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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 07.05.2008
Aktenzeichen: 1 Ta 63/08
Rechtsgebiete: ZPO, RVG, BGB, GKG


Vorschriften:

ZPO § 278 Abs. 6
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 4 Satz 1
RVG § 33 Abs. 9
BGB § 615 Satz 2
GKG § 3 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 20.03.2008 in Gestalt der (Nichtabhilfe-)Beschlüsse vom 02.04.2008 und vom 14.04.2008 - AZ 6 Ca 12/08 - wie folgt teilweise abgeändert:

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird für das Verfahren auf 35.062,44 EUR und für den Vergleich auf 46.928,59 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer zu 2/5.

3. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit einem Kündigungsrechtsstreit.

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.12.1998 beschäftigt. Mit Schreiben vom 21.12.2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.03.2008. Hiergegen wendete sich der Kläger mit seiner am 09.01.2008 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage. In dieser beantragte er ferner die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände als die Kündigung vom 21.12.2007 ende sowie die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung eines Zwischenzeugnisses.

Das Verfahren wurde vor dem Arbeitsgericht durch Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO beendet. In diesem Vergleich vereinbarten die Parteien u. a. sinngemäß

1. die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 31.03.2008 unter Fortzahlung des bisherigen Bruttomonatsgehaltes in Höhe von insgesamt 6.029,09 EUR;

2. die widerrufliche Freistellung des Klägers unter Fortzahlung seiner Bezüge bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses, maximal bis zum 31.12.2008;

3. die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses über Ziffer 1) hinaus bis zum 31.12.2008 mit den unter Ziffer 1) genannten Bezügen;

4. die Berechtigung des Klägers zur weiteren Nutzung seines Dienstfahrzeuges bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses (wobei ab dem 01.04.2008 anfallende Benzinkosten von ihm zu tragen sind), alternativ hierzu eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 491,00 EUR monatlich.

Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 20.03.2008 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers unter Zugrundelegung eines Bruttomonatsgehalts von 3.400,00 EUR auf 13.600,00 EUR für das Verfahren (4 Bruttomonatsgehälter) und auf 17.000,00 EUR für den Vergleich (5 Bruttomonatsgehälter) festgesetzt. Dabei hat es den Kündigungsschutzantrag mit drei Bruttomonatsgehältern, den Antrag auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses mit einem Bruttomonatsgehalt und "die im Prozessvergleich festgehaltenen weiteren Auflösungsmodalitäten" mit einem weiteren Bruttomonatsgehalt bewertet.

Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den festgesetzten Gegenstandswert zu erhöhen. Zur Begründung führen sie an, das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrage 10.000,00 EUR und nicht, wie irrtümlich in der Klageschrift angegeben, 3.400,00 EUR. Weiterhin seien im Hinblick auf den Vergleich die dort unter Ziffer 2) vereinbarte Freistellung sowie die unter Ziffer 4) vereinbarte Überlassung des Dienstfahrzeuges bei der Wertfestsetzung angemessen zu berücksichtigen. Daraufhin hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 02.04.2008 der Beschwerde teilweise abgeholfen und den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers für das Verfahren auf 26.080,36 EUR (4 Bruttomonatsgehälter) und für den Vergleich auf 32.600,45 EUR (5 Bruttomonatsgehälter) festgesetzt. Dabei hat es die Höhe eines Bruttomonatsgehalts in Anlehnung an die unter Ziffer 1) des Vergleichs getroffene Vereinbarung auf 6.520,09 EUR (6.029,09 EUR Gehalt + 491,00 EUR für das Dienstfahrzeug) festgesetzt und die Beschwerde entgegen § 33 Abs. 4 Satz 1 RVG nicht dem Beschwerdegericht vorgelegt, sondern in der Rechtsmittelbelehrung die Möglichkeit der "sofortigen Beschwerde" eröffnet.

Daraufhin haben die Beschwerdeführer mit (inhaltlich identischen) Schriftsätzen vom 08.04.2008 und vom 11.04.2008 form- und fristgerecht ein als "Beschwerde" bezeichnetes Rechtsmittel eingelegt mit dem Ziel einer weiteren Erhöhung des Gegenstandswerts. Unter Berufung auf eine zu den Gerichtsakten gereichte Entgeltabrechnung von Dezember 2006, die ein Jahresbruttoeinkommen des Klägers von 105.187,38 EUR ausweist, begehren sie die Neufestsetzung des Gegenstandswerts unter Zugrundelegung eines Bruttomonatsgehalts in Höhe von 8.765,61 EUR; im Übrigen halten sie an ihrer ersten Beschwerde fest. Mit Beschluss vom 14.04.2008 hat das Arbeitsgericht unter Zugrundelegung eines Bruttomonatsgehalts von 8.765,61 EUR den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers für das Verfahren auf 35.062,44 EUR (4 Bruttomonatsgehälter) und für den Vergleich auf 43.828,05 EUR (5 Bruttomonatsgehälter) festgesetzt. Im Übrigen hat es der Beschwerde nicht abgeholfen (insbesondere die im Vergleich getroffene Freistellungsvereinbarung nicht gegenstandswerterhöhend berücksichtigt) und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Gleichwohl hat es seinen Beschluss wiederum mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, die die Möglichkeit der "sofortigen Beschwerde" eröffnet. Daraufhin haben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 25.04.2008 form- und fristgerecht erneut ein als "Beschwerde" bezeichnetes Rechtsmittel eingelegt mit dem Ziel einer weiteren Erhöhung des Gegenstandswerts. Zur Begründung führen sie an, der unter Ziffer 4) des Vergleichs vereinbarte neunmonatige Freistellungszeitraum sei mit 25 % des auf ihn entfallenden Bruttogehalts des Klägers zu bewerten, was 22.500,00 EUR (unter Zugrundelegung eines Bruttomonatsgehalts von 10.000,00 EUR) entspreche, jedenfalls aber 19.722,62 EUR (unter Zugrundelegung eines Bruttomonatsgehalts von 8.765,61 EUR).

