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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 13.01.2009
Aktenzeichen: 6 Sa 712/07
Rechtsgebiete: GewO, BGB, BetrVG


Vorschriften:

GewO § 106
BGB § 242
BGB §§ 305 ff.
BetrVG § 95 Abs. 3
BetrVG § 99
1. Nach der "Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung" braucht der Arbeitnehmer einer Versetzungsanordnung - hier: Versetzung auf Dauer in eine andere, etliche Kilometer entfernte Filiale eines Einzelhandelsbetriebes - nicht nachzukommen, wenn und solange der für beide Filialen gebildete Betriebsrat dieser Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches nicht zugestimmt hat.

2. Stimmt der Betriebsrat der Versetzung nachträglich zu - hier: wenige Tage nach der tatsächlichen Arbeitsaufnahme der Arbeitnehmerin in der anderen Filiale -, erledigt sich das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG. Die Arbeitnehmerin kann eine Rückversetzung in die ursprüngliche Beschäftigungsfiliale nicht mehr wegen eines betriebsverfassungswidrigen Zustands oder Verhaltens des Arbeitgebers verlangen.

3. Ist in einem vor dem 01.01.2002 geschlossenen Arbeitsvertrag, der die Einstellung für eine bestimmte Filiale enthält, eine Klausel enthalten, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer "nach den geschäftlichen Erfordernissen" auch in einer anderen Filiale beschäftigen kann, ist diese Versetzungsklausel nicht wegen Verstoßes gegen AGB-Recht unwirksam. Eine ausdrückliche Festlegung, dass die Versetzung nur nach billigem Ermessen erfolgen kann, ist nicht erforderlich.

4. Ein gegenüber dem Vorgesetzten ausgesprochener Rückversetzungswunsch steht der Verwirkung des Arbeitnehmerverlangens, der sich erst nach mehr als eineinhalb Jahren auf die Unwirksamkeit der Versetzung aus Rechtsgründen beruft, nicht entgegen.


Landesarbeitsgericht Nürnberg Im Namen des Volkes URTEIL

6 Sa 712/07

Verkündet am: 13.01.2009

In dem Rechtsstreit

erlässt die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Nürnberg Vetter als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Franz und Rothballer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2009 folgendes im Namen des Volkes Urteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten hin wir das Endurteil des Arbeitsgerichts Weiden vom 17.08.2007, Az. 6 Ca 178/07, abgeändert.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Arbeitgebers, die Arbeitnehmerin auf ihren ursprünglichen Arbeitsplatz zurückzuversetzen.

Die am 31.12.1952 geborene Klägerin ist seit 01.08.1992 bei der Beklagten, die als Discounter eine Vielzahl von Filialen in Oberfranken und in der Oberpfalz betreibt, als Verkäuferin beschäftigt. Sie erhielt zuletzt ein monatliches Bruttoeinkommen von 1.739,60 €. Im von der Beklagten vorformulierten Anstellungsvertrag finden sich, soweit vorliegend von Interesse, folgende Bestimmungen (Anlage K 1 zur Klage, Bl. 7 d.A.):

"§ 1 Frau H... wird ab 01.08.1992 im E... W... als Kassiererin/Verkäuferin eingestellt und erklärt sich aber bereit, auch eine andere ihr zugewiesene Arbeit zu verrichten. ...

§ 4 Nach den geschäftlichen Erfordernissen kann der/die Mitarbeiter/in jederzeit in einem anderen Markt oder in einer anderen Arbeitsstelle des Unternehmens beschäftigt werden. Er/Sie erkennt die Betriebsordnung an und verpflichtet sich, den Anordnungen der Geschäftsleitung und deren Beauftragten Folge zu leisten.

§ 8 Für nicht im Anstellungsvertrag aufgeführte Fälle gelten die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Angestellten im Bayerischen Einzelhandel."

Die Klägerin erbrachte ihre Arbeitsleistungen - mit Ausnahme einer wenigen Wochen dauernden Versetzung im Jahr 1994 - in der Filiale der Beklagten in W.... Mitte des Jahres 2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie ab 16.08.2004 in die Filiale in V... versetzt werde. Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese Maßnahme ursprünglich bis 31.12.2004 befristet sein sollte. Die Klägerin kam dieser Aufforderung nach. Der Wohnort der Klägerin ist vom neuen Beschäftigungsort etwa 7 km entfernt, von der ursprünglichen Filiale in W... etwa 20 km. Mit Erklärung vom 30.11.2004 erklärte die Klägerin ihre Bereitschaft, die Arbeitszeit ab 01.01.2005 von 163 Stunden auf 141,35 Stunden zu reduzieren (Anlage B 1, Bl. 40 d.A.). Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 01.02.2006 verlangte die Klägerin gegenüber der Personalabteilung die Rückversetzung in den Markt in W.... Die Beklagte lehnte dies unter Hinweis auf betriebliche Notwendigkeiten ab.

