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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 20.09.2001
Aktenzeichen: 8 Sa 15/01
Rechtsgebiete: BGB, BetrVG


Vorschriften:

BGB § 242 BGB
BetrVG § 77 Abs. 3
Es liegt keine unzulässige Rechtsausübung vor, wenn ein Arbeitnehmer sich zunächst mit einer unzulässigen Betriebsvereinbarung, die eine untertarifliche Entlohnung vorsieht, einverstanden erklärt, sich dann aber später doch auf diese Unzulässigkeit beruft und die Lohndifferenz geltend macht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn er für den Lohnverzicht keine konkrete Gegenleistung vom Arbeitsgeber erhalten hat.
8 Sa 15/01

wegen Sonstiges

Die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Landesarbeitsgericht Bonfigt als Vorsitzende und der ehrenamtlichen Richter Leonhard Drescher und Hans Beer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. September 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg v. 13.11.2000 - Az.: 4 Ca 328/00 C - abgeändert:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 986,11 (i.W.: Deutsche Mark neunhundertsechsundachtzig 11/100) brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.01.2000,

2.

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 762,70 (i.W.: Deutsche Mark siebenhundertzweiundsechzig 70/100) brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.02.2000,

3.

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 879,50 (i.W.: Deutsche Mark achthundertneunundsiebzig 50/100) brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.03.2000,

4.

die Beklagte wird verurteillt, an den Kläger DM 1.358,31 (i.W.: Deutsche Mark eintausenddreihundertachtundfünfzig 31/100) brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.04.2000,

5.

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 252,01 (i.W.: Deutsche Mark zweihundertzweiundfünfzig 01/100) brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.05.2000,

6.

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 1.220,88 (i.W.: Deutsche Mark eintausendzweihundertzwanzig 88/100) brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.06.2000,

7.

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere DM 200,14 (i.W.: Deutsche Mark zweihundert 14/100) brutto nebst 8,42 % Zinsen seit dem 01.09.2000 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt 1/7 der Kosten des Rechtsstreits, die Beklagte 6/7.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Vergütungsdifferenzen für die Monate Dezember 1999 bis September 2000.

Der Kläger ist seit 1973 bei der Beklagten als Fahrer im Werkfernverkehr beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft Holz und Kunststoff, die zum 01.01.2000 in der IG Metall aufgegangen ist.

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen der Polstermöbelherstellung und gehörte dem Fachverband der Bayerischen Polstermöbelindustrie e.V. an, der sich zum 31.03.1999 aufgelöst hat. Die Beklagte trat danach dem Industrieverband Möbel-Holz-Kunststoff Bayern/Thüringen e.V., der nicht tarifschließend ist, bei. Mit Wirkung ab 01.07.1999 schloss die Tarifgemeinschaft der oberfränkischen Polstermöbelindustrie mit der Gewerkschaft Holz und Kunststoff und der Industriegewerkschaft Metall den Manteltarifvertrag vom 01.07.1999 für die Mitglieder der GHK (TR 17/18-170 ab 78) sowie die Tarifvereinbarung vom 01.07.1999 über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen (TR 17/18-170 ab 77).

Bis 28.02.1998 erhielt der Kläger den tariflichen Stundenlohn der Lohngruppe I des Tarifvertrags des Fachverbands der bayerischen Möbelindustrie e.V. und der Gewerkschaft Holz und Kunststoff vom 29.10.1996 (TR 17/18-170 ab 75). Der tarifliche Stundenlohn betrug danach ab 01. April 1997 DM 19,64. Seit 01.03.1998 erhielt der Kläger ein pauschales Monatsgehalt von DM 4.200,00 brutto auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung über die Fernfahrer-Entlohnung ab 01.03.1998 (Bl. 25 d.A.). Diese "Betriebsvereinbarung" enthielt auch den Vermerk "mit Vorstehendem einverstanden" und die Unterschrift des Klägers.

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger die Lohndifferenz für die Monate Dezember 1999 bis Mai 2000 sowie für die Monate Juli und August 2000 auf der Basis des tariflichen Stundenlohns des Tarifvertrags vom 01.07.1999 (TR 17/18-170 ab 78) geltend, hilfsweise den Differenzlohn auf den tariflichen Bruttostundenlohn von DM 19,64 nach der Tarifvereinbarung vom 29.10.1996 (TR 17/18-170 ab 75).

