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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 21.09.2005
Aktenzeichen: 9 Sa 137/05
Rechtsgebiete: BGB, InsO


Vorschriften:

BGB § 148
BGB § 150
BGB § 123
BGB § 142
BGB § 362
BGB § 612a
InsO § 209
InsO § 60
Trifft der Insolvenzverwalter in einem massearmen Verfahren mit langjährig beschäftigten Mitarbeitern freiwillig einzelvertragliche Abfindungsregelungen, kann er in zulässiger Weise danach differenzieren, ob der Mitarbeiter durch die Erhebung von Feststellungs- und Zahlungsklagen zu einem Weniger an Planungssicherheit und Mehr an Aufwand und Kosten beigetragen hat oder nicht.
LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 Sa 137/05 in dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatz

Die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Nürnberg R o t h und die ehrenamtlichen Richter Steil und Käfferlein aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth - Kammer Hof - vom 21.12.2004, Az.: 1 Ca 601/04, wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine Schadensersatzpflicht des Beklagten in seiner Funktion als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma C..., D....

Der Kläger war bei der Gemeinschuldnerin seit dem 19.08.1957 beschäftigt, zuletzt als Verkaufsleiter gegen eine Bruttomonatsvergütung von DM 7.078,--.

Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin ist mit Beschluss des Amtsgerichts Hof - Insolvenzgericht - vom 25.08.1999 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Der Beklagte hat kurz nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Massearmut angezeigt.

Der Beklagte hat mit Schreiben unter dem Datum vom 23.08.1999, dem Kläger persönlich übergeben am 25.08.1999, das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Insolvenzeröffnung zum 30.11.1999 gekündigt. In dem vom Kläger geführten Kündigungsrechtsstreit beim Arbeitsgericht Bayreuth - Kammer Hof - (Az.: 2 Ca 1015/99 H) haben die Parteien nach erfolgloser Güteverhandlung am 14.10.1999 weiter über die Zahlung einer Abfindung verhandelt. Der Beklagte unterbreitete dem Kläger mit Schreiben vom 14.06.2000 (Kopie Bl. 18-20 d. A.) ein Angebot für eine Abfindungsregelung und setzte ihm eine Annahmefrist bis 10.07.2000. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers erklärten mit Schreiben vom 12.07.2000 (Kopie Bl. 22 d.A.) "im Hinblick auf die Abgeltung der Abfindungszahlungen" ihr Einverständnis zu dem Vorschlag im Schriftsatz vom 14.06.2000.

Nachdem Zahlungen ausgeblieben waren hat der Kläger mit Schriftsatz vom 01.02.2002 (Kopie Bl. 26, 27 d. A.) beim Arbeitsgericht Bayreuth - Kammer Hof - Klage auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von EUR 5.612,96 zuzüglich von Zinsen erhoben (Az.: 2 Ca 176/02 H). Er hat dies damit begründet, zwischen den Parteien sei eine verbindliche Vereinbarung einer Abfindungszahlung in dieser Höhe zustande gekommen, denn er habe das im Schreiben vom 14.06.2000 enthaltene Angebot zur Zahlung eines Betrages von EUR 5.612,96 mit Schreiben vom 12.07.2000 angenommen. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 13.03.2000 (Kopie Bl. 28 d.A.) den Klagebetrag anerkannt und umgehende Zahlung angekündigt. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben nach Zahlung des Hauptsachebetrages die Klage mit Schriftsatz vom 25.03.2002 (Kopie Bl. 29 d. A.) wieder zurückgenommen. Auch andere von den Prozessvertretern des Klägers vertretene Arbeitnehmer, die ihre Abfindungsansprüche im Klagewege geltend gemacht hatten, wurden vorzeitig abgefunden.

Andere Mitarbeiter erhielten aufgrund der im Schlusstermin vom 23.09.2002 festgesetzten Quote eine prozentual höhere Abfindung als der Kläger.

Der Kläger begehrt mit seiner am 21.03.2003 beim Arbeitsgericht Bayreuth - Kammer Hof - eingereichten Klage im Wege des Schadensersatzes die Zahlung einer weiteren Abfindung in Höhe von EUR 9.233,40 zuzüglich von Zinsen.

Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Bayreuth hat mit Endurteil vom 21.12.2004 die Klage abgewiesen.

Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 02.02.2005 zugestellte Urteil haben diese mit Schriftsatz vom 16.02.2005, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangen am 17.02.2005, Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis 22.04.2005 verlängerten Begründungsfrist mit Telefax vom 22.04.2005 begründet.

Der Kläger behauptet, die Klage auf Zahlung eines Abfindungsbetrages in Höhe von EUR 5.612,96 sei erforderlich geworden, nachdem der Beklagte nach Erhalt der schriftlichen Annahmeerklärung vom 12.07.2000 weder eine Abfindungszahlung geleistet noch auf schriftliche Anfragen reagiert habe. In der Zahlungsklage könne kein abschließendes Angebot zur Regelung zur Abfindungsproblematik gesehen werden, wie vom Erstgericht angenommen, denn Sie habe sich ausdrücklich auf eine bereits zuvor getroffene Vereinbarung der Parteien bezogen. Im Übrigen fehle es auch an einer Annahmeerklärung des Beklagten. Andere Arbeitnehmer hätten Abfindungen auf der Basis der im Schlusstermin vom 23.09.2002 festgestellten Quote von 33,44 % erhalten. Dagegen seien er wie zwei andere Kollegen, die die ursprünglich angebotene Abfindung klageweise geltend gemacht hätten und in Höhe der eingeklagten Beträge vorweg befriedigt worden seien, lediglich mit einer Abfindung im Umfang einer Quote von 10 % bedient worden. Unter Berücksichtigung aller ursprünglich angebotenen Abfindungsbeträge hätte sich eine Quote von 26,45 % ergeben und für ihn konkret eine Abfindungszahlung in Höhe von EUR 14.846,36. Den Differenzbetrag zu dem eingeklagten Abfindungsbetrag von EUR 5.612,96 in Höhe von EUR 9.233,40 schulde der Beklagte als Schadensersatz. Die positive Entwicklung der Insolvenzmasse nach der ursprünglich getroffenen Abfindungsvereinbarung habe dieser die Grundlage entzogen, weshalb nach der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage eine Vertragsanpassung geboten gewesen sei. Der Beklagte habe es schuldhaft unterlassen, den sich im Rahmen der Vertragsanpassung erhöhten Abfindungsbetrag an ihn auszubezahlen. Für ihn sei die bloße Entwicklung der Insolvenzmasse aus der Insolvenzakte nicht ersichtlich gewesen. Deshalb wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, in hierauf hinzuweisen. Wegen des arglistigen Verschweigens der Entwicklung der Masse habe er mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 21.11.2002 die getroffene Abfindungsvereinbarung gemäß § 123 Abs. 1 BGB angefochten. Durch das Verschweigen der Masseentwicklung seien die anderen Mitarbeiter, die nicht wie er und zwei seiner Kollegen den Klageweg beschritten hätten, hinsichtlich der Höhe der Abfindung begünstigt worden. Motiv für die Ungleichbehandlung seitens des Beklagten seien die beim Arbeitsgericht Bayreuth - Kammer Hof - erhobenen Kündigungsschutzklagen und Abfindungsklagen sowie die beim Amtsgericht Hof geführten Forderungsfeststellungsklagen gewesen. Dies stelle eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes dar und im Übrigen auch eine Maßregelung der klagenden Arbeitnehmer gemäß § 612 a BGB.

Der Beklagte habe auch seine Pflicht zur Gleichstellung aller Massegläubiger verletzt und sei schadenersatzpflichtig im Rahmen des § 60 Insolvenzordnung.

Des Weiteren stelle die Vorgehensweise des Beklagten eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Rahmen des § 826 BGB dar.

Bezüglich der näheren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf den Inhalt der von ihm im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt:

I. Das Urteil des Arbeitsgericht Bayreuth, Az.: 1 Ca 601/04 vom 21.12.2004 wird aufgehoben.

II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 9.233,40 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.11.2002 zu bezahlen.

III. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, eine verbindliche Abfindungsvereinbarung, die die Abfindung des Klägers in dem Insolvenzverfahren abschließend regeln sollte, sei durch die Einreichung der Zahlungsklage, das anschließende Anerkenntnis der Klageforderung und die Rücknahme der Zahlungsklage nach Auszahlung des anerkannten Betrages rechtswirksam zustande gekommen. Aus der vorgerichtlichen Korrespondenz habe sich zweifelsfrei ergeben, dass über eine abschließende schuldrechtliche Abfindungsvereinbarung verhandelt werde und nicht über eine vorgezogene Teilzahlung auf einen später noch festzustellenden konkreten Abfindungsbetrag. Außerhalb dieser konkreten Vereinbarung sei ein Abfindungsanspruch des Klägers nicht begründet worden. Auch mit den übrigen Mitarbeitern seien einzelvertragliche Abfindungsregelungen getroffen und in der letzten Gläubigerversammlung genehmigt worden. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Abfindungsregelung in derselben Höhe, zumal er am Schlusstermin nicht teilgenommen und den dort getroffenen Verteilungsregelungen nicht widersprochen habe. Aus diesem Grund sei auch die Bildung einer Rücklage für einen eventuell noch gegebenen Anspruch des Klägers unterblieben. Für den Kläger sei es nicht unzumutbar, sich an dem Inhalt der Abfindungsvereinbarung festhalten zu lassen, denn durch die vorzeitige Zahlung des Abfindungsbetrages und den damit verbundenen Ausschluss des Risikos einer nachträglichen Verringerung der Masse habe er Vorteile gegenüber den anderen Mitarbeitern erzielt, die Abfindungszahlungen erst nach Durchführung des Schlußtermines erhalten hätten. Diese seien in den Genuss der erhöhten Abfindung gekommen, da sie nicht wie der Kläger und die anderen von den Prozessbevollmächtigten des Klägers vertretene Kollegen unsinnige Feststellungsklagen vor dem Amtsgericht Hof erhoben hätten. Im Rahmen der daneben von ihnen erhobenen Abfindungsklagen vor dem Arbeitsgericht sei er nicht verpflichtet gewesen, sie auf die Möglichkeit zur Zahlung eines erhöhten Abfindungsbetrages hinzuweisen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebiete dies nicht. Ebenso wenig die Verpflichtung zur Gleichstellung aller Massegläubiger, denn in Person des Klägers sei erst durch die konkrete schuldrechtliche Abfindungsvereinbarung eine Masseverbindlichkeit begründet worden. Ihm könne eine unlautere Vorgehensweise im Rahmen der §§ 826, 612 a BGB nicht vorgeworfen werden, denn letztlich habe sich der Kläger durch die vorzeitige Erhebung einer Abfindungsklage selbst wirtschaftlichen Schaden zugefügt.

Bezüglich der näheren Einzelheiten des Vorbringens des Beklagten wird auf den Inhalt seines im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsatzes verwiesen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist statthaft, § 64 Abs. 1, 2 b ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung ist sachlich nicht begründet.

Das Erstgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Es kann deshalb auf die Ausführungen im Ersturteil verwiesen und gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer rein wiederholenden Darstellung abgesehen werden.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind nur folgende weitere Ausführungen veranlasst:

1. Der Beklagte schuldet in seiner Funktion als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma C... dem Kläger gegenüber nicht die Zahlung einer Abfindung auf der Basis des schriftlichen Angebotes vom 14.06.2000. Dieses Angebot des Beklagten auf Zahlung einer freiwilligen Abfindung in Abhängigkeit von der Quote der zu befriedigenden Masseforderungen hat der Kläger nämlich nicht innerhalb der gesetzten Annahmefrist angenommen, § 148 BGB. Seine verspätete Annahmeerklärung vom 12.07.2000 ist gemäß § 150 Abs. 1 BGB als neuerliches Angebot zu werten. Dieses ist nach dem eigenen Sachvortrag des Klägers von dem Beklagten in der Folgezeit nicht angenommen worden, denn trotz mehrfacher schriftlicher Aufforderung erfolgte weder eine Bestätigung des Beklagten noch eine Abfindungszahlung.

