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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 02.06.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 98/09
Rechtsgebiete: AVG, RVG


Vorschriften:

AVG § 33 Abs. 3
AVG § 33 Abs. 9 Satz 1
AVG § 33 Abs. 9 Satz 2
RVG § 25 Abs. 1
RVG § 25 Abs. 1 Nr. 2
RVG § 25 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 06.04.2009 wird der Gegenstandswertsfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 31.03.2009 - 2 Ca 454/08 - wie folgt abgeändert: "Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin im Zwangsvollstreckungsverfahren wird auf 4.600,00 € festgesetzt". Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer zu 30 %. 3. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben. Gründe:

I. Der Beschwerdeführer begehrt die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zwangsvollstreckungsverfahren. Das Arbeitsgericht Trier hat mit Versäumnisurteil vom 24. April 2008 die Beklagte verurteilt, 1. der Klägerin Vergütungsabrechnungen für die Monate September 2007 bis März 2008 auf der Grundlage der vereinbarten tariflichen Ausbildungsvergütung in Höhe von brutto 560,00 € monatlich zu erteilen; 2. an die Klägerin den sich aus den Abrechnungen für den Zeitraum 01.09.2007 bis 31.03.2008 ergebenden Betrag zu zahlen; 3. an die Klägerin folgende Arbeitspapiere herauszugeben: a) Anmeldung zur Sozialversicherung zum 01.09.2007

b) Jahresentgeltbescheinigung 2007

c) Lohnsteuerbescheinigung 2007

d) Entgeltbescheinigung zur Sozialversicherung für den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.03.2008

