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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 17.07.2007
Aktenzeichen: 1 Ta 173/07
Rechtsgebiete: BetrVG, RVG, GKG, ArbGG


Vorschriften:

BetrVG § 99 Abs. 4
BetrVG § 100 Abs. 2 S. 3
RVG § 23
RVG § 23 Abs. 1
RVG § 23 Abs. 3 S. 1
RVG § 23 Abs. 3 S. 2
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 9 S. 1
RVG § 33 Abs. 9 S. 2
GKG § 2 Abs. 2
GKG § 3 Abs. 2
GKG § 42 Abs. 4
GKG § 66 Abs. 8
GKG § 68 Abs. 3
ArbGG § 2a
ArbGG §§ 80 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 1 Ta 173/07

Entscheidung vom 17.07.2007

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 18.06.2007 - 2 BV 30/07 - wie folgt abgeändert:

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird auf 1.200,00 Euro festgesetzt.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Beschwerdeführer haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu 9/10 zu tragen.

4. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit einem Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Einstellung sowie einem Antrag auf vorläufige Einstellung.

Die Antragstellerin (im Folgenden Arbeitgeberin) hat mit einer am 03.04.2007 beim Arbeitsgericht eingereichten Antragsschrift im Rahmen eines Beschlussverfahrens beantragt, (1.) die von dem Antragsgegner (im Folgenden Betriebsrat) verweigerte Zustimmung zu einer auf den Zeitraum vom 02.04.2007 bis 30.04.2007 befristeten und auf die vier Samstage in diesem Zeitraum beschränkten Einstellung eines Leiharbeitnehmers nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen und (2.) nach § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG festzustellen, dass die vorläufige Einstellung des Leiharbeitnehmers aus sachlichen Gründen dringend gerechtfertigt war.

Die Arbeitgeberin hat diesen Antrag am 02.05.2007 zurückgenommen.

Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats, die sich mit einem am 13.04.2007 eingegangenen Schriftsatz für diesen bestellt hatten, hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 18.06.2007 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten auf 500,00 Euro für das Ersetzungsverfahren und 250,00 Euro für die vorläufige Maßnahme festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats mit Schriftsatz vom 27.06.2007, eingegangen am 29.06.2007, Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert auf mindestens 5.000,00 Euro festzusetzen. Zur Begründung haben die Beschwerdeführer auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 14.06.2007 - 1 Ta 147/07 - verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands von 200,00 Euro und ist somit zulässig.

In der Sache ist das Rechtsmittel nur zum Teil begründet. Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit ist auf 1.200,00 Euro festzusetzen

Nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG ist der Gegenstandswert soweit er sich nicht aus den übrigen Regelungen das § 23 RVG ergibt und auch sonst nicht feststeht, nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 4.000,00 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,00 Euro anzunehmen.

Die Regelung des § 23 Abs. 1 RVG findet vorliegend schon deshalb keine Anwendung, weil im Beschlussverfahren nach § 2 Abs. 2 GKG i.V.m. §§ 2a, 80 ff. ArbGG keine Gerichtskosten erhoben werden. Auch die in § 23 Abs. 3 S.1 RVG genannten Gebührentatbestände der Kostenordnung finden im Beschlussverfahren keine, auch keine entsprechende Anwendung (vgl. nur LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.06.2007 - 1 Ta 147/07). Der Gegenstandswert steht auch sonst nicht fest. Die Bestimmung des Gegenstandswertes richtet sich daher nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG.