2. Eine wirksame Abfindungsregelung wurde zwischen den Parteien erst im Rahmen des mit Klageschrift vom 01.02.2002 eingeleiteten Abfindungsrechtsstreits getroffen und zwar in Höhe des geltend gemachten Zahlungsbetrages von EUR 5.612,96.

Dieser Betrag ist von dem Beklagten umgehend an den Kläger zur Auszahlung gebracht worden, worauf dieser mit Schriftsatz seiner Prozessvertreter vom 25.03.2002 die Klage wieder zurückgenommen hat. Damit ist das die Abfindungszahlung betreffende Schuldverhältnis der Parteien gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen.

a) Der Beklagte durfte die in der Klageschrift vom 01.02.2002 enthaltene Behauptung, aufgrund der Schreiben vom 14.06.2000 und 12.07.2000 sei bereits eine verbindliche Vereinbarung über eine Abfindung in Höhe von EUR 5.612,96 getroffen worden, als neuerliches annahmefähiges Angebot des Klägers ansehen, wenigstens im Rahmen des eingeleiteten Klageverfahrens eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Andernfalls wäre der Klage der Boden entzogen gewesen. Da die Parteien bisher noch keine einzelvertragliche Abfindungsvereinbarung getroffen hatten, war die Begründung einer Masseverbindlichkeit gegenüber dem Kläger Voraussetzung für die von ihm begehrte Zahlung, vgl. § 209 Abs. 1 InsO.

Der Beklagte durfte das Vertragsangebot des Klägers auch dahingehend interpretieren, es handle sich um eine abschließende Regelung der zu zahlenden Abfindung. Bereits mit Schriftsatz vom 12.07.2000 hat nämlich der Kläger zum Ausdruck gebracht, mit dem Vorschlag im Schriftsatz vom 14.06.2000 "im Hinblick auf die Abgeltung der Abfindungszahlungen" einverstanden zu sein. Aus dem Inhalt der Klageschrift ließ sich für den Beklagten entnehmen, dass der Kläger das schriftliche Vertragsangebot vom 14.06.2000 so verstanden hat, dass bereits hierin hierin ein verbindliches Angebot auf Zahlung eines Abfindungsbetrages in Höhe von EUR 5.612,96 enthalten war.

Dieser Betrag stellte zwar in dem ursprünglichen Vertragsangebot des Beklagten nur ein Berechnungsbeispiel dar, der Kläger brachte jedoch in der Klageschrift vom 01.02.2002 in Verbindung mit dem in Bezug genommenen Schreiben vom 12.07.2002 hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass er die angebotene sozialplanähnliche Abfindungsregelung in Höhe des Berechnungsbeispiels als verbindlich ansehe und damit auch einverstanden sei. Ein Vertragsangebot in Abhängigkeit vom Umfang der Masse und der konkret zu ermittelten aktuellen Quote kann in der Klageschrift vom 01.02.2002 nicht gesehen werden, denn hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Gleiches gilt für die Vereinbarung einer bloßen Teil- oder Mindestzahlung, denn auch ein solcher rechtsgeschäftlicher Wille hat keinerlei Anklang gefunden.

b) Der Beklagte hat das Angebot mit seiner schriftlichen Anerkenntniserklärung vom 13.03.2002 und der Überweisung des eingeklagten Abfindungsbetrages an den Kläger angenommen. Dies war für den Kläger auch erkennbar, denn er ging in seiner Klageschrift vom 01.02.2002 selbst davon aus, dass der Beklagte lediglich Zahlungen auf eine entsprechende Verbindlichkeit leisten werde. Insoweit entsprach die Begründung einer Zahlungsverbindlichkeit in Höhe des Klagebetrages den rechtlichen Vorstellungen und dem verfolgten wirtschaftlichen Interesse des Klägers.

c) Durch die Rücknahme der Klage mit Schriftsatz vom 25.03.2002 hat der Kläger zum Ausdruck gebracht, im Hinblick auf die streitgegenständliche Abfindungszahlung mit der Vorgehensweise des Beklagten einverstanden zu sein. Aus der Sicht des Beklagten liegt hierin nochmals eine Bestätigung der getroffenen Abfindungsregelung und der gemäß § 362 Abs. 1 BGB eingetretenen Erfüllungswirkung.

