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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 17.01.2007
Aktenzeichen: 10 Sa 642/06
Rechtsgebiete: ArbGG, BAT, BGB, TV-Urlaubsgeld


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BAT § 70
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 305 Abs. 1
BGB § 305c Abs. 2
TV-Urlaubsgeld § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 642/06

Entscheidung vom 17.01.2007

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 23.05.2006, AZ: 3 Ca 697/06, wie folgt teilweise abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 486,89 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2004 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

IV. Die Klägerin trägt 68 % und die Beklagte 32 % der Kosten des Rechtsstreits.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über mehrere Zahlungsansprüche der Klägerin.

Die Klägerin ist seit dem 15.06.1999 bei der Beklagten als Hausdame beschäftigt. Sie erhält derzeit, bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden, ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 783,47 €.

Der zwischen den Parteien geschlossene schriftliche Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Bestimmungen:

"...

§ 5 Der Arbeitnehmer erhält folgende Vergütung:

 Vergütungsgruppe/-Stufe BAT X/1 DM 847,00
Ortszuschlag DM 596,59
Allgemeine Zulage DM 81,54
Freiwillige Zulage (AT) DM 0,00
 DM 1.525,13

Bei der Verrichtung von Überstunden, für Arbeiten an Sonntagen, Wochenfeiertagen und für Nachtarbeit vereinbaren die Parteien Zuschläge. Hinsichtlich deren Höhe orientieren sich die Parteien an den Beträgen des BAT. Die Vergütungsbestandteile sind abschließend aufgeführt. Die Zahlung der Freiwilligen Zulage (AT) erfolgt freiwillig und unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs. Auch bei wiederholter Gewährung entsteht kein Anspruch.

...

§ 14

Für die Arbeitsbedingungen im übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, in Kraft seit 1. Juli 1990, längstens jedoch bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrages für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung. Ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Bestimmungen des geschlossenen Tarifvertrages. Dies betrifft dann auch § 9 dieses Arbeitsvertrages. Der Arbeitgeber hält diesen Tarifvertrag zur jederzeitigen Einsichtnahme durch den Arbeitnehmer für diesen bereit. Soweit der jeweils gültige Tarifvertrag Regelungen nicht enthält, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Außerdem gelten das Heimgesetz und die dazugehörigen Rechtsverordnungen sowie die vom Träger erlassenen Dienstanweisungen und Hausordnungen in der jeweils neuesten Fassung. ..."

Nach dem in § 14 des Arbeitsvertrages genannten Tarifvertrag zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der ÖTV finden auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer grundsätzlich die Bestimmungen des BAT sowie weitere im Einzelnen aufgeführte Tarifverträge zum BAT (u. a. der Vergütungstarifvertrag, der Tarifvertrag über allgemeine Zulagen, der Tarifvertrag Urlaubsgeld sowie der Tarifvertrag über eine Zuwendung) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.

Mit ihrer am 16.12.2005 beim Arbeitsgericht C-Stadt eingereichten Klage hat die Klägerin Gehaltserhöhungen und Einmalzahlungen gemäß den Bestimmungen des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 für die Zeit von Januar 2003 bis einschließlich Dezember 2004, eine Sonderzuwendung für das Jahr 2003 sowie Urlaubsgeld für das Jahr 2004 geltend gemacht. Hinsichtlich der Zusammensetzung der sich auf insgesamt 1.505,85 € brutto belaufenden Zahlungsklage wird auf die Seite 3 der Klageschrift vom 15.12.2005 (= Bl. 3 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht C-Stadt hat den Rechtstreit mit Beschluss vom 31.03.2006 an das Arbeitsgericht M. verwiesen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich u. a. vorgetragen, die streitgegenständlichen Ansprüche seien nicht verfallen, da die betreffenden Forderungen jeweils rechtzeitig schriftlich geltend gemacht worden seien.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.505,85 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit 31.12.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich u. a. geltend gemacht, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche bereits deshalb nicht zu, weil § 5 des Arbeitsvertrages die der Klägerin zustehende Vergütung abschließend regele. Darüber hinaus seien die streitgegenständlichen Ansprüche - zumindest überwiegend - verfallen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.05.2006, auf dessen Tatbestand (= Bl. 94-97 d. A.) zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, die Beklagte zur Zahlung von 637,38 € brutto nebst Zinsen verurteilt. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5-11 dieses Urteils (= Bl. 97-103 d. A.) verwiesen.

