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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 06.08.2007
Aktenzeichen: 1 Ta 181/07
Rechtsgebiete: RVG, GKG, KSchG


Vorschriften:

RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 9 S. 1
RVG § 33 Abs. 9 S. 2
GKG § 3 Abs. 2
GKG § 42 Abs. 4 S. 1
KSchG § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 1 Ta 181/07

Entscheidung vom 06.08.2007

Tenor:

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 17.07.2007 - 10 Ca 1153/07 - wird auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit zwei in getrennten Verfahren angegriffenen Kündigungen, einem allgemeinen Feststellungsantrag und der Erteilung eines Zeugnisses.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 04.09.2003 zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst in Höhe von zuletzt 1.602,50 Euro beschäftigt. Mit ihrer Klage vom 06.06.2007 hat sich die Klägerin gegen eine fristlose Kündigung der Beklagten vom 04.06.2007 gewendet und zusätzlich einen allgemeinen Feststellungsantrag auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gestellt (10 Ca 1153/07). Mit weiterer Klage vom 12.06.2007 hat sie eine hilfsweise zur ersten Kündigung erklärte ordentliche Kündigung der Beklagten vom 06.06.2007 angegriffen (10 Ca 1181/07).

Die Verfahren wurden von den Parteien durch einen gerichtlichen Vergleich vom 04.07.2007 erledigt. Darin einigten sie sich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ordentliche, fristgerechte Kündigung. Darüber hinaus verpflichtete sich die Beklagte, der Klägerin ein wohlwollendes Zeugnis mit der Leistungs- und Führungsbeurteilung "gut" und einem Ehrlichkeitsvermerk zu erteilen.

Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 04.07.2007 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf 4.807,50 Euro festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin beim Arbeitsgericht Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert auf mindestens 6.410,00 Euro für das Verfahren und 8.012,50 Euro für den Vergleich festzusetzen.

Nach Auffassung der Beschwerdeführer sei der allgemeine Feststellungsantrag zusätzlich zum Kündigungsschutzantrag mit einem Bruttomonatsverdienst zu bewerten. Zudem erhöhe das im Vergleich vereinbarte Zeugnis dessen Gegenstandswert um ein weiteres Bruttomonatsverdienst.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands von 200,00 Euro und ist auch sonst zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren zutreffend festgesetzt.

Das Arbeitsgericht hat den zeitlich ersten Kündigungsschutzantrag vom 06.06.2007 zu Recht mit drei Bruttomonatsverdiensten, also 4.807,50 Euro bewertet.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 30.11.1984 - 2 AZN 572/82 (B) - NZA 1985, 369 ff. zu § 12 Abs. 7 ArbGG a.F.) und der ständigen Rechtsprechung der erkennenden Beschwerdekammer (vgl. mit weiteren Nachweisen LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.06.2007 - 1 Ta 105/07) enthält § 42 Abs. 4 S. 1 GKG keinen Regelstreitwert. Der Vierteljahresverdienst ist vielmehr nur die Obergrenze für den vom Gericht nach freiem Ermessen (§ 3 ZPO) festzusetzenden Streitwert. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist in typisierender Betrachtungsweise bei einem Bestand des Arbeitsverhältnisses von bis zu sechs Monaten grundsätzlich auf einen Monatsverdienst, bei einem Bestand von sechs bis 12 Monaten grundsätzlich auf zwei Monatsverdienste und bei einem Bestand ab 12 Monaten grundsätzlich auf drei Monatsverdienste festzusetzen.

Im vorliegenden Fall bestand das Arbeitsverhältnis der Parteien seit dem 04.09.2003 und damit im Zeitpunkt des Ausspruchs der zeitlich ersten Kündigung vom 04.06.2007 beinahe vier Jahre lang. Der Gegenstandswert dieser Kündigung ist daher vorliegend mit drei Bruttomonatsverdiensten festzusetzen.

Die allgemeine Feststellungsklage war vorliegend nicht gegenstandswerterhöhend.

Nach der Rechtsprechung der für Gegenstandswertbeschwerden allein zuständigen Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.06.2007 - 1 Ta 105/07; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.06.2007 - 1 Ta 156/07) ist der neben dem Kündigungsschutzantrag gestellte allgemeine Feststellungsantrag dann nicht gegenstandswerterhöhend, wenn die Parteien im Prozess keinen Streit über einen konkreten weiteren Beendigungstatbestand geführt haben (vgl. Schwab, NZA 1998, 342, 346).

