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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 24.01.2007
Aktenzeichen: 10 Sa 750/06
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 247
BGB § 613 a
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 750/06

Entscheidung vom 24.01.2007

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 29.08.2006, Az.: 8 Ca 776/06, wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Arbeitsentgeltansprüche der Klägerin.

Die am 31.12.1968 geborene Klägerin war seit dem Jahr 2002, zunächst bei der Fa. C. H. GmbH, als Verkäuferin in einer in H. betriebenen Bäckerei-Filiale beschäftigt. Seit dem 01.04.2006 betreibt der Beklagte in den selben Räumlichkeiten seinerseits eine Bäckerei-Filiale. Diesbezüglich wurde der Klägerin mit Schreiben der Fa. C. H. GmbH vom 20.03.2006 mitgeteilt, dass ihr Arbeitsverhältnis infolge Betriebsübergangs auf den Beklagten übergehe.

Der Beklagte schloss mit der Klägerin am 01.04.2006 einen schriftlichen Arbeitsvertrag, der u. a. für die Dauer einer 26-wöchigen Probezeit eine Kündigungsfrist von zwei Wochen vorsieht.

Mit Schreiben vom 02.05.2006 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 16.05.2006.

Mit ihrer am 13.06.2006 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis bis zum 30.06.2006 fortbesteht. Darüber hinaus hat sie die Nachzahlung von Arbeitsvergütung für den Monat April 2006 sowie die Fortzahlung ihres Arbeitsentgelts für die Zeit vom 17.05.2006 bis 30.06.2006 - unter Berücksichtigung ihres ab dem 01.06.2006 bezogenen anderweitigen Arbeitsverdienstes - geltend gemacht.

Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, bei der Berechnung der Kündigungsfrist sei ihre Beschäftigungszeit bei der Fa. H. GmbH zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Bäckerei-Filiale, in welcher sie durchgehend gearbeitet habe, habe nämlich ein Betriebsübergang gem. § 613 a BGB auf den Beklagten stattgefunden. Das Arbeitsverhältnis habe daher durch ordentliche Kündigung erst zum 30.06.2006 beendet werden können.

Die Klägerin hat (zuletzt) beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die seitens des Beklagten mit Schreiben vom 02. Mai 2006 ausgesprochene Kündigung erst zum 30. Juni 2006 beendet worden ist.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.360,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB p. a. hieraus seit dem 01. Mai 2006 abzüglich am 23. Juni 2006 gezahlter 693,19 € netto zu zahlen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.360,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB p. a. hieraus seit dem 01. Juni 2006 abzüglich am 23. Juni 2006 gezahlter 370,12 € netto zu zahlen.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 320,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB p. a. hieraus seit dem 01. Juli 2006 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich u. a. vorgetragen, ein Betriebsübergang liege nicht vor. Die Ladeneinrichtung sowie die Räumlichkeiten befänden sich nicht in seinem Eigentum. Sachliche Betriebsmittel habe er nicht übernommen. Vielmehr sei hier von einer reinen Funktionsübernahme auszugehen, welche keinen Betriebsübergang darstelle. Er habe keinen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil der bisher für die Arbeiten eingesetzten Arbeitnehmer im Wesentlichen unverändert weiterbeschäftigt. Lediglich die Klägerin und eine Auszubildende würden von der ursprünglichen Belegschaft von insgesamt 6 Personen beschäftigt. Beide hätten einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben. Eine unveränderte Weiterbeschäftigung liege gerade nicht vor. Auch stellten die Arbeitsplätze keine hohe Anforderung an die Qualifikation der Arbeitnehmer. Es werde auf die Entscheidung des BAG vom 10.12.1998 - 8 AZR 676/97 - AP Nr. 187 zu § 613 a BGB verwiesen, mit welcher das BAG einen Betriebsübergang angesichts des geringen Qualifikationsgrades der übernommenen Arbeitnehmer noch nicht einmal eine Quote von 75 % habe genügen lassen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 29.08.2006 stattgegeben. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils u. a. ausgeführt, das Arbeitsverhältnis habe bis zum 30.06.2006 fortbestanden, da die Beschäftigungszeiten der Klägerin bei der Fa. H. GmbH bei der Berechnung der Kündigungsfrist zu berücksichtigen seien. Es habe nämlich ein Betriebsübergang auf den Beklagten stattgefunden. Bei der Prüfung, ob ein Betriebsübergang vorliege, sei nach der Rechtsprechung des BAG darauf abzustellen, ob die wirtschaftliche Identität des Betriebes gewahrt geblieben sei. Im Bereich des Einzelhandels sei dabei maßgeblich, ob der Kundenkreis und ein annähernd gleiches Warenangebot erhalten bleibe und die Verkaufsorganisation fortgeführt werde. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben. Der Beklagte habe nicht lediglich die Filialfläche gemietet, sondern auch die Verkaufstheke und die Regale. Daneben sei der Kundenkreis, ebenso wie das Warenangebot, gleich geblieben. Es sei in Ansehung dieser Umstände nicht erkennbar, was gegen einen Betriebsübergang gem. § 613 a BGB sprechen könne. Zur Darstellung der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 4 - 6 des erstinstanzlichen Urteils (= Bl. 39 - 41 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 11.09.2006 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 27.09.2006 Berufung eingelegt und diese am 06.11.2006 wie folgt begründet: Das Arbeitsgericht habe in seiner Urteilsfindung die vorgetragene Entscheidung des BAG vom 10.12.1998 - 8 AZR 676/97 - AP Nr. 187 zu § 613 a BGB nicht berücksichtigt und entsprechend gewürdigt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe ein Betriebsübergang nicht vorgelegen. Die Ladeneinrichtung sowie die Räumlichkeiten befänden sich nicht in seinem Eigentum. Sachliche Betriebsmittel habe er nicht übernommen. Vielmehr sei hier von einer reinen Funktionsübernahme auszugehen, welche keinen Betriebsübergang darstelle. Er habe keinen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil der bisher für die Arbeiten eingesetzten Arbeitnehmer im Wesentlichen unverändert weiterbeschäftigt. Lediglich die Klägerin und eine Auszubildende würden von der ursprünglichen Belegschaft von insgesamt 6 Personen beschäftigt. Beide hätten einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben. Eine unveränderte Weiterbeschäftigung liege gerade nicht vor. Auch stellten die Arbeitsplätze keine hohe Anforderung an die Qualifikation der Arbeitnehmer. Es werde auf die Entscheidung des BAG vom 10.12.1998 - 8 AZR 676/97 - AP Nr. 187 zu § 613 a BGB verwiesen, mit welcher das BAG einen Betriebsübergang angesichts des geringen Qualifikationsgrades der übernommenen Arbeitnehmer noch nicht einmal eine Quote von 75 % habe genügen lassen.