Mit ihrer am 12.03.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Rückversetzung in die Filiale in W... verlangt. Sie hat geltend gemacht, die Versetzung sei bis 31.12.2004 befristet gewesen. Es sei ihr versprochen worden, dass sie anschließend wieder in der Filiale in W... arbeiten könne. Dieses Versprechen habe die Beklagte nicht gehalten. Es seien weder zum 16.08.2004 noch heute betriebliche Gründe für die Versetzung vorhanden gewesen. Die Beklagte habe auch nicht ausreichend berücksichtigt, dass sie, die Klägerin, mehr als zwölf Jahre in der Filiale W... tätig gewesen sei. Die Beklagte habe auch keine weiteren Mitarbeiter der Filiale W... versetzt, habe in der Filiale W... vielmehr fortlaufend zahlreiche Mitarbeiter neu eingestellt. Die Versetzung sowie ihre Aufrechterhaltung seien daher als unbillig anzusehen. Unabhängig hiervon habe die Beklagte den Betriebsrat nicht ausreichend zu der Versetzung angehört. Auch aus diesem Grund sei die Versetzung unwirksam.

Die Klägerin hat im Verfahren vor dem Arbeitsgericht daher folgenden Antrag gestellt:

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin in ihre Filiale E ... ..., U... B...straße ..., 9... W..., als Kassiererin/Verkäuferin zu den unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 01.08.1992 unter Berücksichtigung der Reduzierung der Regelarbeitszeit auf 141,35 Stunden zurückzuversetzen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat eingewandt, die Klage sei nicht begründet. Die streitgegenständliche Versetzung sei durch das Direktionsrecht gedeckt. Es sei falsch, dass die Versetzung bis 31.12.2004 befristet gewesen sei. Dies sei der Klägerin auch nicht so mitgeteilt gewesen. Zwar sei die Versetzung ursprünglich bis 31.12.2004 geplant gewesen. Es habe sich trotz verschiedener Maßnahmen jedoch keine ausreichende Reduzierung der Personalkosten in der ursprünglichen Beschäftigungsfiliale in W... ergeben. Die Klägerin habe vor Eingang des Rechtsanwaltsschreibens vom 01.02.2006 zu keinem Zeitpunkt "Rückversetzung" in das E... in W... verlangt. Der Grund für das nunmehrige Verlangen liege wohl darin, dass geplant gewesen sei, den Markt in V... zu veräußern. Die Klägerin habe nach entsprechender Information einem Betriebsübergang auch widersprochen. Die Veräußerungsabsicht sei jedoch aufgegeben worden. Eine für das Jahresende 2006/2007 geplante Rückversetzung in die Filiale in W... sei nicht zustande gekommen, da die Klägerin nicht zu einer Reduzierung ihrer Arbeitszeit auf 110 Monatsstunden bereit gewesen sei, was zur Beschäftigung in der Filiale in W... nötig gewesen wäre. Es sei falsch, dass es im E... in W... mit Ausnahme von geringfügig Beschäftigten zahlreiche Neueinstellungen gegeben habe. Sie, die Beklagte, habe die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung eingeholt. Diese sei durch den zuständigen Bezirksleiter und stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden L... beantragt worden; der Betriebsrat habe ausdrücklich zugestimmt.

Die Klägerin hat verschiedene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer benannt und erklärt, diese seien im E... W... mit normalen Arbeitsverträgen eingestellt worden. Daraus werde ersichtlich, dass die Versetzung von keinen geschäftlichen Erfordernissen getragen gewesen sei, insbesondere nicht von dem von der Beklagten behaupteten Personalüberhang. Schon aus diesem Grund sei die Maßnahme unbillig. Es komme hinzu, dass die Beklagte keine Sozialauswahl durchgeführt habe; diese hätte angesichts ihrer langen Betriebszugehörigkeit zu ihren Gunsten ausgehen müssen. Eine Sozialauswahl wäre auch deswegen nötig gewesen, weil die Versetzung dazu geführt habe, dass sie sich mit einer Reduzierung der Arbeitszeit habe einverstanden erklären müssen. Auf die arbeitsvertragliche Versetzungsklausel könne sich die Beklagte nicht berufen; diese verstoße gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, weil die Beklagte als Klauselverwender durch die einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versuche. Es fehle jegliche Berücksichtigung des Interesses und der Belange des betroffenen Arbeitnehmers. Falsch sei, dass sie, die Klägerin, erstmals mit Schreiben vom 01.02.2006 Rückversetzung verlangt habe. Sie habe wiederholt mündlich ihr Anliegen vorgebracht, sei aber vertröstet worden. Der Betriebsrat sei von der Versetzung zumindest nicht ausreichend unterrichtet worden. Die Beklagte habe versäumt auszuführen, wann welchem Betriebsratsmitglied welche Mitteilung gemacht worden sei. Es komme hinzu, dass es sich bei der Filiale in V... um einen anderen Betrieb handele. Der Betriebsrat in V... sei aber nicht über eine Einstellung unterrichtet worden.