Das erstinstanzliche Urteil ist der Klägerin am 20.07.2006, der Beklagten am 21.07.2006 zugestellt worden. Die Klägerin hat gegen dieses Urteil am 17.08.2006 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 28.08.2006 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 13.10.2006 begründet. Die Beklagte hat ihre am 16.08.2006 eingelegte Berufung innerhalb der ihr mit Beschluss vom 22.09.2006 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 23.10.2006 begründet.

Die Klägerin trägt zur Berufung ihrer Begründung im Wesentlichen vor, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei nicht ein Teil der geltend gemachten Ansprüche verfallen. Die Forderungen seien vielmehr - wie bereits erstinstanzlich vorgetragen und durch Vorlage mehrerer Schreiben belegt - rechtzeitig schriftlich geltend gemacht worden. Da die Beklagte in einem per Aushang an die Mitarbeiter gerichteten Rundschreiben im Februar 2004 erklärt habe, dass sie nicht in der Lage sei, alle Geltendmachungsschreiben aufzulisten und eine Empfangsbestätigung zu fertigen, sei das jetzige Berufen auf die tarifliche Ausschlussfrist rechtsmissbräuchlich.

Die Klägerin beantragt,

das erstinstanzliche Urteil teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 868,47 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 31.12.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil soweit die Klage abgewiesen worden ist.

Zur Begründung ihrer eigenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die geltend gemachten tariflichen Gehaltserhöhungen und Einmalzahlungen. Hinsichtlich der Arbeitsvergütung der Klägerin enthalte § 5 des Arbeitsvertrages eine abschließende Regelung, wobei es sich nicht um eine zeitdynamische Verweisung auf die jeweilige Vergütungshöhe nach dem BAT handele. Dies ergebe sich bei Auslegung des Arbeitsvertrages. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass sie - die Beklagte - bei Vertragsschluss nicht tarifgebunden gewesen sei. Auch sei der BAT weder als Gesamtregelwerk noch hinsichtlich einzelner Bestimmungen von den Arbeitsvertragsparteien "gelebt" worden. Darüber hinaus werde weiterhin der Zugang der von der Klägerin zu den Akten gereichten Geltendmachungsschreiben bestritten.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf die von den Parteien im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthaften Berufungen beider Parteien sind sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Von den beiden hiernach insgesamt zulässigen Rechtsmitteln hat jedoch nur dasjenige der Beklagten zum Teil Erfolg.

II.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auch Zahlung der Differenzen zwischen der Vergütung nach Maßgabe des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 zum BAT für den Zeitraum von September 2003 bis einschließlich Dezember 2004 in Höhe von insgesamt 461,89 € brutto. Hinsichtlich der ebenfalls geltend gemachten Differenzvergütungsansprüche für die Monate Januar bis August 2003 steht der Begründetheit der Klage die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 70 BAT entgegen.

Der Anspruch der Klägerin folgt aus § 5 des Arbeitsvertrages i. V. m. dem 35. Vergütungs-TV. Das Berufungsgericht folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts im erstinstanzlichen Urteil (dort S. 7, erster Absatz bis S. 9, erster Absatz = Bl. 99-101 d. A.) und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Darüber hinaus folgt die Berufungskammer uneingeschränkt der den Parteien bekannten Entscheidung des BAG vom 09.11.2005 (5 AZR 128/05), welche die Auslegung gleichlautender vertraglicher Bestimmungen wie im vorliegenden Fall zum Gegenstand hatte. Auch das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung.

Es handelt sich bei § 5 des Arbeitsvertrages um Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. v. § 305 Abs. 1 BGB. Solche sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind. Nach § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Diese Regelung gibt einen allgemeinen Rechtsgrundsatz wieder, wonach es Sache des Verwenders ist, sich klar und unmissverständlich auszudrücken.