Der Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin ist der Ansicht, bereits die Zulässigkeit der Berufung begegne Bedenken, da in der Berufungsbegründung eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Entscheidungsgründen nicht stattfinde. Im Übrigen verteidigt die Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf die von den Parteien im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unzulässig. Die statthafte Berufung des Beklagten ist zwar form- und fristgerecht eingelegt, jedoch nicht ordnungsgemäß begründet worden.

Die Rechtsmittelbegründungsschrift des Beklagten vom 06.11.2006 genügt nicht den zwingenden gesetzlichen Erfordernissen des § 520 Abs. 3 ZPO. Danach muss sich die Berufungsbegründung, falls das Rechtsmittel - wie im vorliegenden Fall - nicht allein gem. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt wird, mit den Gründen des erstinstanzlichen Urteils argumentativ auseinandersetzen. Eine inhaltliche Urteilskritik liegt nicht vor, wenn der Berufungskläger lediglich seinen erstinstanzlichen Sachvortrag wiederholt, ohne sich mit den Urteilsgründen auseinander zu setzen. Es muss im Einzelnen konkret erkennbar sein, was nach Auffassung des Rechtsmittelführers am angefochtenen Urteil falsch sein soll. Dabei muss die Berufungsbegründung auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein. Sie muss gem. § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil unrichtig sein soll und welche Gründe ihm entgegen gesetzt werden. Diese Erfordernisse sollen gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz ausreichend vorbereitet wird, indem sie den Berufungsführer anhält, das angefochtene Urteil genau zu durchdenken und zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art sowie aus welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig erachtet. Eine detaillierte Kritik soll u. a. auch dazu beitragen, dass das Berufungsgericht zur richtigen Rechtsfindung gelangt. Demnach muss die Berufungsbegründung jeweils auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Würdigung des Vordergerichts nur mit formelhaften Wendungen zu rügen, wie z. B. das Arbeitsgericht habe von der Rechtsprechung aufgestellte Grundsätze nicht beachtet (vgl. z. Ganzen: Schwab, Die Berufung im arbeitsgerichtlichen Verfahren, S. 229 f. m. N. a. d. Rechtsprechung).

Bei Anwendung dieser Grundsätze genügt die Berufungsbegründung des Beklagten nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Berufungsbegründungsschrift vom 06.11.2006 enthält - abgesehen von der Rüge, das Arbeitsgericht habe die Entscheidung des BAG vom 10.12.1998 (8 AZR 676/97) nicht berücksichtigt - lediglich eine wörtliche Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens, was den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO - wie bereits ausgeführt - nicht genügt. Soweit der Berufungskläger darüber hinaus die Nichtberücksichtigung eines bestimmten Urteils des BAG rügt, so führt dies ebenfalls nicht zur Zulässigkeit der Berufung. Der pauschale Hinweis auf ein bestimmtes Urteil ersetzt nicht die erforderliche Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils. Dies gilt vorliegend insbesondere im Hinblick darauf, dass das Arbeitsgericht das Vorliegen eines Betriebsübergangs damit begründet hat, dass der Beklagte sowohl die Filialfläche, als auch die Verkaufstheke nebst Regalen sowie insbesondere auch den Kundenkreis von der Fa. H. GmbH übernommen hat und letztlich auch dieselben Waren wie diese anbietet. Mit diesen tragenden Entscheidungsgründen setzt sich die Berufungsbegründung des Beklagten nicht ansatzweise auseinander. Dessen Hinweis auf die Entscheidung des BAG vom 10.12.1998 (8 AZR 676/97), wonach ein Betriebsübergang im Einzelfall auch dann angenommen werden kann, wenn ein neuer Auftragnehmer nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern darüber hinaus aufgrund eigenen Willensentschlusses einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, steht in keinerlei erkennbarem Bezug zu den in der Entscheidung des Arbeitsgerichts für die Annahme eines Betriebsübergangs zu Grunde gelegten Kriterien.

Die Berufung des Beklagten war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge als unzulässig zu verwerfen.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG) wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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