Da weder in der Rücknahmeerklärung noch in der außergerichtlichen Korrespondenz und auch nicht im Rahmen des vor dem Amtsgericht Hof geführten Feststellungsverfahrens weitergehende Abfindungsansprüche des Klägers geltend gemacht wurden, durfte der Beklagte davon ausgehen, dass eine endgültige Bereinigung der Abfindungsangelegenheit des Klägers eingetreten ist. Konsequenterweise hat der Kläger weder den terminlos gestellten Kündigungsrechtsstreit weitergeführt noch sich an dem weiteren Verfahren der Masseverteilung beteiligt.

d) Die getroffene Abfindungsvereinbarung der Parteien wurde durch die Anfechtungserklärung der Prozessbevollmächtigten des Klägers im Schreiben vom 21.11.2002 nicht rechtswirksam beseitigt, vgl. § 142 BGB.

Dem Kläger stand nämlich kein Anfechtungsrecht gemäß § 123 Abs. 1 BGB zu, denn er wurde nicht durch eine arglistige Täuschung des Beklagten zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt. Ausweislich seiner Klageschrift vom 01.02.2002 hat der Kläger bereits das ursprüngliche Vertragsangebot des Beklagten vom 14.06.2000 dahingehend verstanden, es werde ihm ein konkreter Abfindungsbetrag in Höhe von EUR 5.612,96 im Rahmen einer zu treffenden Abfindungsreglung angeboten. Sein Einverständnis mit einer Abfindungsregelung in dieser Höhe auch noch zum Zeitpunkt der Klageerhebung brachte er in der Klageschrift zum Ausdruck. Er ist weder durch den Inhalt des Schreibens vom 14.06.2000 noch in der Folgezeit von dem Beklagten auf arglistige Weise dazu bestimmt worden, mit seiner Klage vom 01.02.2002 nochmals sein Einverständnis zu bekräftigen, das er bereits mit Schreiben vom 12.07.2000 zum Ausdruck gebracht hat.

Es bestand keine Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger nach Erhalt der Klageschrift vom 01.02.2002 und vor Abgabe der Annahmeerklärung darauf hinzuweisen, dass sich die Mitte des Jahres 2000 prognostizierte Massequote erhöht hat und für ihn die Möglichkeit bestünde, mit dem Kläger eine höhere Abfindung zu vereinbaren. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass es sich um eine freiwillige Abfindungszahlung des Insolvenzverwalters in einem massearmen Verfahren handelt und es der Arbeitgeberin nicht verwehrt ist, bei der Gewährung einer freiwilligen Abfindung danach zu differenzieren, ob Arbeitnehmer gegen eine ausgesprochene Kündigung geklagt haben oder nicht. Letzteres hat das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 15.02.2005 (- 9 AZR 116/04 - zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung bestimmt) ausdrücklich bestätigt und hierbei auf den mit einer Abfindungszahlung verfolgten Zweck abgestellt, nämlich Kosten und Aufwand zu vermeiden und schnell Planungssicherheit zu gewinnen.

Diese Zweckrichtung durfte in besonderem Maße der Beklagte verfolgen, denn es ging darum, in einem massearmen Insolvenzverfahren wenigstens eine teilweise Auffanglösung zu finden und die nur sehr beschränkt vorhandenen finanziellen Mittel möglichst ungeschmälert an die Massegläubiger auszukehren. Diesbezüglich schaden anhängige Kündigungsrechtsstreite ebenso wie zusätzlich vor Gericht ausgetragene Zahlungs- und Feststellungsverfahren. Hierdurch werden nämlich zum einen die Planungssicherheit beeinträchtigt und zum anderen der Aufwand und die Kosten des Insolvenzverfahrens erhöht, was wiederum zu einer Schmälerung der zu verteilenden Masse führt, vgl. § 209 Abs. 1 Ziff. 1 InsO.