Im Streitfall führt die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zu dem Ergebnis, dass § 5 des Arbeitsvertrages dahingehend auszulegen ist, dass sich der Vergütungsanspruch der Klägerin hinsichtlich Grundvergütung, Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage nach der jeweiligen Tarifvergütung der arbeitsvertraglich festgelegten Vergütungsgruppe (hier: Vergütungsgruppe X BAT) richtet. Der Wortlaut der betreffenden Regelung ist nicht eindeutig. Die Formulierung: "der Arbeitnehmer erhält folgende Vergütung" in Verbindung mit der Benennung einer bestimmten Vergütungsgruppe/-stufe kann eine Verweisung auf das jeweilige Entgelt der betreffenden Entgeltgruppe darstellen. Gemeint sein kann aber auch die bloße Zuordnung zu einer tariflichen Gehaltsgruppe, ohne dass damit etwas zur Frage der dynamischen Anpassung an die jeweilige tarifliche Gehaltsentwicklung ausgesagt wird. Auch nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden verbleiben diesbezüglich nicht behebbare Zweifel. Die von der Klägerin vertretene Auslegung ist ebenso rechtlich vertretbar wie die der Beklagten. Keine der Auslegungen verdient den klaren Vorzug. Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB führt deshalb zu einer Auslegung zu Lasten der Beklagten, so dass eine zeitdynamische Verweisung anzunehmen ist (BAG v. 09.11.2005 - 5 AZR 128/05).

Soweit die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung geltend macht, der BAT sei nicht "gelebt worden", so trifft dies für die vorliegend streitige Frage gerade nicht zu. Die Beklagte räumt vielmehr selbst ein, Tariflohnerhöhungen in der Vergangenheit stets weitergegeben zu haben. Unerheblich ist ferner der Hinweis der Beklagten darauf, dass durch die bloße Weitergabe von Tariflohnerhöhungen keine Bindung an die Tarifverträge unter dem Gesichtpunkt der betrieblichen Übung begründet worden wäre. Die hierzu von der Beklagten zitierte Rechtsprechung betrifft andere Fallgestaltungen. Es geht vorliegend nicht um die Begründung eines Anspruchs nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung, sondern um die Frage, wie die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung auszulegen ist.

Die Klage ist jedoch hinsichtlich der für die Monate Januar bis August 2003 geltend gemachten Vergütungsdifferenzen unbegründet. Insoweit sind die Ansprüche der Klägerin nämlich nach § 70 BAT verfallen. Diese tarifliche Vorschrift findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung infolge der in § 14 des Arbeitsvertrages enthaltenen Verweisung auf die Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der ÖTV, der seinerseits auf die Bestimmungen des BAT Bezug nimmt.

Die Klägerin hat ihre Ansprüche auf Tarifgehaltserhöhung erstmals mit Schreiben vom 09.03.2004 (Bl. 16 d. A.) schriftlich geltend gemacht. Dieses Aufforderungsschreiben konnte die Ausschlussfrist bezüglich der Tarifgehaltserhöhungen rückwirkend nur noch für die Zeit ab September 2003 wahren. Die Beklagte kann jedoch nicht mit Erfolg geltend machen, sie habe das betreffende Schreiben nicht erhalten. Die Klägerin hat nämlich diesbezüglich u. a. einen Einschreiben-Rückschein vom 10.03.2004 (Bl. 82 d. A.) vorgelegt. Es wäre daher Sache der Beklagten gewesen, vorzutragen, dass es sich bei dem Schreiben, dessen Empfang sie am 10.03.2004 bestätigt hat, ggf. nicht um das Aufforderungsschreiben der Klägerin vom 09.03.2004 gehandelt hat. Das pauschale Bestreiten der Beklagten hinsichtlich des Zugangs erweist sich von daher als unzureichend.

