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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 28.11.2006
Aktenzeichen: 7 TaBV 30/05
Rechtsgebiete: BetrVG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 51 Abs. 1
BetrVG § 2 Abs. 1
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 62
1. Besteht eine vom Gesamtbetriebsrat gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG geschlossene Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeit in den Einzelbetrieben, besteht für einen Arbeitgeberantrag gleichwohl ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung der originären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG für eine Gesamtbetriebsvereinbarung mit vergleichbarem Inhalt.

2. Soll in einem Beschlussverfahren geklärt werden, ob für Arbeitszeitfragen eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats oder der Einzelbetriebsräte besteht, sind der Gesamtbetriebsrat und die Einzelbetriebsräte Streitgenossen i.S.d. § 62 ZPO. Die Beschwerde eines beteiligten Betriebsrats kann deshalb nicht wegen verspäteter Beschwerdebegründung verworfen werden, wenn andere Beteiligte ihre Beschwerden rechtzeitig begründet haben.

3. Der Gesamtbetriebsrat ist für die Regelung der Arbeitszeit in den Einzelbetrieben nur dann gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG zuständig, wenn eine einheitliche Regelung zwingend aus sachlichen Gründen erforderlich ist (im Anschluss an BAG Beschluss vom 23.09.1975 - Az. 1 ABR 122/73 - und vom 09.12.2003 - Az. 1 ABR 49/02). Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn ein bundesweit tätiges Versicherungsunternehmen, das eine bundesweite Verfügbarkeit aller Arbeitnehmer zu Zeiten der meisten Kundenanrufe erreichen möchte, nicht im Einzelnen begründet, dass die konkrete Gefahr besteht, die Einzelbetriebsräte würden bei Abschluss von Einzelbetriebsvereinbarungen Unternehmensinteressen nicht in dem von § 2 Abs. 1 BetrVG geforderten Umfang beachten.


LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

7 TaBV 30/05

In dem Beschlussverfahren

wegen: Sonstiges

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Prof. Dr. Dr. Holzer-Thieser und die ehrenamtlichen Richter Jülicher und Ziegler aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 1, 2, 3, 6, 7, 8, 13, 14, 19, 24, 26, 28 und 29 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg vom 30.03.2005 - Az. 3 BV 7/04 C - abgeändert und der Antrag der Antragstellerin abgewiesen.

2. Die Beschwerden der Beteiligten zu 9, 11, 12, 15, 16, 17, 20, 21, 22, 23 und 27 werden verworfen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin und die Beteiligten streiten um die Frage, ob für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung über Arbeitszeitfragen der Gesamtbetriebsrat (Beteiligter zu 1) oder die örtlichen Einzelbetriebsräte zuständig sind.

Die Antragstellerin betreibt ein bundesweit tätiges Versicherungsunternehmen mit der Zentrale in Coburg (Beteiligter zu 2) und mit 28 Außenstellen (Beteiligte zu 3 bis 30). In den letzten Jahren hat sie Teile ihrer Organisation geändert und ab 2004 begonnen, sogenannte Kundenbetreuungscenter (KBC) und Kundenbetreuungssatelliten (KBS) einzurichten. Während des Laufes des vorliegenden Beschlussverfahrens hat sie diese Organisationsmaßnahme abgeschlossen und 8 KBC und 7 KBS eingerichtet. Aufgrund eines gemäß § 3 BetrVG abgeschlossenen Tarifvertrags ist geregelt, dass die einzelnen KBC und KBS von jeweils einem Betriebsrat der bereits bestehenden Betriebe vertreten werden. Danach werden

das KBC Coburg vom Betriebsrat Coburg (Beteiligter zu 2) vertreten,

das KBC Hamburg durch den Betriebsrat Hamburg (Beteiligter zu 3),

das KBC Berlin durch den Betriebsrat Berlin (Beteiligter zu 7),

das KBC Dortmund durch den Betriebsrat Dortmund (Beteiligter zu 8),

das KBC Köln durch den Betriebsrat Köln (Beteiligter zu 14),

das KBC Frankfurt durch den Betriebsrat Frankfurt (Beteiligter zu 19),

das KBC Augsburg durch den Betriebsrat Augsburg (Beteiligter zu 26)

das KBC Kassel durch den Betriebsrat Kassel (Beteiligter zu 13),

der KBS Kiel durch den Betriebsrat Kiel vertreten (Beteiligter zu 5),

der KBS Hannover durch den Betriebsrat Hannover (Beteiligter zu 6),

der KBS Saarbrücken durch den Betriebsrat Saarbrücken (Beteiligter zu 24),

der KBS Würzburg durch den Betriebsrat Würzburg (Beteiligter zu 25),

der KBS Regensburg durch den Betriebsrat Regensburg (Beteiligter zu 28),

der KBS Freiburg durch den Betriebsrat Freiburg (Beteiligter zu 30) und

der KBS Stuttgart durch den Betriebsrat Stuttgart (Beteiligter zu 29).