Der Beklagte war insoweit nicht gehindert, den Mitarbeitern - entsprechend der Erhöhung der zu verteilenden Masse - einen prozentual höheren Abfindungsbetrag zukommen zu lassen, die gegen die ausgesprochene Kündigung keine Kündigungsschutzklage erhoben haben, das schriftliche Vertragsangebot vom 14.06.2000 vorbehaltslos innerhalb der gesetzten Annahmefrist angenommen haben, keine Klage auf Feststellung von Insolvenzforderungen erhoben haben und keine vorzeitige Befriedigung ihres Abfindungsanspruches im Wege einer Zahlungsklage durchsetzen wollten. Von dieser beabsichtigten Vorgehensweise musste der Beklagte den Kläger nicht vor Begründung einer Abfindungsregelung in Kenntnis setzten, denn hierzu bestand weder eine vertragliche noch nebenvertragliche Verpflichtung. Gleiches gilt für den Umstand des Anwachsens der Masse, denn der Kläger brachte in der Zahlungsklage vom 01.02.2002 nicht zum Ausdruck, der Abfindungsbetrag solle sich nach der aktuellen Quote errechnen. Es fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, der Kläger begehre im Rahmen seiner Zahlungsklage diesbezüglich um eine Auskunft.

e) Die mit dem Kläger getroffene Vereinbarung verstößt weder gegen den allgemeinen arbeitssrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz noch stellt sie eine unzulässige Maßregelung im Rahmen des § 612 a BGB dar. Auch dies hat das Bundesarbeitsgericht in der zitierten Entscheidung vom 15.02.2005 festgestellt. Insoweit ist bei der Gewährung einer freiwilligen Abfindung eine Gruppenbildung der Arbeitnehmer sachlich gerechtfertigt, die danach differenziert, welche Mitarbeiter durch das Unterlassen gerichtlicher Schritte die Planungssicherheit gefördert und dem Vertragspartner Kosten und Aufwand erspart haben und welche nicht. Dem Arbeitgeber wird in der Entscheidung das Recht eingeräumt, die Zahlung von freiwilligen Abfindungen als Steuerungsmittel dafür einzusetzen, um geplante und begonnene Betriebsänderungen störungsfrei durchführen zu können.

Im vorliegenden Fall durfte der Beklagte die Höhe der den gekündigten Mitarbeitern zugesagten bzw. in Aussicht gestellten Abfindungen als Steuerungsmittel einsetzen, um das Insolvenzverfahren möglichst störungsfrei durchzuführen zu können und dessen Kosten so gering wie möglich zu halten. Insoweit war er nicht gehindert, nach vorzeitiger Befriedigung der klagenden Arbeitnehmer deren Abfindungsansprüche als insgesamt befriedigt anzusehen und ihre diesbezüglichen Masseforderungen auf Null zu setzen. Dies durfte auch den übrigen Mitarbeitern zugute kommen, um diese davon abzuhalten, auch ihrerseits zusätzlichen Aufwand und zusätzliche Kosten zu verursachen. Diesen Zweck durfte der Beklagte mit seinem Anschreiben vom 19.04.2002 gegenüber der E... verfolgen, die andere gekündigte Mitarbeiter vertreten hat.

Das in § 612a BGB geregelte besondere Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensbildung bei der Entscheidung darüber schützen, ob er ein Recht ausüben will oder nicht. Diese Entscheidung soll er ohne Furcht vor wirtschaftlichen oder sonstigen Repressalien des Arbeitgebers treffen können. Damit sichert die Vorschrift die Rechte der Arbeitnehmer. Schutzziel des Maßregelungsverbotes ist indessen nicht, den Arbeitsvertragsparteien die anerkannt zulässigen Möglichkeiten zur Gestaltung der Arbeits- und Ausscheidensbedingungen zu nehmen (so BAG a.a.O.).

Im vorliegenden Fall ist der Kläger durch keine Maßnahme des Beklagten davon abgehalten worden, Kündigungs-, Forderungsfeststellungs- und Abfindungsklagen zu erheben. Es kann dem Beklagten bei der Vereinbarung einer freiwilligen Abfindung nicht das Recht genommen werden, in zulässiger Weise hinsichtlich der Höhe der zu zahlenden Abfindung an die betroffenen Arbeitnehmer dahingehend zu differenzieren, welche von ihnen die mit einer freiwilligen Abfindungszahlung verfolgten Zwecke gefördert haben und welche nicht. Geschaffene Planungsunsicherheit und der erhöhte Aufwand und die damit verbundenen Kosten können in zulässiger Weise zu einer Reduzierung des Abfindungsbetrages führen. Hinzu kommt, dass durch die vorzeitige Auszahlung der reduzierten Abfindungsbeträge ein gewisser Zinsvorteil eingetreten und das Risiko einer nachträglich wieder eintretenden Reduzierung der Masse vermieden worden sind.

