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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 15.09.2006
Aktenzeichen: 10 Ta 169/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 120 Abs. 4
ZPO § 124 Nr. 2
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 172 Abs. 1
ZPO § 567 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Ta 169/06

Entscheidung vom 15.09.2006 Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 22.06.2006, AZ 3 Ca 1895/03, aufgehoben. Gründe:

Die gegen den PKH-Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 22.06.2006 gerichtete sofortige Beschwerde ist sowohl zulässig als auch begründet. 1.)

Die sofortige Beschwerde ist zulässig.

Zwar ist die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den ihm selbst bereits am 24.06.2006 zugestellten Beschluss erst am 01.08.2006 beim Arbeitsgericht eingegangen. Gleichwohl ist die einmonatige Beschwerdefrist des § 127 Abs. 2 ZPO nicht versäumt worden. Dabei kann offen bleiben, ob sich der Nichtablauf der Rechtsmittelfrist vorliegend bereits daraus ergibt, dass der angefochtene Beschluss mit einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung versehen war (§ 9 Abs. 5 ArbGG). Die Rechtsmittelbelehrung ist nämlich jedenfalls insoweit fehlerhaft, als sie für den Fall, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 200,00 EUR nicht übersteigt, als statthaftes Rechtsmittel die "Erinnerung" bezeichnet. Die Erinnerung findet jedoch gegen Entscheidungen des Rechtspflegers nur dann statt, wenn nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften kein Rechtsmittel gegeben ist (§ 11 Abs. 2 RPflG). Gegen Entscheidungen im Prozesskostenhilfeverfahren findet nach § 127 Abs. 2 ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statt, und zwar unabhängig davon, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes einen bestimmten Betrag übersteigt. Es handelt sich nämlich insoweit nicht um eine Entscheidung "über Kosten" i. S. v. § 567 Abs. 2 ZPO. Hierzu zählen nur Urteile und Beschlüsse, in denen entschieden wird, in welchem Umfang oder welcher Höhe jemand Kosten zu tragen hat. Es genügt nicht, dass die Entscheidung mittelbar auch Kosten zum Gegenstand hat. Die in § 127 Abs. 2 ZPO normierte Rechtsmittelfrist hat jedoch jedenfalls deshalb nicht zu laufen begonnen, weil der PKH-Aufhebungsbeschluss nicht den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt worden ist. Das BAG hat mit Beschluss vom 19.07.2006 (AZ 3 AZB 18/06) die bislang in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob ein PKH-Aufhebungsbeschluss der Partei selbst oder aber ihrem (vormaligen) Prozessbevollmächtigten zuzustellen ist, nunmehr dahingehend entschieden, dass jedenfalls dann eine Zustellung an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen hat, wenn dieser auch für das PKH-Verfahren bestellt ist, was bereits dann der Fall ist, wenn der PKH-Antrag nicht von der Partei selbst sondern ihrem Prozessbevollmächtigten gestellt wurde. Dieser Entscheidung, die bei Erlass des angefochtenen Beschlusses noch nicht ergangen war, jedoch zukünftig zu beachten sein wird, ist nicht zuletzt aus Gründen der Rechtssicherheit zu folgen. Vorliegend hatte nicht der Kläger selbst sondern vielmehr sein Prozessbevollmächtigter den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt mit der Folge, dass dieser auch im PKH-Überprüfungsverfahren als Bevollmächtigter bestellt ist und die Zustellung des PKH-Aufhebungsbeschlusses nach § 172 Abs. 1 ZPO an ihn zu erfolgen hatte. Mit der Zustellung des Beschlusses an den Kläger selbst konnte somit keine Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels in Gang gesetzt werden. 2.)

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

Die Voraussetzungen, unter denen nach § 124 Nr. 2 ZPO die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben werden kann, sind vorliegend nicht erfüllt. Die Sanktion des § 124 Nr. 2 ZPO setzt voraus, dass der Rechtspfleger die Partei zuvor erfolglos aufgefordert hat, sich gem. § 120 Abs. 4 ZPO darüber zu erklären, ob eine Änderung ihrer persönlichen und/oder wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. Im vorliegenden Fall fehlt es indessen an einer wirksamen Aufforderung und Fristsetzung. Die betreffenden Aufforderungsschreiben des Arbeitsgerichts waren sämtlich ausschließlich an den Kläger selbst adressiert. Demgegenüber hätte es jedoch auch diesbezüglich einer (formlosen) Zustellung der Aufforderungsschreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers bedurft, da dieser - wie bereits ausgeführt - im PKH-Überprüfungsverfahren als Bevollmächtigter bestellt ist und § 172 Abs. 1 ZPO auch für formlose Mitteilungen gilt (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 24. Auflage, § 172 Rz. 2 m. N. a. .d. R.). 3.)

Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben. Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

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