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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 21.04.2008
Aktenzeichen: 1 Ta 65/08
Rechtsgebiete: ZPO, RVG, GKG


Vorschriften:

ZPO § 5
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 4 Satz 3
RVG § 33 Abs. 9
GKG § 3 Abs. 2
GKG § 42 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 01.04.2008 - 6 Ca 208/07 - wird auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts im Zusammenhang mit einem Kündigungsschutzverfahren. Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 01.09.2005 als Altenpflegerin beschäftigt. Mit Schreiben vom 15.01.2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum nächst zulässigen Termin. Hiergegen wendete sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 26.01.2007, bei Gericht eingegangen am 30.01.2007, in der sie beantragte,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 15.01.2007 nicht aufgelöst worden ist;

2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten zum nächstmöglichen Termin (15.02.2007) nicht aufgelöst worden ist;

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 15.01.2007 bzw. 15.02.2007 hinaus fortbesteht.

Nachdem das Verfahren zwischenzeitlich ausgesetzt worden war, erweiterte die Klägerin ihre Klage mit Schriftsatz vom 21.12.2007 und machte einzelne bezifferte zwischenzeitlich angefallene Verzugslohnansprüche für die Zeit vom 15.01. - 14.06.2007 und vom 24.08. - 30.11.2007 in einer Gesamthöhe von 13.126,40 EUR geltend.

Ferner beantragte sie, die Beklagte zu verurteilen,

17. ihr 27 Urlaubstage für das Jahr 2006 nachzugewähren, hilfsweise, an sie Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.426, 26 EUR brutto zu zahlen, 18. ihr 30 Urlaubstage für das Jahr 2007 zu gewähren, hilfsweise, den Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen für das Jahr 2007 bis zum 31.03.2008, äußerst hilfsweise bis zum 31.12.2008 zu übertragen.

Am 30.01.2008 schlossen die Parteien im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht einen Beendigungsvergleich, in den sie u a. folgende Vereinbarung aufnahmen:

6. Hiermit sind auch alle Ansprüche wegen etwaiger Mehr- oder etwaiger Minderarbeit erledigt.

Auf Antrag hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 01.04.2008 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Parteien auf 18.167,50 EUR für das Verfahren (was dem Wert der Hauptanträge der Klageerweiterung entspricht) sowie auf 19.515,42 EUR für den Vergleich festgesetzt. Dabei hat es den Mehrwert des Vergleichs in Höhe von 1.347,92 EUR damit begründet, dass durch diesen auch eine von der Beklagten behauptete (Über-) Zahlung in Höhe der vorgenannten Summe für 114 Fehlstunden der Klägerin mit erledigt worden sei.

Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit bei Gericht am 08.04.2008 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert für das Verfahren auf 24.008,50 EUR und für den Vergleich auf 25.365,42 EUR festzusetzen. Die jeweilige Differenz von drei Monatsgehältern resultiere dabei daraus, dass richtigerweise auch die Klageanträge zu Ziffer 1.) - 3.) Berücksichtigung finden müssten. Dies begründen die Beschwerdeführer unter Nennung zahlreicher Entscheidungen verschiedener Landesarbeitsgerichte im Wesentlichen wie folgt:

In Fällen der objektiven Klagehäufung von Kündigungsschutzantrag und Vergütungsforderungen für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist sei eine Streitwertaddition gem. § 5 ZPO vorzunehmen und entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht auf den jeweils höheren Wert abzustellen. Der soziale Schutzzweck des § 42 Abs. 4 GKG, auf den sich auch das LAG Rheinland-Pfalz berufe, greife nur bei Feststellungsklagen ein, privilegiere aber keine zusätzlich geltend gemachten Gehaltsansprüche. Andernfalls müssten sämtliche vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängigen Ansprüche, etwa auf Urlaub, Gratifikationen oder ähnliches, bis zur Höhe eines Vierteljahresverdienstes in den Streitwert nach § 42 Abs. 4 GKG einbezogen werden. Eine Privilegierung von Zahlungsansprüchen komme lediglich bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen ab einem Zeitraum von drei Jahren in Betracht. Die vom Arbeitsgericht angenommene wirtschaftliche Teilidentität liege nicht vor, da es sich bei dem Kündigungsschutzantrag und den Zahlungsansprüchen um unterschiedliche Streitgegenstände handele. Zudem sei der Erfolg des Zahlungsantrages nicht nur vom weiteren Bestand eines Arbeitsverhältnisses abhängig, sondern auch von anderen Voraussetzungen, so dass selbst im Falle einer unwirksamen Kündigung je nachdem kein Entgelt zu zahlen sei. Schließlich sei eine (teilweise) Verrechnung der Zahlungsansprüche nicht vorzunehmen, wenn diese in einem gesonderten Verfahren eingeklagt würden. Dann könne aber nichts anderes für den Fall gelten, dass sämtliche Ansprüche in ein und demselben Verfahren verfolgt würden.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 EUR und ist auch sonst zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert in zutreffender Höhe festgesetzt.

Nach ständiger Rechtsprechung des LAG Rheinland-Pfalz sind im Hinblick auf den sozialen Schutzzweck des § 42 Abs. 4 GKG bei wirtschaftlicher Identität zwischen einem Kündigungsschutzantrag und einem Entgeltantrag beide Anträge nicht gesondert zu bewerten, sondern es ist auf den jeweils höheren abzustellen. Eine wirtschaftliche Identität beider Streitgegenstände ist dabei dann gegeben, wenn der Erfolg der Entgeltklage von dem der Kündigungsschutzklage abhängt, wenn also Entgelt für einen Zeitraum nach dem vermeintlichen Ende des Arbeitsverhältnisses gefordert wird (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.03.2006 - 2 Ta 51/06; Beschluss vom 10.04.2007 - 1 Ta 80/07; Beschluss vom 17.07.2007 - 1 Ta 167/07). Danach waren hier die Kündigungsschutzanträge (Ziffern 1.) - 3.) der Klageschrift) unberücksichtigt zu lassen, da ihr Wert deutlich unter dem der mit der Klageerweiterung geltend gemachten Zahlungsanträge lag.

Es ist der erkennenden Kammer durchaus bekannt, dass die Frage der wirtschaftlichen Teilidentität in der vorliegenden Fallkonstellation in der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte äußerst streitig diskutiert wird. Mit der Vielzahl an vorgebrachten Argumenten und Gegenargumenten hat sich die Kammer bereits auseinandergesetzt, jedoch keinen überzeugenden Grund für eine Änderung ihrer Rechtsprechung gefunden. Neue und bisher nicht berücksichtigte Aspekte haben die Beschwerdeführer nicht angeführt, so dass das Beschwerdegericht keine Veranlassung sieht, von seiner ständigen Rechtsprechung abzuweichen.

Die hier infolge der Regelung des § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG entstandene Rechtszersplitterung ist zwar nicht zu begrüßen. Allerdings seien die Beschwerdeführer an dieser Stelle gerade auf die von ihnen selbst zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 16.01.1968, AP § 12 ArbGG 1953 Nr. 17) hingewiesen, in der das BAG trotz der prozessualen Selbständigkeit von Entgeltansprüchen und dem Anspruch auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung eine wirtschaftliche Identität annimmt.

Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist anders als das Verfahren nach § 33 Abs. 9 RVG nicht gebührenfrei. Die Gerichtsgebühr haben die Beschwerdeführer gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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