Die Beklagte hat eingewandt, bei den Einstellungen habe es sich in 28 Fällen um Aushilfen gehandelt, in vier Fällen um Auszubildende. Sechs der von der Klägerin aufgeführten Arbeitnehmer seien schon seit den neunziger Jahren in der Filiale beschäftigt. Lediglich drei Arbeitnehmer seien nach Abschluss der Ausbildung im Markt übernommen worden. Bei der Versetzung sei anders als bei Kündigungen eine Sozialauswahl nicht erforderlich. Soziale Komponenten sprächen nicht gegen die Versetzung der Klägerin. Es sei falsch, dass die Klägerin schon vor dem 01.02.2006 ihre Rückversetzung verlangt habe. Beide Filialen unterfielen der Zuständigkeit des nach § 3 BetrVG einheitlich gebildeten Betriebsrats. Dieser habe der Maßnahme zugestimmt. Schließlich sei ein eventueller Anspruch der Klägerin verwirkt, weil er erst nach mehr als 17 Monaten geltend gemacht worden sei; sie, die Beklagte, habe sich auch aufgrund der Einverständniserklärung der Klägerin vom 30.11.2004 - gerichtet auch eine Arbeitszeitverkürzung in der Filiale V... ab 01.01.2005 - darauf einrichten dürfen, dass die Klägerin mit einer Weiterbeschäftigung im Markt V... einverstanden sei.

Das Arbeitsgericht Weiden hat mit Endurteil vom 17.08.2007 erkannt wie folgt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin in ihre Filiale E... W..., U... B...straße .., 9... W..., als Kassiererin/Verkäuferin zu den unveränderten Arbeitsbedingungen des Arbeitsvertrages vom 01.08.1992 unter Berücksichtigung der Arbeitszeitreduzierung vom 30.11.2004 auf 141,35 Stunden Regelarbeitszeit im Monat zurückzuversetzen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 2.376,28 € festgesetzt.

Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, die Klägerin habe deswegen einen Rückversetzungsanspruch, weil die Versetzung entsprechend § 134 BGB unwirksam gewesen sei. Es habe sich um eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG gehandelt, weil die Klägerin ihre Arbeitsleistung längerfristig in einer anderen Stadt erbringen sollte. Die Zustimmung des Betriebsrats sei also erforderlich gewesen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte diese Zustimmung eingeholt habe. Die Beklagte habe zwar Beweis hierfür angeboten, aber keinen ausreichenden, einer Beweiserhebung zugänglichen Sachvortrag vorgebracht, wann und in welcher Weise der Betriebsrat beteiligt worden sei. Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung sei die Versetzung daher als unwirksam anzusehen. Demzufolge könne die Klägerin Rückversetzung verlangen. Verwirkung sei nicht eingetreten. Es fehle am Umstandsmoment. Die Zustimmung zur Arbeitszeitreduzierung habe keinen Zusammenhang mit der Versetzungsmaßnahme.

Das Endurteil des Arbeitsgerichts ist der Beklagten ausweislich der Postzustellungsurkunde am 15.10.2007 zugestellt worden (Bl. 59 d.A.). Die Beklagte hat mit Schriftsatz ihres Vertreters vom 07.11.2007, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt. Sie hat diese Berufung mit am 14.12.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz selben Datums begründet.

Die Beklagte hat sich in der Berufung darauf gestützt, das Arbeitsgericht habe fälschlich angenommen, dass vom Fehlen einer Betriebsratszustimmung ausgegangen werden müsse. Sie, die Beklagte, habe aber erklärt, dass der Bezirksleiter und stellvertretende Betriebsratsvorsitzende die Zustimmung beim Betriebsrat beantragt habe und dass dieser zugestimmt habe. Sie könne den genauen Tag der Anhörung und Zustimmung nicht mehr im einzelnen benennen. Sie sei jedoch vom Bezirksleiter L..., gleichzeitig stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, informiert worden, dass die Zustimmung erfolgt sei. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts lägen auch die Voraussetzungen einer Verwirkung vor.

Die Beklagte stellt als Berufungsklägerin daher in der Berufungsinstanz den Antrag, das Urteil des Arbeitsgerichts Weiden vom 25.07.2007 (Az. 6 Ca 178/07) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt als Berufungsbeklagte,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Klägerin schließt sich den Ausführungen des Arbeitsgerichts an. Sie meint, die Beklagte habe weder beim Arbeitsgericht noch in der Berufungsbegründung ausreichende Tatsachen benannt, nach denen geprüft werden könnte, ob die Betriebsratsbeteiligung ordnungsgemäß gewesen sei. Bei der Vernehmung des als Zeugen angebotenen Bezirksleiters L... handele es sich um einen im Zivilprozess nicht gestatteten Ausforschungsbeweis. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei Verwirkung nicht gegeben. Sie bleibe dabei, dass sie immer wieder ihren Wunsch nach Rückversetzung geäußert habe, aber vertröstet worden sei.

Mit Einverständnis der Parteien hat die Kammer den Betriebsratsvorsitzenden um Auskunft über die Betriebsratsbeteiligung gebeten. Der Betriebsratsvorsitzende hat daraufhin ein - zum Teil geschwärztes - Protokoll über die Sitzung vom 25.08.2004 übersandt (Bl. 107 d.A.).

