 87". Die lediglich partielle Vermittlung von Grundlagenwissen gewährleiste lediglich einen geringen Teil der effektiven Betriebsratsarbeit eines jeden Betriebsratsmitglieds. Dieser nur beschränkte Nutzen stehe in einem nicht vertretbaren Verhältnis zum Aufwand des Arbeitgebers in Form der Arbeitsbefreiung und der Aufwendungen. Würde jeder einzelne Aspekt in Form der Grundlagenschulung erörtert, müsste jeder Arbeitgeber jedes neugewählte Betriebsratsmitglied 30 Tage auf Schulung gehen lassen. Dies sei unzumutbar.

Nicht verhältnismäßig sei auch die Schulung des Betriebsratsvorsitzenden zum Thema Betriebsversammlung. Das Bundesarbeitsgericht akzeptiere hier allenfalls zwei Tage Schulungsdauer, nicht fünf Tage.

Die Beteiligte zu 2.) stellt als Beschwerdeführerin daher den Antrag,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 22.06.2001 - Az. 13 BV 170/00 - aufzuheben und die Anträge zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 1.) stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die weiteren Beteiligten haben Anträge nicht gestellt.

Der Beteiligte zu 2.) verteidigt den Beschluss des Arbeitsgerichts. Er meint, die Zusammenfassung einer Vielzahl von Seminaren in einem Seminarplan sei nicht zu beanstanden. Dies sei nicht anders zu werten, als wenn der Betriebsrat über jedes Seminar einzeln abgestimmt hätte. Maßgeblich seien allein die durchgeführten streitgegenständlichen Maßnahmen. Eine Überlastung der übrigen mehr als 1.000 Beschäftigten durch den gleichzeitigen Besuch eines einwöchigen Seminars durch vier Betriebsratsmitglieder sei nicht eingetreten. Ein übermäßiger Kostenaufwand sei nicht entstanden. Die Seminarreihe entspreche dem pädagogischen Konzept, das die meisten Fortbildungsträger anböten. Sämtliche besuchten Seminare seien für die Betriebsratsarbeit erforderlich gewesen. Dies gelte auch für das Seminar zum Thema Betriebsversammlungen, das immerhin nur der Betriebsratsvorsitzende besucht habe; im übrigen habe dieses Seminar nur drei Tage gedauert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Ziffer I der Gründe des Beschlusses des Erstgerichts vom 22.06.2001 (Bl. 131 ff. d.A.), die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 28.05.2002 (Bl. 265 ff. d.A.) und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 87 ff. ArbGG). Sie ist insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 89, 87 Abs. 2, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 518, 519 ZPO, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG, jeweils in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung, vgl. § 26 Nr. 5 EG-ZPO).

2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den geltend gemachten Ansprüchen des Betriebsrats auf Freistellung der Betriebsratsmitglieder von den Schulungskosten zu Recht in vollem Umfang stattgegeben. Die Freistellungspflicht der Beteiligten zu 2.) ergibt sich aus § 40 BetrVG. Antragsbefugt ist auch der Beteiligte zu 1.) als Organ, allerdings - wie vorliegend zu Recht geltend gemacht - gerichtet auf die Freistellung seiner Mitglieder von denjenigen Kosten, welche diese ansonsten zu tragen hätten (umfassend hierzu vgl. etwa Etzel, Betriebsverfassungsrecht, 8. Aufl. 2002, Buchstabe B RdNrn. 397 f. mit weiteren Nachweisen).

Die Beschwerdekammer folgt zunächst den sehr sorgfältigen, umfassenden und in keinem Punkt zu beanstandenden Ausführungen des Erstgerichts, so dass insoweit auf eine nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann (entsprechend § 543 Abs. 1 ZPO in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung; zur entsprechenden Geltung dieser Vorschrift im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren vgl. BAG vom 31.01.1985, AP Nr. 2 zu § 92 ArbGG 1979; Grunsky, ArbGG, 7. Aufl. 1995, § 91 RdNr. 3).