Über die KBC und KBS will die Antragstellerin ihre Dienstleistungen den Kunden einstufig und spartenübergreifend anbieten. Dabei werden alle eingehenden Anfragen, die über die Kommunikationskanäle Brief, Fax, Telefon und E-mail an die Antragstellerin gerichtet werden, durch eine Zentrale Leitung aller KBC und KBS in Coburg zentral angenommen und über eine EDV-gestützte zentrale Lastverteilung auf die KBC und KBS im gesamten Bundesgebiet verteilt und zwar flexibel entsprechend freier Kapazitäten der jeweils besetzten Arbeitsplätze. Wegen dieses unternehmerischen Projekts "Kundenbetreuung" wurde zwischen der Antragstellerin und dem Beteiligten zu 1 am 13.11.2003 ein Interessenausgleich abgeschlossen. Die meisten Beteiligten haben den Beteiligten zu 1 zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Regelung der Arbeitszeit bevollmächtigt. Diese Betriebsvereinbarung ist am 06.12.2004 abgeschlossen worden.

Mit Antragsschrift vom 14.04.2004 hat der (jetzige) Beteiligte zu 15 (Betriebsrat Düsseldorf) beantragt festzustellen, dass ihm für das geplante KBC Köln das Übergangsmandat nach § 21a BetrVG zustehe. Diesen Antrag hat der Beteiligte zu 15 in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Bamberg vom 18.02.2005 nicht wiederholt.

Die (jetzige) Antragstellerin hat vorgetragen:

Der Beteiligte zu 1 sei auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung zur Regelung von Arbeitszeitfragen gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG für alle KBC und KBS zuständig. Würde die Arbeitszeit nicht einheitlich für alle KBC/KBS durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung geregelt werden, seien untragbare Störungen zu befürchten. Zu den täglichen, wöchentlichen und jährlichen Spitzenzeiten müssten möglichst viele Anrufe entgegengenommen werden können, um nicht Kunden zu verlieren (Gefahr der sog. Lost calls). Dies setze voraus, dass die KBC/KBS in den Spitzenzeiten ausreichend besetzt seien. Auch müsse montags bis freitags bis 20.00 Uhr und samstags von 08.00 Uhr bis 14.00 Uhr eine ausreichende Arbeitnehmerkapazität zur Verfügung stehen. Diese Verfügbarkeit könne nur durch eine bundeseinheitliche Gesamtbetriebsvereinbarung erreicht werden, die die Grundlage für eine einheitliche Steuerung des Arbeitseinsatzes aller Arbeitnehmer schaffe. Eine solche Betriebsvereinbarung führe auch zu einer Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer. Müssten Arbeitszeitregelungen mit den einzelnen Betriebsräten angestrebt werden, bestünde die Gefahr, dass sich die einzelnen Betriebsräte im vermeintlichen Interesse ihrer Betriebsangehörigen einer von ihr (der Antragstellerin) angestrebten Lösung verschlössen, zu allen Zeiten die erforderliche Zahl von Arbeitnehmern zur Verfügung zu haben.

Die Antragstellerin hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 1. (Gesamtbetriebsrat der A...) und nicht die beteiligten örtlichen Betriebsräte der Außenstellen zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Regelung von Fragen der Arbeitszeit gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG in den Kundenbetreuungscentern der Antragstellerin zuständig ist.

2. hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 1. (Gesamtbetriebsrat der A...) und nicht die beteiligten örtlichen Betriebsräte zum Abschluss der Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit in den Kundenbetreuungscentern (KBC) und den jeweils zugeordneten Satelliten (KBS) vom 06.12.2004 nach § 50 Abs. 1 BetrVG zuständig war.

Alle Beteiligten (mit Ausnahme der Beteiligten zu 5, 10, 18, 25 und 30) haben Abweisung der Anträge beantragt.

Sie haben vorgetragen:

Der Hauptantrag sei unzulässig. Es fehle die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Nürnberg, der Antrag sei zu unbestimmt, ein Feststellungsinteresse und die prozessualen Voraussetzungen für einen Widerantrag der Antragstellerin seien nicht gegeben. Im Übrigen sei der Antrag auch unbegründet. Die Zuständigkeit für die begehrte Arbeitszeitregelung liege allein bei den Einzelbetriebsräten. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Antragstellerin erhebliche Störungen eintreten würden, wenn die Einzelbetriebsräte mit der Antragstellerin Betriebsvereinbarungen über Arbeitszeitfragen abschließen würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Antragstellerin und der Beteiligten wird auf den Abschnitt I der Gründe des angefochtenen Beschlusses (Bl. 643 bis 646 d.A.) und ergänzend auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Durch Beschluss vom 30.03.2005 hat das Arbeitsgericht Bamberg dem Hauptantrag stattgegeben. Auf Abschnitt II der Gründe dieser Entscheidung (Bl. 646-649 d.A.) wird Bezug genommen.

