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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 22.04.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 71/09
Rechtsgebiete: RVG, ZPO


Vorschriften:

RVG § 23 Abs. 3
RVG § 23 Abs. 3 S. 2
RVG § 33 Abs. 3
ZPO § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 15.10.2008 - 6 Ga 31/08 - wie folgt abgeändert: "Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Antragsstellerin wird auf 1.300,00 € festgesetzt. " 2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. 3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen. 4. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben. Gründe:

I. Der Beschwerdeführer begehrt die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit einem einstweiligen Verfügungsverfahren, in dem die Antragsstellerin zwei Unterlassungsanträge verfolgt hat. Dem Rechtsstreit vorausgegangen war eine Mitteilung der Antragsgegnerin an die Belegschaft der Produktion, diese bleibe aufgrund starken Rückgangs der Auftragslage am 23., 28., 29. und 30.05.2008 geschlossen und die Mitarbeiter würden an diesen Tagen nicht beschäftigt. Darüber hinaus teilte die Antragsgegnerin der Belegschaft mit, die tägliche Arbeitszeit solle ab dem 19.05.2008 für die existierenden Schichten von bisher acht auf sechs Stunden reduziert werden. Auch werde die Lage der Arbeitszeiten der beiden Schichten geändert. Diese sollten nunmehr wie folgt aussehen: "Arbeitszeit

Frühschicht von 6.00 Uhr bis 12.00 Uhr

Spätschicht von 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr Pausenzeiten

Frühschicht von 8.30 Uhr bis 8.45 Uhr

10.45 Uhr bis 11.00 Uhr

Spätschicht von 14.30 Uhr bis 14.45 Uhr

16.45 Uhr bis 17.00 Uhr Beide Pausen der jeweiligen Schichten sind bezahlte Pausen. Die unbezahlte Mittagspause fällt weg." Aufgrund dieser Vorkommnisse beantragte die Antragsstellerin im Wege der einstweiligen Verfügung, die Antragsgegnerin zu verpflichten,

1. es zu unterlassen, ihr gegenüber bei Auftragsmangel bezahlten oder unbezahlten Urlaub anzuordnen sowie