3. Nur ergänzend wird im Hinblick auf die in der Beschwerde dargestellten Erwägungen der Beteiligten zu 2.) hinzugefügt:

a. Auch die Beschwerdekammer hat an der formellen Wirksamkeit des Betriebsratsbeschlusses vom 08.05.2000, in welchem die streitgegenständlichen Schulungsmaßnahmen beschlossen worden sind, keinen Zweifel. Insbesondere ist von ordnungsgemäßer Ladung - einschließlich der Mitteilung der Tagesordnung - auszugehen. Dabei hat die Beteiligte zu 2.) die nach Zeugenvernehmung gewonnene Wertung des Erstgerichts nicht beanstandet, der Betriebsratsvorsitzende habe die Ladungen mit dem Tagesordnungspunkt "Seminarplan 2000" spätestens am 04.05.2000 an die Betriebsratsmitglieder versandt. Auch die Kammer sieht keine Veranlassung, an dieser gewonnenen, im Beschluss nachvollziehbar begründeten Überzeugung des Erstgerichts zu zweifeln.

Eine solche Ladung erscheint aber noch als rechtzeitig. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass gerade die Kurzfristigkeit der Ladung ein Betriebsratsmitglied am Erscheinen gehindert hätte, noch weniger, dass die Sitzung vom Betriebsratsvorsitzenden bewusst und gewollt zeitlich so knapp gelegt worden wäre, um die Teilnahme eines bestimmten Mitglieds an der Sitzung zu verhindern. In einem solchen Fall ist die Ladung am Arbeitstag vor der Sitzung zwar als knapp, aber noch als ausreichend anzusehen.

Dies gilt auch mit Blick auf den Tagesordnungspunkt "Seminarplan 2000". Die rechtzeitige Angabe der Tagesordnung hat den Sinn, dass die Betriebsratsmitglieder sich auf die Sitzung einstellen und sich mit den Tagesordnungspunkten vertraut machen können. Je komplexer der Tagesordnungspunkt, um so mehr Zeit wird man den Betriebsratsmitgliedern lassen müssen, um sich auf diesen Punkt - etwa durch Nachfragen bei betroffenen Arbeitnehmern oder anderen Betriebsräten, Lesen von Kommentaren und Einholen von Ratschlägen bei Gewerkschaftssekretären, Lesen und Erstellen von Unterlagen - vorbereiten zu können. Dies ist für jeden Tagesordnungspunkt gesondert festzustellen. Für den Punkt "Seminarplan" ist zunächst zu beachten, dass offenbar keines der auf der Sitzung anwesenden Betriebsratsmitglieder eine fehlende Rechtzeitigkeit gerügt hat. Soweit die Betriebsratsmitglieder in der Sitzung anwesend waren, haben sie schon damit zu erkennen gegeben, dass gegen die Behandlung dieses Punktes keine Einwendungen bestanden; sie haben die Rechtzeitigkeit damit anerkannt (so im Ergebnis auch BAG vom 29.04.1992 EzA § 38 BetrVG 1972 Nr. 13 unter B.II.2.c) der Gründe). Es bestehen - im Hinblick auf das nicht erschienene Mitglied von R. - auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eine weitergehende Vorbereitung, die nicht an einem Arbeitstag bzw. an drei Kalendertagen hätte erledigt werden können, zur Vorbereitung auf diesen Tagesordnungspunkt notwendig gewesen wäre. Letztlich musste das Betriebsratsmitglied nur überlegen, ob überhaupt und wenn ja welche Schulungen für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sein würden. Angesichts dessen, dass es sich um neu gewählte Mitglieder handelte, ist nicht ersichtlich, welcher besonderen Vorbereitungen es hierzu bedurft hätte. Auch die Tagesordnung wurde daher rechtzeitig mitgeteilt.

Schließlich genügt, wie das Erstgericht zu Recht festgestellt hat, auch die Benennung des Punktes "Seminarplan" den Anforderungen an eine ausreichende Bestimmtheit der Tagesordnung. Diese muss so detailliert sein, dass das Betriebsratsmitglied erkennen kann, worum es gehen soll, so dass eine entsprechende Vorbereitung möglich ist. Diese Voraussetzung ist aber gegeben. Vorschläge für einzelne Seminare oder die Übersendung eines oder mehrerer Kataloge von verschiedenen Anbietern müssen hierzu nicht beigefügt sein. Das Betriebsratsmitglied konnte sich diesbezüglich selbst informieren und ein entsprechendes Bild machen.