Den Beteiligten zu 1, 2, 3, 6, 7, 13, 14, 19, 24, 26, 28 und 29 ist der Beschluss am 21.06.2005 zugestellt worden, sie haben jeweils bis spätestens 21.07.2005 Beschwerde eingelegt (Eingang beim Landesarbeitsgericht Nürnberg). Die Beteiligten zu 1, 2, 6, 7, 13, 14, 19, 26, 28 und 29 haben jeweils bis spätestens Montag, den 22.08.2005 (Eingang beim Landesarbeitsgericht Nürnberg) die Beschwerde begründet. Der Beteiligte zu 3 hat - nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 23.09.2005 - die Beschwerde mit Schriftsatz vom 20.09.2005, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 23.09.2005 eingegangen, begründet, der Beteiligte zu 24 - nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis ebenfalls 23.09.2005 - mit Schriftsatz vom 20.09.2005, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 22.09.2005 eingegangen. Dem Beteiligten zu 8 ist der Beschluss am 24.06.2005 zugestellt worden, er hat mit Schriftsatz vom 15.07.2005, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tag eingegangen, Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 27.08.2005, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 29.08.2005 eingegangen, begründet. Auch die Beteiligten zu 9, 11, 12, 15, 16, 17, 20, 21, 22, 23 und 27 haben Beschwerde eingelegt.

Auch die Beteiligten, die keine Beschwerde eingelegt haben, sind im Beschwerdeverfahren im Wege der Zusendung des gesamten Schriftverkehrs weiter beteiligt worden (Beteiligte zu 4, 5, 10, 18, 25 und 30).

Die Beschwerdeführer wiederholen im Beschwerdeverfahren im Wesentlichen die erstinstanzlich vorgebrachten Argumente.

Im Anhörungstermin vom 28.11.2006 stellen die Beteiligten zu 1, 2, 3, 6, 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 19, 20, 21, 22, 24, 26, 27, 28 und 29 folgenden Antrag:

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg - vom 30.03.2005, Aktenzeichen 3 BV 7/04 C wird abgeändert.

Der Hauptantrag der Antragstellerin wird abgewiesen.

Der Beteiligte zu 23 stellt einen gleichlautenden Antrag im Schriftsatz vom 19.07.2005.

Die Antragstellerin stellt - nach Zurücknahme des erstinstanzlich gestellten Hilfsantrags und nach Verkündung eines diesbezüglichen Einstellungsbeschlusses - folgende Anträge:

I. Die Anträge der Beschwerdeführer werden zurückgewiesen.

II. Für den Fall des Erfolges der eingelegten Beschwerden aus prozessualen Gründen - unter Rücknahme des erstinstanzlich gestellten Antrags im Übrigen -:

1. Hilfsantrag:

Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 1 (Gesamtbetriebsrat der A...) und nicht die Beteiligten zu 2, 3, 5, 6, 7, 8, 13, 14, 19, 24, 25, 26, 28, 29 und 30 zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Regelung von Fragen der Arbeitszeit gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG in den Kundenbetreuungscentern der Antragstellerin zuständig ist.

2. Hilfsantrag für den Fall der Abweisung des 1. Hilfsantrags:

Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 1 (Gesamtbetriebsrat der A...) und nicht die Beteiligten zu 2, 3, 5, 6, 7, 8, 13, 14, 19, 24, 25, 26, 28, 29 und 30 zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Regelung folgender Fragen in den Kundenbetreuungscentern der Antragstellerin zuständig ist:

- Schichtzeiten von Montag bis Samstag (einschließlich), einschließlich der zugrunde liegenden Arbeitszeitkonten

- die Befugnis der Antragstellerin zur Bestimmung der Zahl der stündlich benötigten Arbeitnehmer in einem KBC/KBS bzw. zwischen den KBC/KBS

- die Befugnis zur konkreten Arbeitseinteilung einzelner Arbeitnehmer, sofern sich nicht Arbeitnehmer in ausreichender Zahl freiwillig melden, auch über eine gemeinsame Kommission.

Auch die Antragstellerin wiederholt im Wesentlichen die erstinstanzlich vorgebrachten Argumente.

Die Beteiligten zu 1, 2, 3, 6, 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 19, 20, 21, 22, 24, 26, 27, 28 und 29 beantragen

die Abweisung der beiden Hilfsanträge.

Zum Vorbringen der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 28.11.2006 (Bl. 1215 ff d.A.) verwiesen.

II.

A. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1, 2, 3, 6, 7, 8, 13, 14, 19, 24, 26, 28 und 29 sind zulässig.

1. Die Rechtsmittelbefugnis der Beteiligten zu 1, 2, 3, 6, 7, 8, 13, 14, 19, 24, 26, 28 und 29 folgt daraus, dass diese Beteiligten vor dem Arbeitsgericht mit ihrem Abweisungsantrag erfolglos geblieben sind.

2. Für die Beschwerden der Beteiligten zu 1, 2, 3, 6, 7, 8, 13, 14, 19, 24, 26, 28 und 29 liegt auch die notwendige materielle Beschwer vor.

Eine Beschwer ist gegeben, wenn der Beteiligte durch die Entscheidung in seiner Rechtsstellung, die seine Beteiligung begründet, in irgendeiner Weise beeinträchtigt wird (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., Rdnr. 8 zu § 89 m.w.N.). Die Beschwer muss zum Schluss der Anhörung im Beschwerdeverfahren vorliegen.