f) Der Beklagte wollte mit den Arbeitnehmern, die (mehrfach) den Klageweg beschritten hatten, gezielt Abfindungsvereinbarungen losgelöst von der aktuellen Massequote treffen. Dies wird in seinem Anschreiben an die E... vom 19.04.2002 ebenso deutlich wie durch die Herausnahme der Kläger aus der Liste der Massegläubiger. Die aktuelle Massequote wurde auch vom Kläger nicht zur Grundlage seines Abfindungsangebotes gemacht, denn in seiner Klageschrift vom 01.02.2002 fehlen jegliche diesbezügliche Anhaltspunkte, obwohl er nach Erhalt des Schreibens von 14.06.2000 mit einer Veränderung des Umfangs der Masse rechnen musste. Insoweit wurden der Umfang der Masse und die sich für die Massegläubiger ergebende Quote nicht zur Geschäftsgrundlage der Abfindungsvereinbarung der Parteien. Eine Anpassungspflicht im Rahmen der §§ 242, 313 BGB besteht damit nicht.

Auch ein vom Kläger ausgeübtes Rücktrittsrecht würde ihm nicht weiter helfen. In Ermangelung einer einzelvertraglichen Abfindungsregelung müsste der Zahlungsanspruch auf den arbeitsvertraglichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt werden, der aber im vorliegenden Fall dem Beklagten eine differenzierte Behandlung nicht verbietet, wie bereits ausgeführt worden ist.

3. Der Beklagte schuldet dem Kläger keinen Schadensersatz aus der Verletzung insolvenzrechtlicher Pflichten gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 InsO.

a) Die Vereinbarung einer Abfindungszahlung mit dem Kläger in Höhe von EUR 5.612,96 stellt keine Schlechterstellung des Klägers als Massegläubiger im Verhältnis zu anderen Massegläubigern dar. Die Vereinbarung selbst führt nämlich erst dazu, dass in der Person des Klägers eine Masseverbindlichkeit begründet worden ist, die in den massearmen Verfahren gemäß § 209 InsO befriedigt werden konnte. Insoweit hatte der Kläger bei Abschluss der Vereinbarung noch nicht den Status eines Massegläubigers.

b) Es stellt auch keinen Verstoß des Beklagten gegen insolvenzrechtliche Vorschriften dar, wenn von dem Beklagten mit Erfüllung der eingegangenen Abfindungsvereinbarung jegliche Abfindungsansprüche des Klägers als befriedigt angesehen worden und die Masseverbindlichkeiten gegenüber dem Kläger auf Null gesetzt worden sind. Dies erfolgte im Rahmen der arbeitsrechtlich gegebenen Möglichkeiten, zwischen den Mitarbeitergruppen danach zu differenzieren, inwieweit sie im Rahmen eines Kündigungs- und Insolvenzverfahrens Planungssicherheit gefördert oder zusätzlichen Aufwand und Kosten verursacht haben. Die Umsetzung dieser arbeitsrechtlichen Möglichkeiten im Rahmen des Verteilungsverfahrens nach § 209 InsO stellt keine insolvenzrechtliche Pflichtverletzung dar.

4. Der Beklagte hat keine Rechtsgutverletzung des Klägers im Rahmen des § 826 BGB begangen, als er dazu beitrug, dass dessen Abfindungsanspruch auf einen Betrag von EUR 5.612,96 konkretisiert worden ist. Dies bewegte sich im Rahmen der schuld - und arbeitsrechtlich gegebenen Möglichkeiten, wie bereits ausführlich dargestellt worden ist. Insoweit fehlt es an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Handlungsweise des Beklagten beim Vertragsschluss und an einer ausgleichspflichtigen Vermögensbeeinträchtigung des Klägers.

III.

1. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, §§ 72 Abs. 1 und 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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