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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 31.05.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 73/06
Rechtsgebiete: SGB IX, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

SGB IX §§ 80 ff.
SGB IX § 81 Abs. 4
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 73/06

Entscheidung vom 31.05.2006 Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 05.01.2006, AZ: 5 Ca 2125/05, wird kostenpflichtig zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin einen behinderungsgerechten Arbeitsplatz zuzuweisen. Die am 14.02.1953 geborene Klägerin ist seit dem 01.06.1991 bei der Beklagten in deren Altenheim als Pflegekraft und Wohnbereichsleiterin beschäftigt. Die ihr übertragenen Tätigkeiten ergeben sich aus einer Stellenbeschreibung vom 22.05.2002 (Bl. 7 - 10 d. A.). Nach dem Inhalt dieser Stellenbeschreibung hat die Klägerin während mehr als der Hälfte ihrer Arbeitszeit pflegerische Tätigkeiten auszuführen. Darüber hinaus obliegen ihr administrative Aufgaben. Seit November 2002 ist die Klägerin ununterbrochen wegen eines Hüftschadens arbeitsunfähig erkrankt. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung ist der Klägerin die Erbringung pflegerischer Tätigkeiten an den Heimbewohnern weitestgehend nicht mehr möglich. Mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 21.07.2004 ist die Klägerin einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden. Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Beklagte sei verpflichtet, sie als Pflegekraft/Wohnbereichsleiterin unter Berücksichtigung ihrer Leistungseinschränkungen ohne die Durchführung mittelschwerer oder schwerer körperlicher Arbeiten unter Vergütung einer Wohnbereichsleiterin zu ansonsten unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen zu beschäftigen. Sie könne zwar mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten an den Heimbewohnern nicht mehr leisten, jedoch alle sonstigen Arbeiten einer Wohnbereichsleiterin erbringen. Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, sie als Pflegekraft/Wohnbereichsleitung unter Berücksichtigung ihrer Leistungseinschränkungen ohne die Durchführung mittelschwerer und schwerer körperlichen Arbeiten unter Vergütung einer Wohnbereichsleitung unter ansonsten unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen zu beschäftigen. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, sie könne die Klägerin nicht in der von dieser gewünschten Form beschäftigen. Die Tätigkeit einer Wohnbereichsleiterin setze es unabdingbar voraus, dass diese auch zugleich (und in zeitlich größerem Umfang) pflegerische Tätigkeiten erledige. Bei ihr - der Beklagten - bestehe das unternehmerische Konzept, wonach sowohl die Heim- und Pflegedienstleitung als auch die Wohnbereichsleitung "Hand in Hand" pflegerische und administrative Tätigkeiten zu erledigen hätten. Dieses Konzept sei unabdingbare Voraussetzung für die geleistete Qualität der Pflege. Arbeitsplätze, auf denen die Klägerin unter Berücksichtigung ihrer gesundheitlichen Einschränkungen eingesetzt werden könne, seien nicht vorhanden. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 05.01.2006 abgewiesen. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 und 6 dieses Urteils (= Bl. 81 und 82 d. A.) verwiesen. Gegen das ihr am 12.01.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.01.2006 Berufung eingelegt und diese am Montag, dem 13.03.2006, begründet. Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts könne bei der Beurteilung des mit der Klage verfolgten Anspruchs nicht lediglich auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Beschäftigung als Wohnbereichsleiterin und auf die maßgebliche Stellenbeschreibung abgestellt werden. Vielmehr seien die Bestimmungen der §§ 80 ff. SGB IX zu beachten, aus denen sich eine Einschränkung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts ergebe. Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung aus § 81 Abs. 4 SGB IX nicht nachgekommen. Die Beklagte sei insoweit zur Prüfung verpflichtet, inwieweit mittelschwere und schwere körperliche Tätigkeiten anfielen und wie diese Tätigkeiten auf andere Beschäftige hätte übertragen werden können, deren körperlich wenig oder nicht belastende Tätigkeiten im Gegenzug wieder die Klägerin hätte ausüben können. Zudem wäre der Beklagten eine Beschäftigung im beantragten Umfang wohl auch ohne weiteres möglich, wenn der Arbeitsplatz mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen ausgestattet wäre. So könnte insbesondere mit entsprechenden Hebeeinrichtungen gearbeitet werden, so dass die pflegerischen Tätigkeiten weniger belastend seien. Die Beklagte habe jedoch insoweit offensichtlich alle Angebote der entsprechenden Behörden ausgeschlagen. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb es der Beklagten unzumutbar sein solle, von ihrem bisherigen unternehmerischen Konzept abzuweichen. Die Klägerin beantragt,