Die Beteiligten zu 2, 3, 6, 7, 8, 13, 14, 19, 24, 26, 28 und 29 sind nach dem von den Beteiligten im Anhörungstermin vom 28.11.2006 vorgetragenen, gemäß § 3 BetrVG geschlossenen Tarifvertrag über die betriebsverfassungsrechtliche Vertretung der KBC und KBS diejenigen Betriebsräte, die jeweils einen von 12 KBC und KBS vertreten. Obsiegt die Antragstellerin mit einem ihrer Anträge rechtskräftig, ist festgestellt, dass das Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG dem Beteiligten zu 1 und nicht den Beteiligten zu 2, 3, 6, 7, 8, 13, 14, 19, 24, 26, 28 und 29 zusteht. Diese Beteiligten werden damit durch eine rechtskräftige Entscheidung beschwert.

Eine Beschwer besteht auch für den Beteiligten zu 1, da eine von ihm nicht gewollte Zuerkennung eines Mitbestimmungsrechts nicht lediglich als rechtlicher Vorteil verstanden werden kann, sondern auch als Nachteil. Denn aus einem Mitbestimmungsrecht folgt regelmäßig eine Verpflichtung zum Tätigwerden, wenn der Arbeitgeber sein Initiativrecht in Anspruch nimmt. Kein Betriebsverfassungsorgan muss hinnehmen, dass ihm gegen seinen Willen und - nach seiner Meinung - ohne gesetzliche Grundlage Handlungspflichten überbürdet werden. Eine gleichwohl gegen den Willen des Betriebsverfassungsorgans ergangene Entscheidung beinhaltet eine Beschwer.

3. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1, 2, 3, 6, 7, 13, 14, 19, 24, 26, 28 und 29 sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Auch die Beschwerde des Beteiligten zu 8 ist nicht wegen verspäteter Einlegung der Begründung zu verwerfen. Die Beschwerdebegründungsschrift des Beteiligten zu 8 vom 27.08.2005 ist zwar erst am 29.08.2005 und damit nach Ablauf der zweimonatigen Begründungsfrist (Fristende: 24.08.2005) beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangen, doch bleibt dies aufgrund des Umstandes, dass andere Beteiligte ihre Beschwerden fristgemäß begründet haben, für den Beteiligten zu 8 ohne Auswirkung. Die Beteiligten zu 1, 2, 3, 6, 7, 8, 13, 14, 19, 24, 26, 28 und 29 sind in Bezug auf den vorliegenden Verfahrensgegenstand als notwendige Streitgenossen im Sinn des § 62 ZPO anzusehen (vgl. LAG Berlin Beschluss vom 28.08.2003, Az.: 18 TaBV 636/03). Dies folgt daraus, dass das streitige Rechtsverhältnis betriebsverfassungsrechtlicher Art nur einheitlich gegenüber den Beteiligten zu 1, 2, 3, 6, 7, 8, 13, 14, 19, 24, 26, 28 und 29 festgestellt werden kann, da diese Beteiligten von der Entscheidung gleichermaßen - wie vorstehend unter 2. ausgeführt - betroffen sind.

B. Die Beschwerde der Beteiligten zu 9, 11, 12, 15, 16, 17, 20, 21, 22, 23 und 27 sind unzulässig.

Im Zeitpunkt des Schlusses der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg können die Beteiligten zu 9, 11, 12, 15, 16, 17, 20, 21, 22, 23 und 27 durch eine für die Antragstellerin positive Entscheidung nicht in ihrer Rechtsstellung benachteiligt werden, da sie nach den Regelungen des gemäß § 3 BetrVG geschlossenen Tarifvertrags keinen der KBC und KBS vertreten.

Mangels eigener Beschwer sind deshalb ihre Beschwerden als unzulässig zu verwerfen. Dies gilt auch für die Beschwerde des Beteiligten zu 23, der im Termin vom 28.11.2006 nicht vertreten war, da auch über diese Beschwerde zur umfassenden Beendigung des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden war.

C. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1, 2, 3, 6, 7, 8, 13, 14, 19, 24, 26, 28 und 29 sind auch erfolgreich.

1. Der Hauptantrag der Antragstellerin ist nicht wegen Unzulässigkeit zu verwerfen. Die von verschiedenen Beteiligten gegen die Zulässigkeit vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch.

a) Das Landesarbeitsgericht Nürnberg ist zur Sachentscheidung zuständig. Entscheidungen des Arbeitsgerichts über die örtliche Zuständigkeit sind unanfechtbar. Dies gilt auch für das Beschlussverfahren (§ 80 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG). Dabei ist ohne Bedeutung, wenn über die örtliche Zuständigkeit statt im Wege eines gesonderten Beschlusses inzidenter in der Hauptsacheentscheidung mit entschieden wird (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O. Rdnr. 84 zu § 64).

b) Die Antragstellerin hat erstinstanzlich keinen unzulässigen Widerantrag gestellt. Im maßgeblichen Zeitpunkt (Schluss der Anhörung vor dem Arbeitsgericht) lag der ursprünglich mit Schriftsatz vom 14.04.2004 gestellte Antrag des (jetzigen) Beteiligten zu 15 nicht mehr vor. Der Beteiligte zu 15 hat in der mündlichen Verhandlung seinen schriftsätzlichen Antrag auf Feststellung seines Übergangsmandats nicht mehr gestellt, sondern nur Abweisung der Anträge der (jetzigen) Antragstellerin begehrt. Dies ist als Antragsrücknahme zu werten. Eine Antragsrücknahme kann auch konkludent, auch durch Unterlassen der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung, erfolgen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., Rdnr. 22 zu § 269). Damit hat sich die prozessuale Stellung der Arbeitgeberin von einer (weiteren) Beteiligten zur Antragstellerin gewandelt.