Die Klägerin hat daraufhin eingewandt, die Versetzung sei schon deswegen unwirksam, weil der Betriebsrat seine Zustimmung offenbar erst mehr als eine Woche nach Beginn der Maßnahme erteilt habe. Die Beklagte sei jedoch zur vorherigen Einholung der Zustimmung verpflichtet.

Die Beklagte hat Listen der in den Filialen V... und W... beschäftigten Mitarbeiter übergeben (Anlagen B 2 und B 3 zum Schriftsatz vom 14.04.2008, Bl. 118 f. d.A.) und erklärt, es sei nicht absehbar, dass in W... eine Stelle mit 163 oder 141 Stunden in absehbarer Zeit frei würde. Es sei unerheblich, dass die Zustimmung des Betriebsrats erst eingeholt worden sei, als sich die Dauerhaftigkeit der Maßnahme herausgestellt habe. Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende habe den Betriebsausschuss über die sozialen Daten informiert und die Notwendigkeit der Maßnahme erläutert.

Die Klägerin hat erklärt, die Listen seien fehlerhaft. Es seien Stellen in W... frei, weil die Beschäftigte M... im April 2008 entbunden habe, weil die Beschäftigte U... schon seit Jahren arbeitsunfähig erkrankt sei.

In der Verhandlung vom 01.07.2008 hat der Vorsitzende die Parteien darauf hingewiesen, dass der Betriebsratsvorsitzende S... ihn, den Kammervorsitzenden, angerufen und über den Gesundheitszustand des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden L... Auskunft erteilt habe. Er habe ihm, dem Vorsitzenden, in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass er selbst bei der Sitzung vom 25.08.2004 nicht anwesend gewesen sei; sie sei durch den stellvertretenden Vorsitzenden, den Bezirksleiter L..., geleitet worden.

Die Klägerin hat hierzu die Auffassung vertreten, es fehle weiter an konkreten Tatsachen über den Inhalt der Unterrichtung; die Zustimmung des Betriebsrats ändere hieran nichts. Die behauptete Kenntnis des stellvertretenden Vorsitzenden von Einzelheiten der geplanten Maßnahme ändere nichts daran, dass der Betriebsausschuss konkret über die Maßnahme hätte unterrichtet werden müssen, etwa über die Dauer, die Auswahlkriterien, die Auswirkungen auf die Belegschaft usw. Unabhängig davon habe die Beklagte den Betriebsausschuss und damit das falsche Gremium unterrichtet: Zuständig wäre allein der Betriebsrat gewesen. Schließlich habe die Beklagte das Gremium nicht vor Durchführung der Maßnahme, sondern erst nach dessen Beginn unterrichtet. Es liege damit ein Verstoß gegen § 99 BetrVG vor, der wie bei der Kündigung zur Unwirksamkeit der gesamten Maßnahme führe. Schließlich müsse im Hinblick auf die eingewandte Verwirkung beachtet werden, dass die Beklagte mit ihr, der Klägerin, über das gesamte Jahr 2006 hinweg in Verhandlungen über einen möglichen Einsatz in W... gestanden habe.

Die Kammer hat Beweis erhoben zu den bestrittenen Behauptungen der Klägerin, dem Betriebsausschuss sei die Versetzung als befristet mitgeteilt worden, ihr sei die Versetzung als befristet mitgeteilt worden und sie habe schon im Jahr 2005 wiederholt Rückversetzung verlangt, durch schriftliche Einvernahme des ehemaligen stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden L... sowie des Beschäftigten H... als Zeugen. Der Zeugenaussagen wegen wird auf die schriftlichen Erklärungen (Bl. 153 bzw. Bl. 156 d.A.) sowie auf das Anhörungsschreiben an den Betriebsrat vom 13.08.2004 (Bl. 152 d.A.) Bezug genommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Ersturteils vom 17.08.2007 (Bl. 51 ff. d.A.), die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen vor dem Landesarbeitsgericht vom 11.03.2008 (Bl. 102 f. d.A.), vom 01.07.2008 (Bl. 133 f. d.A.) und vom 13.01.2009 (Bl. 170 f.) sowie auf die zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, weil sie sich gegen ein arbeitsgerichtliches Urteil richtet (§ 64 Abs. 1 ArbGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 600,- Euro (§ 64 Abs. 2 b) ArbGG). Die Berufung ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 S. 1, S. 2 ArbGG).

II.

Die Berufung ist auch begründet. Die Klage ist abzuweisen. Die Klägerin kann die "Rückversetzung" in die Filiale W... nicht verlangen.

1. Der Klageantrag ist auszulegen. Der Sache nach begehrt die Klägerin nicht die Abgabe einer Willenserklärung, worauf der Wortlaut ihres Antrages hindeutet, sondern künftige Beschäftigung in der Filiale in W.... Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig.

