Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 20.09.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 360/06
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 360/06

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 21.03.2006 - Az.: 8 Ca 43/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Wiedereinstellungsanspruch des Klägers.

Der Kläger war bei der Beklagten, die Dienstleistungen u. a. in den Bereichen Weiterbildung und berufliche Qualifizierung erbringt, seit dem 01.10.1990 als Dozent beschäftigt. Mit Schreiben vom 27.08.2004 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 28.02.2005. In dem darauf folgenden Kündigungsschutzprozess (ArbG Kaiserslautern, Az.: 8 Ca 1646/04) schlossen die Parteien am 07.12.2004 einen Vergleich folgenden Inhalts:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung vom 27.08.2004 mit dem 31.12.2005 enden wird.

2. Sollte die Beklagte Personalbedarf im Regionalbereich K. für Tätigkeiten ab dem 01.01.2006 in sozialpädagogischer Beratung oder Betreuung oder als Dozent und/oder Trainer in Bereichen der beruflichen Qualifikation des Klägers haben, sind diese Tätigkeiten vorrangig dem Kläger anzubieten.

3. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt.

Mit seiner am 10.01.2006 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 31.12.2005 hinaus, hilfsweise die Weiterbeschäftigung als freier Mitarbeiter.

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, er habe nach dem Inhalt des Prozessvergleiches vom 07.12.2004 einen Anspruch gegen die Beklagte auf Weiterbeschäftigung als Arbeitnehmer, hilfsweise als freie Honorarkraft. Die Beklagte sei mit der Fortführung einer Integrationsmaßnahme für die Region L. beauftragt worden. Die bei Durchführung dieser Maßnahme anfallenden Tätigkeiten lasse die Beklagte von Mitarbeiterinnen ausführen, die wesentlich kürzer als er - der Kläger - bei der Beklagten beschäftigt seien. Darüber hinaus seien auch Sprachkurse in B. und K. geplant.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen Arbeitsvertrag über den 31.12.2005 hinaus zu den bisherigen Bedingungen als Dozent oder Trainer abzuschließen.

Hilfsweise,

mit ihm einen Vertrag als Honorarkraft zu den üblichen Bedingungen abzuschließen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger habe keinen Anspruch aus dem Vergleich auf Einstellung als Arbeitnehmer oder als Honorarkraft. Ein Personalbedarf, der einen solchen Anspruch begründen könnte, bestehe nicht. Die Durchführung der wenigen verbleibenden Maßnahmen erfolge durch den Einsatz freier Mitarbeiter, den sog. Honorarkräften.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21.03.2006 abgewiesen. Wegen der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 und 6 dieses Urteils (= Bl. 61, 62 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 30.03.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.04.2006 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 22.05.2006 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 20.06.2006 begründet.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor,

entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Beklagte verpflichtet gewesen, ihm die auch nach dem 31.12.2005 im Rahmen des Integrationsfachdienstes anfallenden Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten anzubieten. Diesbezüglich habe auch ab dem 01.01.2006 weiterhin ein Personalbedarf bestanden. Das Arbeitsgericht habe den Vergleich vom 07.12.2004 zu eng ausgelegt. Die Beklagte habe die verbleibenden Tätigkeiten auch nicht auf andere Mitarbeiter so verteilen dürfen, dass für ihn - den Kläger - keine Einsatzmöglichkeit mehr bestehe. Diese Vorgehensweise widerspreche dem Inhalt des Vergleichs vom 07.12.2004, wonach ihm die entsprechenden Tätigkeiten vorrangig anzubieten seien. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass ihm zunächst im November 2005 eine bis zum 31.03.2006 befristete Anschlussbeschäftigung angeboten worden sei. Dieses Angebot habe die Beklagte ausschließlich im Hinblick auf die von ihm seinerzeit erhobene Kündigungsschutzklage wieder zurückgezogen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 21.03.2006 - 8 Ca 43/06 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Arbeitsvertrages über den 31.12.2005 hinaus, d. h. für die Zeit ab 01.01.2006, zu den bisherigen Bedingungen als Dozent bzw. Trainer anzunehmen,

hilfsweise

das Angebot des Klägers zum Abschluss eines Vertrages als Honorarkraft zu den üblichen Bedingungen anzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht u. a. geltend, ein Bedarf im Sinne der in Ziffer 2 des Vergleichs vom 07.12.2004 getroffenen Vereinbarung habe nicht bestanden. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sie - dies ist zwischen den Parteien unstreitig - im Jahre 2006 keine Mitarbeiter eingestellt habe. Der Kläger könne auch nicht verlangen, dass er auf einem Arbeitsplatz, der von anderen Mitarbeitern besetzt sei, beschäftigt werde. Soweit sich der Kläger auf die Möglichkeit einer befristeten Weiterbeschäftigung in T. berufe, so sei zu berücksichtigen, dass diese Tätigkeit bzw. Maßnahme nicht dem Regionalbereich K. unterfalle.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf die von den Parteien im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

II.