Die Voraussetzungen des § 33 ZPO sind damit nicht zu prüfen. Auch kann die Frage offenbleiben, ob ein Widerantrag mit Wirkung für weitere Beteiligte überhaupt zulässig wäre.

c) Der Hauptantrag ist auch hinreichend bestimmt.

aa) Der Feststellungsantrag im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren unterliegt ebenso wie ein Leistungsantrag der Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Danach muss ein bestimmter Antrag gestellt werden. Dies ist erforderlich, um für den Umfang der Rechtskraft klare und eindeutige Verhältnisse zu schaffen. Auch bei Feststellungsanträgen ist eine eindeutige Bezeichnung des Rechtsverhältnisses notwendig, dessen Bestehen oder Nichtbestehen der Antragsteller nach § 256 ZPO festgestellt wissen will. Der Verfahrensgegenstand muss im Antrag so bestimmt bezeichnet werden, dass zu erkennen ist, worüber entschieden werden soll (ständige Rechtsprechung des BAG, z.B. Beschluss vom 03.05.1984, Az.: 6 ABR 68/91 - AP 5 zu § 95 BetrVG 1972 m.w.N.).

bb) Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall gegeben. Die Antragstellerin will die Klärung der Frage, ob das Mitbestimmungsrecht für die in § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG geregelten Angelegenheiten den Einzelbetriebsräten oder dem Gesamtbetriebsrat zusteht. Der Antrag ist hinreichend bestimmt, da die Antragstellerin erkennbar die Streitfrage für a l l e von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG umfassten Mitbestimmungsrechte geklärt haben möchte. Dementsprechend hat das BAG in seiner Entscheidung vom 23.09.1975 (Az.: 1 ABR 122/73 - AP Nr. 1 zu § 50 BetrVG 1972) einen vergleichbaren Antrag auf Feststellung der Zuständigkeit des Einzelbetriebsrats (und nicht des Gesamtbetriebsrats) nicht wegen Unbestimmtheit verworfen. Auch den Antrag auf Feststellung der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss eines Sozialplans hat das BAG für hinreichend bestimmt im Sinn des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO angesehen (Beschluss vom 03.05.2006, Az.: 1 ABR 15/05).

d) Für den Hauptantrag liegen auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO vor.

aa) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden. Zwar können nach § 256 Abs. 1 ZPO nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich jedoch nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen beschränken (ständige Rechtsprechung des BAG, z.B. Urteil vom 27.10.2005, Az.: 6 AZR 123/05 m.w.N.). Dies gilt auch für das Beschlussverfahren. Im Beschlussverfahren ist der Antrag zulässig, die originäre Zuständigkeit eines Betriebsverfassungsorgans für einen bestimmten Regelungsbereich festzustellen. Damit wird für den Arbeitgeber die Frage geklärt, wer im konkreten Fall Partner des betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses ist. Die Klärung noch weiterer Streitfragen ist nicht erforderlich.

bb) Für jeden Feststellungsantrag muss außerdem ein Feststellungsinteresse vorliegen. Dies gilt auch für das Beschlussverfahren. Ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses im Beschlussverfahren ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Antragstellers eine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit droht und wenn die erstrebte Entscheidung geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Diese Voraussetzungen sind bei einer behauptenden Feststellungsklage regelmäßig erfüllt, wenn das Recht von den übrigen Beteiligten bestritten wird (BAG Urteil vom 15.11.2005, Az.: 9 AZR 209/05 - NZA 06, 502).

Die Antragstellerin hat auch ein Interesse an einer alsbaldigen Feststellung. Dieses Interesse wird nicht durch die Existenz der bestehenden, aufgrund der Bevollmächtigung einzelner Betriebsräte gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG abgeschlossenen Betriebsvereinbarung vom 06.12.2004 beseitigt. Die Frage der originären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats kann sich jederzeit stellen, z.B. wenn die Betriebsvereinbarung vom 06.12.2004 gekündigt wird oder Regelungen mit Betriebsräten getroffen werden sollen, die die Ermächtigung gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG nicht erteilt haben. Im Übrigen haben die Antragstellerin und der Beteiligte zu 1 in der Protokollnotiz 1 zur Betriebsvereinbarung vom 06.12.2004 ihre Meinung niedergelegt, dass die Frage der originären Zuständigkeit des Beteiligten zu 1 gerichtlich zu klären ist. Damit kommt der begehrten gerichtlichen Entscheidung Rechtswirkung für die Zukunft zu.