Mit Urteil vom 13.11.2000 wurde die Klage abgewiesen.

Gegen dieses dem Berufungskläger am 07.12.2000 zugestellte Urteil hat dieser mit Schriftsatz vom 08.01.2001, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am Montag den 08.01.2001, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 08.03.2001, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tag, begründet, wobei die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Zeitpunkt verlängert war.

In der Berufung beantragt der Kläger:

1.

Auf die Berufung vom 08.01.2001 hin wird das Endurteil des Arbeitsgerichtes Bamberg vom 13.11.2000, AZ: 4 Ca 328/00 C, abgeändert.

2.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 1.094,72 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem hieraus ergebenden Nettobetrag seit 01.01.2000 zu zahlen.

3.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 866,73 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 01.02.2000 zu zahlen.

4.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 985,65 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 01.03.2000 zu zahlen,

hilfsweise: 1.

Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 986,11 brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.01.2000 zu zahlen, 2.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 762,70 brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.02.2000 zu zahlen, 3.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 879,50 brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.03.2000 zu zahlen.

5.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere DM 1.475,08 brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.04.2000 zu zahlen,

hilfsweise:

Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 1.358,31 brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.04.2000 zu zahlen.

6.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere DM 344,96 brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.05.2000 zu zahlen,

hilfsweise:

Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 252,01 brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.05.2000 zu zahlen.

7.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere DM 1.334,41 brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.06.2000 zu zahlen,

hilfsweise:

Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 1.220,88 brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 01.06.2000 zu zahlen.

8.

Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere DM 376,84 brutto nebst 8,42 % Zinsen seit dem 01.09.2000 zu zahlen.

9.

Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger meint, die Betriebsvereinbarung vom 25.02.1998 sei unwirksam. Seine Unterschrift sei unbeachtlich. Insbesondere liege keine unzulässige Rechtsausübung des Klägers vor, wenn er sich nunmehr auf die Unwirksamkeit dieser Vereinbarung berufe. Es gelte vorliegend der seit dem 01.07.1999 gültige Lohntarifvertrag, mindestens aber der seit dem 01.04.1996 gültige Lohntarifvertrag.

Die Beklagte trägt dagegen vor, es treffe zwar zu, dass keine wirksame Betriebsvereinbarung vorliege, der Kläger habe aber sein Einverständnis zu dieser Vereinbarung erklärt.

Wenn er nunmehr diese Vereinbarung nicht gegen sich gelten lassen wolle, handle es sich um eine unzulässige Rechtsausübung durch widersprüchliches Verhalten. Die Vereinbarung habe dem Erhalt und der Sicherung der Arbeitsplätze in diesem Betriebsteil gedient. Alle übrigen Mitarbeiter hielten sich an die getroffene Vereinbarung, auch der Kläger habe zunächst nichts unternommen.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des erstgerichtlichen Urteils sowie die insbesondere im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen und im Übrigen gemäß § 543 Abs. 1 ZPO von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 515, 518, 519 ZPO).

Die Berufung des Klägers hat insoweit Erfolg als er hilfsweise die Lohndifferenz für den streitgegenständlichen Zeitraum zum Stundenlohn von DM 19,64 gemäß Tarifvertrag vom 29.10.1996 (TR 17/18-170 ab 75) geltend macht. Erfolglos blieb die Berufung allerdings insoweit, als er darüber hinaus die Lohndifferenz zum Tariflohn gemäß Tarifvertrag vom 01.07.1999 (TR 17/18-170 ab 77) begehrt.

