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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 29.01.2007
Aktenzeichen: 1 Ta 11/07
Rechtsgebiete: RVG, GKG


Vorschriften:

RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 9 S. 1
RVG § 33 Abs. 9 S. 2
GKG § 42 Abs. 4 S. 1
GKG § 66 Abs. 8
GKG § 68 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 1 Ta 11/07

Entscheidung vom 29.01.2007

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20.12.2006 - 10 Ca 2011/06 - wie folgt teilweise abgeändert:

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird für das Verfahren auf 4.220,00 Euro und für den Vergleich auf 6073,66 Euro festgesetzt.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Beschwerdeführer haben 7/8 der Kosten des Beschwerdeverfahrens bei einem Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren von 783,02 Euro zu tragen.

4. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes.

Der von den Beschwerdeführern vertretene Kläger war bei der Beklagten seit dem 15.05.2006 beschäftigt und hat sich im Klageverfahren gegen eine fristlose Kündigung der Beklagten vom 02.08.2006 gewehrt. Per Klagehäufung hat der Kläger zudem die Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses, die Aushändigung der An- und Abmeldung zur Sozialversicherung, der ordnungsgemäß ausgefüllten und unterzeichneten Lohnsteuerkarte für das Jahr 2006 und der ordnungsgemäß ausgefüllten und unterzeichneten Arbeitsbescheinigung der Bundesagentur für Arbeit begehrt.

Das Verfahren wurde vor dem Arbeitsgericht durch Gesamtvergleich erledigt. Darüber hinaus verpflichtete sich der Beklagte in Ziffer 6 des Vergleiches an den Kläger noch weitere Leistungen zu erbringen.

Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das Arbeitsgericht Koblenz mit Beschluss vom 20.12.2006 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten auf 3.770,00 Euro für das Verfahren und auf 5.623,66 Euro für den Vergleich festgesetzt. Das Arbeitsgericht hat dabei für den Feststellungsantrag ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 1.660,00 Euro, für den Zeugnisanspruch ein weiteres Bruttomonatsgehalt sowie für die Herausgabe der Arbeitspapiere je 150,00 Euro veranschlagt. Den Mehrwert des Vergleiches hat das Arbeitsgericht mit 1.853,66 Euro berücksichtigt.

Gegen diesen Beschluss, der ihnen am 27.12.2006 zugestellt wurde, haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 03.01.2007, eingegangen beim Arbeitsgericht Koblenz am 08.01.2007 Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, den Gegenstandswert für das Verfahren auf 8140,00 Euro und den für den Vergleich auf 9.993,66 Euro festzusetzen.

Zur Begründung ihrer Beschwerde haben die Beschwerdeführer vorgetragen:

Der Wert für den Feststellungsantrag betrage das dreifache Bruttomonatsgehalt, weil der Kläger ohne den Antrag eine dreimonatige Sperre von Leistungen der Agentur für Arbeit erhalten hätte.

Für die Erteilung des Zeugnisses sei ein Wert von einem Bruttomonatsgehalt üblich und angemessen.

Für die weiteren Arbeitspapiere sei ein Wert von jeweils 500,00 Euro angemessen. Auch hier sei das Interesse des Klägers zu berücksichtigen. Dieser habe die Arbeitspapiere bis heute nicht erhalten und müsse deswegen vollstrecken. Mit seinem neuen Arbeitgeber habe er deshalb schon einige Probleme bekommen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht auf seinen Beschluss vom 20.12.2006 verwiesen.

II.

Gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG die Beschwerde statthaft. Diese wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands von 200,00 Euro. Die Beschwerde ist somit zulässig.

In der Sache ist das Rechtsmittel jedoch nur zu einem geringen Teil begründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung vom 02.08.2006 und den auf Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses zutreffend bewertet. Es hat jedoch den Antrag auf Aushändigung der An- und Abmeldung zur Sozialversicherung, der ordnungsgemäß ausgefüllten und unterzeichneten Lohnsteuerkarte für das Jahr 2006 und der ordnungsgemäß ausgefüllten und unterzeichneten Arbeitsbescheinigung der Bundesagentur für Arbeit zu niedrig bewertet.

Der Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung vom 02.08.2006 war zu Recht mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 30.11.1984 - 2 AZN 572/82 (B) - NZA 1985, 369 ff. zu § 12 Abs. 7 ArbGG a.F.; kritisch Vollstädt, in: Schwab/Weth, ArbGG, 2004, § 12 Rn. 170 ff. mit weiteren Nachweisen) und der ständigen Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. nur LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 03.01.2006 - 7 Ta 243/05 - juris; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18.11.2005 - 6 Ta 253/05 - juris) enthält § 42 Abs. 4 S. 1 GKG keinen Regelstreitwert. Der Vierteljahresverdienst ist vielmehr nur die Obergrenze für den vom Gericht nach freiem Ermessen (§ 3 ZPO) festzusetzenden Streitwert. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist in typisierender Betrachtungsweise bei einem Bestand des Arbeitsverhältnisses von bis zu sechs Monaten grundsätzlich mit einem Monatsverdienst, bei einem Bestand von sechs bis 12 Monaten grundsätzlich mit zwei Monatsverdiensten und ab einem Bestand von 12 Monaten grundsätzlich mit drei Monatsverdiensten festzusetzen.