2. Der Hauptantrag ist aber unbegründet.

a) Die Zuständigkeit des Beteiligten zu 1 für den Abschluss zukünftiger Gesamtbetriebsvereinbarungen gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG ergibt sich - entgegen der Meinung der Antragstellerin - nicht schon aus Nr. 6 der Anlage 1 zum Interessenausgleich vom 13.11.2003 (Bl. 189 d.A.). Hier ist geregelt:

"Im Rahmen der Verhandlungen über ein neues Arbeitszeitmodell für die Kundenbetreuung wird die Frage der Festlegung der Servicebereitschaft mitbehandelt".

Aus dieser Regelung kann keine originäre Zuständigkeit des Beteiligten zu 1 für zukünftige Gesamtbetriebsvereinbarungen abgeleitet werden. Zum einen wird nicht deutlich, dass die Parteien des Interessenausgleichs eine solche Zuständigkeitsregelung treffen wollten, zum anderen wäre eine Regelung mit einem solchen Inhalt unwirksam, da die Zuständigkeitsverteilung des § 50 Abs. 1 BetrVG zwingend ist. Der Gesamtbetriebsrat kann nicht durch Vereinbarung mit dem Arbeitgeber den Einzelbetriebsräten Kompetenzen entziehen (BAG Beschluss vom 11.11.1998, Az.: 7 ABR 47/97 - AP Nr. 19 zu § 50 BetrVG 1972).

b) Der Beteiligte zu 1 ist für Arbeitszeitfragen nicht gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG zuständig.

aa) Gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG ist der Gesamtbetriebsrat zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder jedenfalls mehrere Betriebe betreffen u n d nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Der Begriff des "Nichtregelnkönnens" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der Konkretisierung bedarf (BAG Beschluss vom 23.09.1975, a.a.O.). Dabei ist im Bereich der sozialen Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG davon auszugehen, dass grundsätzlich der Einzelbetriebsrat die Mitbestimmungsrechte wahrzunehmen hat (BAG Beschluss vom 23.09.1975, a.a.O.). Bei den sozialen Angelegenheiten des § 87 BetrVG handelt es sich im Regelfall um betriebs- und nicht um unternehmensbezogene Tatbestände. "Das gilt insbesondere für die Regelung der Arbeitszeit gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG... Eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats könnte in diesem Rahmen daher nur ausnahmsweise bestehen, wenn sich aus der Pflicht zur Interessenabwägung aus § 2 Abs. 1 BetrVG ergibt, dass wegen produktionstechnischer Abhängigkeiten mehrere Betriebe voneinander eine einheitliche Regelung zwingend aus sachlichen Gründen erforderlich ist" (BAG Beschluss vom 23.09.1975, a.a.O.). Ein zwingendes Erfordernis kann sich aus technischen oder rechtlichen Gründen ergeben. "Erforderlich ist also, dass bei fehlender einheitlicher Regelung eine technisch untragbare Störung eintreten würde, die zu unangemessenen betrieblichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen führen könnte" (BAG Beschluss vom 23.09.1975, a.a.O.; so auch BAG Beschluss vom 09.12.2003, Az.: 1 ABR 49/02). "Es müssen Nachteile mit schädigender Wirkung von relativ nicht unbedeutendem Gewicht eintreten, wenn keine einheitliche Regelung erfolgen sollte" (BAG Beschluss vom 23.09.1975, a.a.O.). Nach der Entscheidung des BAG vom 09.12.2003 (Az.: 1 ABR 49/02) sind sogar "untragbare Störungen" erforderlich. Solche Störungen können bei einer betriebsübergreifenden Arbeitszeitregelung vorliegen, wenn Arbeitsabläufe überbetrieblich in zeitlicher Hinsicht sehr eng verzahnt und voneinander abhängig sind (BAG Beschluss vom 09.12.2003, Az.: 1 ABR 49/02). Es ist dabei festzustellen, welche betrieblichen oder wirtschaftlichen Störungen gerade deshalb auftreten, weil eine unternehmenseinheitliche Regelung fehlt. Dies setzt eine Prognose bezüglich der Abläufe in den einzelnen Betrieben bei Vorliegen einer Gesamtbetriebsvereinbarung und bei Fehlen einer solchen und einen wertenden Vergleich voraus. Dabei ist stets auf die konkreten Umstände des Unternehmens und der einzelnen Betriebe abzustellen (BAG Beschluss vom 09.12.2003, Az.: 1 ABR 49/02). Für die Qualität einer untragbaren, relativ nicht unbedeutenden Störung reichen bloße Zweckmäßigkeits- oder Vernunftsgründe, Kostengesichtspunkte und ein Koordinierungsinteresse des Arbeitgebers, also der Wunsch nach einer unternehmenseinheitlichen Regelung, zur Zuständigkeitsbegründung nicht aus (ständige Rechtsprechung des BAG, z.B. Beschluss vom 23.09.1975, a.a.O.; Beschluss vom 11.11.1998, Az.: 7 ABR 47/97, AP Nr. 19 zu § 50 BetrVG 1972; Beschluss vom 11.12.2001, Az.: 1 ABR 193/01, AP Nr. 22 zu § 50 BetrVG 1972; Beschluss vom 15.01.2002, Az.: 1 ABR 10/01, AP Nr. 23 zu § 50 BetrVG 1972; Beschluss vom 09.12.2003, Az.: 1 ABR 49/02). Sollte der Einzelbetriebsrat die Entscheidungen auf Unternehmensebene nicht mehr durchschauen können, kann er die Interessen der von ihm repräsentierten Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß vertreten, es besteht dann ein Machtgefälle zwischen Unternehmensleitung und Einzelbetriebsrat, das durch die Beteiligung des Gesamtbetriebsrats ausgeglichen werden kann (BAG Beschluss vom 23.09.1975, a.a.O.).

bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall kommt die Kammer zum Ergebnis, dass ohne eine Gesamtbetriebsvereinbarung Störungen in dem geforderten Ausmaß schon nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin nicht zu erwarten sind.