Zwar hat die Beklagte im vorliegenden Fall mit Schreiben vom 06.06.2007 eine weitere Kündigung ausgesprochen. Diese ist aber wegen anderweitiger Rechtshängigkeit nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden, weil sich die Klägerin hiergegen mit einer weiteren Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG gewendet hat. Der allgemeine Feststellungsantrag zu 2.) konnte daher diese weitere Kündigung gar nicht erfassen.

Die im Vergleich vereinbarte Regelung über die Erteilung eines wohlwollenden Zeugnisses mit der Leistungs- und Führungsbeurteilung "gut" und einem Ehrlichkeitsvermerk war ebenfalls nicht gegenstandswerterhöhend.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. nur LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.04.2007 - 1 Ta 81/07; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.06.2007 - 1 Ta 135/07) ist der Antrag auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses in typisierender Betrachtungsweise grundsätzlich mit einem Bruttomonatsverdienst festzusetzen.

Nach Nr. 1000 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG entsteht die Einigungsgebühr "für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht". Voraussetzung für die Erhöhung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit durch eine in einem "Vergleich" getroffene Regelung ist demnach zunächst, dass durch diese Regelung der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird (vgl. jeweils mit weiteren Nachweisen LAG Hamm, Beschluss vom 17.04.2007 - 6 Ta 145/07; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 08.05.2007 - 6 Ta 99/07).

Im vorliegenden Fall bestand zwischen den Parteien, was sich aus den Gründen der Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts vom 17.07.2007, denen die Beschwerdeführer nicht widersprochen haben, ergibt, kein Streit über den Zeugnisanspruch der Klägerin. Der Zeugnisanspruch war - soweit ersichtlich - weder gerichtlich noch außergerichtlich bestritten worden noch befand sich die Beklagte im Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs mit der Erstellung eines Zeugnisses in Verzug. Der Zeugnisanspruch wurde nur anlässlich der gerichtlichen Auseinandersetzung mitgeregelt. Über das Bestehen bzw. die Erfüllung des Zeugnisanspruchs bestand - soweit ersichtlich - auch keine Ungewissheit.

Die Regelung über die Erteilung eines wohlwollenden Zeugnisses mit der Leistungs- und Führungsbeurteilung "gut" und einem Ehrlichkeitsvermerk war somit nicht gegenstandswerterhöhend.

Die weitere Kündigungsschutzklage vom 12.06.2007, die in dem seperaten Verfahren 10 Ca 1181/07 von der Klägerin betrieben worden ist, führte im vorliegenden Verfahren zu keiner Erhöhung des Gegenstandswerts des Vergleichs der Parteien vom 04.07.2007.

Nach der Rechtsprechung der für Gegenstandswertbeschwerden allein zuständigen Beschwerdekammer (vgl. nur LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.06.2007 - 1 Ta 105/07) ist dann, wenn die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen, die in einem nahen zeitlichen Zusammenhang - in der Regel in einem Kündigungsschreiben (z.B. außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung) - ausgesprochen worden sind, in einem Verfahren angegriffen wird und ihnen ein identischer Kündigungssachverhalt zugrunde liegt, die erste Kündigung abhängig von der Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses mit bis zu drei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten und jede weitere Kündigung ist nicht gegenstandswerterhöhend.

Die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 06.06.2007 wurde nur zwei Tage nach der fristlosen Kündigung vom 04.06.2007 ausgesprochen. Beide Kündigungen wurden folglich in einem nahen zeitlichen Zusammenhang ausgesprochen. Der Kündigung vom 06.06.2007 liegt auch derselbe Kündigungssachverhalt wie der fristlosen Kündigung vom 04.06.2007 zugrunde. Die weitere Kündigung wurde lediglich hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung ausgesprochen. Die zeitliche Verzögerung zwischen den beiden Kündigungen beruhte lediglich auf den für die Anhörung des Betriebsrats unterschiedlichen Fristen. Die Kündigung vom 06.06.2007 führte somit im vorliegenden Verfahren nicht zu einer Erhöhung des Gegenstandswerts des Vergleichs.

Die Gerichtsgebühr für das vorliegende Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8614 von Teil 8 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG wird anders als das Verfahren über den Antrag von § 33 Abs. 9 S. 1 und S. 2 RVG nicht gebührenfrei gestellt. Die Gerichtsgebühr haben die Beschwerdeführer nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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