Von diesen Grundsätzen ist auch das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen. Vorliegend bestand das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zum Zeitpunkt der Kündigung gerade einmal drei Monate. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass mit dem Kündigungsschutzantrag möglicherweise eine Sperrzeit des Klägers abgewendet wurde. Denn eine solche droht bei jedem vertragswidrigen Verhalten, das zu einer Kündigung führt. Das Abwenden einer solchen Sperrzeit stellt somit keinen besonderen Umstand, der ein Abweichen von diesen Grundsätzen rechtfertigt, sondern den Regelfall dar. Im Übrigen prüft die Agentur für Arbeit die Voraussetzungen eines Sperrzeittatbestandes eigenständig und ohne Bindung an arbeitsgerichtliche Feststellungen und Regelungen der Parteien.

Den Antrag auf Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses hat das Arbeitsgericht mit einem Bruttomonatsgehalt bewertet (vgl. auch Schwab, in: Arbeitsrechtslexikon, Streitwert/Gegenstandswert, S. 4 mit weiteren Nachweisen), was von den Beschwerdeführern im Ergebnis nicht beanstandet wird.

Die Anträge auf Aushändigung der An- und Abmeldung zur Sozialversicherung, der ordnungsgemäß ausgefüllten und unterzeichneten Lohnsteuerkarte für das Jahr 2006 sowie der ordnungsgemäß ausgefüllten und unterzeichneten Arbeitsbescheinigung der Bundesagentur für Arbeit sind jedoch jeweils mit 300,00 Euro und nicht nur mit 150,00 Euro zu bewerten. Teilweise hat die Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.05.2006 - 8 Ta 94/06 - juris) solche Anträge mit 10% des Bruttomonatsgehalts in Ansatz gebracht. Teilweise bewertet die Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. LAG Rheinland-Pfalz - 10 Ta 239/06 - nicht veröffentlicht) solche Anträge pauschal. Letzterem ist grundsätzlich zuzustimmen. Anders als bei der Bewertung eines Kündigungsschutzantrages, bei dem durch § 42 Abs. 4 S. 1 GKG ein Zusammenhang zwischen Bewertung und Einkommen hergestellt wird, fehlt ein solcher Zusammenhang bei den hier in Rede stehenden Anträgen, weil jeder Arbeitnehmer unabhängig von der Höhe seines Einkommens diese Arbeitspapiere in gleicher Weise nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses benötigt. Mit Blick auf die Geldentwertung erscheint jedoch für solche Anträge grundsätzlich ein Betrag von 300,00 Euro angemessen. Eine fast Verdoppelung dieses Betrages auf 500,00 Euro - wie sie das LAG Hessen (vgl. LAG Hessen, Beschluss vom 09.07.2003 - 15 Ta 123/03 - juris) annimmt - erscheint dagegen überhöht.

Die Festsetzung des Mehrwertes für den Vergleich haben die Beschwerdeführer nicht angegriffen.

Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG wird anders als das Verfahren über den Antrag von § 33 Abs. 9 S. 1 und S. 2 RVG nicht gebührenfrei gestellt (vgl. auch LAG Hamburg, Beschluss vom 30.06.2005 - 8 Ta 5/05 - juris, mit weiteren Nachweisen). Auch § 68 Abs. 3 GKG und § 66 Abs. 8 GKG finden vorliegend keine Anwendung. Es fallen somit Gerichtsgebühren an (vgl. Schwab, in: Arbeitsrechtslexikon, Streitwert/Gegenstandswert, S. 6; Natter, NZA 2004, S. 689; Hartmann, Kostengesetze, 36. Auflage 2006, § 33 RVG Rn. 26). Diese haben die Beschwerdeführer nach § 92 Abs. 1 ZPO zu 7/8 zu tragen. Bei dem vom Arbeitsgericht festgesetzten Gegenstandswert belaufen sich die Gebühren auf 1.154,90 Euro, bei der von den Beschwerdeführern gewünschten Festsetzung auf 1.937,92 Euro, bei dem vom Beschwerdegericht nunmehr festgesetzten Gegenstandswert auf 1.282,23 Euro. Die Beschwerde war somit nur in Höhe einer Gebührendifferenz von ca. 1/8 erfolgreich.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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