(1) Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie von einzelnen Beteiligten vorgetragen - eine überbetriebliche Angelegenheit bzw. eine überbetriebliche Verzahnung von Betriebsabläufen fehlt und ob Störungen bei Fehlen einer Gesamtbetriebsvereinbarung überhaupt ausbleiben würden. Denn auch dann, wenn diese Fragen grundsätzlich verneint werden, fehlen jedenfalls zu erwartende Störungen in dem geforderten Ausmaß.

(2) Die Antragstellerin sieht die untragbaren Störungen im Wesentlichen in Anrufen, die zu bestimmten Zeiten wegen mangelnder Personalkapazität nicht entgegengenommen werden können und von den Anrufern zu anderen Zeiten nicht wiederholt werden und damit zu einem wirtschaftlichen Schaden der Antragstellerin führen (z.B. weil Vertragsabschlüsse unterbleiben). Sie meint, dass ihr ein Arbeitszeitmodell zur Verfügung stehen müsse, das bundeseinheitlich eine umfassende Verfügbarkeit der Mitarbeiter aller KBC und KBS zu den im Markt beworbenen Kundenservicezeiten sicherstelle und ihr auch eine zentrale Eingriffsmöglichkeit gebe; mit dem Arbeitszeitmodell werde gewährleistet, dass die Belastungsspitzen, die im Tages-, Wochen- und Jahresverlauf eintreten, mit den vorhandenen Kapazitäten abgedeckt werden können.

Aus dem Vortrag der Antragstellerin ist zu entnehmen, dass die Störungen von ihr nicht darin gesehen werden, dass bei Unterbleiben einer Gesamtbetriebsvereinbarung der Antragstellerin die Möglichkeit genommen würde, die Einsätze der Mitarbeiter in den KBC/KBS zentral von Coburg aus zu steuern und sämtliche Arbeiten (Telefonie, Post, Fax, E-mail) auf alle zu den jeweiligen Zeiten im System angemeldeten Mitarbeiter gleichmäßig zu verteilen. Diese Möglichkeit bleibt der Antragstellerin auch dann, wenn die Arbeitszeiten in Einzelbetriebsvereinbarungen geregelt werden. Die Störungen sollen in der befürchteten nicht ausreichenden Besetzung der KBC/KBS zu bestimmten Zeiten liegen.

(3) Aus dem Vortrag der Antragstellerin kann das geforderte Maß der Störungen nicht abgeleitet werden.

Es ist schon nicht absehbar, dass durch Einzelbetriebsvereinbarungen eine Besetzung der Arbeitsplätze in den KBC/KBS in dem von der Antragstellerin gewünschten Umfang zu den von ihr vorgesehenen Zeiten nicht wenigstens annähernd erreicht werden kann. Die Antragstellerin hat keine Tatsachen vorgetragen, die die Prognose rechtfertigten, die Einzelbetriebsräte würden bei Abschluss von Betriebsvereinbarungen über Arbeitszeitfragen das Unternehmensinteresse nicht in dem von § 2 Abs. 1 BetrVG gebotenen Maße berücksichtigen. Es kann nach Aktenlage nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin ihr Ziel, zu bestimmten Zeiten über eine ausreichende Mitarbeiterzahl verfügen zu können, bei Abschluss von Betriebsvereinbarungen mit den Einzelbetriebsräten nicht erreichen kann. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die Antragstellerin die Möglichkeit hat, für die Arbeitsleistung zu bestimmten Zeiten einen finanziellen Anreiz zu bieten, so wie sie in der Betriebsvereinbarung vom 06.12.2004 enthalten sind. Bei solchen Anreizen kann nicht ohne konkrete Anhaltspunkte, die im vorliegenden Fall fehlen, angenommen werden, dass sich Einzelbetriebsräte einer von der Antragstellerin vorgeschlagenen Regelung verschließen würden.

