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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 24.08.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 193/09
Rechtsgebiete: RVG, BetrVG, GKG, ArbGG


Vorschriften:

RVG § 23 Abs. 1
RVG § 23 Abs. 3 S. 1
RVG § 23 Abs. 3 S. 2
RVG § 23 Abs. 3 S. 2, 2. Hs.
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 3 S. 1
RVG § 33 Abs. 3 S. 3
RVG § 33 Abs. 9
BetrVG § 40 Abs. 1
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1
BetrVG § 87 Abs. 1 S. 1
GKG § 2 Abs. 2
ArbGG § 2a
ArbGG §§ 80 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Beschwerde gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 13.07.2009 - 2 BV 8/09 - wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen. 2. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben. Gründe:

I. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren begehrt die Arbeitgeberin die Festsetzung eines niedrigeren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit einem Beschlussverfahren über die Mitbestimmungspflichtigkeit eines Rauchverbots und eines Verbots der Nutzung des privaten Mobiltelefons während der Arbeitszeit. Der Antragsteller - der bei der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat - kündigte im vorliegenden Beschlussverfahren zunächst an, zu beantragen, 1. Der Antragsgegnerin aufzugeben, es zu unterlassen im Betrieb ein Rauchverbot sowie ein Telefonverbot mit Privathandys zu verhängen und an den Informationstafeln in den Betriebsräumen entsprechende Mitteilungsblätter auszuhängen, aus denen sich ergibt, dass solche Verbote im Betrieb verhängt wurden, solange nicht der Betriebsrat seine Zustimmung hierzu erteilt hat oder aber die Zustimmung des Betriebsrats durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist; 2. Der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,- € anzudrohen. Im Anhörungstermin vom 22.04.2009 nahm der Betriebsrat den Antrag zu 1 hinsichtlich des Rauchverbots zurück. Nach Abweisung der noch rechtshängigen Anträge hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats mit Beschluss vom 13.07.2009 auf 8.000,- € festgesetzt und dabei sowohl für das Rauchverbot als auch für das Verbot der Handynutzung den Hilfswert des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG angenommen. Ein durch Antragsrücknahme beendetes einstweiliges Verfügungsverfahren mit gleichem Streitgegenstand hat das Arbeitsgericht nicht wertmindernd berücksichtigt. Mit am 30.07.2009 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Arbeitgeberin Beschwerde gegen den Gegenstandswertsfestsetzungsbeschluss eingelegt und zur Begründung vorgetragen, aufgrund der Antragsrücknahme bestehe keine Veranlassung, den Hilfsstreitwert doppelt anzusetzen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Dabei hat es darauf hingewiesen, der Hilfsstreitwert sei nicht doppelt, sondern einmal für jeden der beiden unterschiedlichen Anträge festgesetzt worden. II. 1. Die Beschwerde ist gemäß den §§ 33 Abs. 3 RVG statthaft und zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Im Hinblick auf die Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin gem. § 40 Abs. 1 BetrVG ist diese zur Einlegung der Beschwerde befugt, obgleich durch den Beschluss des Arbeitsgerichts der Gegenstandswert für die Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats festgesetzt worden ist (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 20.06.2008 - 1 Ta 105/08). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt auch den Mindestwert des § 33 Abs. 3 S. 1 RVG in Höhe von 200,- €. Damit der Wert des Beschwerdegegenstandes berechnet werden kann, sollte die Beschwerde einen bestimmten Antrag enthalten (Gerold/Schmidt, RVG Kommentar, 18. Auflage, § 33 Rn. 14). Vorliegend fehlt es daran zwar, der Beschwerde lässt sich aber im Wege der Auslegung entnehmen, dass die Beschwerdeführerin die einfache Festsetzung des Hilfswertes des § 23 Abs. 3 S. 2, 2. Hs. RVG in Höhe von 4000,- € begehrt. Die Beschwerde wahrt auch die zweiwöchige Frist des § 33 Abs. 3 S. 3 RVG. Zwar enthält die Gerichtsakte keine Zustellungsurkunden, aber die Verfügung der Zustellung des Gegenstandswertsfestsetzungsbeschlusses durch die Vorsitzende datiert vom 16.07.2009. Es ist daher von einer Zustellung nicht vor dem 17.07.2009 auszugehen. Die Beschwerdeeinlegung am 30.07.2009 wahrt somit die Frist. 2. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht ist berechtigterweise von einer zweifachen Ansetzung des Hilfswertes des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG ausgegangen. Gem. § 23 Abs. 3 S. 2 RVG kann das Gericht den Gegenstandswert, soweit er sich nicht aus den übrigen Vorschriften ergibt und auch sonst nicht feststeht, nach billigem Ermessen bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 4.000,- €, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,- € anzunehmen. Vorliegend findet die Regelung des § 23 Abs. 1 RVG keine Anwendung, weil im Beschlussverfahren gem. § 2 Abs. 2 GKG i. V. m. den §§ 2a, 80 ff. ArbGG keine Gerichtskosten erhoben werden. Auch die in § 23 Abs. 3 S. 1 RVG genannten Vorschriften finden keine direkte oder analoge Anwendung (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 20.06.2008 - 1 Ta 105/08; Beschl. v. 17.07.2008 - 1 Ta 173/07). Der Gegenstandswert im vorliegenden Verfahren steht auch sonst nicht fest. Mithin bestimmt sich der Gegenstandswert gem. § 23 Abs. 3 S. 2 RVG nach billigem Ermessen. Weder der zurückgenommene, noch der beschiedene Streitgegenstand ist vermögensrechtlicher Natur. In beiden Fällen geht es um die Wahrung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Der Unterlassungsantrag beruht weder unmittelbar auf vermögensrechtlichen Beziehungen noch ist sein Inhalt auf Geld oder Geldeswert gerichtet. Der Gegenstandswert ist daher gem. § 23 Abs. 3 S. 2 RVG mit 4000,- €, je nach Lage des Falles auch niedriger oder höher, anzunehmen.