Auch soweit die Ladung von Ersatzmitgliedern veranlasst war, kann auf die völlig korrekten Ausführungen des Erstgerichts verwiesen werden. Auch insoweit liegen Rügen der Beteiligten zu 2.) nicht vor. Dasselbe gilt hinsichtlich von Beschlussfähigkeit und erforderlicher Mehrheit. Eine ordnungsgemäße Beschlussfassung steht damit fest.

b. Den Überlegungen der Beteiligten zu 2.) kann nicht gefolgt werden, soweit diese die Beschlussfassung über den Seminarplan als unteilbare Einheit ansieht und daher die gesamte Planung als einheitliche Vorgabe des Betriebsrats und nicht jedes einzelne Seminar einer Erforderlichkeitsprüfung unterziehen will.

Das Arbeitsgericht hat mit Recht die Erforderlichkeit jedes einzelnen Seminars geprüft. Dem steht die Einheitlichkeit der Beschlussfassung über den Gesamtplan nicht entgegen. Dieser Betriebsratsbeschluss ist auszulegen. Der Betriebsrat hat den Einsatz von mehreren Mitgliedern für mehrere Schulungen beschlossen. Ein rechtlicher oder faktischer Zusammenhang zwischen den einzelnen Schulungsmaßnahmen etwa in dem Sinn, dass der Schulungsbesuch eines Mitglieds nur dann Sinn gäbe, wenn auch die anderen Mitglieder diese Schulungen besuchen würden, besteht nicht. Ein solcher Zusammenhang besteht auch nicht zwischen den einzelnen Schulungen, die verschiedene Themenbereiche abdecken, aber nicht im engeren Sinn aufeinander aufbauen. Einen solchen Zusammenhang hat der Betriebsrat bei der Beschlussfassung etwa im Sinne eines "Alles oder Nichts" auch nicht hergestellt. Im Gegenteil: Aus dem Mitteilungsschreiben über den Betriebsratsbeschluss an die Geschäftsleitung ergibt sich, dass der Besuch von verschiedenen Mitgliedern auf einigen Schulungsveranstaltungen noch offen sein sollte, wie durch die Verwendung des Wortes "etwaig" klargestellt ist (Anlage zu Antragsschrift, Bl. 20/21 d.A.). Schon dies zeigt, dass auch der Betriebsrat eine - sachlich nicht gebotene - Verknüpfung zwischen den einzelnen Schulungsmaßnahmen nicht hergestellt hat.

Eine derartige Zusammensicht ergibt sich auch nicht daraus, dass offenbar über den gesamten Plan nur einmal abgestimmt worden ist. Dies ist bei Abstimmungen letztlich nichts Ungewöhnliches. Soweit von den Abstimmenden niemand widerspricht, sind solche gemeinsamen Abstimmungen über verschiedene Punkte möglich und nicht ungewöhnlich. Jedem Mitglied bleibt unbenommen, eine andere Verfahrensweise - Abstimmung über jedes einzelne Seminar - zu verlangen oder schon bei Ablehnung eines Punktes der gesamten Vorlage zu widersprechen, um - soweit die Gesamtvorlage nicht von der ausreichenden Mehrheit gedeckt ist - eine Aufspaltung der Abstimmung über einzelne Punkte zu erreichen. Die Situation ist damit derjenigen vergleichbar, dass der Betriebsrat über Versetzungen oder Kündigungen mehrerer Mitarbeiter in einem Abstimmungsgang abstimmt - auch dann bestünden keinerlei Bedenken, dass der Betriebsratsvorsitzende Widersprüche für jeden Betroffenen überreichen könnte, die jeweils rechtlich für sich gesehen geprüft werden müssten, falls nicht der Betriebsrat von sich aus eine Verknüpfung zwischen diesen Maßnahmen herstellen würde.