2. Die Pflicht, die Klägerin wieder in der Filiale W... zu beschäftigen, ergibt sich nicht daraus, dass die Zuweisung der Arbeit in V... wegen fehlerhafter Beteiligung des Betriebsrats unzulässig gewesen wäre, so dass der ursprüngliche Zustand wiederherzustellen wäre.

a. Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG begegnet unter Berücksichtigung des zweitinstanzlichen Sachvortrags und der durchgeführten Beweisaufnahme keinen Bedenken. Angesichts der Entfernung zwischen den Filialen und der Tatsache, dass die Versetzung für mehr als einen Monat geplant war und durchgeführt wurde, liegt unzweifelhaft eine "Versetzung" im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG vor, so dass die Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG hierfür erforderlich war.

b. Es kann dahinstehen, ob der Betriebsausschuss für die Beteiligung an der personellen Maßnahme zuständig war. Zum einen bestehen hiergegen keine grundsätzlichen Bedenken. Mit Ausnahme des Abschlusses von Betriebsvereinbarungen können sämtliche Geschäfte auf Ausschüsse übertragen werden. In diesem Zusammenhang können die Aufgaben auch vom Betriebsausschuss wahrgenommen werden (vgl. z.B. Thüsing in Richardi, BetrVG, 11. Aufl. 2008, § 27 Rn. 55). Der Betriebsrat kann selbst entscheiden, inwieweit er die Übertragung von Aufgaben für zweckmäßig erachtet (Wedde in Däubler, BetrVG, 11. Aufl. 2008, § 27 Rn. 35 ff.). Zum anderen liegt die Frage, welches Gremium eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit bearbeitet, in der Sphäre des Betriebsrats. Aus dem vom stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden L... übersandten Anhörungsschreiben ergibt sich, dass dieses "an den Betriebsrat" gerichtet ist. Wäre die Zustimmung für den Arbeitgeber erkennbar durch das falsche Gremium erteilt worden, gälte sie nach § 99 Abs. 3 BetrVG dennoch als erteilt. Hierfür sind jedoch angesichts dessen, dass die Einverständniserklärung als "Stellungnahme des Betriebsrats" bezeichnet ist (a.a.O., Bl. 152 d.A.), keine Anhaltspunkte ersichtlich.

c. Das Beteiligungsverfahren war ordnungsgemäß im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG eingeleitet. Das Schreiben vom 13.08.2004 (a.a.O., Bl. 152 d.A.) enthält die wichtigsten Informationen, die Art der Maßnahme, die betroffene Person, die Angaben zur Person, die Eingruppierung, auch den Grund der Versetzung. Es ist nicht erkennbar, welche Informationen dem Betriebsrat gefehlt haben sollten. Unabhängig davon wäre auch ein Fehlen von weiteren Auskünften unschädlich. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Bezirksleiter L... die genauen Einzelheiten und Gründe der Maßnahme kannte. Selbst wenn dem Betriebsrat die im Schreiben aufgeführten Angaben nicht ausgereicht haben sollten, wäre die Kenntnis des Bezirksleiters L... dem Betriebsratsgremium zuzurechnen. Er hat in seiner Eigenschaft als stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrats das Gremium geleitet. Alles, was ihm bekannt war, gilt - der Betriebsratsvorsitzende war an diesem Tag nach eigenen Angaben nicht anwesend - auch als dem Gremium bekannt. Es ist der Sphäre des Betriebsrats zuzurechnen, ob er weitere Informationen an die Mitglieder des Gremiums weitergegeben hat.

d. Für den Einwand der Klägerin, die Versetzung sei gegenüber dem Betriebsrat als bis 31.12.2004 befristet gekennzeichnet worden, gibt es keine Anhaltspunkte. Weder aus dem Antrag an den Betriebsrat vom 13.08.2004 noch aus dem Protokoll der Sitzung vom 25.08.2004 ist eine solche Einschränkung erkennbar. Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende L... hat in seiner schriftlichen Zeugeneinvernahme ausdrücklich erklärt, eine solche Befristung sei dem Betriebsrat nicht mitgeteilt worden (Aussage vom 05.09.2008, Bl. 153 d.A.). Die Kammer sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Aussage zu zweifeln. Auch die Klägerin hat keine Umstände vorgetragen, die diese Aussage bezweifeln oder in Frage stellen würde.

e. Unerheblich ist, dass nach diesem Schreiben die Versetzung ab 15.08.2004 begehrt war, dass die Betriebsausschuss-Sitzung, in der die Maßnahme behandelt worden ist, erst am 25.08.2004 stattgefunden hat. Entgegen der Ansicht der Klägerin macht dies nicht die gesamte Maßnahme unwirksam. Zwar hätte die Klägerin in der Tat nicht schon ab 16.08.2004, sondern erst nach der Zustimmung des Betriebsrats - oder der Fingierung der Zustimmung wegen Nichtäußerung des Betriebsrats innerhalb einer Woche - in der anderen Filiale eingesetzt werden dürfen.