Von einer zeitlich früheren Geltendmachung der Vergütungsdifferenzen kann jedoch nicht ausgegangen werden. Zwar hat die Klägerin ein Schreiben vom 26.05.2003 (Bl. 33 d. A.) zu den Akten gereicht, welches die Geltendmachung der Tariferhöhung ab dem 01.01.2003 beinhaltet. Die Klägerin hat jedoch keinerlei Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass das betreffende Schreiben der Beklagten tatsächlich zugegangen ist. Auch sind bezüglich des von der Beklagten bestrittenen Zugangs weder sonstige Unterlagen vorgelegt noch Beweismittel angeboten worden. Der Beklagten war es auch - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht verwehrt, den Zugang zu bestreiten. Auch aus der internen Mitteilung der Beklagten vom Februar 2004 (Bl. 57 d. A.) ergibt sich bezüglich der Einhaltung der tariflichen Ausschlussfrist nichts zu Gunsten der Klägerin. Nach dem insoweit unzweideutigen Wortlaut der betreffenden Mitteilung handelt es sich um eine Bestätigung des Eingangs von Geltendmachungen. Sie richtet sich nur an diejenigen Mitarbeiter, die ihre Forderung bereits schriftlich geltend gemacht hatten, wovon jedoch im Falle der Klägerin nicht ausgegangen werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass das Berufen der Beklagten auf die tarifliche Ausschlussfrist rechtsmissbräuchlich wäre, ergebe sich von daher nicht. Insbesondere hat die Beklagte in der betreffenden Mitteilung auch nicht den Anschein erweckt, sie werde sich nicht auf die Verfallfrist berufen.

Die nicht verfallenen Ansprüche der Klägerin auf Nachzahlung von Vergütungsdifferenzen für die Zeit ab September 2003 bis einschl. Dezember 2004 belaufen sich unter Zugrundelegung des von der Klägerin auf Seite 3 ihrer Klageschrift (Bl. 3 d. A.) vorgetragenen und von der Beklagten nicht bestrittenen Zahlenmaterials auf insgesamt 461,89 € brutto.

2.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf die in § 3 Abs. 2 des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 zum BAT normierte Einmalzahlung für November 2004 i. H. v. (anteilig) 25,00 €.

Auch dieser Anspruch folgt aus § 5 des Arbeitsvertrages. Die darin enthaltene zeitdynamische Verweisung umfasst auch tarifliche "Einmalzahlungen", die anstelle einer prozentualen Erhöhung der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile treten. Um solche Einmalzahlungen handelt es sich bei den in § 3 des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 genannten Beträgen (BAG v. 09.11.2005 - 5 AZR 128/05).

Die Klägerin hat diesen Anspruch auch innerhalb der Ausschlussfrist des § 70 BAT, nämlich mit Schreiben vom 11.02.2005 (Bl. 6 f.) geltend gemacht. Hinsichtlich dieses Aufforderungsschreibens hat das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt, dass die Beklagte dessen Zugang, der im Übrigen auch in sämtlichen Parallelverfahren nicht in Abrede gestellt worden ist, nicht bestritten hat. Auch der Sachvortrag der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung (dort S. 5 = Bl. 158 d. A.) beinhaltet kein ausdrückliches Bestreiten des Zugangs des Schreibens vom 11.02.2005, sondern bezieht sich erkennbar auf andere von der Klägerin vorgelegten Aufforderungsschreiben. Letztlich hat die Beklagte den Zugang dieses Schreibens in ihrer Berufungsbeantwortung vom 20.12.2006 (dort S. 2, 2. Abs. = Bl. 196 d. A.) - allerdings bezogen auf die Sonderzuwendung 2003 - eingeräumt.

3.

Die Klage auf Gewährung einer Einmalzahlung für den Monat März 2003 gemäß § 3 Abs. 1 des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 ist indessen unbegründet, weil die Klägerin diesen Anspruch nicht innerhalb der sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 70 BAT schriftlich geltend gemacht hat.

Die zeitlich erste schriftliche Geltendmachung der betreffenden Forderung erfolgte mit Schreiben der Klägerin vom 11.02.2005 und daher nach Ablauf der tariflichen Verfallfrist. Die Klägerin kann sich diesbezüglich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, ein Betriebsratsmitglied habe am 27.05.2003 bzw. am 03.06.2003 mehrere Geltendmachungsschreiben an die Beklagte versendet (Schriftsatz der Klägerin vom 14.03.2006, dort S. 2 = Bl. 55 d. A.). Hierbei handelte es sich nämlich - ausgehend vom Sachvortrag der Klägerin - ausnahmenslos um Schreiben anderer Arbeitskolleginnen.

4.

Auch der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines Urlaubsgeldes für das Jahr 2004 nach dem Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte ist in Ermangelung einer rechtzeitigen schriftlichen Geltendmachung verfallen.