Die von der Beteiligten zu 2.) befürchteten Missbrauchsmöglichkeiten des Betriebsrats sind hierbei nicht erkennbar. Es handelt sich nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, darum, dass "die einzelnen Schulungsmaßnahmen .. auf ein verhältnismäßiges Maß reduziert" würden. Die einzelnen Maßnahmen werden nicht reduziert, ebenso wenig wie der Betriebsratsbeschluss als solcher. In Wirklichkeit handelt es sich um eine gemeinsame Abstimmung über mehrere verschiedene Punkte, nämlich über die einzelnen Schulungsmaßnahmen. Die von der Beschwerdeführerin befürchteten Konsequenzen im Hinblick auf gesetzliche Kompetenzverteilung und besondere Rechtsunsicherheit treten nicht ein. Auch dem Arbeitgeber ist es wie dem Betriebsrat und im Streitfall dem Arbeitsgericht möglich und zumutbar, die Erforderlichkeit jedes einzelnen Seminars gesondert zu beurteilen.

1. Mit Recht hat das Erstgericht auch die Erforderlichkeit der Schulungen für die Betriebsratstätigkeit im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG bejaht.

a. Die Kammer folgt hinsichtlich der Beurteilung der Erforderlichkeit von Betriebsratsschulungen nach § 37 Abs. 6 BetrVG der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Danach ist es Sinn und Zweck des § 37 Abs. 6, dem Betriebsrat als Gremium diejenigen Kenntnisse zu verschaffen, die ihm die sachgerechte Wahrnehmung seiner Rechte und Pflichten ermöglichen. Der Anspruch dient der Herstellung und Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Betriebsratsgremiums. Dabei ist zu beachten, dass die sachgerechte Erfüllung der Aufgaben des Betriebsratsgremiums nur durch die Tätigkeit seiner hierzu qualifizierten Mitglieder möglich ist. Die interne Willensbildung des Betriebsrats erfolgt durch Beschlüsse seiner Mitglieder. Hierbei gibt jedes Betriebsratsmitglied seine Stimme in eigener Verantwortung ab. Um dieser Verantwortung gerecht werden zu können, bedarf grundsätzlich jedes Betriebsratsmitglied eines ausreichenden Grundwissens in betriebsverfassungsrechtlichen Fragen. Bei erstmals gewählten ordentlichen Betriebsratsmitgliedern braucht deshalb die Erforderlichkeit, ein derartiges Grundwissen in Schulungen vermittelt zu bekommen, grundsätzlich nicht näher dargelegt zu werden (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BAG vom 19.09.2001, EzA § 37 BetrVG 1972 Nr. 142 unter B.I.1. der Gründe).

b. Dies gilt auch bei der Beurteilung der vorliegend streitigen Schulungsmaßnahmen, soweit nicht das Seminar 5 "Betriebsversammlung" betroffen ist. Mit Recht hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass es sich bei den Schulungsmaßnahmen für die Betriebsratsmitglieder mit Ausnahme derjenigen für den Vorsitzenden um solche Grundschulungen handelt. Nach den vorgelegten Seminarplänen wird nicht Wissen in Spezialfragen vermittelt, sondern für die Arbeit jeden Betriebsratsmitglieds erforderliche Grundkenntnisse. Dies hat das BAG für Schulungen zum Betriebsverfassungsrecht, für solche zum allgemeinen Arbeitsrecht und für Schulungen zum Arbeitsschutzrecht anerkannt (Nachweise vgl. GK-Wiese, Gemeinschaftskommentar zum BetrVG, Band I, 6.Aufl. 1997, § 37 RdNrn. 173 ff.; Richardi, BetrVG, 8. Aufl. 2002, § 37 RdNrn. 89 ff.; Etzel, BetrVG, 8. Aufl. 2002, B. Betriebsrat RdNr. 304).