Dies führt jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dazu, dass die Versetzung - ähnlich wie eine Kündigung - insgesamt als unwirksam anzusehen wäre mit der Folge, dass die Maßnahme auch nicht nach Zustimmungserteilung aufrecht erhalten werden dürfte. Bei personellen Maßnahmen im Sinne des § 99 BetrVG handelt es sich nicht um Gestaltungserklärungen mit Auswirkungen auf den Arbeitsvertrag, wie dies bei Kündigungen der Fall ist. Versetzung in diesem Sinn ist die "Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs". Diese Zuweisung vollzieht sich jedes Mal dann, wenn die Klägerin angewiesen wird, in diesem Arbeitsbereich tätig zu werden, wenn der Arbeitgeber Arbeitstätigkeit in dieser anderen Filiale verlangt wird. Es geht nicht um Vertragsgestaltung, sondern um tatsächliche Zuweisung ohne Änderung des Vertragsinhalts, um den tatsächlichen Einsatzort. Diese Zuweisung erfolgt täglich neu mit dem Zurverfügungstellen des Arbeitsplatzes in dieser anderen Filiale. Der Arbeitnehmer kann die Arbeitsleistung auf diesem nun zugewiesenen Arbeitsplatz nicht mehr verweigern, wenn der Betriebsrat der Versetzung nachträglich zugestimmt hat. Hiervon ist - angesichts des Antrags auch mit Wirkung ab 15.08.2004 - aber auszugehen. Jedenfalls ab dem 26.08.2004, ab Erteilung der Zustimmung, war die Klägerin zur Arbeitsleistung in V... verpflichtet.

Diese Betrachtungsweise entspricht der Systematik der gesetzlichen Vorschriften bei personellen Einzelmaßnahmen. Führt der Arbeitgeber eine Einstellung oder Versetzung ohne Zustimmung des Betriebsrats durch, entsteht dadurch ein betriebsverfassungswidriger Zustand. Dieser kann vom Betriebsrat nach § 101 BetrVG beseitigt werden. Erst mit Rechtskraft einer ihn nach § 101 BetrVG verpflichtenden Entscheidung ist der Arbeitgeber verpflichtet, diesen betriebsverfassungswidrigen Zustand zu beseitigen. Bis zu diesem Zeitpunkt darf er die Maßnahme aufrechterhalten. Erledigt sich der Streit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat durch Beendigung der Maßnahme oder auch durch Zustimmung des Betriebsrats, ist auch der betriebsverfassungswidrige Zustand beendet. Sanktionen dafür, dass der Arbeitgeber einen betriebsverfassungswidrigen Zustand vorübergehend aufrechterhalten hat, sieht das BetrVG nicht vor (so ausdrücklich BAG vom 26.04.1990, 1 ABR 79/89, zitiert nach juris, Rn. 51 ff.). Gegenstand eines Verfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist die betriebsverfassungsrechtliche Befugnis, eine beabsichtigte personelle Maßnahme gegenwärtig und zukünftig als endgültig durchzuführen. Verfahrensgegenstand ist nicht die Frage, ob die Maßnahme zu einem früheren Zeitpunkt zulässig war (BAG vom 23.01.2008, 1 ABR 64/06; BAG vom 16.01.2007, 1 ABR 16/06, jeweils zitiert nach juris). Mit der Zustimmung des Betriebsrats stehen der Maßnahme nach kollektivrechtliche Gründe - ebenso wie dann, wenn der Betriebsrat nachträglich, etwa durch erfolgreiche Wahlanfechtung, wegfällt (BAG vom 19,92,2008, 1 ABR 65/05, zitiert nach juris) -, nicht mehr entgegen. Ein Antrag des Arbeitgebers nach § 99 Abs. 4 BetrVG würde nach der Zustimmung ins Leere laufen; es würde das Rechtsschutzinteresse fehlen. Die anderweitige Ansicht des LAG Hamm vom 15.07.2008 (14 Sa 1957/07, zitiert nach juris) verkennt diese Systematik. Sie würde dazu führen, dass die verspätete Unterrichtung bzw. Zustimmung des Betriebsrats die gesamte Maßnahme sanktionieren würde. Sie beachtet darüber hinaus nicht ausreichend, dass nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung in erster Linie die Beschäftigung des Arbeitnehmers mit der neuen Tätigkeit untersagt ist, wenn der Betriebsrat der Versetzung nicht zugestimmt hat. Der Arbeitgeber verlangt diese Beschäftigung täglich neu. Nach Zustimmung des Betriebsrats, die dieser im übrigen auch gemäß dem Antrag, also für den Zeitraum ab 15.04.2008 erteilt hat, ist die Beschäftigung in diesem neuen Arbeitsbereich nunmehr gestattet. Der Arbeitnehmer kann für denjenigen Zeitraum, in dem die Beschäftigung unzulässig war, eventuelle Schadensersatzansprüche geltend machen.

f. Soweit sich die Klägerin darauf berufen hat, es fehle an der Zustimmung des Betriebsrats der Filiale in V... nach § 99 BetrVG unter dem Aspekt der Einstellung, geht auch dieser Einwand ins Leere. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass aufgrund Tarifvertrages nach § 3 BetrVG ein gemeinsamer Betriebsrat für den Bezirk gebildet ist, der beide Filialen umfasst. Ein eigener Betriebsrat der Filiale in V..., der gesondert gehört werden müsste, besteht daher nicht.