2. es zu unterlassen, ihre Arbeits- und Pausenzeiten ganz oder teilweise entsprechend der vorausgegangenen Mitteilung festzulegen, beides jeweils zur Meidung eines Zwangsgelds bis zu 500.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft. Das Verfahren endete durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz. Auf Antrag des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsstellerin hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 15.10.2008 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsstellerin auf 1.232,73 EUR festgesetzt, wobei das Arbeitsgericht den Verfügungsantrag zu 1 mit 232,73 EUR und den Verfügungsantrag zu 2 mit 1.000,00 EUR bewertet hat. Gegen diesen Beschluss hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsstellerin mit Schriftsatz vom 11.11.2008 Beschwerde eingelegt, mit dem Ziel, einen Gesamtstreitwert von 8.800,00 EUR festzusetzen (Antrag zu 1.: 4.000,00 EUR, Antrag zu 2: 4.800,00 EUR). Zur Begründung weist der Beschwerdeführer darauf hin, eine Teilidentität zwischen den beiden gestellten Anträgen sei nicht gegeben. Zu beachten sei, dass der zu 1 gestellte Verfügungsantrag die Zukunft betreffe und damit sämtliche Urlaubsansprüche, die die antragstellende Partei im laufenden und im zukünftigen Jahre besitze, erfasse. Hinsichtlich des Verfügungsantrags zu 2 sei zu beachten, dass die vom Antragsgegner angeordnete Arbeitszeitreduzierung ohne Lohnausgleich erfolge. Da diese Reduzierung unbefristet angeordnet worden sei, habe seitens des Antragsgegners praktisch eine unentgeltliche Freistellung der Arbeitnehmer erfolgen können. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 18.03.2009 der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. II. Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 EUR und ist auch sonst zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch nur zu einem geringen Teil Erfolg. Die Gegenstandswertfestsetzung des Arbeitsgerichts erweist sich nur als relativ geringfügig zu niedrig. 1. Der unter Ziffer 1. gestellte Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, gegenüber der antragstellenden Partei bei Auftragsmangel bezahlten oder unbezahlten Urlaub anzuordnen, war vorliegend unter Berücksichtigung eines 50%igen Abschlags mit 800,00 EUR zu bewerten. Der Gegenstandswert war nach freiem Ermessen gemäß § 3 ZPO festzusetzen. Hierbei war das nach objektiven Kriterien zu ermittelnde wahre Interesse der Antragstellerin an der Durchsetzung ihres Antragziels zu bewerten (vgl. Schwab in Arbeitsrechtslexikon, Streitwert/Gegenstandswert II 1). Eine Wertfestsetzung nach § 23 Abs. 3 RVG unter Zugrundelegung des Hilfswertes von 4.000 Euro, wie von Beschwerdeführer beantragt, kam dagegen nicht in Betracht. Bei dem vorliegenden Antrag zu 1. handelt es sich nicht um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne von § 23 Abs. 3 S. 2 RVG, bei der hilfsweise ein Gegenstandswert von 4.000 Euro anzusetzen ist. Bei Ausübung freien Ermessens gelangt das Beschwerdegericht zu der Auffassung, dass als Grundlage für die Bewertung des Antrags zu 1 ein Bruttomonatsgehalt, mithin 1.600,00 Euro anzusetzen ist, wobei dieses mit einem Abschlag im Hinblick auf das einstweilige Verfügungsverfahren zu versehen ist (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 28.04.2005, 10 Ta BV 55/05, zitiert nach juris). Bei der an wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientierten Wertfestsetzung war insbesondere zu berücksichtigen, was die Antragsgegnerin objektiv gegenüber der Antragstellerin erklärt hatte und inwieweit das beschrittene einstweilige Verfügungsverfahren geeignet war, hier tatsächlich Abhilfe schaffen zu können. Da der vorliegende Antrag auch in seiner Bedeutung hinter einem nach ganz überwiegender Auffassung der Landesarbeitsgerichte mit einem Bruttomonatsentgelt zu bewertenden Weiterbeschäftigungsantrag, welcher die Fortsetzung der Tätigkeit auf Dauer und nicht nur für einzelne noch ungewisse Zeiträume in der Zukunft regelt, zurückbleibt, war insofern ein weiterer Abschlag vorzunehmen. Insgesamt hält das Gericht einen Gesamtabschlag von 50 % für angemessen. 2. Für den Verfügungsantrag zu 2 war ein Streitwert von 500,00 EUR anzusetzen. Zwar stimmt das Beschwerdegericht nicht mit der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts überein, dass zwischen dem Verfügungsantrag zu 1 und dem Verfügungsantrag zu 2 wirtschaftliche Teilidentität bestehe. Dennoch war der Gegenstandswert keinesfalls wie vom Beschwerdeführer beantragt, auf 4.800,00 EUR festzusetzen. Zunächst bleibt hier festzustellen, dass die vorgenannten Grundsätze der Gegenstandswertbestimmung auch auf den Verfügungsantrag zu 2 Anwendung finden. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist der Verfügungsantrag zu 2 nach seinem Umfang und seiner Bedeutung jedoch unterhalb des Verfügungsantrags zu 1 einzustufen. Der Verfügungsantrag zu 2 behandelt lediglich Fragen der konkreten Arbeitszeitgestaltung sowie der Festlegung der Pausenzeiten, erfasst aber vorbehaltlich der Regelung über die Entgeltpflichtigkeit der Pausen insbesondere keine entgeltbezogenen Bestandteile. Das Monatsentgelt der Antragstellerin spielte hier keine Rolle, weil die Lage der Arbeits- und Pausenzeiten keinen näheren Bezug zur Höhe des Arbeitsentgelts hat. Nach dem materiellen Gehalt des Antrags zu 2) war vorliegend ein Gegenstandswert von 1.000,00 EUR, anzusetzen. Dieser war im Hinblick auf das einstweilige Verfügungsverfahren wiederum mit einem Abschlag von 50 % zu versehen. Mit der vorstehenden Festsetzung des Gegenstandswertes geht kein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot einher. Die Anwendung des Verschlechterungsverbotes gebietet im vorliegenden Fall lediglich, dass der Gegenstandswert aufgrund der Beschwerde des Beschwerdeführers nicht geringer als in dem von ihm angegriffenen Beschluss des Arbeitsgerichts festgesetzt werden darf. Das Verschlechterungsverbot schützt damit nur das Vertrauen des Beschwerdeführers, durch die nur von ihm begehrte Überprüfung einer Entscheidung im Ergebnis nicht schlechter gestellt zu werden. Es schützt nicht das Vertrauen auf die Richtigkeit einzelner Positionen einer Gesamtrechnung (vgl. Beschluss des LAG Rheinland-Pfalz vom 06.06.07 - 1 Ta 105/07, LAG Hamburg Beschluss vom 11.01.2008 - 8 Ta 13/07, JurBüro 2008, 593-594). 3. Damit ergibt sich für das vorliegende Verfahren ein Gesamtgegenstandswert von 1.300,00 EUR (800,00 EUR + 500,00 EUR). Dementsprechend war der Beschluss wie aus dem Tenor ersichtlich zu ändern und das Rechtsmittel im Übrigen zurückzuweisen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren nach §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr.1 ZPO dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 RVG nicht gegeben.

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