1.)

Der auf Annahme seines Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrages als Dozent bzw. Trainer für die Zeit ab dem 01.01.2006 gerichtete Hauptantrag des Klägers ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.

a)

Der Antrag ist zulässig. Er genügt trotz seiner allgemein gehaltenen Formulierung ("zu den bisherigen Bedingungen") dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Auslegung des Klageantrages ergibt nämlich - unter Berücksichtigung des Sachvortrages des Klägers - dass er den Abschluss eines Arbeitsvertrages begehrt, der inhaltlich dem von ihm als Anlage zur Berufungsbegründungsschrift vorgelegten Anstellungsvertrag vom 11.10.1990 (Bl. 90 - 92 d. A.) entspricht. Der Antrag ist daher hinreichend bestimmt.

b)

Der Hauptantrag ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages für die Zeit ab dem 01.01.2006. Ein solcher Anspruch könnte sich, wovon beide Parteien übereinstimmend und zutreffend ausgehen, ausschließlich aus Ziffer 2 des Prozessvergleiches vom 07.12.2004 ergeben. Die dort genannten Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt.

Die Parteien haben in Ziffer 2 des Vergleichs vom 07.12.2004 die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger eine Weiterbeschäftigung anzubieten, an die Voraussetzung geknüpft, dass bei der Beklagten in deren Regionalbereich K. für bestimmte Tätigkeiten ab dem 01.01.2006 ein "Personalbedarf" besteht. Ein solcher Personalbedarf ist jedoch - auch unter Zugrundelegung des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägers - nicht gegeben.

Ein "Personalbedarf" im Sinne der im Vergleich enthaltenen Regelung besteht nicht bereits dann, wenn die Beklagte ihre unternehmerischen Aktivitäten im Dienstleistungsbereich über den 01.01.2006 unter Einsatz von Arbeitnehmern fortsetzt. Vielmehr ergibt sich bei Auslegung (§§ 133, 157 BGB) der Ziffer 2 des Vergleichs vom 07.12.2004, dass ein solcher nur dann besteht, wenn die Beklagte einen Beschäftigungsbedarf für Mitarbeiter bzw. Arbeitnehmer hat, der von dem - auch unter Berücksichtigung des Ausscheidens des Klägers zum 31.12.2005 - noch vorhandenen Personalbestand nicht abgedeckt wird. Allein diese Auslegung entspricht Sinn und Zweck der von den Parteien im Vergleich vom 07.12.2004 getroffenen Vereinbarungen. Ansonsten hätte es der in Ziffer 1. des Vergleichs getroffenen Regelung, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund der damals streitbefangenen betriebsbedingten Kündigung zum 31.12.2005 enden solle, nicht bedurft. Die vergleichsweise Regelung dient erkennbar dem Zweck, dem Kläger im Falle der Notwendigkeit von Neueinstellungen die Möglichkeit einer Anschlussbeschäftigung dadurch zu bieten, dass ihm die betreffenden Stellen vorrangig, d. h. vor anderen Bewerbern, angeboten werden sollen.

Unter Zugrundelegung dieses Auslegungsergebnisses bestand bzw. besteht bei der Beklagten seit dem 01.01.2006 kein "Personalbedarf" im Regionalbereich K. Die Beklagte hat unstreitig im Jahre 2006 keine Arbeitnehmer eingestellt. Nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag hat sich die Anzahl ihrer Arbeitnehmer im Regionalbereich K. zum 01.01.2006 erheblich reduziert. Die Beklagte hat diesbezüglich bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 24.02.2006 (dort Seite 2 = Bl. 29 d. A.) vorgetragen, dass sie zum Ende des Jahres 2005 noch insgesamt 15 Mitarbeiter einschließlich des Klägers in K. beschäftigte, demgegenüber seit dem 01.01.2006 nur noch drei geringfügig Beschäftigte, eine Reinigungskraft, eine Kurierfahrerin, ein Bote, ein Akquisiteur, zwei Putzfrauen, ein Regionalleiter und eine kaufmännische Kraft dort tätig sind. Diesem Sachvortrag der Beklagten ist der Kläger nicht entgegengetreten. Vom Bestehen eines Personalbedarfs im Sinne der vergleichsweisen Regelung kann in Ansehung dieser Umstände keinesfalls ausgegangen werden.

Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Beklagte sei anstelle des Einsatzes freier Mitarbeiter (Honorarkräfte) verpflichtet gewesen, ihm einen Arbeitsplatz anzubieten. Es bleibt nämlich regelmäßig der unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers überlassen, wie er sein Unternehmensziel möglichst zweckmäßig und kostengünstig am Markt verfolgt. Dazu gehört auch die Frage, mit welcher Vertragsform (freies Mitarbeiterverhältnis oder Arbeitsverhältnis) er seine Mitarbeiter beschäftigen will (vgl. BAG v. 09.05.1996 - 2 AZR 438/95). Anhaltspunkte bzw. Umstände, die die Entscheidung der Beklagten, bestimmte Tätigkeiten durch freie Mitarbeiter ausführen zu lassen, offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich erscheinen lassen, sind vorliegend nicht ersichtlich. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte sei in Ansehung des Vergleichs vom 07.12.2004 nicht berechtigt gewesen, bestimmte Tätigkeiten auf andere Mitarbeiter zu verteilen, ohne ihm zuvor die Erledigung der betreffenden Aufgaben anzubieten. Bestand nämlich für die Beklagte die Möglichkeit, ihre unternehmerischen Aktivitäten unter Beibehaltung des - auch bei Berücksichtigung des Ausscheidens des Klägers zum 31.12.2005 - vorhandenen Personalbestandes weiterhin uneingeschränkt auszuüben, so war gerade kein weiterer Personalbedarf, der u. U. eine Neueinstellung erfordert hätte, gegeben.

Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den im Vergleich vereinbarten Wiedereinstellungsanspruch des Klägers in irgendeiner Weise treuwidrig vereitelt hat, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Allein aus der vom Kläger behaupteten Äußerung des Regionalleiters der Beklagten, wonach eine bis zum 31.03.2006 befristete Weiterbeschäftigung im Raum T. nur deshalb nicht erfolgt sei, weil er seinerzeit eine Kündigungsschutzklage erhoben habe, lässt sich eine solche Annahme nicht herleiten. Darüber hinaus ist weder vorgetragen noch ersichtlich, ob die betreffende Tätigkeit im Raum T. - worauf der Hauptantrag des Klägers abzielt - von einem als Arbeitnehmer beschäftigten Mitarbeiter ausgeübt werden sollte oder ob auch hierfür ein freier Mitarbeiter (Honorarkraft) eingesetzt wurde.

2.)

Der auf Annahme eines Angebots zum Abschluss eines Vertrages als Honorarkraft zu den üblichen Bedingungen gerichtete Hilfsantrag des Klägers ist unzulässig. Der Antrag genügt nämlich nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Streitgegenstand und der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis müssen klar umrissen sein (BAG v. 19.03.2003 - 4 AZR 271/02). Die klagende Partei muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt (BAG v. 09.10.2002 - 5 AZR 160/01). Bei einer stattgebenden Entscheidung darf keine Unklarheit über den Umfang der Rechtskraft bestehen (BAG v. 23.01.2002 - 4 AZR 461/99). Der Streit der Parteien darf nicht in die Vollstreckung verlagert werden. Diese Anforderungen sind auch erfüllt, wenn der Antrag nach Auslegung, insbesondere unter Heranziehung der Klageschrift und des sonstigen Vorbringens des Klägers, hinreichend bestimmt ist (BAG v. 01.10.2002 - 9 AZR 215/01).

Diesen Anforderungen wird der Hilfsantrag des Klägers nicht gerecht.

Zwar lässt sich dem Antrag entnehmen, dass der Kläger den Abschluss eines Vertrages als Honorarkraft begehrt. Dies allerdings mit der Maßgabe, dass es hierbei um einen Vertrag "zu den üblichen Bedingungen" handeln soll. Der Antrag lässt nicht erkennen, was mit "üblichen Bedingungen" konkret gemeint ist. Die Klage ist daher nicht auf die Vornahme einer hinreichend bestimmten Willenserklärung gerichtet. Dem Antrag kann in keiner Weise entnommen werden, welchen konkreten Inhalt der vom Kläger begehrte Vertrag haben soll.

Auch eine Auslegung des Antrages unter Heranziehung der Klageschrift und des sonstigen Vorbringens des Klägers führt nicht zu einer hinreichenden Bestimmtheit des Antrages. Insoweit fehlt es an jeglichem Vorbringen des Klägers, zu welchen Bedingungen die Beklagte ihre Honorarkräfte üblicherweise beschäftigt.

III.

Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 AbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

Zurück