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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 02.06.2008
Aktenzeichen: 1 Ta 80/08
Rechtsgebiete: RVG, ZPO, GKG


Vorschriften:

RVG § 33 Abs. 3
RVG § 23 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz
RVG § 33 Abs. 9
ZPO § 3
GKG § 3 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 15.04.2008 - AZ 4 Ga 3/08 - wird auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen. 2. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben. Gründe:

I. Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens mit dem Ziel der zeitweisen Freistellung der Verfügungsklägerin von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung. Die Verfügungsklägerin arbeitet bei der Verfügungsbeklagten im Tagschichteinsatz von 6:00 Uhr bis 14:00 Uhr. Sie ist ferner nicht freigestellte Vorsitzende des Betriebsrats der Beklagten. Nach ihrer Wahl als Beisitzerin in den Ortsvorstand der IG Metall A-Stadt beantragte die Verfügungsklägerin bei der Verfügungsbeklagten, sie für die Ortsvorstandssitzungen am 26.02.2008 sowie am 31.03.2008 jeweils ab 12:00 Uhr von ihrer Arbeit freizustellen. Da die Verfügungsbeklagte dies mit Schreiben vom 08.01.2008 ablehnte, verfolgte die Verfügungsklägerin ihren Begehr im Wege des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens weiter. Nachdem das Arbeitsgericht das Verfahren hinsichtlich des Freistellungsantrags für den 26.02.2008 abgetrennt hat, haben die Parteien im vorliegenden Verfahren nur noch über die Freistellung in Bezug auf den 31.03.2008 gestritten. Mit Verfügungsurteil vom 27.02.2008 hat das Arbeitsgericht dem Antrag der Verfügungsklägerin stattgegeben und den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten mit Beschluss vom 15.04.2008 auf 200,00 EUR festgesetzt. Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert mit 4.000,00 EUR festzusetzen. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen an, es sei auf den Hilfswert gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz RVG abzustellen, da es sich um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit handele. Es gehe nicht um das von der Verfügungsklägerin im Freistellungszeitraum, also in der Zeit von 12:00 Uhr bis 14:00 Uhr, zu verdienende Arbeitsentgelt, sondern vielmehr um die Möglichkeit, an der Sitzung des IG Metall Ortsvorstandes teilzunehmen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. II. Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands von 200,00 EUR und ist auch sonst zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Freistellungsantrag mit 200,00 EUR nicht zu niedrig bewertet. Die schätzungsweise Wertfestsetzung von 100,00 EUR pro Arbeitsstunde, wie sie das Arbeitsgericht vorgenommen hat, erscheint im vorliegenden Fall plausibel. Zwar haben die Parteien im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht unmittelbar um die Frage der entgeltlichen oder unentgeltlichen Freistellung gestritten. Auch hat die Verfügungsklägerin ihren Antrag insoweit offen formuliert und ihn lediglich auf Freistellung gerichtet. Gleichwohl handelt es sich im vorliegenden Fall um eine vermögensrechtliche Streitigkeit, bei der das Gericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen festsetzen kann. Vermögensrechtlich in diesem Sinne ist dabei jeder Anspruch, der entweder auf einer vermögensrechtlichen Beziehung beruht oder im Wesentlichen wirtschaftlichen Interessen dienen soll, wohingegen es sich um einen nicht vermögensrechtlichen Streitgegenstand nur dann handelt, wenn es an einer solchen vermögensrechtlichen Beziehung fehlt und der Antrag nicht auf Geld oder Geldeswert gerichtet ist (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.09.2007 - 1 Ta 209/07; Beschluss vom 15.10.2007 - 1 Ta 232/07). Wird der Arbeitnehmer von seiner Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt, bedeutet dies für den Arbeitgeber, dass er für die Dauer der Freistellung die Arbeitsleistung nicht erhält, obwohl er dies nach dem Arbeitsvertrag eigentlich verlangen könnte. Dieser Arbeitsausfall stellt für den Arbeitgeber einen wirtschaftlichen Faktor und damit ein vermögensrechtliches Interesse dar. Dieses besteht unabhängig davon, ob er dem Arbeitnehmer während der Freistellung die Vergütung fortzahlen muss oder nicht. Zudem hat die Verfügungsbeklagte in ihrem Schreiben vom 14.02.2008 an die Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin sowie in ihrem Schriftsatz vom 25.02.2008 u. a. auch in der Ablehnung darauf hingewiesen, dass ihr die begehrte Freistellung aus betrieblichen Belangen unzumutbar sei. Die Verfügungsklägerin fehle infolge ihrer Betriebsratstätigkeiten (Arbeit als Betriebsratsvorsitzende, Betriebsratssitzungen, Schulungen im Interesse des Betriebsrats) bereits in so erheblichem Umfang, dass weitere Freistellungen für die Verfügungsbeklagte nicht mehr vertretbar seien, zumal die Verfügungsklägerin lediglich im Einschichtbetrieb eingesetzt werde. Damit macht die Verfügungsbeklagte eine drohende Störung des Betriebsablaufs und damit ein betriebswirtschaftliches, also vermögensrechtliches Interesse geltend. Hinzu kommt, dass sie der Verfügungsklägerin mehrere Alternativen zu einer Freistellung angeboten hat, die ebenfalls für einen vermögensrechtlichen Charakter sprechen. So hat die Verfügungsbeklagte in den Raum gestellt, die Verfügungsklägerin könne statt einer Freistellung Urlaub beantragen, ihre vormalige Tätigkeit im Schichtdienst wieder aufnehmen oder die IG Metall A-Stadt ihre Ortsvorstandssitzungen erst nach dem Arbeitsende der Klägerin um 14:00 Uhr beginnen lassen. Da die Verfügungsbeklagte sich außerdem ausdrücklich nicht gegen die gewerkschaftliche Betätigung der Verfügungsklägerin an sich wendet, sondern lediglich ihre gegen eine zusätzliche Freistellung sprechenden eigenen betrieblichen Belange ausreichend berücksichtigt sehen will, kann auch dies nicht zu einer Schwerpunktverlagerung in Richtung eines nicht vermögensrechtlichen Streitgegenstandes führen. Die Höhe der Wertfestsetzung durch das Arbeitsgericht ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es hat pro Arbeitsstunde einen Wert von 100,00 EUR angenommen, ohne dass hiergegen von einer der Parteien Einwände erhoben worden wären. Dies hält sich im Rahmen des dem Gericht gem. § 3 ZPO eingeräumten Ermessens (vgl. auch LAG Köln, Beschluss vom 06.08.2007, NZA - RR 2007, 660, 661: 2/3 des auf den Freistellungszeitraum entfallenden Verdienstanspruchs; ArbG Kaiserslautern, Urteil vom 24.01.2007 - 1 Ca 1558/06: 150 EUR pro Freistellung). Nach alledem war die unbegründete Beschwerde zurückzuweisen. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist anders als das Verfahren nach § 33 Abs. 9 RVG nicht gebührenfrei. Die Gerichtsgebühr haben die Beschwerdeführer gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht gegeben.

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