Vorliegend handelt es sich um die Vermittlung solcher Grundkenntnisse, keineswegs um die Vertiefung von - nicht von allen Betriebsratsmitgliedern benötigten - Spezialkenntnissen. Dies wird aus dem Themenplan des allgemein gehaltenen Seminars 1 "Einführung" ebenso deutlich wie bei den anderen Seminaren zu §§ 102, 103 BetrVG, zu den personellen Einzelmaßnahmen und zur Mitbestimmung nach §§ 87 ff. BetrVG. Es geht jeweils um die Mitbestimmungsrechte und ihre Ausübung und um die Einbettung in das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Damit ist auch das allgemeine Arbeitsrecht durch die Schulungen weitgehend abgedeckt: Dies wird beim Seminar 2 "Rechte und Möglichkeiten bei Kündigungen" deutlich durch die beim einzelnen Mitbestimmungsrecht erläuterten Punkte "Verzahnung des individualrechtlichen Kündigungsschutzes", "Normenpyramide", Einordnung von "Abmahnung", "Aufhebungsvertrag", "Ausgleichsquittung". Auch der Besuch beim Arbeitsgericht bezieht sich, wie die weiter aufgeführte Thematik zeigt, in erster Linie auf den individualrechtlichen Kündigungsschutz des Arbeitnehmers. Ähnliches wird beim Seminar 3 "personelle Einzelmaßnahmen" deutlich durch die Themenpunkte "die individualrechtliche Seite bei personellen Einzelmaßnahmen (Arbeitsvertrag u.a.)". Für Lehrgänge, in denen solches Wissen verzahnt weitergegeben wird, hat das BAG aber zu Recht angenommen, dass sie noch Grundkenntnisse vermitteln (vgl. insbesondere Beschluss vom 07.06.1989 EzA § 37 BetrVG 1972 Nr. 98): Ohne Kenntnisse der Auswirkungen der Mitbestimmung auf die betroffenen Arbeitnehmer lässt sich Sinn oder Unsinn der möglichen Betriebsratsmaßnahmen und der möglichen Reaktionen auf Ansinnen des Arbeitgebers nicht abschätzen. Hierbei hat das BAG neben einer zweiwöchigen Schulung über die Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats (Beschluss vom 07.06.1989, a.a.O.) auch die zweiwöchige Schulung über Arbeitsrecht (Beschluss vom 16.10.1986 EzA § 37 BetrVG 1972 Nr. 87) und eine Schulung über die Geschäftsführung des Betriebsrats (BAG vom 19.01.1984 - 6 ABR 12/81 - nicht amtlich veröffentlicht) als ohne weiteres notwendig anerkannt. Um solche Schulungen handelt es sich auch hier.

Das Vorbringen der Beteiligten zu 2.), schon der in der Ausschreibung benannte Themenplan lasse erkennen, dass es sich nicht um Grundschulungen handele, weil ein Gesamtüberblick nicht gegeben werde, ist nicht nachvollziehbar. Aus dem Themenplan des Einführungsseminars ergibt sich, dass dort sowohl die Einbettung der Betriebsratsarbeit in die Gesamtsystematik ("BetrVG im System der Rechtsordnung") als auch Überblick und Systematik des BetrVG gelehrt werden sollte. Darüber hinaus sollten Grundsätze der Geschäftsführung und der Organisation der Betriebsratsarbeit vermittelt werden, ebenso wie weitere typische Probleme. Eine solche Einführung erscheint als sinnvoll und für einen Arbeitnehmer, der mit der Materie nicht vertraut ist, als erster Einstieg sinnvoll und notwendig. Gerade auch die von der Beteiligten zu 2.) monierten Punkte sollten, soweit aus den damals den Betriebsratsmitgliedern vorliegenden Themenplänen ersichtlich, Inhalt des Seminars sein. Im übrigen erscheint der Kammer nicht verständlich, warum etwa der Vorrang des Tarifvertrages nach § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG zu den notwendigen Themen gehören sollte, wenn es - wie offenbar bei der Beteiligten zu 2.) - gar keine Tarifbindung des Arbeitgebers gibt. Auch erscheint es als mehr als zulässig, wenn nicht schon im ersten Seminar mit den Möglichkeiten des Betriebsrats bei Verstößen des Arbeitgebers begonnen wird, wie offenbar von der Beteiligten zu 2.) gefordert. Auch die Seminare zu den Themen Kündigung, Einstellung/Versetzung und § 87 BetrVG erscheinen als Grundseminare. Hierbei wird keineswegs nur partielles Wissen vermittelt, vielmehr decken diese Seminare die zentralen Mitwirkungsrechte des Betriebsrats ab - nur eben in Zusammenschau mit den individualrechtlichen Auswirkungen, was vom pädagogischen Ansatz als durchaus sinnvoll erscheint.