Es kann auch ohne konkrete Anhaltspunkte nicht angenommen werden, dass - wie die Antragstellerin befürchtet - einzelne Betriebsräte darauf bestehen werden, Pausen in Spitzenzeiten zu legen oder arbeitszeitliche Vorteile zu Lasten anderer KBC/KBS fordern werden. Ein Indiz dafür, dass sich die Einzelbetriebsräte nicht generell betrieblichen Interessen widersetzen, ergibt sich daraus, dass es auch in der Vergangenheit möglich war, die bundesweiten Öffnungszeiten von 08.00 Uhr bis 18.00 Uhr bundeseinheitlich in örtlichen Betriebsvereinbarungen zu regeln, wie der Beteiligte zu 3 - unbestritten - vorgetragen hat (Schriftsatz vom 20.09.2005, Seite 7, Bl. 1058 d.A.). Anhaltspunkte für ein Missachten der Interessen der Antragstellerin können auch nicht darin gesehen werden, dass die Beteiligten die Rechtsmeinung vertreten, die Einzelbetriebsräte seien zum Abschluss einzelner Betriebsvereinbarungen zuständig. Die Äußerung dieser Rechtsmeinung lässt nicht den Schluss auf ein Missachten der Interessen der Antragstellerin zu.

Eine Gefahr unangemessener wirtschaftlicher Auswirkungen ist insbesondere hinsichtlich der täglichen und wöchentlichen Spitzenzeiten auch angesichts des erforderlichen relativ niedrigen Kapazitätsbedarfs nicht zu erkennen. Wie sich aus der Betriebsvereinbarung vom 06.12.2004 ergibt, besteht für Samstage ein Kapazitätsbedarf von maximal 10 % der Soll-Mitarbeiterkapazität, an Brückentagen und Montagen von maximal 75 % und für Dienstag bis Freitag von 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr von maximal 20 %. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass sich die Einzelbetriebsräte Regelungen verschließen werden, dass die von der Antragstellerin ermittelten Personalkapazitäten nicht wenigstens annähernd erreicht werden.

Zu untragbaren Störungen kommt es auch dann noch nicht, wenn einzelne Betriebsräte in vertretbarem, am Zweck des § 2 Abs. 1 BetrVG ausgerichteten Umfang das Wohl der Arbeitnehmer durchzusetzen versuchen. § 2 Abs. 1 BetrVG verlangt von den Betriebsräten kein ausschließlich an den Interessen des Arbeitgebers orientiertes Verhalten, sondern ein Tätigwerden, das das "Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes" zum Ziel hat. Dabei kann - entgegen der Meinung der Antragstellerin - auch nicht davon ausgegangen werden, die Einzelbetriebsräte könnten die Entscheidungen auf Unternehmensebene bezüglich der Arbeitszeiten nicht mehr durchschauen und aufgrund eines Machtgefälles die Interessen der von ihnen repräsentierten Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß vertreten. Die Arbeitszeitplanungen der Antragstellerin sind nicht sonderlich kompliziert und auch für die Einzelbetriebsräte zu durchschauen. Auch die Einzelbetriebsräte sind nach Einschätzung der Kammer in der Lage, Betriebsvereinbarungen mit dem Inhalt der am 06.12.2004 geschlossenen zu verhandeln und zu vereinbaren.

Außerdem sind keine Tatsachen vorgetragen, aus denen entnommen werden könnte, dass Anrufer, die in der Warteschleife "verhungern", eine telefonische Kontaktaufnahme nicht ein weiteres Mal versuchen werden. Gerade wenn dem Anrufer - z.B. durch eine automatische Bandansage - ein freundlicher Hinweis auf die derzeitige Überlastung der Telefonleitungen mit der Bitte um Verständnis gegeben wird, kann nicht unterstellt werden, dass mit jedem nicht sofort bedienten Anruf gleichsam automatisch ein Geschäft verloren geht. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Anrufer bei dieser Sachlage entweder bereit sind, länger zu warten oder zu einem späteren Zeitpunkt nochmals anzurufen.

Damit kommt die Kammer zum Ergebnis, dass untragbare Störungen nicht zu erwarten sind, wenn Arbeitszeitvereinbarungen mit den örtlichen Betriebsräten abgeschlossen werden.

3. Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 1, 2, 3, 6, 7, 8, 13, 14, 19, 24, 26, 28 und 29 ist damit der Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg vom 30.03.2005 abzuändern und der erstinstanzlich gestellte Hauptantrag der Antragstellerin abzuweisen.

D. Über die im Anhörungstermin vom 28.11.2006 gestellten Hilfsanträge der Antragstellerin ist nicht zu entscheiden.

Die Hilfsanträge sind - zulässigerweise - unter der Rechtsbedingung gestellt worden, dass die Beschwerden gegen den Hauptantrag aus prozessualen Gründen Erfolg haben. Diese Rechtsbedingung ist nicht eingetreten. Der Hauptantrag der Antragstellerin ist prozessual ordnungsgemäß geltend gemacht; die Beschwerden hatten aus materiellrechtlichen Gründen Erfolg. Damit sind die Hilfsanträge rechtlich nicht existent geworden. Eine Entscheidung kann deshalb insoweit nicht ergehen.

E. Das Erstgericht hat im angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass der Beteiligte zu 15 seinen ursprünglich gestellten Antrag nicht mehr weiterverfolgt hat und dass deshalb eine Sachentscheidung insoweit nicht erfolgt.

Damit hat das Erstgericht inzidenter das Verfahren bezüglich des ursprünglichen Antrags des Beteiligten zu 15 eingestellt (§ 81 Abs. 2 S. 2 BetrVG). Dies ist zulässig. Damit ist insoweit eine Einstellungsentscheidung des Beschwerdegerichts nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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