e) Lohnsteuerbescheinigung für den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.03.2008: 4. an die Klägerin das ausgefüllte und unterzeichnete Formular "Bescheinigung zur Vorlage bei der Kindergeldkasse" herauszugeben, sowie 5. an die Klägerin das ausgefüllte und unterzeichnete Formular "Arbeitsbescheinigung" der Bundesagentur für Arbeit herauszugeben. Mit Schriftsatz vom 03.06.2008 (Bl. 32 d. A.) beantragte die Gläubigerin, zur Erzwingung der im rechtskräftigen vollstreckbaren Urteil des Arbeitsgerichts erfolgten Verpflichtung zu 1), 3) und 4) ein Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann Zwangshaft festzusetzen. Auf Hinweis des Gerichts begehrt die Gläubigerin, dass die Vergütungsabrechnung auf Kosten des Schuldners durch einen Dritten vorgenommen werden könne. Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 31.03.2009 den Gegenstandswert seiner anwaltlichen Tätigkeit für das Zwangsvollstreckungsverfahren auf 1.300,00 € festgesetzt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, Gegenstand der Zwangsvollstreckung seien keine Zahlungen gewesen, sondern lediglich Abrechnung und Herausgabe diverser Arbeitspapiere, die mit jeweils 100,00 € zu bewerten seien. Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin am 2. April 2009 zugestellten Beschluss, hat dieser mit einem am 06.04.2009 eingegangenen Schriftsatz BESCHWERDE eingelegt. Zur Begründung führt er aus, hinsichtlich des Antrages zu 1. (Erteilung von Vergütungsabrechnungen) sei auf die Höhe der monatlichen Ausbildungsvergütung von 560,00 € abzustellen. Diese mit der Anzahl der Vergütungsabrechnungen multipliziert, ergebe einen Betrag von 3.920,00 €. Ferner sei für das Ausfüllen und die Herausgabe der Arbeitspapiere jedenfalls ein Betrag von 250,00 € pro Papier anzusetzen, mithin mindestens 1.250,00 €. Ferner seien für die vom Arbeitgeber auszufüllenden Arbeitsbescheinigungen im Mittelwert jeweils 200,00 € festzusetzen, vorliegend somit 400,00 €. Hieraus ergebe sich ein Gesamtgegenstandswert von 5.570,00 €. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 08.04.2009 der Beschwerde nicht abgeholfen und hat diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Beschwerdeverfahren hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass der Gegenstandswert in Zwangsvollstreckungssachen bei Ansprüchen auf Vornahme, Duldung und Unterlassung von Handlungen dem Hauptsachestreitwert entspreche. Im vorliegenden Fall sei zu berücksichtigen, dass sich aus den Abrechnungen der Betrag ergebe, den die Gläubigerin vollstrecken könne und die verschiedenen Unterlagen Bedeutung hätten u. a. für das Kinder- und Arbeitslosengeld. II. Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 AVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 € und ist auch sonst zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel nur teilweise Erfolg. Bei der Wertfestsetzung für den Antrag zu 1. war aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles pro Abrechnung ein Gegenstandswert von 300,00 € festzusetzen. Ferner war für die Anträge zu 2. und 3. pro Arbeitspapier ebenfalls ein Gegenstandswert von 300,00 € anzunehmen. Die weitergehende Beschwerde ist unbegründet. 1. Für den Antrag auf Vornahme der Vergütungsberechnung auf Kosten des Schuldners durch einen Dritten hat das Arbeitsgericht pro Lohnabrechnung einen Streitwert von 100,00 € angesetzt. Diese Bewertung trägt den Besonderheiten des vorliegenden Falles nicht ausreichend Rechnung und war daher abzuändern. Die Bestimmung des Gegenstandswertes für den Antrag zu 1) richtet sich nach § 25 Abs. 1, 3 RVG. Nach dieser Vorschrift erfolgt die Berechnung der Anwaltsgebühr nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat. Das Interesse des Gläubigers ist hierbei zu schätzen, dürfte in der Regel aber nicht geringer sein, als der Wert der Hauptsache (Gierl in Meyer/Kroiß, RVG, § 25 Rn. 19, Bräuer in Bischoff-Jungbauer u. a., RVG, § 25 Rn. 23). Das Interesse an der Erstellung und Herausgabe einer Gehaltsabrechnung hat die erkennende Kammer in der Vergangenheit unter typisierender Betrachtungsweise im Regelfall auf Werte zwischen 50,00 € und 100,00 € festgelegt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.06.2007 - 1 Ta 125/07: 50,00 €, Beschluss vom 27.06.2007 - 1 Ta 154/07: 100,00 €). Selbst bei Zugrundelegung einer solchen typisierenden und schematischen Betrachtungsweise bleiben letztendlich jedoch die Umstände im Einzelfall entscheidend für die Bemessung des Gegenstandswertes. Aufgrund des Umstandes, dass im vorliegenden Fall kein Ausbildungsvertrag vorlag, Vergütungsabrechnungen seit Beginn des Ausbildungsverhältnisses nicht erstellt wurden und auch sonst keine schriftlichen Unterlagen über das Ausbildungsverhältnis vorlagen, erscheint vorliegend eine höhere Wertfestsetzung angemessen. Vor dem Hintergrund eines unstreitig derart ungeordneten Arbeitsverhältnisses kommt dem Interesse der Klägerin an der Erstellung und Aushändigung ihrer Lohnabrechnung eine besondere Bedeutung und damit auch ein besonderer Wert zu. Es handelt sich hier gerade nicht um den Fall, dass eine Gehaltsabrechnung lediglich der Form halber oder zu Klärungszwecken gegenüber der Finanzverwaltung oder den Sozialversicherungsträgern benötigt wurde, sondern darum, die Höhe des zustehenden Gehalts überhaupt erst einmal bescheinigt zu bekommen (LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 18.10.2007 - 1 Ta 205/07). Diese besonderen Umstände des Falles rechtfertigen eine gegenüber dem Normalfall höhere Festsetzung des Gegenstandswertes. Die Kammer erachtet hierbei einen Gegenstandswert von 300,00 € pro Lohnabrechnung für angemessen. Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus eine weitere Heraufsetzung des Gegenstandswertes entsprechend der durch die Lohnabrechnung bescheinigten Gehaltszahlungen begehrt, war die Beschwerde indes zurückzuweisen. Der von der Gläubigerin gestellte Antrag richtete sich sowohl in der Hauptsache als auch im hier entscheidenden Zwangsvollstreckungsverfahren nicht auf Zahlung der durch die Lohnabrechnung ausgewiesenen Beträge, sondern letztlich nur auf ordnungsgemäße Abrechnung des Arbeitsverhältnisses (vgl. hierzu LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 29.01.2007 - 1 Ta 11/07). 2. Für die Anträge zu 2. und 3. war entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts pro Arbeitspapier auch ein Gegenstandswert von 300,00 € festzusetzen. Da die Anträge auf Herausgabe einer zu leistenden Sache gerichtet sind, richtet sich der Wert der anwaltlichen Tätigkeit nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 RVG. Maßgeblich ist damit grundsätzlich der objektive Verkehrswert des Gegenstands. Hat der Gegenstand wie vorliegend kaum einen objektiven Wert, so ist für die Wertfestsetzung auch auf das Interesse der Klägerin an der Durchsetzung des Anspruchs zu berücksichtigen. In der Vergangenheit hat die Rechtssprechung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 05.05.2006 - 8 Ta 94/06) Anträge auf Erteilung und Herausgabe von Arbeitspapieren teils mit 10% des Bruttomonatsgehaltes in Ansatz gebracht, teils solche Anträge pauschal bewertet (vgl. LAG Rheinland-Pfalz - 10 Ta 239/06). Mit Beschluss vom 29.01.2007 - 1 Ta 11/07 hat sich die für Wertfestsetzungsbeschwerden nunmehr allein zuständige 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts der letztgenannten Ansicht angeschlossen und für die Erteilung und Aushändigung von Arbeitspapieren pro Arbeitspapier einen Wert von 300,00 € für angemessen erachtet. Besondere Umstände des Einzelfalles, die eine andere Bewertung rechtfertigen würden, liegen im Streitfall nicht vor. Da mit dem Antrag zu 2. die Zwangsvollstreckung hinsichtlich fünf Arbeitspapieren geltend gemacht wurde, war somit der Gegenstandswert für den Antrag zu 2. auf insgesamt 1.500,00 € festzusetzen. 3. Ebenso wie mit dem Antrag zu 2. wurde auch mit dem Antrag zu 3. die Zwangsvollstreckung in Bezug auf ein Arbeitspapier verfolgt, sodass auch hier ein Wert von 300,00 € als maßgeblicher Gegenstandswert anzusetzen war. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers hat die Gläubigerin mit dem Antrag zu 3. jedoch lediglich die Vollstreckung einer Herausgabeverpflichtung für ein Arbeitspapier und nicht für zwei Arbeitspapiere geltend gemacht, sodass der Gegenstandswert für den Antrag zu 3. insgesamt auf 300,00 € festzusetzen war. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Gegenstandswertbestimmung ergibt sich damit ein Gesamtgegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Zwangsvollstreckungsverfahren von 4.600,00 €. Dementsprechend war der Beschluss des Arbeitsgerichts abzuändern. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 AVG wird anders als das Verfahren über den Antrag nach § 33 Abs. 9 Satz 1 und Satz 2 AVG nicht gebührenfrei gestellt (LAG Hamburg Beschluss vom 30.06.2005 - 8 Ta 5/05). Es fallen somit Gerichtsgebühren an (vgl. Arbeitsrechtslexikon/Schwab: Streitwert/Gegenstandswert III.). Diese hat der Beschwerdeführer gemäß §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO im Umfang seines Unterliegens zu tragen. Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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