Das Erstgericht hat zutreffend dargelegt, dass der Kläger keinen Anspruch auf den Tariflohn gemäß Tarifvertrag vom 01.07.1999 hat. Dieser Tarifvertrag findet auf das vorliegende Arbeitsverhältnis keine Anwendung, da insoweit keine Tarifbindung mehr besteht, nachdem die Beklagte nicht mehr tarifgebunden ist und der Tarifvertrag nicht allgemeinverbindlich ist. Das Erstgericht hat weiter im Grundsatz den Anspruch auf Tariflohn in Höhe von DM 19,64 gemäß Tarifvertrag vom 29.10.1996 kraft Nachwirkung anerkannt. Es hat insoweit zutreffend dargelegt, dass dieser Tarifvertrag kraft Nachwirkung gilt, da eine anderweitige Regelung nicht getroffen worden ist. Insbesondere trifft es zu, dass die Betriebsparteien keine wirksame Betriebsvereinbarung insoweit getroffen haben, da diese gemäß § 77 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz unwirksam war. Dass sich der Kläger mit dieser "Betriebsvereinbarung" vom 25.02.1998 einverstanden erklärt hat, stellt ebenfalls keine anderweitige Abmachung im Sinne des § 4 Abs. 5 Tarifvertragsgesetz dar. Dabei kann dahinstehen, ob eine anderweitige Abmachung in diesem Sinne auch bereits eine frühere - vor dem Nachwirkungszeitpunkt getroffene - vertragliche Regelung sein kann, oder ob diese andere Abmachung erst im Nachwirkungszeitraum vereinbart werden kann. Auch wenn man davon ausgeht, dass ein Abweichen von den Tarifnormen schon im Vorgriff auf die Nachwirkung möglich sein soll, so kann dies nur durch ausdrückliche Vereinbarung geschehen (BAG AP Nr. 27 zu § 4 Tarifvertragsgesetz Nachwirkung), das heißt, dies würde von den Vertragsparteien ausdrücklich für die Zukunft so vereinbart, wobei in der Vereinbarung deutlich zum Ausdruck kommen muss, dass im Nachwirkungszeitraum diese Vereinbarung Wirkung entfalten soll, d.h., dass im Nachwirkungszeitraum diese anderen Bedingungen gelten sollen. Die vorliegende Vereinbarung fällt aber schon deshalb nicht darunter, da sie eine solche ausdrückliche Vereinbarung für den Nachwirkungszeitraum nicht enthält. Eine zunächst unwirksame Vereinbarung kann aber nicht später wieder aufleben und Rechtswirkung entfalten (BAG AP Nr. 10 zu § 3 TVG).