Die Seminardauer erscheint auch nicht als unangemessen lang und damit unverhältnismäßig kostenintensiv. Der Beteiligten zu 2.) ist darin recht zu geben, dass man keineswegs ohne weiteres vier oder mehr Wochenschulungen allein zum Betriebsverfassungsrecht als Grundschulung für jedes Betriebsratsmitglied bejahen kann. Hierum geht es jedoch vorliegend nicht. Das Seminarkonzept sieht eine Verknüpfung mit den arbeitsrechtlichen Themenkreisen vor, vermittelt eben gleichzeitig auch die erforderlichen Kenntnisse zum allgemeinen Arbeitsrecht. Derartige Grundschulungen sind damit jedenfalls künftig nicht mehr allgemein erforderlich. Unter diesem Aspekt erscheint auch der Besuch von vier Wochenschulungen nicht als überzogen.

Ähnliches gilt für das vom Betriebsratsvorsitzenden besuchte Seminar zum Thema "Betriebsversammlung". Mit Recht weist der Antragsteller darauf hin, dass es sich hierbei nicht um eine fünftägige, sondern nur um eine dreitägige Schulung gehandelt hat. Nach den Feststellungen des Erstgerichts waren Kenntnisse des Betriebsratsvorsitzenden hierüber nicht vorhanden, hatte dieser eine solche Schulung noch nicht besucht. Angesichts der Größe des von der Beteiligten zu 2.) geführten Betriebes und der Größe der Belegschaft erscheint es als durchaus nachvollziehbar, wenn der Betriebsratsvorsitzende, der zur Leitung der Betriebsversammlung vorgesehen ist, sich auch entsprechend vorbereiten und schulen lässt.

c. Mit Recht hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die von der Beteiligten zu 2.) angesprochenen, wenn auch sehr allgemein gehaltenen Störungen im Betriebsablauf, die durch die Schulungen entstanden seien, im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen waren. Es handelt sich hierbei um den Aspekt der dem Betriebsrat aufgetragenen Pflicht zur Berücksichtigung betrieblicher Notwendigkeiten bei der zeitlichen Festlegung der Schulungsmaßnahmen. Nach der eindeutigen gesetzlichen Vorgabe können derartige Einwendungen nur in einem vom Arbeitgeber einzuleitenden Einigungsstellenverfahren nach § 37 Abs. 6 S. 5 BetrVG vorgebracht werden. Dies hat nichts damit zu tun, dass auch nach Auffassung der Kammer die Durchführung der Schulungen in zeitlich weiterem Rahmen als vom Antragsteller beschlossen und zum Teil auch durchgeführt als sinnvoll erscheint, weil dann sukzessive jeweils neu gemachte Erfahrungen in die jeweiligen Lerninhalte mit einfließen können.

d. An der Verhältnismäßigkeit der Kosten bestehen für die Kammer keinerlei Zweifel. Die Schulungsmaßnahmen erscheinen, betrachtet man die Kosten sonstiger auch nichtgewerkschaftlicher Anbieter, als keineswegs überteuert. Der Betriebsrat hat zudem räumlich nahe liegende Schulungsorte gewählt. Im übrigen hat auch die Beschwerdeführerin nähere Ausführungen über die Notwendigkeit der Kosten, etwa durch Verweis auf vergleichbare preiswertere Anbieter, nicht gemacht.

e. Hinsichtlich von Aufschlüsselung, Höhe, Nachweis und Erforderlichkeit der konkreten Kosten kann auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen werden. Die Beteiligte zu 2.) hat Einwendungen gegen die dortigen Ausführungen auch nicht erhoben.

1. Nach alldem war die Beschwerde zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat richtig entschieden. Der Freistellungsanspruch besteht in der geltend gemachten Form.

2. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein gesetzlich begründeter Anlass.

Ende der Entscheidung

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