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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 17.08.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 183/09
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG § 49
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - vom 18.09.2008 - 5 Ca 690/08 - wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen. 2. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben. Gründe:

I. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren begehrt der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes. Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 22.06.2004 als Lagerist mit einer Monatsvergütung von ca. 2000,- € beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis hat die Beklagte mit Schreiben vom 29.07.2008 zum 31.12.2008 gekündigt. In der hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage hat der Kläger u. a. beantragt: 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 29.07.2008 nicht zum 31.08.2008 seine Beendigung finden wird.

...

Für den Fall dass die Beklagte im Gütetermin nicht zu Protokoll erklären sollte, dass sie den Kläger weiterbeschäftigen werde, sofern ein der Klage stattgebendes Urteil ergehe, hat der Kläger weiterhin beantragt:

6. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 1 zu den im Arbeitsvertrag vom 22.06.2004 geregelten Arbeitsbedingungen als Lagerist bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiterzubeschäftigen. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt. Im Kammertermin hat der Kläger die Klage zurückgenommen. Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das Arbeitsgericht zunächst eine Gegenstandswertfestsetzung in Höhe von 9000,- € in Aussicht gestellt, dann aber mit Beschluss vom 29.06.2009 den Gegenstandswert auf 7000,- € festgesetzt. Hintergrund war der Hinweis der Bezirksrevisorin, der Klageantrag zu 6. dürfe als bedingter Antrag mangels Bedingungseintritts nicht berücksichtigt werden. Gegen diesen Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 03.07.2009 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, der Weiterbeschäftigungsantrag zu 6. sei zum Zeitpunkt der Klagerücknahme mangels einer entsprechenden Protokollerklärung durch die Beklagte in der Güteverhandlung als unbedingt anzusehen und damit "wertmäßig zu berücksichtigen" gewesen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung verweist das Arbeitsgericht darauf, der Antrag zu 6. enthalte nicht nur eine rechtliche Bedingung (das der Klage stattgebende Urteil), sondern zusätzlich einen Vorbehalt in tatsächlicher Hinsicht (das Fehlen einer zu Protokoll erklärten Weiterbeschäftigungszusage). Der Antrag könne daher nicht als gestellt betrachtet werden. II. Die Beschwerde ist bereits unzulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,- € nicht übersteigt, wie § 33 Abs. 3 S. 1 RVG es erfordert. Unter dem Wert des Beschwerdegegenstandes sind bei der Beschwerde gegen die Festsetzung des Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit die Kosten zu verstehen, um die sich der Beschwerdeführer bei Festsetzung des begehrten Gegenstandswertes verbessern würde (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05.08.2008 - 1 Ta 151/08; Schwab/Weth, ArbGG, 2. Auflage, § 78 Rn 10). Damit der Wert des Beschwerdegegenstandes berechnet werden kann, sollte die Beschwerde einen bestimmten Antrag enthalten (Gerold/Schmidt, RVG Kommentar, 18. Auflage, § 33 Rn. 14). Vorliegend fehlt es zwar daran, der Beschwerde lässt sich aber im Wege der Auslegung entnehmen, dass der Beschwerdeführer die Festsetzung des Gegenstandswertes seiner anwaltlichen Tätigkeit auf 9000,- € begehrt. Der Beschwerdeführer war mit der zunächst angekündigten Festsetzung in Höhe vom 9000,- € einverstanden gewesen. Nachdem die Bezirksrevisorin sich mit dem Hinweis auf die nicht eingetretene Bedingung des Klageantrags zu 6. für die dann auch erfolgte Wertfestsetzung auf 7000,- € ausgesprochen hatte, setzte sich der Beschwerdeführer im nachfolgen Schriftverkehr und auch in der Beschwerdebegründung ausschließlich mit dieser Frage auseinander. Es ist daher davon auszugehen, dass er mit seiner Beschwerde die Berücksichtigung des Klageantrags zu 6. in Höhe eines Bruttomonatsgehalts - 2000,- € - anstrebt. Da der Beschwerdeführer dem Kläger im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung beigeordnet war (§§ 44 ff. RVG), erhält er auch nur die reduzierten Gebühren aus § 49 RVG und nicht die Regelgebühren nach § 13 RVG. Unter Zugrundelegung des vom Arbeitsgericht festgelegten Gegen-standswerts betragen die deutlich höheren Regelgebühren einschließlich der Mehrwertsteuer 1.139,43 €, die Gebühren des im Prozesskostenhilfeverfahrens beigeordneten Rechtsanwalts belaufen sich gem. § 49 RVG nur auf 708,05 €. Bei einer Berechnung anhand des begehrten Gegenstandswertes betragen die Regelgebühren einschließlich der Mehrwertsteuer 1.359,58 € und die Gebühren gem. § 49 RVG 731,85 €. Das bedeutet, der Mindestbeschwerdewert wäre nur bei Zugrundelegung der Regelgebühren erreicht (220,15 €), nicht aber bei Gegenüberstellung der verkürzten Gebühren (23,35 €). Maßgeblich ist im vorliegenden Fall die Differenz aus den verkürzten Erstattungsbeträgen des § 49 RVG.