g. Unabhängig hiervon steht der Berufung der Klägerin auf die behauptete fehlerhafte Beteiligung des Betriebsrats auch der Einwand der Verwirkung entgegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt, kann ein an sich bestehendes Recht verwirken. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss viel mehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruches nicht mehr zuzumuten ist (z.B. BAG vom 28.07.2008, 8 AZR 175/07, zitiert nach juris). Solche Umstände liegen vorliegend vor. Die Klägerin hat sich auf die Unwirksamkeit der Ausgangsmaßnahme - Versetzung zum 16.08.2004 - erstmals gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 01.02.2006 berufen. Sie hat zwar, wie nach der Zeugeneinvernahme des Bezirksleiters L... auch zur Überzeugung der Kammer feststeht, bereits im Jahr 2005 Rückversetzung verlangt. Sie hat sich aber bis zum 01.02.2006 nicht auf die Unwirksamkeit der ursprünglichen Maßnahme gestützt. Sie hat, wie die Beklagte zu Recht vorträgt, auch die für das Jahr 2005 vorgesehene Verkürzung der Arbeitszeit am neuen Arbeitsplatz ohne Protest unterschrieben. Sie hat dem vorgesehenen Betriebsübergang widersprochen - ohne hierbei deutlich zu machen, dass sie aus Rechtsgründen überhaupt nicht zu derjenigen Filiale gehöre, deren Übergang geplant war. Die Beklagte musste angesichts dessen im Lauf des Jahres 2005 zwar davon ausgehen, dass die Klägerin zwar wieder in ihre ehemalige Filiale zurückwollte. Sie konnte sich aber angesichts des Zeitablaufs und gerade wegen der Wünsche der Klägerin, die aber nicht auf eine ursprüngliche Fehlerhaftigkeit gestützt waren, darauf verlassen, dass die Klägerin die Rückversetzung nicht mit einer formellen Fehlerhaftigkeit der Maßnahme begründen würde. Die Beklagte hat sich auch darauf eingerichtet, dass die Klägerin die Anhörung des Betriebsrats aus dem August 2004 nicht mehr rügen würde. Hätte die Klägerin dies gerügt, hätte die Beklagte entweder die Anhörung wiederholt oder aufgrund der erfolgten Zustimmung eine neue ausdrückliche Versetzungsanordnung ausgesprochen. Hierzu war sie aufgrund des Verhaltens der Klägerin nicht veranlasst. Zeit- und Umstandsmoment sind daher ebenso gegeben wie das berechtigte Vertrauen der Beklagten, die sich darauf eingerichtet hat, dass eine entsprechende Rüge nicht mehr erfolgen würde.

3. Die Versetzung ist auch nicht deswegen rückgängig zu machen, weil sie vom Anstellungsvertrag der Klägerin nicht gedeckt wäre. Die in § 4 des Anstellungsvertrages enthaltene Klausel, die Klägerin könne nach den geschäftlichen Erfordernissen jederzeit in einem anderen Markt des Unternehmens beschäftigt werden, ist nicht zu beanstanden.

a. Unerheblich ist hierbei, dass in der Klausel auch die jederzeitige Beschäftigung "in einer anderen Arbeitsstelle" vom Arbeitgeber verlangt werden kann. Versteht man den Begriff der "Arbeitsstelle" nicht nur örtlich, sondern auch bezogen auf den Inhalt der Tätigkeit - dagegen spricht, dass die Befugnis zur Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit schon in § 1 des Anstellungsvertrages enthalten ist -, dann ginge dieses Zuweisungsrecht sicher zu weit, weil der Klägerin hierdurch auch unterwertige Beschäftigungen zugewiesen werden könnten (vgl. BAG vom 11.04.2006, 9 AZR 557/05, zitiert nach juris). Letztlich kann diese Auslegung aber dahinstehen. Die Zuweisungsmöglichkeit der Arbeit in einer anderen Filiale behält ihren Sinn, auch wenn in dieser Bestimmung die Begriffe "oder in einer anderen Arbeitsstelle" gestrichen würde. Es verbleibt als eigenständiges Recht die Zuweisung der Arbeit als Kassiererin/Verkäuferin in einer anderen Filiale.

b. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Zuweisungsklausel auch nicht deswegen unwirksam, weil die Beklagte in dieser Versetzungsklausel nicht ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Versetzung entsprechend § 106 GewO nur nach billigem Ermessen erfolgen könne. Dies ist jedoch nicht ausdrücklich erforderlich.