II.

Die von den Prozessbevollmächtigten des Klägers eingelegte Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands von 200,00 EUR und ist auch sonst zulässig. Eine erneute Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts über die mit Schriftsatz vom 25.04.2008 eingelegte Beschwerde war entbehrlich, da zum einen eine Vorlage an das Beschwerdegericht bereits auf die Beschwerde vom 28.03.2008 hin hätte erfolgen müssen und zum anderen das Arbeitsgericht trotz der eingelegten Beschwerden ausdrücklich daran festgehalten hat, die Freistellung nicht gesondert zu berücksichtigen.

In der Sache hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg.

1. Die Höhe eines Bruttomonatsgehalts konnte das Arbeitsgericht mit 8.765,61 EUR veranschlagen. Dieser Betrag ergibt sich aus der von den Beschwerdeführern zu den Akten (Bl. 65 d. A.) gereichten Entgeltabrechnung für Dezember 2006, auf der ein Jahresbruttoeinkommen des Klägers in Höhe von 105.187,38 EUR ausgewiesen ist, was einem monatlichen Betrag von 8.765,61 EUR entspricht. Da die Beschwerdeführer ihre Behauptung, das Bruttomonatseinkommen des Klägers betrage 10.000,00 EUR bzw. sein Jahresbruttoeinkommen 120.000,00 EUR, nicht näher belegt haben und diese Behauptung der Abrechnung widerspricht, hat das Arbeitsgericht zu Recht keinen höheren Wert angenommen.

2. Die unter Ziffer 4) des Vergleichs getroffene Vereinbarung hinsichtlich der weiteren Nutzung des Dienstfahrzeugs bzw. einer monatlichen Nutzungsentschädigung in Höhe von 491,00 EUR monatlich war in Höhe des geldwerten Vorteils von 491,00 EUR monatlich zu bewerten, was angesichts des im Vergleich vereinbarten neunmonatigen Freistellungszeitraums vom 01.04.2008 bis 31.12.2008 zu einem Vergleichsmehrwert von (9 x 491,00 EUR =) 4.419,00 EUR führt.

3. Auch für die unter Ziffer 2) des Vergleichs vereinbarte widerrufliche Freistellung des Klägers bis maximal zum 31.12.2008 unter Fortzahlung seiner Bezüge war ein eigenständiger Gegenstandswert festzusetzen. Nach der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts kommt einer solchen Vereinbarung, durch die der Arbeitnehmer von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit wird, in der Regel ein eigener Wert zu (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.04.2007 - 1 Ta 81/07; Beschluss vom 06.06.2007 - 1 Ta 105/07). Gründe für eine Abweichung von dieser Regel bietet der vorliegende Fall nicht. Vielmehr legen die in dem Vergleich getroffenen Regelungen nahe, dass die Parteien hier eine Gesamtlösung zur Beendigung und Abwicklung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses angestrebt haben und in diesem Rahmen dem Kläger eine neunmonatige Freistellung, auf die er Kraft Gesetzes keinen Anspruch hätte, gewähren wollten. Die Höhe des Wertes einer solchen Freistellungsvereinbarung bemisst das LAG Rheinland-Pfalz im Regelfall mit 10 % des auf den Freistellungszeitraum entfallenden Bruttoentgelts (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.06.2007 - 1 Ta 156/07 m. w. N.). Eine Erhöhung dieses Regelwerts kann im Einzelfall gerechtfertigt sein, z. B. wenn die tatsächliche Beschäftigung für den Arbeitnehmer eine besondere Bedeutung hat (etwa zur Erhaltung seiner Qualifikation oder seines Bekanntheitsgrades) oder wenn die Parteien vereinbaren, während des Freistellungszeitraums erzielten anderweitigen Verdienst auf die fort zu zahlende Vergütung entgegen der Regelung des § 615 Satz 2 BGB nicht anzurechnen. Da vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die ein besonderes Interesse des Klägers an seiner tatsächlichen Beschäftigung begründen könnten, verbleibt es bei der Regelbewertung in Höhe von 10 % des auf den Freistellungszeitraum entfallenden Bruttoentgelts. Dabei ist jedoch das Bruttomonatsgehalt von 8.765,61 EUR zur Vermeidung einer doppelten Bewertung um den geldwerten Vorteil des Dienstfahrzeugs zu kürzen, da dieser bereits gesondert bewertet wurde. Folglich beträgt der Wert der Freistellungsvereinbarung (9 x (8.765,61 EUR - 491,00 EUR) : 10 =) 7.447,15 EUR.

Da das Arbeitsgericht den Mehrwert des Vergleichs im Hinblick auf die dort "festgehaltenen weiteren Auflösungsmodalitäten" mit einem Bruttomonatsgehalt bewertet hat und sowohl die Freistellungsvereinbarung wie auch die Regelung über die Nutzung bzw. Nutzungsentschädigung für das Dienstfahrzeug solche Auflösungsmodalitäten darstellen, war der hierfür anzusetzende Vergleichsmehrwert nicht zusätzlich zu dem vom Arbeitsgericht angenommenen festzusetzen, sondern mit diesem zu verrechnen. Er beträgt demzufolge 11.866,15 EUR, der Gegenstandswert des Vergleichs insgesamt 46.928,59 EUR. Daher war der Beschluss des Arbeitsgerichts wie geschehen abzuändern.

Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist anders als das Verfahren nach § 33 Abs. 9 RVG nicht gebührenfrei.

Die Gerichtsgebühr haben die Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 ZPO zu 2/5 zu tragen.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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