Soweit die Frage überhaupt behandelt wird, gehen Literatur und Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte bei Gegenstandswertsbeschwerden eines im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts überwiegend von der Differenz zwischen den unterschiedlichen Regelgebühren aus (so ohne Begründung OLG Celle, Beschl. v. 19.05.2006, FamRZ 2006, 1690 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 10.05.1978, JurBüro 1978, 1362; OLG München, Beschl. v. 09.11.1954, NJW 1955, 675 f.; Meyer, GKG Kommentar, 9. Auflage, § 68 Rn. 10; Fraunholz in Riedel/Sußbauer, RVG Kommentar, 9. Auflage, § 32 Rn. 28; Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage, vertritt in § 32 RVG Rn. 17 diese Auffassung, schließt sich jedoch in seinen Ausführungen unter § 56 Rn. 14 der Gegenansicht an; offen gelassen von LAG Rheinland-Pfalz vom 21.07.2009 - 1 Ta 159/09; differenzierend Oestreich/Winter/Hellstab, Kommentar zum GKG, § 68 Rn. 19; a. A. LAG München, Beschl. v. 17.03.2009 - 10 Ta 394/07 und für den Fall der Bewilligung von PKH ohne Ratenzahlung LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. der erkennenden Kammer v. 05.05.2008 - 1 Ta 58/08). Auf die reduzierten Gebühren von § 49 RVG ist dann abzustellen, wenn Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden ist.

Dem LAG München (aaO) ist darin beizupflichten, dass es maßgeblich auf die Differenz zwischen den Gebühren nach der Gegenstandswertsfestsetzung in der angefochtenen Entscheidung und den Gebühren nach dem in der Beschwerdeinstanz begehrten Gegenstandswert im Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde ankommt und nachträgliche Änderungen unberücksichtigt bleiben (so auch Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage, § 33 RVG Rn. 20). Bei der Einlegung eines Rechtsmittels kommt es zur Ermittlung eines Beschwerdewertes grundsätzlich auf die Umstände im Einlegungszeitpunkt an (vgl. auch § 4 Abs. 1 ZPO). Spätere Veränderungen, die eintreten können oder auch nicht, sind grundsätzlich unmaßgeblich. Die Beteiligten müssen mit Erhalt einer gerichtlichen Entscheidung Klarheit haben, ob sie dagegen ein Rechtsmittel einlegen können oder sich dem Entscheidungsinhalt beugen müssen. Diesem Grundsatz trägt auch das Rechtsmittelsystem des § 33 RVG Rechnung, weil hier - im Gegensatz etwa zu § 68 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 S. 2 GKG - nach Ablauf einer zweiwöchigen Beschwerdefrist die Festsetzung Rechtskraft erlangt. Ob die PKH-Entscheidung zukünftig unter den Voraussetzungen von § 120 Abs. 4 ZPO einmal dahingehend geändert werden kann, dass ab einem späteren Zeitpunkt Ratenzahlungen angeordnet werden können, ist dagegen völlig ungewiss (vgl. dazu noch die 4-Jahresfrist von § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO). Der Eintritt einer ungewissen Bedingung ist dem befristeten Rechtsmittelsystem fremd (vgl. dazu Schwab, Die Berufung im arbeitsgerichtlichen Verfahren, Diss. 2005, S. 142 ff.) Soweit die Literatur für die Gegenmeinung teilweise auf den in § 126 ZPO normierten Erstattungsanspruch gegenüber der unterlegenen Gegenpartei abstellt, greift dieser Umstand im erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahren wegen der kostenmäßigen Sonderregelung von § 12 a Abs. 1 S. 1 ArbGG nicht. Hier hat jede Partei ihre eigenen Anwaltskosten stets selbst zu tragen. Gegenteilig stellt sich die Rechtslage bei der Höhe des Beschwerdewertes von § 33 Abs. 3 S. 1 RVG dar, wenn Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung bewilligt worden war. Hier ist dem beigeordneten Rechtsanwalt bereits im Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels gem. § 50 RVG schon vor der tatsächlichen Festsetzung der weiteren Vergütung die Möglichkeit eröffnet, letztlich mehr als die verkürzten Gebühren des § 49 RVG zu erhalten. Die vollständige und rechtzeitige Zahlung der im Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss angeordneten Raten stellt auch keine nachträgliche Abänderung, sondern vielmehr gerade den planmäßigen Fortgang der Kosteneinziehung dar. In diesem Sinne spricht das OLG München (NJW 1955, 675; vgl. auch die ähnliche Argumentation bei Fraunholz in Riedel/Sußbauer, RVG Kommentar, 9. Auflage, § 32 Rn. 28) von einem "einstweiligen Ruhen" des Anspruchs des Rechtsanwalts auf Zahlung der vollständigen Gebühren. Auch ist dem beigeordneten Rechtsanwalt das Abwarten auf auch hier mögliche spätere Veränderungen gem. §120 Abs. 4 ZPO schon wegen der zweiwöchigen Beschwerdefrist aus § 33 Abs. 3 S. 4 RVG in der Regel nicht möglich. Da vorliegend der Partei der Beschwerdeführer Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden war, übersteigt das Rechtsmittel den erforderlichen Beschwerdewert von 200 Euro nicht. Die Beschwerdeführer haben gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Ein Rechtsmittel ist gegen diesen Beschluss nach § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.

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