Bei den vorliegend gestellten Anträgen nach § 99 Abs. 4 BetrVG sowie § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG handelt es sich nach der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. nur LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.06.2007 - 1 Ta 147/07) um nichtvermögensrechtliche Streitgegenstände. Beide Anträge beruhen auf keiner vermögensrechtlichen Beziehung und sind auch nicht auf Geld oder Geldeswert gerichtet. Eines Rückgriffs auf die Regelung des § 42 Abs. 4 GKG bedarf es daher nicht (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.06.2007 - 1 Ta 147/07). Der Gegenstandswert ist vielmehr nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG mit 4.000,00 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,00 Euro anzunehmen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.06.2007 - 1 Ta 147/07) stellt der Wert von 4.000,00 Euro dabei keinen Regelwert dar, von dem nur unter bestimmten Umständen abgewichen werden kann, sondern einen Hilfswert, auf den nur zurückzugreifen ist, wenn alle Möglichkeiten für eine individuelle Bewertung ausgeschöpft sind. Solche Anhaltspunkte ergeben sich aus der wirtschaftlichen Interessenlage der Beteiligten, inwieweit durch das Beschlussverfahren finanzielle Ansprüche einzelner Arbeitnehmer berührt werden, aus der Bedeutung, dem Umfang und der Schwierigkeit einer Sache. Auch ist der objektive Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts im Einzelfall nicht ganz außer Acht zu lassen.

Der Antrag auf Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zu der befristeten Einstellung nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist hier mit 800,00 Euro zu bewerten. Vom Hilfswert des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG, also von 4.000,00 Euro, ist vorliegend ein deutlicher Abschlag vorzunehmen. Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung hatte hier nur eine geringe Bedeutung. Er wurde nämlich für die Einstellung eines Leiharbeitnehmers für lediglich vier Samstage in der Zeit von 9:00 Uhr bis 14:00 Uhr gestellt. Zudem war auf Grund der Befristung vom 02.04.2007 bis zum 30.04.2007 bereits im Zeitpunkt der Antragstellung am 03.04.2007 absehbar, dass eine Entscheidung über diesen nicht ergehen wird. Trotzdem hat der Betriebsrat, die Verfahrensbevollmächtigten beauftragt, die sich vorliegend bestellt haben, ohne dass sie einen Schriftsatz in der Sache hätten anfertigen müssen. Auch stellten sich die identischen Rechtsfragen für den Betriebsrat und seine Verfahrensbevollmächtigten bereits in dem Beschlussverfahren, das dem völlig gleichgelagerten Beschwerdeverfahren 1 Ta 147/07 zugrunde gelegen hat, sodass ein weiterer nennenswerter Arbeitsaufwand für die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats nicht erkennbar ist. Der Arbeitsaufwand der Beschwerdeführer ist daher vorliegend als äußerst gering einzuschätzen. (vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.06.2007 - 1 Ta 147/07).

Der Antrag nach § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG festzustellen, dass die vorläufige Einstellung des Leiharbeitnehmers aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, ist hier mit 400,00 Euro zu bewerten. Ein Abschlag vom Hilfswert in Höhe von 3.600,00 Euro ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend gerechtfertigt, weil der Antrag nach § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG nach der gesetzlichen Konstruktion zwingend mit einem Antrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG einhergeht und diesem der Charakter einer bloß einstweiligen Regelung innewohnt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.06.2007 - 1 Ta 147/07). Zudem ist auch hier der geringe Arbeitsaufwand der Beschwerdeführer zu berücksichtigen.

Beide Anträge sind zusammen zu rechnen, sodass sich der festgesetzte Gegenstandswert von 1.200,00 Euro ergibt. Ein weiterer Abschlag - wie ihn das Arbeitsgericht vorgenommen hat - scheint vorliegend noch nicht geboten, kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn sich rechtlich gleichgelagerte Fälle ständig wiederholen und sich der Arbeitsaufwand der Verfahrensbevollmächtigten dadurch noch weiter reduziert.

Die Gerichtsgebühr für das vorliegende Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8614 von Teil 8 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG wird anders als das Verfahren über den Antrag von § 33 Abs. 9 S. 1 und S. 2 RVG nicht gebührenfrei gestellt. Auch § 68 Abs. 3 GKG und § 66 Abs. 8 GKG finden vorliegend keine Anwendung. Es fallen somit grundsätzlich Gerichtsgebühren an. Dies gilt auch im Beschlussverfahren (vgl. ausführlich LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 04.04.2007 - 1 Ta 46/07; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.04.2007 - 1 Ta 50/07 jeweils mit weiteren Nachweisen). Da die Beschwerde bezogen auf die Anwaltsgebühren nur zu ca. 1/10 erfolgreich war, haben die Beschwerdeführer diese Gerichtsgebühren nach §§ 97, 92 ZPO zu 9/10 zu tragen.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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