Bezüglich der Einzelheiten, weshalb grundsätzlich ein Anspruch auf Tariflohn nach dem Tarifvertrag vom 29.10.1996, nicht aber nach dem Tariflohn vom 01.07.1999 besteht, wird auf die Begründung im Ersturteil Bezug genommen und von einer nochmaligen Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Ergänzend ist lediglich noch darauf hinzuweisen, dass die Beklagte auch in der Berufungsinstanz die Geltung der Lohngruppe I für den Kläger nicht im Einzelnen bestritten hat, obwohl der Kläger nunmehr zu den Voraussetzungen konkret Stellung genommen hat und insbesondere vorgetragen hat, dass er auch mit der Wartung und Instandhaltung der Fahrzeuge beschäftigt war und deshalb die Voraussetzung der Lohngruppe I erfüllt.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichts ist der Anspruch aber nicht verwirkt bzw. nach Treu und Glauben ausgeschlossen. Verwirkung bedeutet, die illoyale verspätete Geltendmachung eines Anspruchs. Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 Tarifvertragsgesetz ist die Verwirkung von tariflichen Ansprüchen ausgeschlossen. Das Verwirkungsverbot tariflicher Rechte gilt aber auch bei nachwirkenden Tarifverträgen, weil diesen nur die zwingende Wirkung fehlt. Wirksam geschützt gegen den Verwirkungseinwand sind alle Leistungen aus nachwirkenden Tarifverträgen, da es sich hierbei um tariflich begründete Rechte handelt (Wiedemann Tarifvertragsgesetz 6. Aufl., § 4 Anm. 700, Kempen/Zachert Tarifvertragsgesetz 3. Aufl., § 4, 249, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 2. Aufl., 600 Tarifvertragsgesetz § 4 Anm. 92). Nicht ausgeschlossen ist dagegen der Einwand der Arglist bzw. der unzulässigen Rechtsausübung. Wegen des Verwirkungsverbotes gilt dieser Einwand aber nur in besonders krassen Fällen. Auch bei einem nachwirkenden Tarifvertrag gilt der Einwand unzulässiger Rechtsausübung nur in besonders schwerwiegenden Fällen deshalb, weil den Bestimmungen des Tarifvertrags Recht und Achtung verschafft werden soll (AG AP Nr. 9 zu § 817 BGB, AP Nr. 10 zu § 611 BGB Lohnanspruch). Eine Rechtsausübung ist dann unzulässig, wenn sie mit dem eigenen früheren Verhalten desjenigen, der ein Recht geltend macht, in Widerspruch steht. Es handelt sich hierbei um eine Konkretisierung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben. Wer durch sein eigenes Verhalten bei einem Vertragspartner ein schutzwürdiges Vertrauen darauf weckt, dass ein bestimmtes Recht nicht mehr in Anspruch genommen wird, kann dies später dann nicht doch noch tun, wenn der Andere aufgrund der Vertrauenslage Dispositionen getroffen hat und in seinem berechtigten Interesse erheblich beeinträchtigt würde, wenn er den Rechtsanspruch nachträglich doch noch erfüllen müsste. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls und die Abwägung der beiderseitigen Interessen an. Nicht erforderlich ist aber, dass der Geltendmachung unredliche Absichten zugrunde liegen oder dass hinsichtlich der Widersprüchlichkeit schuldhaft gehandelt wird. Da aber gegenüber Ansprüchen aus einem Tarifvertrag die Einrede der Arglist nur in besonders krassen Fällen zur Anwendung kommt, wie bereits dargelegt, reicht es deshalb nicht aus, dass sich der Arbeitnehmer längere Zeit mit einem untertariflichen Lohn zufrieden gegeben hat und keine höheren Ansprüche geltend gemacht hat. Der Arbeitgeber kann in diesem Fall nicht darauf vertrauen, dass Nachforderungen unterbleiben (BAG AP Nr. 7 zu § 9 Tarifvertragsgesetz, BAG AP Nr. 1 zu § 3 TOA). Vorliegend ist ein solcher krasser Fall der unzulässigen Rechtsausübung, wie oben dargelegt, nicht gegeben. Beide Vertragsparteien sind ebenso wie die Betriebsvertretung wohl zunächst davon ausgegangen, dass ein Verstoß gegen den Tarifvertrag nicht vorliegt. Wenn der Arbeitnehmer dann im Nachhinein erkennt, dass die getroffene Vereinbarung unwirksam ist, kann es nicht als arglistiges Verhalten gewertet werden, wenn er sich nunmehr auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung beruft, jedenfalls dann nicht, wenn wie im vorliegenden Fall, keine weiteren Umstände hinzukommen. Anders als in dem vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschiedenen Fall (Urteil vom 22.01.1998 - 11 Sa 191/96), hat der Kläger auch nicht zunächst eine konkrete Gegenleistung durch den Arbeitgeber erhalten (ein Kündigungsverzicht oder ähnliches enthält die Vereinbarung gerade nicht) und erst im Nachhinein nach dem Erhalt der nicht mehr rückgängig zu machenden Gegenleistung seinen Anspruchsverzicht widerrufen. Vielmehr hat der Kläger vorliegend in Unkenntnis der Unwirksamkeit zunächst auf Lohnansprüche verzichtet ohne hierfür eine Gegenleistung zu erhalten. Es ist ihm deshalb unbenommen, nach Kenntnis der Unwirksamkeit seiner Vereinbarung, diesen Anspruch nunmehr noch geltend zu machen.

Würde man der Ansicht der Beklagten folgen, würde dies letztlich bedeuten, dass jede Berufung auf die Unwirksamkeit einer Vereinbarung eine unzulässige Rechtsausübung darstellen könnte.

Nach alledem hat der Kläger Anspruch auf die Differenz zu seinem monatlichen Tariflohn in Höhe von DM 19,41 nach dem Tarifvertrag vom 29.10.1996, seine darüber hinausgehende Klage auf Zahlung des Tariflohns nach dem Tarifvertrag vom 01.07.1999 ist dagegen unbegründet. Die Höhe der Lohndifferenz ist zwischen den Parteien unstreitig, der Kläger hat Anspruch auf die hilfsweise eingeklagten Beträge für die Monate Dezember 1999 bis Mai 2000. Lediglich bei dem Monat Juli und August 2000 hat der Kläger nicht hilfsweise zu zahlenden niedrigeren Stundenlohn von DM 19,64 zugrundegelegt, so dass lediglich eine Lohndifferenz für Juli/August von DM 200,14 brutto besteht nicht aber die eingeklagten DM 376,84 brutto. Das Urteil des Erstgerichts war deshalb abzuändern und es war zu entscheiden wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO und richtet sich nach dem Obsiegen und Unterliegen der Parteien.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Gegen dieses Urteil ist deshalb ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Auf § 72 a Arbeitsgerichtsgesetz wird verwiesen.

Ende der Entscheidung

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