Der Wert von 4000,- € stellt dabei nach ständiger Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. beispielhaft LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 20.06.2008 - 1 Ta 105/08; Beschl. v. 26.11.07.2008 - 1 Ta 256/07; Arbeitsrechtslexikon/Schwab: Streitwert/Gegenstandswert II 3) keinen Regelwert, von dem nur unter bestimmten Umständen abgewichen werden kann, sondern vielmehr einen Hilfswert dar, auf den nur dann zurückzugreifen ist, wenn alle Möglichkeiten einer individuellen Bewertung ausgeschöpft sind. Mögliche Anhaltspunkte für die Wertfestsetzung können sich zum Beispiel aus der wirtschaftlichen Interessenlage der Beteiligten, einer möglichen Berührung finanzieller Ansprüche einzelner Arbeitnehmer, aus der Bedeutung der Sache und aus ihrem Umfang und ihrer Schwierigkeit für den Rechtsanwalt im konkreten Fall ergeben (vgl. Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 20.06.2008 - 1 Ta 105/08 m. w. N.). Bei der Anwendung der genannten Grundsätze erscheint die Festsetzung von jeweils 4000,- € sowohl hinsichtlich des Rauchverbots, als auch hinsichtlich des Verbots der privaten Handynutzung angemessen. Es handelt sich vorliegend nicht um einen, sondern um zwei unterschiedliche Streitgegenstände. Allein der Umstand, dass die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats nur einen Unterlassungsantrag formuliert haben, ändert nichts daran, dass der Antragsteller von zwei voneinander völlig verschiedenen Verletzungen des § 87 Abs. 1 S. 1 BetrVG ausging. Auch die unterschiedliche Behandlung der Streitgegenstände im Laufe des Beschlussverfahrens - Rücknahme des einen Teils bei Festhalten an dem anderen Teil - macht deutlich, dass es sich um die rein sprachliche Zusammenfassung zwei verschiedener Streitgegenstände in einem Antrag handelt. Anhaltspunkte für eine niedrigere oder höhere Bewertung eines oder beider Gegenstände sind nicht ersichtlich. Auch die Rücknahme des Antrags zu 1 hinsichtlich des Rauchverbots stellt keinen Grund für eine niedrigere Bewertung dar. Diesem Umstand wird ggfs. durch Art und Anzahl der verdienten Gebühren, nicht aber durch Herabsetzung des Gegenstandswertes für die anwaltliche Tätigkeit Genüge getan (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 31.05.2007 - 1 Ta 128/07).

Das vorausgegangene einstweilige Verfügungsverfahren 2 BvGa 5/09 stellt ebenfalls keinen Grund für eine niedrigere Wertfestsetzung dar. Dieses Verfahren endete durch Antragsrücknahme im Anhörungstermin, ohne dass eine Sachentscheidung hätte ergehen können. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob das Vorliegen einer Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren im nachfolgenden Hauptsachverfahren überhaupt wertmindernd zu berücksichtigen wäre. Nach alldem war die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist anders als das Verfahren nach § 33 Abs. 9 RVG nicht gebührenfrei. Dies gilt auch im Beschlussverfahren (LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 26.11.2007 - 1 Ta 256/07). Die in § 2 Abs. 2 GKG bestimmte Kostenfreiheit der Gerichtsgebühren des Beschlussverfahrens erfasst nicht das sich anschließende Beschwerdeverfahren gegen den Gegenstandswertsfestsetzungsbeschluss (LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 26.11.2007 - 1 Ta 256/07; LAG Hamm, Beschl. v. 19.03.2007, NZA-RR 2007, 491; a. A. LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 16.11.2000, NZA 2001, 1160). Die Beschwerdeführerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Ein Rechtsmittel ist gegen diesen Beschluss nach § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.

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