Auch hinsichtlich dieses gemäß § 4 TV-Urlaubsgeld am 31.07.2004 fälligen Anspruchs ist eine schriftliche Geltendmachung erstmals mit Schreiben vom 11.02.2005 und somit nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 70 BAT erfolgt. Zwar hat die Klägerin ein Schreiben vom 15.12.2004 (Bl. 19 d. A.) vorgelegt, welche die Geltendmachung des Urlaubsgeldes 2004 beinhaltet. Einen Zugang dieses Schreibens hat die Klägerin jedoch weder belegt noch unter Beweis gestellt. Ein solcher ergibt sich nicht aus dem von der Klägerin zu den Akten gereichten Einschreiben-Rückschein vom 16.12.2004 (Bl. 20 d. A.). Diesbezüglich ist nämlich nicht erkennbar, ob sich dieser Rückschein auf das Geltendmachungsschreiben der Klägerin vom 15.12.2004 betreffend Urlaubsgeld 2004 (Bl. 19 d. A.) oder auf das ebenfalls unter dem 15.12.2004 datierende Geltendmachungsschreiben betreffend "Rückzahlung Arbeitgeberdarlehen" und "Weihnachtsgeld 2003" (Bl. 18. d. A.) bezieht. Darüber hinaus hat bereits das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils mit Recht darauf verwiesen, dass das Aufforderungsschreiben und der Rückschein mit unterschiedlichen Empfänger-Adressen versehen sind. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Einlieferungsbeleg vom 15.12.2004 (Bl. 21 d. A.) lässt sich ein Zugang des betreffenden Schreibens ebenfalls nicht herleiten. Schließlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das von der Klägerin vorgelegte Aufforderungsschreiben vom 04.08.2004 (Bl. 17 d. A.), welches ebenfalls das Urlaubsgeld betrifft, der Beklagten zugegangen ist. Der Einlieferungsbeleg vom 10.08.2004 (Bl. 84 d. A.), der im Übrigen keinen Adressaten mehr erkennen lässt, liefert keinen Beweis für den seitens der Beklagten bestrittenen Zugang des Schreibens.

5.

Letztlich ist auch der Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Zuwendung für das Jahr 2003 verfallen.

Die Klägerin hat diesen Anspruch - soweit ersichtlich - erstmals mit Schreiben vom 15.12.2004 (Bl. 18 d. A.) und somit nach Ablauf der sechsmonatigen Verfallfrist des § 70 BAT schriftlich geltend gemacht. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es der Beklagten auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich bezüglich dieser Forderung auf die tarifliche Ausschlussfrist zu berufen. Die Auszahlung eines von der Beklagten in der Gehaltsabrechnung November 2003 als "Sonderzahlungsvorschuss" bezeichneten Nettobetrages beinhaltet weder ein Anerkenntnis hinsichtlich eines über diesen Vorschuss hinausgehenden Betrages noch eine zumindest konkludente Erklärung, man werde sich diesbezüglich nicht auf die tarifliche Ausschlussfrist berufen. Der Umstand, dass die Beklagte den bereits ausgezahlten Vorschuss in der Folgezeit wieder von der Arbeitsvergütung der Klägerin in Abzug gebracht hat, ist ebenfalls ohne Belang. Die betreffenden Gehaltsabzüge sind nicht Streitgegenstand des vorliegenden Rechtstreits. Letztlich ist es der Beklagten - wie bereits ausgeführt - auch nicht im Hinblick auf die interne Mitteilung von Februar 2004 (Bl. 57 d. A.) verwehrt, sich auf die tarifliche Ausschlussfrist zu berufen, da sich dieses Schreiben lediglich an diejenigen Mitarbeiter richtet, die ihre Forderungen bereits schriftlich geltend gemacht hatten, wovon jedoch im Falle der Klägerin nicht ausgegangen werden kann.

6.

Die ausgeurteilten Zinsen folgen aus den §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Nach alledem war das erstinstanzliche Urteil in Höhe eines ausgeurteilten Betrages von 486,89 € brutto nebst Zinsen aufrecht zu erhalten. Im Übrigen war die Klage unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts abzuweisen. Die Berufung der Klägerin unterlag insgesamt der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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