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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 11.08.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 170/09
Rechtsgebiete: RVG, GKG


Vorschriften:

RVG § 15 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 3
GKG § 42 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 05.06.2009 - Ca 1694/08 - wird auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen. 2. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben. Gründe:

I. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren begehren die Prozessbevollmächtigten des Beklagten die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes. Der Kläger war bei dem Beklagten seit dem 15.04.2008 als einziger Arbeitnehmer mit einer Monatsvergütung von zuletzt 2000,- € beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis hat der Beklagte mit Schreiben vom 28.11.2008, dem Kläger zugegangen am 08.12.2008, fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.12.2008 gekündigt. Das vom Kläger gegen diese Kündigung betriebene Verfahren haben die Parteien durch Vergleich erledigt. Darin haben sie u. a. in Ziffer 1 die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15.01.2009, in Ziffer 2 seine ordnungsgemäße Abrechnung und die Zahlung einer Bruttovergütung von 1000,- € für den Monat Januar und in Ziffer 4 die Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Arbeitszeugnisses mit der Gesamtnote "gut" vereinbart. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 05.06.2009 auf Antrag der Prozessbevollmächtigten der Beklagten den Gegenstandswert für deren anwaltliche Tätigkeit entsprechend 2 Bruttomonatsgehältern auf 4000,- € festgesetzt, ohne einen Vergleichsmehrwert anzunehmen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Regelung in Ziffer 2 des Vergleichs sei wirtschaftlich identisch mit dem Kündigungsschutzantrag, hinsichtlich des Zeugniserteilungsanspruchs sei nicht ersichtlich, dass dadurch ein Streit oder eine Ungewissheit der Parteien beseitigt worden sei. Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit Schriftsatz vom 15.06.2009 Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert für den Vergleich auf 7000,- € festzusetzen. Zur Begründung tragen sie vor, der im Vergleich geregelte Anspruch auf ordnungsgemäße Abrechnung und der Zahlungsanspruch für den Monat Januar 2009 seit wertmäßig mit 1000,- € und die Vereinbarung zur Zeugniserteilung mit einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2000,- € anzusetzen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. II. Die Beschwerde ist gemäß den §§ 33 Abs. 3 RVG statthaft und zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. 1. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt auch den Mindestbeschwerdewert von 200,- €. Unabhängig vom Anfallen einer von den Beschwerdeführern erwähnten erhöhten Termins- oder Verfahrensgebühr liegt schon die Differenz der Kosten bei der Einigungsgebühr über dem Mindestbeschwerdewert.