das Urteil des ArbG Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 05.01.2006 - 5 Ca 2125/05 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als Pflegekraft/Wohnbereichsleitung unter Berücksichtigung ihrer Leistungseinschränkungen ohne die Durchführung mittelschwerer und schwerer körperlicher Arbeiten unter Vergütung einer Wohnbereichsleitung und unter ansonsten unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen zu beschäftigen. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagte verteidigt unter Bezugnahme ihres erstinstanzlichen Sachvortrages das mit der Berufung angefochtene Urteil. Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 78 - 80 d. A.), auf die Berufungsbegründungsschrift der Klägerin vom 13.03.2006 (Bl. 95 - 98 d. A.) sowie auf die Berufungserwiderungsschrift der Beklagten vom 24.03.2006 (Bl. 103 - 105 d. A.). Entscheidungsgründe:

Die an sich statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Klage ist unzulässig, da der Klageantrag nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Streitgegenstand und der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis müssen klar umrissen sein (BAG v. 19.03.2003 - 4 AZR 271/02). Die klagende Partei muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt (BAG v. 09.10.2002 - 5 AZR 160/01). Bei einer stattgebenden Entscheidung darf keine Unklarheit über den Umfang der Rechtskraft bestehen (BAG v. 23.01.2002 - 4 AZR 461/99). Der Streit der Parteien darf nicht in die Vollstreckung verlagert werden. Diese Anforderung ist auch erfüllt, wenn der Antrag durch Auslegung, insbesondere unter Heranziehung der Klageschrift und des sonstigen Vorbringens des Klägers, hinreichend bestimmt ist (BAG v. 01.10.2002 - 9 AZR 215/01). Diesen Anforderungen wird der Klageantrag nicht gerecht. Zwar lässt sich dem Klageantrag entnehmen, dass die Klägerin eine Beschäftigung als "Pflegekraft/Wohnbereichsleitung" begehrt. Dies allerdings mit der Einschränkung, dass die Beschäftigung "unter Berücksichtigung ihrer Leistungseinschränkungen ohne die Durchführung mittelschwerer und schwerer körperlicher Arbeiten" erfolgen soll. Der Antrag lässt jedoch nicht erkennen, was mit "mittelschweren" und "schweren" körperlichen Arbeiten konkret gemeint ist. Die Klage ist daher nicht auf die Vornahme einer hinreichend bestimmten Handlung gerichtet. Insgesamt kann dem Antrag nicht entnommen werden, welche Tätigkeiten die Beklagte der Klägerin künftig übertragen soll. Auch eine Auslegung des Antrages unter Heranziehung der Klageschrift und des sonstigen Vorbringens der Klägerin führt nicht zur hinreichenden Bestimmtheit des Antrages. Zwar hat sich die Klägerin in ihrer Klageschrift auf eine von ihr erstellte Tätigkeitsbeschreibung "mit Zeiteinteilung im Rahmen ihres Restleistungsvermögens" berufen und diese als Anlage zur Klageschrift (Bl. 15 - 19 d. A.) vorgelegt. Der Klageantrag kann jedoch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Klägerin eine Beschäftigung exakt in der von ihr dort bis ins Einzelne gehend dargestellten Art begehrt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die in der betreffenden Aufstellung genannten Tätigkeiten - wie sich aus den eigenen Berechnungen der Klägerin (Bl. 19 d. a.) ergibt - lediglich eine tägliche Arbeitszeit von 6,86 Stunden umfassen. Demgegenüber ist jedoch der Klageantrag, wie sich aus der dort enthaltenen weiteren Formulierung ("unter ansonsten unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen") ergibt, darauf gerichtet, künftig - wie bisher - in Vollzeit, d. h. mit 38,5 Stunden pro Woche beschäftigt zu werden. Die der Klageschrift beigefügte Tätigkeitsbeschreibung ist daher nicht mit dem jedenfalls insoweit eindeutigen Inhalt des Klageantrages in Einklang zu bringen. Auch das sonstige Vorbringen der Klägerin in erster und zweiter Instanz enthält nichts, was zu einer hinreichenden Bestimmtheit des Klageantrages führen könnte. Die Beklagte hat die mangelnde Bestimmtheit des Klageantrages bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 10.11.2004 (dort Seite 2 = Bl. 33 d. A.) gerügt. Die Klägerin ist auch in der letzten mündlichen Verhandlung vom 31.05.2006 vom Berufungsgericht darauf hingewiesen worden, dass insoweit Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen. Nach alledem war die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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