Nach § 315 BGB war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Anstellungsvertrages lediglich die Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechtes erforderlich; die Einschränkung, dass dieses Bestimmungsrecht nach billigem Ermessen ausgeübt werden müsse, ergab sich unmittelbar aus dem Gesetz; es musste nicht zusätzlich erwähnt werden (vgl. § 315 Abs. 1 BGB). Hieran hat sich durch die Einführung des § 106 GewO nichts geändert. Wenn das Bestimmungsrecht dem Arbeitgeber zusteht, dann muss es kraft Gesetzes nach billigem Ermessen ausgeübt werden. Die Klausel stellt damit lediglich die in § 106 GewO vorgesehene gesetzliche Lage wieder her. Es handelt sich um "unechte Direktionsrechtserweiterungen" (vgl. Preis, Der Arbeitsvertrag, 3. Aufl. 2009, II D 30 Rn. 109 und 205).

c. Eine ausdrückliche Erwähnung dieser sich aus der Gesetzeslage ergebenden Einschränkung bei der Ausübung des Bestimmungsrechtes im Anstellungsvertrag ist auch dann, wenn es sich um einen Formularvertrag handelt, zumindest bei Altverträgen, die vor dem 01.01.2002 geschlossen sind, nicht erforderlich. Auch dann, wenn eine Tätigkeit in einer bestimmten Filiale nicht vereinbart gewesen wäre, bestünde das örtliche Versetzungsrecht nach § 106 GewO, ohne dass eine ausdrückliche vertragliche Bestimmung dahingehend erforderlich wäre, dass die Zuweisung einer anderen als der ausgeübten Tätigkeit nur unter Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmerin in Betracht kommen würde. Genau diese Rechtslage soll mit der Festlegung des Einsatzortes und der weiteren Festlegung der Befugnis, diesen Einsatzort auch zu ändern, hergestellt werden.

d. Auch das Bundesarbeitsgericht verlangt einen ausdrücklichen Verweis auf "billiges Ermessen" bereits in der Klausel nicht. Der Hinweis, die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches könne nur "entsprechend den Leistungen und Fähigkeiten" des Arbeitnehmers erfolgen (so im Urteil des BAG vom 13.03.2007, 9 AZR 433/07, zitiert nach juris), bezieht sich nämlich der Sache nach auf eine Einschränkung des Direktionsrechts in seiner Reichweite, nicht aber auf die Notwendigkeit einer zusätzlichen Ausübungskontrolle. Auch bei anderen Leistungsbestimmungen, die der Arbeitgeber nach billigem Ermessen zu treffen hat, wie etwa der Anrechnung von Tariferhöhungen auf übertarifliche Lohnbestandteile, wird die ausdrückliche Aufnahme der Ausübungskontrolle nicht als notwendiger Bestandteil der Klausel angesehen (vgl. BAG vom 11.10.2006, 5 AZR 721/05; BAG vom 01.03.2006, 5 AZR 363/05, zitiert nach juris). Dasselbe gilt für eine Widerrufsklausel bei Lohnbestand teilen, für die ebenfalls keine ausdrückliche Aufnahme eines Hinweises verlangt wird, dass diese nur nach billigem Ermessen erfolgen kann (BAG vom 30.07.2008, 10 AZR 606/07). Dasselbe gilt für die Bestimmung, dass vom Arbeitnehmer die Leistung von Mehrstunden verlangt werden kann - auch insoweit wird ein Hinweis darauf, dass dies nur nach billigem Ermessen geschehen darf, nicht als erforderlich angesehen (BAG vom 07.12.2005, 5 AZR 535/04).

e. Für die fehlerhafte Ausübung billigen Ermessens bestehen keine Anhaltspunkte.

Die Beklagte hat sich auf die Notwendigkeit zu Personalreduzierungen im Markt W... und auf Personalbedarf im Markt V... berufen. Die Klägerin hat dies nicht bestritten. Soweit sich die Klägerin darauf berufen hat, sie habe als langjährige in W... beschäftigte Arbeitnehmerin Besitzschutz, ist dem nicht zu folgen. Die Notwendigkeit zur Einhaltung einer sozialen Auswahl ist nach § 1 Abs. 3 KSchG auf Kündigungen beschränkt. Vorliegend ist von Bedeutung, dass die Klägerin aufgrund ihres Wohnortes keine Nachteile, sondern eher Vorteile von der Zuweisung der Arbeit in der anderen Filiale hat. Anhaltspunkte für ein Verstoß gegen den Grundsatz des billigen Ermessens sind damit nicht erkennbar.

f. Unabhängig hiervon ist der Anspruch der Klägerin, sich auf die Unwirksamkeit der Klausel zu berufen, verwirkt. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Die Tatsache, dass sie "Rückversetzung" verlangt hat, ist unabhängig davon, ob der Bezirksleiter L... der richtige Ansprechpartner hierfür war, nicht geeignet, die Unwirksamkeit der Ursprungsmaßnahme erkennen zu lassen. Die Klägerin hat sich auf diese erst nach eineinhalb Jahren berufen. Die Beklagte durfte sich darauf verlassen, dass die Klägerin eine etwaige Unwirksamkeit nicht mehr geltend machen würde.

4. Nach alldem ist der Anspruch der Klägerin nicht begründet. Die Klage ist abzuweisen.

5. Die Klägerin, Berufungsklägerin, hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO).

6. Die Zulassung der Revision erfolgt im Hinblick auf die Wirksamkeit der Versetzungsklausel sowie den Folgen einer nachträglichen Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzungsmaßnahme.

Ende der Entscheidung

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