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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 14.02.2007
Aktenzeichen: 10 Sa 765/06
Rechtsgebiete: SGB VI, TV Soziale Sicherung, ArbGG


Vorschriften:

SGB VI § 34
SGB VI § 34 Abs. 2
SGB VI § 34 Abs. 3
TV Soziale Sicherung § 2
TV Soziale Sicherung § 4 Ziff. 1 a
TV Soziale Sicherung § 4 Ziff. 5 a
TV Soziale Sicherung § 8 Ziff. 1 c
ArbGG § 69 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 765/06

Urteil vom 14.02.2007

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31.08.2006, AZ: 2 Ca 826/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin auch für die Zeit nach Vollendung ihres 60. Lebensjahres noch eine Überbrückungsbeihilfe gemäß den Vorschriften des Tarifvertrages zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Soziale Sicherung) zu gewähren.

Die am 21.06.1946 geborene Klägerin war in der Zeit vom 01.12.1968 bis zum 30.06.1996 bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Seit dem 01.07.1996 bezog sie eine monatliche Überbrückungsbeihilfe nach Maßgabe des TV Soziale Sicherung.

In der Zeit vom 01.07.1996 bis zum 31.03.1998 war die Klägerin arbeitslos. Seit dem 01.04.1998 steht sie wieder in einem Arbeitsverhältnis und bezieht dabei durchgängig ein Arbeitsentgelt, welches die in § 34 Abs. 3 SGB VI normierte Hinzuverdienstgrenze überschreitet.

Für die Zeit ab dem 01.07.2006 sieht die Beklagte die Verpflichtung zur Zahlung der Überbrückungsbeihilfe nicht mehr als gegeben an. Dabei beruft sich die Beklagte auf die Regelung in § 8 Ziffer 1 c TV Soziale Sicherung und macht geltend, dass die Klägerin im Hinblick auf die Vollendung des 60. Lebensjahres im Monat Juni 2006 ab dem 01.07.2006 die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes erfülle. Dementsprechend teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Zahlung der Überbrückungsbeihilfe mit Ablauf des Monats Juni 2006 eingestellt werde.

Mit ihrer am 23.06.2006 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin die gerichtliche Feststellung begehrt, dass ihr auch über den 30.06.2006 hinaus ein Anspruch auf Zahlung von Überbrückungsbeihilfe zusteht. Sie ist der Auffassung, entgegen der Ansicht der Beklagten erfülle sie mit Vollendung des 60. Lebensjahres (noch) nicht die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes. Insoweit sei maßgeblich, dass ihr derzeitiger Arbeitsverdienst, der die Hinzuverdienstgrenze des § 34 SGB VI überschreite, dem Anspruch auf Altersruhegeld entgegenstehe. Solange sie durchgängig einen Arbeitsverdienst über der Hinzuverdienstgrenze beziehe, sei sie bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nicht rentenberechtigt. Dies bedeute jedoch, dass ihr unabhängig von der Vollendung des 60. Lebensjahres über den 30.06.2006 hinaus Überbrückungsbeihilfe, längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, jedenfalls so lange zu gewähren sei, wie sie durchgängig einen Arbeitsverdienst erziele, der über der maßgeblichen Hinzuverdienstgrenze liege.

Die Klägerin hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass der Klägerin die bislang nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gezahlte Überbrückungsbeihilfe über den 30.06.2006 hinaus solange - längstens jedoch bis zum 30.06.2011 - zusteht, wie die Klägerin durchgängig einen monatlichen Arbeitsverdienst oberhalb der in § 34 Abs. 3 SGB VI normierten Hinzuverdienstgrenze bezieht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 31.08.2006 stattgegeben. Gegen dieses, ihr am 13.09.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.09.2006 Berufung eingelegt und diese am 12.10.2006 begründet.

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, es sei für den Wegfall des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe ohne Belang, dass die Klägerin einen die Hinzuverdienstgrenze des § 34 SGB VI überschreitenden Arbeitsverdienst erziele. Nach Sinn und Zweck des TV Soziale Sicherung könnten mit der in § 8 Ziffer 1 c dieses Tarifvertrages enthaltenen Formulierung "Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes" nur die positiven Anspruchsvoraussetzungen im Sinne des § 34 Abs. 1 SGB VI gemeint sein. Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien sei die Beendigung des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe ersichtlich an die bloße Berechtigung zum Bezug einer vorgezogenen Altersrente geknüpft worden. Dies ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Bestimmungen und entspreche dem Sinn des TV Soziale Sicherung, der darin bestehe, die Arbeitnehmer für eine Übergangszeit bis zum möglichen Rentenbezug durch Zahlung einer Beihilfe finanziell abzusichern, nicht aber eine als unzureichend empfundene Altersrente zu ergänzen. Mit diesem zeitlich begrenzten Zweck sei es nicht vereinbar, wenn ein Arbeitnehmer, der Altersrente beziehen könne, sich aber für eine weitere Berufstätigkeit entscheide, weiterhin Überbrückungsbeihilfe beanspruchen könne.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf den von den Parteien im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage vielmehr zu Recht stattgegeben.

II.

Die zulässige Feststellungsklage ist begründet.

Die Klägerin hat gemäß §§ 2, 4 Ziff. 1 a, Ziff. 5 a TV Soziale Sicherung Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe zu ihrem Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung ohne zeitliche Begrenzung. Dieser Anspruch ist nicht nach § 8 Ziff. 1 c TV Soziale Sicherung mit Ablauf des Monats, in dem die Klägerin das 60.Lebensjahr vollendet hat, entfallen.

Nach § 8 Ziff. 1 c TV Soziale Sicherung entfällt der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes oder der Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt. Entgegen der Ansicht der Beklagten steht diese Vorschrift dem Anspruch der Klägerin auf Überbrückungsbeihilfe - jedenfalls derzeit - nicht entgegen, da die Klägerin die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes nicht erfüllt.

Dem Anspruch der Klägerin auf Altersrente steht der Umstand entgegen, dass sie derzeit einen Arbeitsverdienst erzielt, welcher die den Rentenanspruch ausschließende gesetzliche Hinzuverdienstgrenze überschreitet. Nach § 34 Abs. 2 SGB VI besteht ein Anspruch auf Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nach § 34 Abs. 3 SGB VI nicht überschritten wird. Die Einhaltung dieser Grenze ist negative Anspruchsvoraussetzung (BAG vom 20.11.1997 - 6 AZR 215/96 -).

§ 8 Ziffer 1 c TV Soziale Sicherung stellt - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht darauf ab, wann der Arbeitnehmer frühestmöglich einen Rentenanspruch verwirklichen könnte. Vielmehr müssen nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der betreffenden Tarifnorm sämtliche Voraussetzungen für das Entstehen des Rentenstammrechts gegeben sein. Dazu gehört auch das Nichtüberschreiten der Hinzuverdienstgrenze nach § 34 Abs. 2 SGB VI (vgl. LAG Berlin v. 10.11.2004 - 4 Sa 1406/04 -). Die Ansicht der Beklagten, das Nichtüberschreiten der Hinzuverdienstgrenze als negative Voraussetzung für das Entstehen des Rentenanspruchs sei für den Wegfall des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe nach § 8 Ziff. 1 c TV Soziale Sicherung ohne Belang, findet in der insoweit eindeutig formulierten Tarifnorm keinerlei Niederschlag.

III.

Die Berufung der Beklagten war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG) wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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