Werden nicht anhängige Ansprüche im laufenden Gerichtsverfahren mitverglichen, so entsteht für den nichtanhängigen Teilgegenstand des Einigungsvertrages eine 1,5 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG, da die Ermäßigung in den Nummern 1003, 1004 VV RVG nicht greift. Die Beschwerdeführer erstreben damit vorliegend eine volle 1,0 Einigungsgebühr Nr. 1003 VV RVG aus dem streitgegenständlichen Einigungsvertrag (hier 245,- €) sowie zuzüglich eine 1,5 Einigungsgebühr aus den nicht anhängigen aber mitverglichenen Ansprüchen (hier 283,- €), jedoch nicht mehr als 1,5 Gebühren aus dem Gesamtwert des Einigungsvertrages (hier 562,50 €), § 15 III RVG (vgl. dazu Göttlich/Mümmler, RVG Kommentar, 2. Auflage, Einigungsgebühr 10.1 mwN; Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage; VV 1003 Rn. 7 f.). Die Differenz zwischen der Berechnung der Einigungsgebühr unter Verwendung des vom Arbeitsgericht festgesetzten Beschwerdewertes und der Berechnung nach dem von den Beschwerdeführern begehrten Festsetzung des Gegenstandswertes beträgt mithin 283,- €, zuzüglich Mehrwertsteuer. 2. Das Rechtsmittel hat in der Sache aber keinen Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss den Gegenstandswert für Rechtsstreit und Vergleich auf 4000,- € festgesetzt. Ein Vergleichsmehrwert war vorliegend nicht anzunehmen. a) Ziffer 2 des Vergleichs ist nicht werterhöhend. Die Regelung hinsichtlich der ordnungsgemäßen Abrechung des Arbeitsverhältnisses und der Zahlung des halben Januarentgelts (1000,- €) war wegen wirtschaftlicher Identität mit dem Kündigungsschutzantrag nicht gesondert zu bewerten. Die Rechtssprechung des LAG Rheinland-Pfalz zur Bewertung von Entgeltanträgen (vgl. beispielhaft LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 21.07.2008 - 1 Ta 123/08 m. w. N.) ist insoweit übertragbar. Danach sind wegen des sozialen Schutzzwecks des § 42 Abs. 4 GKG bei wirtschaftlicher Identität zwischen einem Kündigungsschutzantrag und einem Entgeltantrag beide Anträge nicht gesondert zu bewerten, sondern es ist auf den jeweils höheren abzustellen. Wirtschaftliche Identität beider Streitgegenstände ist dann gegeben, wenn der Erfolg der Entgeltklage von dem der Kündigungsschutzklage abhängt, wenn also Entgelt für einen Zeitraum nach dem vermeintlichen Ende des Arbeitsverhältnisses gefordert wird und sich die beiden Zeiträume decken (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 21.07.2008 - 1 Ta 123/08 m. w. N.). Eine wirtschaftliche Teilidentität zwischen Kündigungsschutzantrag und Entgeltantrag kann demnach nur soweit entstehen, wie die Bewertung des Kündigungsschutzantrags reicht. Diese ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sowie nach der ständigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts in typisierender Betrachtungsweise dahingehend gestaffelt, dass bei einem Bestand des Arbeitsverhältnisses von bis zu sechs Monaten grundsätzlich ein Monatsverdienst, bei einem Bestand von sechs bis zwölf Monaten grundsätzlich zwei Monatsverdienste und ab einem Bestand von mehr als zwölf Monaten grundsätzlich drei Monatsverdienste festzusetzen sind (vgl. BAG, Beschl. v. 30.11.1984, NZA 1985, 369 ff.; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 11.05.2009 - 1Ta 114/09). Ist der Kündigungsschutzantrag - wie hier - bei einem fast 8-monatigen Bestand des Arbeitsverhältnisses mit zwei Bruttomonatsgehältern zu bewerten, besteht wirtschaftliche Identität hinsichtlich der zwei auf das vermeintliche Ende des Arbeitsverhältnisses folgenden Monate. Insoweit ist ein Vergleich zwischen dem Wert des Kündigungsschutzantrages auf der einen und dem Wert geltend gemachter Zahlungsansprüche für den Zwei-Monatszeitraum auf der anderen Seite anzustellen und der höhere von beiden Werten der Gegenstandswertfestsetzung zugrunde zu legen. Darüber hinausgehende Zahlungsanträge (etwa für die Zeit ab dem 3. Monat nach der vermeintlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses) sind dagegen eigenständig zu bewerten, da es insoweit an einer wirtschaftlichen Identität zu dem Kündigungsschutzantrag fehlt. Vorliegend konnte die streitgegenständliche fristlose Kündigung vom 28.11.2008 frühestens am Tage ihres unstreitigen Zugangs, dem 08.12.2008, Wirkung entfalten. Die Zahlung des halben Monatsgehalts für Januar fällt mithin in den Zeitraum von 2 Monaten nach der vermeintlichen Beendigung des Arbeitverhältnisses. Gleiches gilt für etwaige sich aus der ordnungsgemäßen Abrechnung ergebende Zahlungsansprüche für die letzten Tage des Monats November oder für den Monat Dezember. Mithin war für die Gegenstandswertfestsetzung allein auf den höheren Wert der Kündigungsschutzklage abzustellen. b) Das Arbeitsgericht hat auch für Ziffer 4 des Vergleichs, den Anspruch auf Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Endzeugnisses mit der Gesamtbewertung "gut" zu Recht keinen Mehrwert angesetzt. Nach ständiger Rechtsprechung der erkennenden Kammer setzt die Veranschlagung eines Vergleichsmehrwerts zwar nicht notwendigerweise einen gerichtlichen Streit der Parteien über den entsprechenden Punkt im vorherigen Verfahren voraus; sie kommt jedoch nur in Betracht, wenn durch die vergleichsweise Regelung nach Nr. 1000 VV RVG "ein Streit oder eine Ungewissheit der Parteien" hinsichtlich des Regelungsgegenstandes beseitigt wird (vgl. beispielhaft LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 06.05.2008 - 1 Ta 66/08; ferner LAG Düsseldorf, Beschl. v. 08.05.2007 - 6 Ta 99/07; LAG Hamm, Beschl. v. 17.04.2007 - 6 Ta 145/07). Weder das Eine noch das Andere haben die Beschwerdeführer im vorliegenden Fall dargelegt, obgleich sie auf diesen Punkt vom Arbeitsgericht zuletzt in dessen Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss vom 05.06.2008 hingewiesen worden waren. Weder aus dem Protokoll der Güteverhandlung noch aus der Beschwerdebegründung noch aus dem sonstigen Inhalt der Gerichtsakte ergibt sich, dass zu irgendeinem Zeitpunkt Streit oder Ungewissheit zwischen den Parteien über die Erstellung eines qualifizierten Zeugnisses einschließlich der Bewertung mit der Note "gut" bestanden hätte. Wie schon das Arbeitsgericht ausgeführt hat, datiert das von den Beschwerdeführern erwähnte Schreiben vom 29.04.2008, also von einem Zeitpunkt, der erst nach Abschluss des Vergleiches gelegen hat. Auch ging es darin erstmals um die Formulierung der Art der Tätigkeit des Klägers; diese war nicht Gegenstand des Vergleichs. Darin haben die Parteien lediglich festgehalten, dass die Beklagte ihrer unzweifelhaft bestehenden Verpflichtung auf Erteilung eines Zeugnisses (§ 109 GewO) auch tatsächlich nachkommt. Dass ein Streit zwischen den Parteien über die "Gesamtnote gut" vorher bestanden hätte, haben die Beschwerdeführer nicht behauptet. Im Streitfalle war nur der Gegenstandswert für das vor dem Gericht anhängig gewesene Verfahren festzusetzen. Die Beschwerdeführer haben gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Ein Rechtsmittel ist gegen diesen Beschluss nach § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.

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