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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 04.12.2007
Aktenzeichen: 1 Ta 213/07
Rechtsgebiete: RVG, ZPO, GKG


Vorschriften:

RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 9
ZPO § 3
ZPO § 4
GKG § 3 Abs. 2
GKG § 40
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 1 Ta 213/07

Entscheidung vom 04.12.2007

Tenor:

1. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 22.08.2007 - 10 Ca 1732/05 - wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer begehrt die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs.

Die Klägerin beschäftigte den Beklagten in ihrer F.fabrik in T. als Betriebs- und Verkaufsleiter. Als solchem oblag dem Beklagten u. a. die Pflicht, vor einem Vertragsabschluss mit einem Neukunden dessen Bonität zu prüfen. In ihrer bei Gericht am 13.07.2005 eingegangenen Klage hat die Klägerin beantragt

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihr jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Tatsache entstanden sei, dass der Beklagte die Bonität der Firma R: F. GmbH in B. nicht überprüft habe und sie infolge dessen einen Forderungsausfall erleide.

Dabei bezifferte die Klägerin den drohenden Zahlungsausfall mit restlich 56.999,14 EUR. In der Klageschrift führte die Klägerin dazu aus, am 04.07.2005 habe die R. F. GmbH einen Teilbetrag von 10.031,86 EUR auf die ursprünglich 67.031,00 EUR betragende Rechnungsforderung gezahlt. Da noch nicht endgültig feststehe, ob und in welcher Höhe sie, die Klägerin, einen Forderungsausfall erleiden werde, stelle sie lediglich einen Feststellungsantrag. Sie werde aber zur Leistungsklage übergehen, sobald ein Forderungsausfall feststehe. Nachdem die Firma R. die gesamte Forderung an die Klägerin beglichen hatte, nahm diese mit Schriftsatz vom 26.09.2005 die Klage zurück. Das Verfahren blieb mit einer zwischenzeitlich vom Beklagten erhobenen Widerklage weiterhin anhängig.

Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Beklagten hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 22.08.2007 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Beklagten für das Verfahren bis zum 26.09.2005 auf 28.499,57 EUR festgesetzt. Dabei hat es von der durch die Klägerin bezifferten Schadensersatzforderung mit Hinblick darauf, dass lediglich ein Feststellungsantrag gestellt war, einen Abschlag von 50 % vorgenommen. Gegen diesen Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schriftsatz vom 05.09.2007, bei Gericht eingegangen am 06.09.2007, B e s c h w e r d e eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert insoweit auf 45.599,29 EUR festzusetzen und dabei lediglich einen Abschlag von 20 % vorzunehmen. Zur Begründung führt er aus, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts dürften bei der Wertfestsetzung die Erfolgsaussichten der Klage keine Rolle spielen, da sie eine Prognose voraussetzte, die es auch bei Leistungsklagen nicht gebe. Hinzu komme, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertberechnung die Einleitung des Verfahrens sei. Hier habe sich eine entsprechende Erfolgsprognose jedoch noch nicht abgeben lassen. Der Umstand, dass einem positiven Feststellungsurteil keine vollstreckungsfähige Wirkung zukomme, rechtfertige entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts einen Abschlag lediglich in Höhe von 20 %, nicht aber in Höhe von 50 % des Werts einer entsprechenden Leistungsklage. Schließlich sei das Arbeitsgericht auf ein von dem Beschwerdeführer in seiner Gegenvorstellung zitiertes Urteil des BGH nicht näher eingegangen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 EUR und ist auch sonst zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend bei der Wertfestsetzung für die Feststellungsklage vorliegend einen Abschlag von 50 % vorgenommen.

Zwar ist dem Beschwerdeführer zuzugeben, dass der Abschlag bei der Festsetzung des Gegenstandswertes für eine Feststellungsklage üblicherweise mit 20 % beziffert wird (vgl. BGH, Beschluss vom 28.11.1990, NJW-RR 1991, 509; Beschluss vom 29.10.1998, NJW-RR 1999, 362 f.; Beschluss vom 21.05.2003, AnwBl. 2003, 597 f.; NJW-RR OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 24.06.2005 - 4 W 23/05; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 3 Rd. 16; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl. 2007, § 3 Rd. 65). Dabei handelt es sich jedoch lediglich um einen Regelabschlag, der die nach wie vor erforderliche Abwägung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls gem. § 3 ZPO nicht entbehrlich macht (BGH, Beschluss vom 28.11.1990, NJW-RR 1991, 509; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl. 2003, § 2 Rd. 27). Dies kann dazu führen, dass im Einzelfall auch ein 50 %iger oder sogar noch weitergehender Abschlag gerechtfertigt sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 13.12.2000, NJW-RR 2001, 316, 317; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 28.01.2005 - 4 W 5/05). Insoweit gilt es, im Rahmen der Ermessensausübung u. a. die Höhe des drohenden Schadens, das Risiko eines Schadenseintritts sowie das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Erreichung seines prozessualen Ziels zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 28.11.1990, NJW- RR 1991, 509; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl. 2007, § 3 Rd. 65; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 3 Rd. 16). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Gegenstandswertes ist dabei gemäß § 4 ZPO und § 40 GKG die Einleitung der jeweiligen Instanz.

Unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze war angesichts der Umstände des vorliegenden Streitfalles die durch das Arbeitsgericht getroffene Festsetzung in Höhe von 50 % angemessen.

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit ihrer Klage zwar begehrt hat, ihr "jeglichen Schaden" zu ersetzen, der ihr durch das dem Beklagten vorgeworfene Fehlverhalten entstanden sei. In der Klagebegründung bezieht sich die Klägerin dann jedoch ausschließlich auf den möglichen (teilweisen) Ausfall ihrer Forderung gegen die R. F. GmbH in Höhe von 56.999,14 EUR. Anhaltspunkte oder Darlegungen für einen darüber hinausgehenden Schaden gibt es keine. Vielmehr hat sie im Gegenteil den Umstand, dass sie lediglich Feststellungs- und keine Leistungsklage erhebe, ausdrücklich damit begründet, es stehe noch nicht endgültig fest, ob und in welcher Höhe die Forderung gegen die R. F. GmbH tatsächlich ausfalle. Sie hat sich insgesamt stets nur auf diese eine Forderung bezogen.

Das Feststellungsinteresse war nach dem eigenen Vortrag der Klägerin damit deutlich eingeschränkt. Bereits aus der Klagebegründung ergibt sich, dass die R. F. GmbH schon einen Teil des Rechnungsbetrages in Höhe von ursprünglich 67.031,00 EUR an die Klägerin gezahlt hatte, und zwar nur wenige Tage, nachdem die Klägerin sie hierzu aufgefordert hatte. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die R. F. GmbH sich weigern würde, auch den restlichen Rechnungsbetrag zu begleichen, bestanden nicht; jedenfalls hat die Klägerin insoweit nichts vorgetragen. Dass die Klägerin behauptet, die Firma R. F. GmbH sei laut einer von ihr eingeholten Bonitätsauskunft in der Risikobewertung der höchsten Risikoklasse eingestuft, besagt nichts Verbindliches über deren fehlende Zahlungswilligkeit oder -fähigkeit. Eine Angabe der Risikoklasse ist lediglich allgemeiner Natur, die als solche das Risiko eines weiteren Forderungsausfalls noch nicht verlässlich steigen lässt. Im Übrigen hat sich der Beklagte selbst in seiner Klageerwiderung darauf berufen, die von Seiten der Klägerin an der Bonität der R. F. GmbH geäußerten Zweifel seien unbegründet. Ein früherer Vertrag mit ihr sei reibungslos abgewickelt worden, dieses Unternehmen habe den damaligen Verkaufspreis von 75.000,00 EUR vollständig gezahlt und habe auch in der Folge keinerlei Einwendungen gegen einen weiteren Vertragsabschluss erhoben.

Die Bewertung des Feststellungsinteresses der Klägerin war vorliegend auch deswegen zu reduzieren, weil sie sich ausweislich ihrer Klagebegründung selbst nicht sicher war, ob und in welcher Höhe sie überhaupt einen Forderungsausfall erleiden würde. Vielmehr hat sie angekündigt, erst dann zur Leistungsklage überzugehen, sobald ein Forderungsausfall überhaupt feststehe. Damit hat sie selbst zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Begleichung des gesamten noch offenstehenden Rechnungsbetrages durch die R. F. GmbH durchaus für möglich hielt. Darüber hinaus hat sie mit ihrer Ankündigung, den Weg der Leistungsklage beschreiten zu wollen, deutlich gemacht, dass ein spezifisches Feststellungsinteresse für sie allenfalls vorübergehenden Charakter habe. Aus diesem Grunde hat der Beklagte selbst in seinem Schriftsatz vom 19.06.2006, auf den die Beschwerdebegründung vom 05.09.2007 ausdrücklich Bezug nimmt, ein Feststellungsinteresse der Klägerin völlig abgelehnt.

Schließlich war im Rahmen der Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers als des Prozessbevollmächtigten des Beklagten nicht völlig unberücksichtigt zu lassen, dass im Zeitpunkt der Einreichung der Klageerwiderung, am 05.09.2005, die R. F. GmbH die Rechnung der Klägerin bereits vollständig beglichen hatte, was die Klägerin bereits mit Schriftsatz vom 08.08.2005 mitgeteilt hatte. Dieser Schriftsatz der Klägerin war am 10.08.2005 beim Arbeitsgericht eingegangen und wurde am 11.08.2005 an den Beklagten weitergeleitet. Schon aus diesem Grunde stand fest, dass angesichts der nunmehr vollständig beglichenen Hauptforderung ein evtl. vorhandenes Feststellungsinteresse der Klägerin bezüglich der Hauptforderung im Zeitpunkt der Klageerwiderung in Wirklichkeit gar nicht mehr bestanden hat.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen, da der vom Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss vorgenommene Abschlag in Höhe von 50 % vorliegend gerechtfertigt war.

Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist anders als das Verfahren nach § 33 Abs. 9 RVG nicht gebührenfrei. Die Gerichtsgebühr hat der Beschwerdeführer gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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